Problem von Oli - 13 Jahre

Soll ich mich umbringen? Und wie?

Ich will mich glaub ich einfach nur umbringen. Ich habe eigentlich keine Familiären Probleme. Auch nicht in der Schule. Einfach mit mir. Ich will als Mädchen nicht leben. Ich hatte schon oft diese Gedanken, was mich aber aufhält, sind meine Freunde und meine große Schwester. Sie weiß aber nichts davon. Meine Freunde wissen zwar, dass ich ein Junge sein will, aber mehr auch nicht. Wie sollte ich mich umbringen, dass diese Leute nicht so "Leiden" müssen. Kp. Sag mir jetzt nicht, das es sich doch lohnt weiter zu leben. Hab ich oft genug hören müssen. Danke im voraus.

Frauke Anwort von Frauke

Liebe(r) Oli!

Es ist erst einmal super, dass du keinerlei Probleme in der Schule oder mit deiner Familie hast und dass du Freunde hast, denen du dich zumindest schon ein ganz klein wenig öffnen konntest. Dazu kommt noch ein große Schwester, die dir auch sehr am Herzen liegt. Also - viele gute Gründe am Leben zu bleiben und eine Menge Menschen, die erst einmal in Frage kommen, wenn es darum geht, dich zu unterstützen.

Viele Menschen haben Schwierigkeiten, sich vorzustellen, wie es ist, im falschen Körper zu stecken. Da fehlt einfach das Vorstellungsvermögen und darum stoßen Menschen wie du häufig erst einmal auf Unverständnis und Ablehnung. Ob das bei deiner Familie und deinen Freunden auch so sein wird, wirst du erst wissen, wenn du dich "geoutet" hast.

In meinem Bekanntenkreis habe ich (wirklich ungelogen!) genau drei Menschen, die auf vollkommen unterschiedliche Art und Weise mit dem gleichen Problem umgegangen sind.

Person A: Als sie etwas 11 Jahre alt war, hat sie darauf bestanden, dass jeder sie mit einem Jungennamen anredet - auch die Lehrer zum Beispiel. Sie hat sich natürlich auch nicht die Spur mädchenhaft angezogen und hat einfach sozusagen mit weiblichem Körper als Junge gelebt. Da sie in einer Großstadt lebte, ihre Eltern sie vorbehaltlos unterstützten und sie auf eine vernünftige Schule mit verständnisvollen Lehrern ging, war das auch möglich, ohne dafür angefeindet zu werden. Dann, so mit etwa 16, ist sie umgeschwenkt und hat nicht mehr auf dem Jungennamen bestanden und irgendwie Frieden mit ihrem weiblichen Geschlecht gefunden. Was im Moment mit ihr ist, weiß ich nicht.

Person B: Hat sich auch schon immer mehr als Junge gefühlt. Ich kenne sie (jetzt ihn) schon seit sie ein Baby war. Dann hat sie etwa im Alter von 16/17 sich bewusst dafür entschieden, Hormone zu nehmen und sich auch körperlich langsam in Richtung Junge/ Mann zu entwickeln. Auch er hatte das Glück, verständnisvolle Eltern zu haben und er ist nun mit Anfang/ Mitte 20 mit seinem neuen Geschlecht ganz glücklich.

Person C: Dieser Junge hatte leider nicht so gute Karten. Er wohnte auf dem Land, in einem kleinen Dorf, in dem die Menschen ziemlich altmodische Vorstellungen hatten. Auch seine Eltern waren nicht verständnisvoll. Sie wollten ihr "kleines Mädchen" nicht verlieren und sagten, das wäre alles nur "eine Phase". Er selbst hat aber so sehr darunter gelitten, nach außen hin ein Mädchen zu sein, dass er letztendlich in eine Wohngruppe in die nächste Großstadt gezogen ist. Dort hat er an einer neuen Schule als Junge neu angefangen. Sein Weg war mit Sicherheit der schwierigste.


Meine Tipps für dich sind:

1. Suche im Internet nach Jugendlichen, denen es so geht wie dir. Wie sind sie damit umgegangen? Hier sind zwei links für dich:

Ein Forum für Jugendliche, die nicht in das herkömmliche Mann/Frau-Schema passen - guck mal unter "trans"
http://www.lambda-online.de/index.php/beratung/in-out-jugendberatung

Gut fand ich auch diese Filme hier - und überhaupt die weiterführenden links auf der Seite.
http://www.br.de/puls/themen/leben/transgender-steckbriefe-felicitas-jim-100.html

2. Versuche dich vorsichtig vorzutasten, wie deine Familie diesem Thema gegenüber eingestellt ist. Zuerst deine Schwester, dann deine Eltern? Vielleicht findest du die Möglichkeit, dass ihr "zufällig" gemeinsam diese Filme schaut oder du sagst, dass ihr gerade in der Schule über das Thema geredet haben (in Bio oder Reli) und was sie dazu meinen.
Dann gibt es zwei Möglichkeiten: A: Sie scheinen aufgeschlossen und verständnisvoll zu sein. Das heißt leider immer noch nicht, dass sie es bei ihrer eigenen Tochter akzeptieren. Aber trotzdem: Mut zusammennehmen und dich outen.
B: Sie zeigen deutlich, dass sie dem Thema ablehnend gegenüberstehen. Dann kannst du sehr mutig sein, und dich trotzdem outen oder du schiebst das erst einmal auf einen Zeitpunkt, an dem du dich selbst sicherer und stärker fühlst.

3. Vertraue dich deinen Freunden an. Vielleicht indem du dich genauso wie oben beschrieben herantastest.

Ich wünsche dir alles Gute und dass du deinen Weg findest. Lass dir nicht einreden, dass du nicht "normal" wärst. Die Welt ist nicht so einfach gestrickt, so schwarz und weiß oder Mann und Frau wie die meisten Menschen denken!

Frauke