Problem von Anonym - 14 Jahre

Fiktiver Charakter im Kopf - Soll ich mit jemandem darüber sprechen?

Heii, alle zusammen. Ich bin 14 Jahre alt und bin die älteste von drei Kindern. Ich spiele Basketball im Verein ab nicht besonders gut. Ich gehe aufs Gymnasium in die 9. Klasse. Ich bin eine durchschnittliche Schülerin. Ich habe einen Kater und nun ja noch nie einen Freund gehabt (ich weiß nicht ob das wichtig ist, aber ich wollte es erwähnt haben, falls das zur Antwort bei trägt).
Ich stelle mir ständig Personen und Dinge vor. Immer ist es die gleiche Person mit einem, gleichen Namen und den gleichen Familien Verhältnissen. Die Person heißt Clara Alonso (ich weiß nicht wieso), sie ist 14 Jahre alt und hat reiche Eltern eigentlich eine Zwillingsschwester, die aber an Krebs gestorben ist (bitte denkt jetzt nicht schlecht von mir). Die Besonderheit an ihr ist das sie eine sache unglaublich gut kann, wie zum Beispiel: mal kann sie einzig artig tanzen, singen, schauspielern,... dafür ist sie berühmt und sie kann auch alles andere perfekt (Schule,..) und ist wunderschön. Sie hat auch noch einen Freund und führt mit ihm eine filmreife Beziehung, wo er früher ein Player war und sie ihm dann gezeigt hat was echte liebe ist. Er sie dann einemal mit ihrer besten Freundin betrügt und sie sich dann trennen und alle sich um sie kümmern und sorgen. Am Ende fragt er sie dann ganz romantisch ob sie wieder zusammen kommen wollen.
Ich wäre ja schon froh wenn diese Gedanken und Vorstellungen nur in meinem Kopf bleiben würden, doch ich spiele diese fiktive Person auch nach. Wenn sie singt dann singe ich und drucke mir dann auch Liedtexte aus und wenn sie Tanz tanze ich und wenn sie weint Weine ich und wenn sie jemanden umarmt umarme ich die Luft.
Ich glaube angefangen hat es in der 1. Klasse. Dort hatte ich keine Freunde, weil ich neu hergezogen bin und die anderen sich schon aus der Kita kannten. Damals habe ich mir auf dem Pausenhof immer jemanden zum spielen vorgestellt und habe dann auch mit ihr gesprochen und soweiter. An andere Sachen erinnere ich mich nicht mehr ich weiß auch nicht ob es damals so ausgeprägt war. Doch jetzt verbringe ich den meisten Teil der Zeit die ich alleine in meinem Zimmer bin damit diesen fiktiven Charakter nach zu spielen. Mir ist das sehr peinlich und ich habe noch mit niemandem darüber gesprochen.
Die ganze Zeit habe ich diese Stimme im Ohr, sie ist wie eine Fernseheteam, dass mich immer begleitet. Dann sagt es ständig Dinge wie:" Das ist einzigartig! ", " wie unglaublich sie ist"... und so weiter. Ich weiß nicht ob ich damit mal zum Physiologen gehen soll. Manchmal kann ich mich gar nicht konzentrieren, weil diese Stimme in mir drin spricht.
Ich wünsche mir nichts sehnlicher als diese Stimme/Eigenschaft aus meinem Kopf zu bekommen.

Christina B. Anwort von Christina B.

Hallo liebe Anonyme!

Ich finde es bewundernswert und sehr mutig von Dir, dass Du Dich getraut hast, Dein Problem uns anzuvertrauen, das war ein wichtiger und guter Schritt! Nicht jedermann fällt das so leicht und Du beweist Stärke, liebe Anonyme!

