Problem von Nancy - 14 Jahre

Ich habe mich nicht mehr unter kontrolle

Also ich bin 14 Jahre alt und habe schon seit fast 8 Monaten mit schweren Depressionen zu kämpfen. Aus irgendeinem Grund wurde ich immer unglücklicher und verschlossener und habe mich isoliert von allem was geht. Ich hatte einfach eine alles ist gut Maske auf obwohl mein wahres Gesicht immer depressiver wurde. Ich habe mich vor jedem Verstellt, auch vor mir, nur vor Gott konnte ich mich nicht verstellen. Ich war einfach in meinem Zimmer sah eine Serie an und kam nur zum Essen runter und zum gute Nacht sagen. Ich fühlte mich dick und wollte abnehmen. Ich stritt mich öfters mit meiner Mutter. Wenn ich nur daran denke, kommen mir gleich wieder die tränen. Mein Essen war dann für eine weile nur noch Tic Taks... Ich habe übertrieben das weiß ich jetzt aber damals nicht, damals vor paar Monaten. Ich habe mich so extrem mit meine Mutter gestritten das sie mich als psychisch Gestört bezeichnet hat und ich einen psychischen Nervenzusammenbruch bekam und völlig austickte. Ich zog die Deck über mich und wollte weg, weg von dieser schlimmen Welt, in glücklichere Zeiten als dieser oder einfach sterben... Meine Mutter schmiss mich raus, sie meinte ich sollte für eine Weile zu meinen Vater wohnen. Ich nahm das nötigste mit wie auch meine Deko und mein Taschenmesser... Ich habe mich an meinen Fingern geritzt oder eher gesagt nur geschnitten und hatte Selbstmordgedanken, wurde immer depressiver und wollte einfach weg, weg aus dieser schlimmen, aus dieser schlimmen Situation, ich wollte weg laufen.. Das hab ich auch versucht, aber ich hab es nicht übers Herz gebracht. Nach zwei Wochen zog ich wieder zu meiner Mutter zurück, unser Verhältnis wurde zwar besser aber leider nicht so wie früher. Nach den Sommerferien hab ich mich immer mehr nicht mehr real gefühlt. Ich fühlte mich wie als wäre alles nicht echt, al wäre alles um meiner Umgebung eine Simulation. Ich machte Grundkurs im Tanzen und es wurde wieder fast perfekt, ich habe neue Freunde gefunden und ich dachte es wäre vorbei....
Doch eines Sontags über kam es über mich und ich fing an zu heulen und holte das Taschenmesser und schnitt mir wieder in den Daumen. Es wurde seit dem nicht mehr wirklich besser sondern schlimmer. Vor zwei Wochen bekam ich wieder ein Rückschlag obwohl ich dachte es wird besser. Und ich schnitt mich an meine ganzen Fingern. Aber letzte Woche hatte ich mich selbst nicht mehr unter Kontrolle und ich schnitt mich an der gesamten Handfläche, aber bereute es sofort. Ich konnte es früher verstecken aber seit letzter Woche nicht mehr. Meinen kleinen Schwestern fiel es am ersten auf aber ich sagte ihnen das das nichts schlimmes sei. Aber als meine Mutter und mein Stiefvater dies bemerkten war das ein so schlimmes Gefühl. Sie sprachen mich gestern schon wieder drauf an und ich wollte immer noch nicht darüber reden und werde ich auch nie. Ich möchte darüber nicht mit meinen Eltern sprechen, so wie mit meinen Freunden. Meiner besten Freundin ist es heute auch aufgefallen sie ist wie eine Zwillingsschwester für mich aber nicht mal zu ihr kann ich ehrlich sein und sagen was passiert ist. Ich fühle mich nicht mehr sicher und hab das Gefühl seit letzter Woche als ich das getan habe bricht mein ganzes Leben zusammen. Ich möchte mich zwar nicht mehr schneiden aber ich habe das Gefühl das Gott mich alleine gelassen hat und das ich jetzt nicht mehr sicher bin.

