Problem von Kairi - 24 Jahre

Ich muss es mir von der Seele schreiben

Ich lernte einen jungen Mann über meine Freundin kennen, und wir trafen uns und verstanden uns auf Anhieb sehr gut. Er wollte schnell mit mir ins Bett, aber da er mir noch nicht viel bedeutete, lehnte ich ihn ab und korbte ihn, wo es nur ging, denn ich suchte etwas Ernstes mit Tiefgang.
Er verstand meine Reaktion nicht. Er eierte mir nach, fragte immer wieder nach Treffen, wollte mich ständig sehen. Wir sprachen viel miteinander aber nach wie vor korbte ich ihn weiter, denn diese lächerliche Begründung mit "er sei kein Beziehungstyp" kaufte ich ihm nicht ab.
Er interessierte sich mehr und mehr für mich. Begleitete mich zum Sport, obwohl er nicht gut darin war, wollte mich weiterhin sehen und treffen und schließlich kamen wir uns doch näher, da ich irgendwann das Gefühl hatte, er interessiere sich für mich als Person.
Schließlich landeten wir auch im Bett miteinander. Er kam wieder an mit seinem Ambivalenz-Blabla. Und ich zog mich zurück, da ich mich selbst ärgerte. Aber er ließ nicht locker... Kam immer wieder hinter mir her, auf mich zu, erzählte mir wie im Grunde perfekt ich sei, wie schön, wie interessant. Dass kein Mensch ihn so kenne wie ich ihn kenne, da ich ihn ja aus ihm heraus hole.
Er erzählte seinen Freunden von mir als seine Freundin, anderen erzählte er wieder, dass es nichts Festes ist. Aber sie hofften, dass es ernst wird.
Er wurde eifersüchtig, wenn andere mich anflirteten in seinem Beisein, aber stritt ab, etwas für mich zu empfinden. Als wir uns wegen einer seiner Bekannten stritten, die mir sagte, ich sei nur eine Frau auf dem Weg zur Nächsten, rannte er auch dort hinter mir her, als ich die Sache zwischen uns beendete. Ab da bat ich ihn um genau eine Sache und konfrontierte ihn auch mit seinem Denken, ob er eine Beziehung mit mir denn so ablehne. Er sagte, dass er sich schon vorstellen kann mit mir zusammen zu sein, aber eben noch nicht jetzt.
Ich bat ihn also, falls jemals Zweifel aufkommen, soll er mit mir reden und wir beenden die Sache, bevor es aus dem Ruder läuft und er mir richtig weh tut. Er willigte auch ein, sagte, er will um jeden Preis auf meine Gefühle aufpassen.
Ab da ging es auf und ab mit unserer Beziehung, ein hin und her. Aber zum Ende hin wurde er verbindlich. Und das hielt genau einen Monat...
Er plante mit mir Dinge, die wir in der Zukunft miteinander machen wollten, ich lernte seine Eltern kennen. Und dann... schlief er mit einem Mädel, das 8 Jahre jünger ist als er und erzählte es mir eine Woche später, als er auf dem Weg zu seinen Eltern war. Er fragte mich, wie es mit uns weiter gehen soll... Aber ich wollte meine Ruhe, denn ich fühlte mich einfach schrecklich nach diesem Betrug.
Er kam wieder, als ich ihn traf, war sie ebenfalls anwesend, aber er ließ sie stehen um mit mir zu reden, immer wieder. Ich machte aber dicht. Denn ich wollte sehen, was er macht und ob er mich nicht schon wieder anlügt. Sie sperrte sich an dem Abend betrunken im Klo ein und ich versorgte sie mit einer gemeinsamen Freundin von ihm... Da lernte ich das Mädchen kennen und merkte auch, wie infantil sie ist.
Das mit den beiden ist ein on-off-ding gewesen, bis vor kurzem. Er versuchte es weiterhin bei mir.... Aber kam nicht weiter. Sein Bla Bla interessierte mich nicht sonderlich. Ich wollte wenn dann sehen, dass er mich wirklich mag, wenn er mich denn in seinem Leben behalten will... Aber er entschied sich, das Mädchen wieder aus der Schublade zu holen.
Ich sah einen Beitrag, dass sie nun in Budapest sind und fragte ihn ob sie zusammen sind... er bejahte es. Und ich bin wütend und verletzt... Meine Gedanken sind so gemischt. Ich kenne ja die Geschichte von ihnen, die Geschichte von mir und ihm. Er hielt mich warm und sie genauso und entschied sich nun für sie. Und sie nahm ihn offenbar mit offenen Armen.

