Problem von Ben - 25 Jahre

Vater wird immer aggressiver und trinkt immer mehr Alkohol

Hallo,

ich bin nicht wirklich ein Mensch der sich oft Hilfe bei Anderen sucht, aber mittlerweile bin ich wirklich verzweifelt. Entschuldigung, dass ich so einen riesigen Aufsatz schreibe, aber ich muss es einfach mal los werden.

Mein Vater war noch nie ein "leichter" Mensch. Extreme psychische Probleme hatte er schon immer, da er aber zu der Sorte Mensch gehört, die nie (wirklich nie) zum Arzt gehen, wurde nie etwas dagegen gemacht. Wie könnte man ihn am besten beschreiben? Sehr ungeduldigt, total aggressiv und Angst einflößend in einer Sekunde, während er dann zwei Minuten später wieder normal ist und sich wundert warum die Leute sauer auf ihn sind. So ungefähr läuft es immer ab.

Meine Eltern sind schon sehr lange nicht mehr zusammen, wenn auch nicht ofiziell getrennt. Als ich in meiner Jugend schwer krank war und öfters für sehr lange Zeit im Krankenhaus war, ist mein Vater total durchgedreht, hat immer mehr Alkohol getrunken, bis es sogar die Schwestern gemerkt hatten, als er mich besuchen kam.
Nach einer Zeit wurde das wieder besser. Er war früher immer ein Mensch der sehr stolz war, kein Alkohol zu trinken, denn sein Vater war schon total der Alkoholiker. Nach der Zeit in meiner Jugend war er genau so wie vorher, und hat nie wirklich mehr Alkohol getrunken.

Eine Zeit lang hat er bei einem Freund gelebt, aber mittlerweile lebt er wieder seit Jahren in unserem Familienhaus. Fragen Sie mich nicht, warum. Keiner hat es erlaubt, er war plötzlich einfach wieder da.

Ich selbst bin körperlich wegen meiner chronischen Krankheit im Moment total am Ende, kann deswegen auch nicht arbeiten.

Vor ein paar Monaten hat die Freundin meines Vaters mit ihm Schluss gemacht, und seitdem geht es total bergab. Typisch für ihn ist es einen Tag besser, dann 2 Tage wieder schlimmer, dann ist er schon wieder fast normal und am nächsten Tag geht die Welt unter.

Monate, und es wird immer noch schlimmer und schlimmer. Und Leid tragende, die Leute die beschuldigt und beschimpft werden sind dann meistens wir, besonders meine Mutter.
Am Anfang waren wir ja ziemlich unterstützend, aber nach so vielen Monaten und nach so viel Alkohol? Mittlerweile habe ich einfach nur noch Angst, denn besser wird es einfach nicht.

Und es fühlt sich einfach so aussichtslos an. Was macht man in so einem Fall? Zu irgendwelchen Ärzten wird er nie gehen. Ihn rauswerfen? Dann wird alles noch schlimmer.
Meine Mutter versucht stark zu bleiben, aber so langsam sind wir beide einfach nur noch fertig.

Ich weiß nicht ma, was ich mit dieser Nachricht bezwecken will. Manchmal tut es wohl auch einfach gut, sich mal von der Seele zu schreiben.

MFG
Ben

Christina N. Anwort von Christina N.

Hallo Ben!

Zunächst möchte ich dir für dein Vertrauen danken, da es nicht selbstverständlich ist, sich mit seinen Problemen fremden Personen anzuvertrauen. Dies zeigt mir, dass du ein sehr reflektierter, junger Mann bist, der sich um seine Familie und sein Umfeld sorgt, so wie du dein Problem beschrieben hast.

Wenn ich mir deine Geschichte durchlese, ist es selbstverständlich, dass es dir momentan nicht gut geht und du sehr mit deiner Familie beschäftigt bist, das verstehe ich gut. Es ist ja auch wirklich einiges los, so wie du es beschrieben hast.

Es ist bestimmt nicht einfach für dich, mitzubekommen, dass dein Vater Alkohol konsomiert und nebenbei noch zur Aggression neigt, wie du es beschrieben hast. Da ist es verständlich, dass du dir Sorgen machst und dir sehr viele Fragen stellst.

In deinem Fall, den du beschrieben hast, handelt es sich um deinen Vater, einen erwachsenen Mann, der selbstständig Entscheidungen treffen darf, ob und wie viel er trinken möchte.

Ich verstehe dich jedoch sehr gut, dass du dir Sorgen machst, da es sich um deinen Vater handelt und vor allem, wie du beschrieben hast, die Häufigkeit anzumerken ist. Wie du richtig erkannt hast, gibt es Unterschiede. Jemand, der 1-2 Gläser ab und zu trinkt ist nicht so gefährdet, wie jemand, der das regelmäßig, häufiger und vor allem größere Mengen davon zu sich nimmt, denn da sind dann oft andere Absichten dahinter und wie du gut erkannt hast, ist das in deinem Fall schon als Warnsignal zu sehen, da du ja beschrieben hast, dass dein Vater auch oft alleine trinkt, sowie was auf gar keinen Fall missachtet werden darf ist die Aggressivität, die bei deinem Vater in diesen Situationen beobachtet hast.