Alisa Anwort von Alisa

Liebe Nancy,

manchmal steht für Menschen das ganze Leben auf dem Kopf. Und manchmal fühlt sich das so schlimm an, dass man keinen Ausweg mehr findet. Und genau dann ist die Hilfe von Mitmenschen elementar wichtig. Es ist also sehr gut, dass du dich an uns gewendet hast!
Ich hoffe, meine Hilfe kommt jetzt noch rechtzeitig für dich und ich hoffe, dass ich dir helfen kann. Ich kann nämlich nur versuchen nachzuvollziehen, wie sich all das für dich anfühlen mag. Wissen kann ich es leider nicht und da wir uns nicht gegenüber sitzen, kann ich dir keine Fragen stellen. Deshalb werde ich jetzt versuchen, mich in deine Situation zu versetzen und gebe dir vielleicht noch ein paar Fragen mit auf den Weg, ok?

Dein Text steckt voller Emotionen, du scheinst wirklich sehr verzweifelt und überfordert mit deiner Situation zu sein. Und ich denke, wie du es ja auch schon geschrieben hast, dass du unter einer Depression leiden könntest. Das Schlechte dabei ist, dass sich das sehr schlimm anfühlt und man oft keinen Ausweg findet, so wie du auch. Doch die positive Seite an der Geschichte ist, dass eine Depression eine Krankheit ist, die man gut behandeln kann. Es besteht also sehr wohl Hoffnung, dass du da wieder raus kommen kannst, liebe Nancy!
Ich möchte gerne gemeinsam mit dir schauen, was wir tun können und welche Hebel wir in Gang setzen müssen, dass es dir besser geht.

Wie ich schon sagte, ist das Wichtigste auf dem Weg zur Genesung die Hilfe von außen. Du bist sehr reflektiert und machst dir viele Gedanken um dich. Vermutlich bist du auch schon gut informiert darüber, was da so los ist bei dir. Doch ohne Hilfe schafft man das einfach nicht. Wenn man so tief in einem Loch hängt, dann braucht man eine helfende Hand, die einen da wieder raus zieht.
Du schreibst, dass du nicht mit deiner Familie und deinen Freunden reden wirst. Das akzeptiere ich und suche gerne mit dir nach Alternativen, doch finde ich es schade und bitte dich, zu hinterfragen, woher das kommt. Und ob du vielleicht nur über einen Teil deines Leids mit einer von diesen Personen reden möchtest. Denn es kann sehr guttun, wenn man jemanden hat, der einem nahe steht und einen durch eine so schwere Zeit begleitet.
Wenn du dich an niemanden aus deinem direkten Umfeld wenden möchtest, ist es jedoch umso wichtiger, dass du dir professionelle Hilfe suchst. Das kann im ersten Moment Angst machen und einschüchtern, doch für die Meisten ist es letztendlich sehr wohltuend und hilfreich.

Hier sind mal ein paar Ideen von mir, wohin du dich überall wenden könntest:
- an einen Vertrauenslehrer oder, falls vorhanden, einen Schulsozialarbeiter. Schulsozialarbeiter haben übrigens Schweigepflicht und dürfen demnach den Lehrern nichts von dir erzählen und auch deinen Eltern nicht.
- an eine psychologische Beratungsstelle. Die haben auch Schweigepflicht, da kannst du zur Not also auch ohne das Wissen deiner Eltern hingehen. Hier ist mal ein Link, da kannst du rechts unten deine Postleitzahl eingeben, dann wirst du an die Beratungsstellen in deiner Nähe weiter geleitet:
https://jugend.bke-beratung.de/views/home/index.html
- an einen Psychotherapeuten. Da kannst du dir welche im Internet suchen oder dich von deinem Hausarzt weiterleiten lassen und dann Kennenlern-Termine ausmachen. Und da bekommst du dann eine ausführliche Therapie, die dir auch dauerhaft helfen kann. Schaue dir hierbei am besten gleich mehrere an, damit du schauen kannst, bei wem es für dich passt.
- an einen Psychiater. Der kann dich auch weiterleiten zu einem Therapeuten, dich auf deinem Weg begleiten und dir bei Bedarf ein stimmungsaufhellendes Medikament verschreiben.
- Du kannst dich auch deinem Hausarzt anvertrauen. Der leitet dich dann auch an Kontakte weiter, die dir helfen könnten.
- Wenn es dir einmal richtig schlecht geht und du einfach nicht weiter weißt, dann kannst du dich auch an die Telefonseelsorge wenden. Die stehen 24/7 zur Verfügung und unterstützen dich telefonisch in deiner individuellen Situation. Hier ist der Link:
http://www.telefonseelsorge.de
- Die bke Beratung könnte auch etwas für dich sein. Das ist eine laufende Beratung im Internet mit Sozialarbeitern und Psychologen, aber völlig anonym. Außerdem gibt es dort auch andere Jugendliche, mit denen man sich austauschen kann über seine Sorgen. Diese ersetzt jedoch keine professionelle Hilfe und ist nur eine Unterstützung, keine Therapie. Hier der Link dazu:
https://jugend.bke-beratung.de/views/home/index.html

Nun aber mal explizit noch ein paar Zeilen zu deinen Problemen. Ich habe die zur Übersicht ein Wenig thematisch unterteilt.