Alles was wir mal hatten lag schon nach dem Betrug in Scherben. Er kannte sie kaum und hat nicht lange gefackelt. Und ich habe gelitten wie ein Hund... Und es hat ihn nie interessiert. Es kommt mir vor, als sei alles, was wir hatten eine riesen Seifenblase, die geplatzt ist. Ich kann mir denken, dass die Seifenblase mit ihr auch platzt, denn wieso sollte er bei ihr bleiben, wenn eine andere kommt? Ich glaube nicht daran, dass sich Menschen ändern, zumal er sie vor der Beziehung auch schlecht behandelte. Aber ich finde es schrecklich unfair.

Er rennt herum und fügt anderen Leid zu und ihm ist es total egal. Wie kann ein Mensch so sein? Und wie konnte ich so einen Menschen gern haben? Ich schäme mich und habe schreckliche Angst, mich erneut auf jemanden einzulassen.
Gerade ist jemand interessiert an mir, der sehr nett erscheint und ich habe schreckliche Angst davor, bin froh dass er da ist und mich unterstützt, aber könnte ständig heulen, weil ich an den anderen denken muss und all das, was er mir angetan hat, wie er mich belogen und gedanklich besetzt hat.

PaulG Anwort von PaulG

Liebe Kairi,

ich freue mich, dass du die Gelegenheit wahrgenommen hast, dir all das von der Seele zu schreiben. Seitdem sind zwar - das tut mir leid - schon gut vierzehn Tage vergangen, aber ich möchte wirklich nicht, dass dieser sehr ehrliche und tiefgründige Beitrag von dir unbeantwortet bleibt. Ob ich dir eine Hilfe geben kann, wie sich damit besser umgehen lässt, weiß ich nicht; ich würde auf keinen Fall den Anspruch erheben, es zu können. Vielleicht aber teilst du ja manche meiner Gedanken, und es macht dir die kommende Zeit etwas leichter erträglich. Zumindest hoffe ich das.

Ich habe deinen Text mit Spannung gelesen. Spannung, weil ich über den ganzen ersten, langen Absatz hinweg, mich immer wieder fragte: Wie lange braucht sie noch? Wann wird sie ihm endlich eine so deutliche Ansage machen, dass er sich verzieht und sie in Ruhe lässt? Sicherlich tue ich dir damit Unrecht. Das Problem mag eher darin gelegen haben, dass er über kein Taktempfinden verfügt, was das betrifft. Für einige Menschen ist ein Korb ein Korb - für ihn gilt wohl die Devise: "Hartnäckigkeit führt irgendwann doch zum Ziel..." Und treffenderweise hat er in dem Moment, als du endlich nachgegeben hattest, diese Chance auf für dich demütigende Weise verspielt. Und dabei überdies auch noch ein junges Mädchen zutiefst verletzt und - wenn man ihre Reaktion bedenkt - sogar in große Gefahr gebracht.

Es ist wirklich mehr als verständlich, dass, ein Wegstrecke mit so einem Menschen zu tun gehabt zu haben, den eigenen Glauben an die Menschheit tief erschüttern kann. Den entscheidenden Satz hast du selbst gesagt: Es ist ihm egal. Für ihn sind Versprechungen, Beteuerungen, "Ich liebe dich, glaub mir" und "Versteh doch, dass es mir schwerfällt", nichts als billige Phrasen, mit denen er andere Leute ermüden und erweichen kann, um zu bekommen, was er will. Das ist krass - wenn man sich überlegt, was für eine tiefe Bedeutung für viele andere Menschen darin liegt, und wie schwierig es sein kann, wie viel Überwindung es bisweilen kostet, einen geliebten Menschen in sein Inneres blicken zu lassen. Er ist da offensichtlich schmerzfrei. Und wir müssen davon ausgehen, dass ihn auch das, was in euer Leben so tief eingeschnitten hat, und was ihr ihm vorwerft, nicht zum Umdenken bewegt. Und emotional nicht besonders anstrengend für ihn ist.

