Problem von Amy - 20 Jahre

Ich will meinen Opa loswerden

Ich fühle mich wirklich schlecht das so direkt zu sagen, aber ich möchte meinen Opa loswerden.
Er wohnt seit ich in der Grundschule bin krankheitsbedingt bei uns. Das sind nun mehr als 10 Jahre. Inzwischen kann er kaum noch laufen, ist dement, braucht einen Katheter und ist somit ein Pflegefall. Ich hatte noch nie ein gutes Verhältnis zu ihm. Er hat einen schwierigen Charakter und hat sich nie für etwas bedankt. Meine Mutter muss ihn andauernd anschreien, weil er schlecht hört und auch nichts mehr versteht und dadurch viel falsch macht. Andauernd wird hier rumgebrüllt und ich bin nun immer öfter gezwungen ihm zu helfen, da er immer weniger kann. Ich bin ganz ehrlich: ich ekle mich vor ihm. Ich will ihn nicht anfassen und ich gucke ihn auch meist nicht an, wenn ich an ihm vorbei gehe. Obwohl wir hier definitiv überfordert mit seiner Pflege sind, kümmert sich meine Mutter nicht darum ihn in ein Pflegeheim zu bringen. Ich halte es mit ihm in einem Haus nicht mehr aus, will aber während des Studiums nicht ausziehen. Ich traue mich nicht mit meiner Mutter zu sprechen, weil sie mein Problem nicht versteht. Wann immer ich Andeutungen mache "soll ich mich nicht so anstellen". Ich wünschte es gäbe eine Art Jugendamt für Rentner, dass ihn uns wegnimmt, weil wir uns nicht angemessen kümmern können. Was macht man in so einer Situation? Ich habe keine ähnlichen Beiträge im Netz finden können.

Anwort von Yen

Liebe Amy,
hast du dich schon über seine Krankheit informiert? Diese Website könnte da sehr hilfreich sein:https://www.deutsche-alzheimer.de/die-krankheit/die-alzheimer-krankheit.html
Alzheimer ist eine sehr belastende Krankheit - für den Betroffenen und seine Familie. Es bedeutet der Verlust der eigenen Selbstständigkeit und die Kontrolle über das eigene Denken und Handeln. Oft führt es dazu, dass die Persönlichkeit geändert wird und man moralische Regeln nicht mehr einhalten kann, weil man diese schlichtweg nicht (mehr) kennt. Dein Opa hat einen schwierigen Charakter, den er nicht verändern kann aufgrund seiner Krankheit.
Jeder Mensch, der älter wird, fürchtet sich vor dieser Erkrankung und versucht diese so weit es geht vorzubeugen, denn es gibt keine Medizin, die eine Heilung vollbringen kann.

Besitzt dein Opa ein Hörgerät? Damit könnte man das Brüllen reduzieren. Wenn du für das Studium noch zu Hause wohnen willst, kannst du dir Ohrstöpsel kaufen, damit du in Ruhe lernen kannst oder du gehst zu einem oder einer Kommilitonen/in, wenn du Ruhe brauchst und lernen muss. Sonst kannst du versuchen, tagsüber viel Zeit außerhalb zu verbringen. Wobei du darauf achten solltest, dass es dir auch Spaß machen sollte und nicht "nur" eine Flucht von Zuhause. Hier solltest du dann überlegen, ob langfristig nicht doch ein Auszug sinnvoll sei könnte.

Warum ekelst du dich vor deinem Opa? Versuche ihm etwas entgegen zu kommen, indem du zumindest Verständnis für seine Situation zeigen kannst. Was würdest du dir wünschen, wenn du an seiner Stelle wärst? Er hat sich diese Krankheit nicht gewünscht und fühlt sich sicherlich auch schlecht, wenn Familienmitglieder ihn ignorieren - auch wenn er dieses möglicherweise nur im Moment fühlt und nicht zeigt sowie schnell wieder vergesst.

Habt ihr noch andere Familienangehörige mit denen ihr darüber sprechen könnt und eventuell die Pflege aufteilen könnt?
Versuch nochmal mit deiner Mutter zu reden und mach ihr deutlich, dass die Situation wirklich belastend für dich ist. Wie wäre es, wenn ihr euch eine Haushaltshilfe einstellt, die sich mit der Arbeit mit an Alzheimer erkrankten Menschen auskennt?
Vorschläge für Unterstützung der Angehörige findest du auch hier: https://www.deutsche-alzheimer.de/angehoerige/entlastungsangebote.html

Ich wünsche deiner Familie und dir viel Kraft und Glück!
Liebe Grüße,
Yen