Du hast erwähnt, dass du dich dick fühltest und abnehmen wolltest. Ich weiß nicht, ob das immer noch aktuell ist. Dass deine Diät übertrieben war, hast du ja selbst schon erkannt. Ob du nun dick bist oder nicht, kann ich nicht beurteilen, da ich dich nicht sehe. Aber hast du schon einmal deinen BMI ausgerechnet?
Das kann man zum Beispiel hier machen:
http://www.bmi-rechner.net/bmi-kinder.htm
Das ist zwar nur ein grober Richtwert, aber kann helfen. Denn viele Mädchen und Frauen finden sich dick, obwohl sie das rein objektiv gar nicht sind. Zu dem BMI muss man aber auch sagen, dass es gut sein kann, dass man trotz Übergewicht beim BMI nicht „dick“ sein muss. Manche Menschen sind eben sehr muskulös (Muskeln sind schwerer als Fett) oder haben einen breiteren Körperbau. Das gibt es.
Rede dir also bitte nicht voreilig ein, dass du dick bist, sondern überprüfe das erst. Wenn das tatsächlich so sein sollte, kannst du dir überlegen, eine gesunde und schonende Diät zu machen, vielleicht in Verbindung mit Sport. Ansonsten kannst du versuchen, ein positiveres und objektiveres Selbstbild zu bekommen. Hinterfrage deine Selbstwahrnehmung, frage vielleicht nach der Meinung deines Umfelds. Und lerne dich schätzen und lieben, denn du bist gut so, wie du bist.
Hast du schon einmal aufgeschrieben, was du alles an dir magst? Vielleicht sind es ja deine Hände oder deine Augenbrauen. Magst du deine Haare oder deine Beine? Das kannst du ja auch dann betonen durch Kleidung und Schminke, wenn dir danach ist und du dich so wohler fühlst.

Nun aber erst einmal zu dem nächsten Punkt, deinem selbstverletzenden Verhalten (ich schreibe ab jetzt SVV):
Hast du dir schon mal Gedanken darüber gemacht, woher das kommen könnte? Das kann meist verschiedenste Auslöser haben: zum Beispiel, dass man Druck ablassen muss, sich bestrafen möchte, oder so wieder mehr Kontakt zum „Jetzt und Hier“ bekommen kann.
Es wäre auf jeden Fall sehr gut, wenn du heraus findest, was dein Auslöser ist. Das könntest du schaffen, indem du zum Beispiel Tagebuch führst: jedes Mal, wenn du dich verletzt oder verletzen möchtest, kannst du in das Buch schreiben, was davor passiert ist, wie du dich fühlst und wie es dir evtl. danach geht.
Zudem gibt es sogenannte Skills, die du anwenden kannst, wenn du davon los kommen möchtest, vielleicht hast du davon ja schon mal gehört. Es sind mögliche Ersatzhandlungen, die man statt dem SVV anwenden kann. Ich verlinke dir hier einen Link als Beispiel für diese Skills, aber es gibt unzählige Möglichkeiten mehr, die man auch im Internet findet, oder selbst heraus finden kann. Den einen hilft ein Igelball mehr, den man mit Druck über den Körper rollt, den anderen hilft mentale Ablenkung, indem sie zum Beispiel ein Bild anschauen und jeden einzelnen Aspekt davon genau betrachten und interpretieren.
http://mein-kummerkasten.de/Soforthilfe/30/Ich-ritze-mich-was-kann-ich-tun.html

Du hast geschrieben, dass du mit einer Maske lebst. Frage dich doch bitte mal, was für dich der Zweck der Maske ist. Ich kann mir vorstellen, dass du sie trägst, dass dein Umfeld nicht bemerkt, dass es dir nicht gut geht. Das kann in gewissen Situationen oder bei bestimmten Personen sicher sinnvoll sein. Doch auf Dauer, und das hast du sicher auch schon bemerkt, ist das fürchterlich anstrengend. Du könntest dir vielleicht überlegen, in welchen Situationen du sie getrost absetzen kannst und wann sie vielleicht transparent sein darf. Dass man nicht alles sieht, aber Ansätze erahnen kann. Bleibe dir deiner Maske bitte bewusst, nutze und schätze sie, wenn sie dir hilft, schenke dir aber auch genügend Zeit, in der du dein wahres Ich zeigen darfst, um dich zu erholen.