Mich beschäftigt eher die Frage: Wie kommt man zu sowas? Anscheinend ist es wirklich so, dass manche Menschen nicht soviel Wert auf die Sicherheit und Vertrautheit einer Beziehung legen, sondern in erster Linie an ihrem Vergnügen interessiert sind. Dass es sie nicht groß berührt, wenn sie dabei andere Menschen verletzen, liegt fast auf der Hand: Jemand wie dein (Ex")freund" müsste ja sonst am ständigen schlechten Gewissen ersticken, weil er nicht finden kann, was Andere an der Liebe so toll finden, gleichzeitig aber nach wie vor sehr viele Menschen an der romantischen Liebe interessiert sind. Ich weiß nicht, ob es die meisten sind; ich selbst zähle mich auf jeden Fall dazu, und das tust du ja auch. Und ich hoffe sehr, dass du bald den Mann finden wirst, der dich würdig behandelt und bei dem du die Zuneigung und Beständigkeit findest, die du dir wünschst.

Das alles entbindet deinen (Ex)"freund" nicht von der Pflicht, sich einmal klarzumachen, wie egoistisch und fahrlässig er gehandelt hat. Ich sage dir offen: Wenn das für dich wichtig ist, wirst du wahrscheinlich schlechte Karten haben, wenn du selbst versuchst, ihm diese Einsicht zu vermitteln. Du bist ihm - wie du ja schmerzlich erfahren musstest - als Person nicht wichtig genug, als dass es wirklich auf ihn Eindruck machen könnte, wenn du ihm eine Szene machst (und du hättest alles Recht, das zu tun!) Ehrlich gesagt sehe ich hier mehr eine Verfehlung auf Seiten seiner Freunde, die du auch kennen gelernt hast - wieweit seine Eltern von seinem Lebensstil wissen, ist unklar. Ich kann es ja nur für mich persönlich formulieren: Aber wenn mein bester Freund / guter Kumpel / Mitstudent / Kollege derart rücksichtslos mit Frauen umginge, würde ich ihm sagen, dass, wenn er nicht mit mehr Anstand durchs Leben geht, unsere Freundschaft Geschichte ist. Wenn du also den Wunsch hast, dass jemand ihn nochmal zur Rede stellt, rege es lieber bei jemandem an, der genügend Eindruck auf ihn machen kann. Was dich betrifft, hoffe ich eher, dass du ihn so bald nicht wiedersehen wirst; er hat dich bei weitem genug belastet und tut es auch jetzt noch, auch wenn ihr getrennt seid.

Ansonsten können wir nur hoffen, dass die nächste Person, auf die er so eindringt wie auf dich, eine Gelegenheit findet, ihm seine Unaufrichtigkeit und seinen Egoismus deutlich vorzuhalten. Vielleicht trifft er irgendwann im Leben auch auf diejenige Frau, für die er wirklich alles tun würde, und verspielt ihre Zuneigung unwiederbringlich, weil er nicht selbst die nötige Härte an sich legen kann. Ich sage nicht, dass ich ihm das wünsche. Aber vielleicht kann dich der Gedanke trösten, dass jemand, der rücksichtslos durchs Leben geht, in der Regel früher oder später zu spüren bekommt, was er selbst austeilt? Davon bin ich genauso überzeugt wie davon, dass deine Mühe und deine Fürsorge für das Mädchen, die er so in Verzweiflung gestürzt hat, belohnt werden.