Ich verstehe deine Sorgen sehr gut und würde an deiner Stelle wohl genauso handeln und denken, jedoch vergesse in dieser Zeit nicht auf dich. Auch wenn du dich um deinen Vater sorgst, jedoch ist er für sich selbst verantwortlich. Hierbei ist es wichtig, auf dich zu hören, was du in diesen Situationen oder an anderen Zeitpunkten gerne machen würdest. Eventuell kannst du dich mit deinen Lieblingsbeschäftigungen ein wenig ablenken, auch wenn es nicht ganz einfach ist, an etwas Anderes zu denken, wenn einem etwas beschäftigt und vor allem wenn dich deine gesundheitliche Situation ebenfalls belastet. Das verstehe ich natürlich. Jedoch achte auch auf dich und frage dich, wonach du in der jetzigen Situation gerade Lust hast. Freunde treffen, Eis essen, Musik hören, vielleicht mit deiner Mutter etwas unternehmen, dass ihr beide einmal zu anderen Gedanken kommt oder einfach nur die Seele an der frischen Luft baumeln zu lassen, dir wird bestimmt etwas einfallen!

Jedoch, wie du richtig erkannt hast, darf man natürlich in deinem Fall auch nicht wegsehen und du hast bereits zwei große Schritte gewagt. Der erste Schritt war, dass du dir bereits viele Gedanken gemacht hast und der zweite Schritt war, dich an uns zu wenden und das finde ich beides sehr mutig und pflichtbewusst von dir. An deiner Beschreibung merke ich, dass dir deine Familie sehr wichtig ist. Das finde ich auch gut so.

Eine Empfehlung von mir wäre, dass du seinen Zugang zu Alkohol noch besser beobachten könntest, wenn du dir ein Treffen mit ihm ausmachst. Das kann zuhause sein, oder ganz woanders, wonach ihr Lust habt und hierbei kannst du ihn dann genau beobachten. Ich würde es jedoch an deiner Stelle zunächst nicht direkt ansprechen, sondern ihn einfach fragen, wie es ihm geht, und möglicherweise auch, dass es dir aufgefallen ist, dass er sich in letzter Zeit verändert hat. Eventuell kannst du einen Zeitpunkt wählen, an dem er keinen Alkohol getrunken hat. Wenn von seiner Seite in diesem Bezug keine Antwort kommt, könntest du vorsichtig versuchen, deine Sorgen anzusprechen, indem du zum Beispiel sagst: “ Ich mache mir Sorgen um dich, ich habe dich manchmal beobachtet, dass du Alkohol trinkst. Geht es dir gut oder warum machst du das?“ Möglicherweise vertraut er sich dir hierbei ein wenig an. Dies ist nur ein Möglichkeit, um deinen Vater eventuell ein wenig verstehen zu können oder einen Zugang zu schaffen. Das ist jedoch nur eine Empfehlung von mir und das musst du natürlich nicht machen.
Jedenfalls würde ich an deiner Stelle auf gar keinen Fall mit deinen Sorgen alleine bleiben. Vertraue dir dich möglicherweise auch deiner Mutter an oder anderen Familienmitgliedern und erkläre ihnen, warum es dir so wichtig ist, darüber zu sprechen und welche Beobachtungen du gemacht hast, vor allem wie es dir dabei geht.

Was ich auf gar keinen Fall missachten würde ist, wie es dir und deiner Mutter in dieser schwierigen Lage geht. Denn wenn es euch nicht gut geht damit, dass dein Vater zuhause lebt, ist dies ein wichtiges Signal, das man nicht aus den Augen lassen sollte. Auch wenn es schmerzt, was natürlich verständlich ist, da man lange Zeit eine Familie war, jedoch geht es um euch und da ist diese Lage auf keinstem Fall so zu gestalten, nur dass dein Vater ein Zuhause hat, sondern wie geht es euch damit!

Eine Frage die sich für mich stellt, ist, inwieweit äußert sich denn die Aggressivität bei deinem Vater? Woran kannst du diese beoabachten?
Hierbei ist es dadurch, dass manche Menschen zur Aggression neigen, wenn sie Probleme haben, da sie leider oft nicht anders damit umgehen können, verständlich, wenn ihr zusätzlich noch Angst habt, wenn ihr mit eurem Vater darüber sprecht, ihn zum Beispiel aus dem Haus/ aus der Wohnung zu werfen.
Hierbei würde ich an eurer Stelle, auf jeden Fall Unterstützung suchen und diese könnte zum Beispiel die Polizei sein. Du kannst in einer solchen Situation ruhig deine Mutter dazu ermutigen, euch Hilfe zu holen, damit ihr nicht alleine seid in diesem Moment, sollte es so weit kommen.

Ich kann dir zusätzlich noch drei Links mitschicken, die du dir auch ansehen kannst, wenn du Lust und Zeit hast.
Hierbei gibt es Experten zum Thema Alkohol, die die Alkohlkonsumierenden als auch dessen Angehörige kompetent beraten und zur Seite stehen können.
www.selbsthilfe-alkohol.at
www.alkoholhilfe.at
www.a-connect.de

Ich wünsche dir jedenfalls alles erdenklich Gute und hoffe für dich und deine Familie, dass es so ausgeht, wie ihr es euch wünscht bzw. erhofft. Vielleicht waren ja ein paar Denkanstöße für dich dabei.

Liebe Grüße,
Christina