Dass du dich nicht mehr real fühlst und dir alles wie eine Simulation vorkommt, erscheint mir recht logisch, bei all den Anstrengungen, die du tagtäglich durchlebst. Wenn man dauerhaft unter Druck steht und angespannt ist, dann denkt der Körper, er ist in Gefahr und wechselt sozusagen zu einem Überlebensmodus. Er funktioniert, macht aber auch sonst nichts mehr, weil die Energie dazu fehlt. Zudem erscheint dir vermutlich alles nur negativ, was auch nicht verwunderlich ist bei einer Depression.
Lass uns doch mal sehen, was du tun könntest, um dich von all den Anstrengungen zu erholen und deine Stimmung aufhellen zu können.

Was gibt es denn in deinem Leben, was dir richtig gut tut, was du schön findest, oder was dich beglückt? Was lässt dein Herz höher schlagen? Hast du Hobbys? Wenn nein, bist du interessiert an irgendeinem Hobby?
Versuche, positives in deinen Alltag einzubauen. Gehe spazieren, male, lese, lache, nehme ein Bad. Egal, was, es können auch Kleinigkeiten sein. Und versuche dann, den Fokus darauf zu richten, um von dem Negativen Abstand nehmen zu können. Das ist am Anfang vielleicht unfassbar anstrengend, weil sowieso keine Energie mehr da ist. Aber ich verspreche dir, durch positive Aktivitäten kann sie wieder kommen.
Du meinst, im Sommer ging es dir gut. Was war da anders? Was hat dich da glücklich gemacht? War es das Tanzen und die neuen Freunde? Wenn ja, gibt es noch die Möglichkeit für dich, zu tanzen und hast du noch Kontakt zu den Freunden? Suche nach genau solchen Reizen.
Gestalte dir doch vielleicht ein Buch und schreibe dort all das hinein, was schön ist und was dich glücklich gemacht hat. Das kannst du jeden Tag machen in Form eines Tagebuchs, indem du abends reflektierst, was gut war.

Du sehnst dich nach glücklicheren Zeiten oder dem Tod. Versuch es doch mal mit ersterem, das kannst du nämlich steuern. Da kannst du bewusst für kämpfen und dich bemühen, dass es dir wieder gut geht.
Doch den Tod kannst du nicht lenken, man weiß nicht, was danach kommt. Du glaubst an Gott, denkst du, er hält das für richtig? Was denkst du, was sich Gott von dir wünscht?
Der Tod ist endgültig, er lässt sich nicht umkehren. Und dabei weiß man nicht einmal, ob es danach besser ist. Vielleicht ist das Leben nach dem Tod ja noch viel schlimmer als das jetztige Leben? Oder es kommt nichts mehr und du kannst gar nicht aufatmen, weil du gar nichts mehr kannst.
Dabei sehnst du dich doch nur nach Schönem. Das kannst du alles noch erreichen in deinem Leben, du hast noch ein langes Leben vor dir. Wenn du tot bist, dann hast du all diese Chancen vertan.

Liebe Nancy, es liegt jetzt in deiner Hand! Überwinde deine inneren Hürden und wende dich an jemanden, egal wen. Du musst das nicht allein durchstehen! Und kämpfe für dich, denn eigentlich willst du leben, aus deinen Zeilen dringt eine ganz starke Hoffnung durch! Es gilt jetzt, deine Aufmerksamkeit auf genau diese und deine Stärke zu richten und dafür zu sorgen, dass du dich wieder sicher fühlst. Diese Sicherheit kannst du dir nämlich sehr gut selbst geben, wenn du lernst, dir und deinem Leben wieder zu vertrauen. Du kannst es schaffen, du musst es nur wollen!

Wende dich gerne noch einmal an mich, wenn du noch Fragen oder „Redebedarf“ hast, ich werde dir antworten. Verlinke dazu einfach diese Beratung und setze es unter die Kategorie „Feedback“.

Ich wünsche dir alles Gute und glaube an dich!

Liebe Grüße
Alisa