Wie du richtig sagst: Er hat dich belogen und gedanklich besetzt. Das war ungut, aber aus der Situation heraus hast du es zugelassen. In Zukunft solltest du dir vornehmen, die Linien auch wirklich einzuhalten. mit denen du dich selbst aus gutem Grund umgibst: Wenn jemand nicht treu sein will, obwohl er es verspricht - und, schlimmer noch, dich bewusst hinhält und belügt -, kann die Folge nur sein, dass du den Kontakt beendest. Es nimmt dir auch niemand übel, wenn du es den Leuten, die es angeht, erzählst und Andere warnst. Das hat er sich selbst zuzuschreiben. Ich denke nicht, dass du der Mensch wärst, ihn durch Gerüchte zu zerstören - so schätze ich dich nicht ein. Und ohnehin, wäre es angemessen, ihn genauso schamlos und brutal zugrunde zu richten, wie er es fast mit euch getan hätte? Bleib bei der Wahrheit. Diese ist schlimm genug. Doch vergiss sie ihm auch nicht, und niemandem, der dir in Zukunft so kommt. Du kannst nur glücklich werden, wenn du deine (guten!) Prinzipien durchhältst und dich nicht durch fadenscheinige Bitten und Ausreden einweben lässt, die lediglich besagen wollen, dass er dein Beziehungsbild nicht teilt und keine Verantwortung übernehmen will. Ich glaube nicht, dass so etwas glücklich macht - verantwortungslos leben zu wollen. So wie es auf mich wirkt, will er auch nicht glücklich werden, verfolgt kein Ziel, außer seinen Spaß; den hat er wohl. Leider - er ist abgebrüht genug. Doch so vieles wird ihm auch versagt bleiben, wenn er nur nehmen und nicht geben will.

Wie es kommen kann, dass du "so einen Menschen" gern haben konntest, ist schwer zu beantworten. Ich vermute: Es war leichter, als ihn abzulehnen, solange du noch nicht wirklich wusstest, wie er ist. Die letzten Ereignisse haben dir dann erst die Augen geöffnet. Und schmeichelt es nicht jedem, wenn jemand einen umwirbt - und wenn es nur ist, um immer wieder seine Versprechen zu brechen? Auch das Schmerzhafte kann zu einer Gewohnheit werden, ohne die man schlecht auskommt. Denke nur an die vielen Beziehungen, in denen ein Teil dauernd untreu ist, und immer wieder beschwichtigt, verspricht, sich zu bessern, ohne dass es geschieht; denke an die Frauen, die geprügelt werden, und denke an die Männer, die sich nicht trauen, ihre Wünsche und Bedürfnisse zu äußern: Man legt nicht gerne weg, was lange gewährt hat. Man gibt eine Sache ungern auf, wenn man sich schon fast alle Zähne (bildlich gesprochen) an ihr ausgebissen hat. Und dabei belügt man sich selbst darüber, dass man diese Sache keineswegs braucht, sondern sich nur daran gewöhnt hat, dass sie den eigenen Tag füllt. Du bist an den Punkt gekommen, an dem du nicht mehr "Ja, okay" sagen konntest, sondern aufgeweckt worden bist. Er ist zu weit gegangen, und jetzt stehst du mit Scham vor dir selbst. Aber wenn du in Zukunft standhaft bleibst, wird zumindest dir kein dauernder Schaden entstanden sein. Oder halt: Fragst du dich nicht in diesem Moment, ob du wirklich standhaft bleiben kannst? Da haben wir es schon. Der größte Schaden, der entstanden ist, ist das Gefühl der Abhängigkeit von einem Menschen, der dich gleichzeitig anekelt. Und deshalb auch hoffe ich sehr, dass du dein Herz bald an jemanden hängen kannst, der das zu würdigen weiß, und bei dem deine Bitten und Ängste nicht verhallen.

Ich weiß nun nicht, wie die Geschichte weitergegangen ist. Ich wäre froh, wenn du nun Ruhe vor ihm hättest. Und wenn er sie dir nicht gewährt, dann bleib eisern, und sprich aus, was er in deinen Augen ist. Hab keine Scham, denn wenn er all diese Zeit ausgehalten hat, ohne dass es an seinem Ehrgefühl gekratzt hätte, wird es ihm nichts ausmachen (was ja gerade das Schlimme ist! Sollten wir uns nicht wünschen, dass er wenigstens ein bisschen von der Scham und Ernüchterung fühlt, die dich gerade begleiten? Wahrscheinlich schon.) Ich hoffe, dass du nun Atemluft schöpfen und bald wieder deinen eigenen Sinnen trauen kannst; sie täuschen dich nicht, nur weil du dich einmal in jemanden getäuscht hast. Sie werden dich zu deinem Glück führen.

Alles Gute und Liebe Grüße,

Paul