Du schreibst, dass Du Dir einen fiktiven Charakter ausgedacht hast, Clara Alonso, und diese Figur auch nachspielst, als wärst Du sie. Da Du auch erzählt hast, dass Du in der 1. Klasse keine Freunde hattest und keinen Anschluss finden konntest, war es ganz natürlich, dass Du Dir eine Art "Ersatz" gesucht hast, damit Du Dich besser gefühlt hast. Diese Figur Clara Alonso ist anscheinend ein Charakter, der Dir sehr imponiert, der Dir gut gefällt, jemand, der Du vielleicht gern wärst? Sie hat reiche Eltern, ist berühmt, weil sie singen, tanzen und schauspielern kann, hat einen tollen Freund, der sie liebt usw. Sind das Wünsche, die in Deinem Kopf herumschwirren? Wärst Du auch gern so? Ich könnte mir vorstellen, dass Du Dich, so wie Du bist, vielleicht nicht so gerne mochtest bzw. magst und Dir daher diesen fiktiven Charakter ausgedacht hast. Wenn Du ihn nachspielst, kannst Du so tun, als wärst Du Clara Alonso und bist somit nicht mit der Realität konfrontiert. Aber: Du bist nicht Clara Alonso. Und anscheinend macht es Dir ja jetzt, da Du auch schon älter bist, sehr zu schaffen, dass Du diesen fiktiven Charakter nachspielst und Dir diese Stimmen nicht aus dem Kopf gehen.

Du aber bist ein einzigartiger und toller Mensch und hast viele gute Eigenschaften, die liebenswert sind. Du schreibst ja, dass Du Basketball spielst - das ist doch was tolles! Ich habe beim lesen den Eindruck bekommen, dass Du Dich selbst womöglich nicht so annehmen kannst, wie Du in Wirklichkeit bist und daher diese fiktive Figur entstanden ist. Ich könnte mir vorstellen, dass es helfen könnte, wenn Du Dir eine Liste mit allen Dingen machst, die Du gut kannst. Das darf alles mögliche sein, z.B.: Hobbys wie kochen, backen, Basketball spielen, laufen, singen, ... aber auch irgendwelche Dinge wie zuhören, aufräumen, Ordnung halten, organisieren, Wäsche aufhängen,...usw. Ich finde außerdem, dass Du eine unglaublich tolle Vorstellungskraft und Fantasie hast! Sich solche Geschichten mit Hintergründen und Details auszudenken ist doch etwas wirklich wundervolles! Fantasie und Imaginationskraft sind seltene Talente und Du besitzt sie! Hast Du vielleicht schon mal daran gedacht, diese Geschichte aufzuschreiben? Denn anscheinend kannst Du das ja sehr gut und ich könnte mir vorstellen, dass, wenn Du diese Figur und ihre Geschichte zu Papier bringst, Du Dich besser von ihr abgrenzen kannst und noch dazu einen Gewinn daraus ziehst - Du schreibst eine tolle Geschichte und das in Deinem jungen Alter. Schreibst Du denn gerne? Erfindest Du gerne Geschichten? Versuch das doch mal! Ich könnte mir vorstellen, dass da etwas ganz tolles entsteht.

Wie sieht denn Deine momentane Schul und Freundeskreis Situation aus? Hast Du inzwischen Freunde gefunden? Triffst Du Dich manchmal mit ihnen? Was ist mit Deiner Familie? Hast Du Geschwister? Vielleicht hilft es auch, ein wenig mehr Zeit im sozialen Umfeld zu verbringen. Das bringt Dich auf andere Gedanken und hilft Dir, mit alldem abzuschließen. Als Du noch jünger warst, war diese fiktive Figur eine tolle Stütze für Dich und es war gut, dass Du sie hattest. Jetzt, so habe ich das Gefühl, willst Du Dich aber von ihr lösen. Das könnte gelingen, indem Du eine Geschichte für sie schreibst. Schreib alles auf, und finde ein schönes Ende. Damit kann Dich die Figur noch ein Stück weit begleiten, aber gleichzeitig lässt Du sie los. Ob Du zum Psychologen gehen möchtest, ist allein Deine Entscheidung. Niemand kann Dich dazu zwingen, aber wenn Du für Dich das Gefühl hast, dass Du das möchtest, dann tue es. In der Schule gibt es normalerweise immer eine Schulpsychologin, so musst Du nicht einmal Deinen Eltern davon erzählen, wenn Du das nicht möchtest. Ich würde Dir raten, vorsichtig mit diesen Erzählungen umzugehen. Du musst Dich niemandem anvertrauen, wenn Du nicht willst, aber wenn doch, dann wähle Dir fürs Erste nur eine Person aus, der Du vollkommen vertraust (z.B.: Mutter oder beste Freundin).

Ich hoffe, ich konnte Dir mit meiner Beratung weiterhelfen.
Alles Liebe wünsche ich Dir!
Herzliche Grüße,
Christina