Problem von Julia - 25 Jahre

Depressionen

Es hat ca. vor 4 Jahren angefangen als ich mit meinem Freund zusammen in eine andere Stadt gezogen bin, ungefähr 300 Km weit weg von unseren Eltern um in der neuen Stadt eine Ausbildung bzw. allg. eine Zukunft selbstständig aufzubauen. Um ehrlich zu sein wollte ich weg von allen. Meine Eltern haben sich getrennt als ich 7 Jahre alt war. Eine schöne Kindheit hatte ich nicht, da mein Vater sich immer mehr von mir und meinen Geschwistern abgekoppelt hatte und wenn man sich mal wieder mit ihm getroffen hat, war da fast immer eine neue Freundin von ihm dabei. Immer das selbe Spiel! Letzendlich hat er 2011 die Frau geheiratet die man persönlich nicht vorher kennengelernt hat. Der Kontakt ging sehr in die Brüche und wenn eine Nachricht von Ihm kam, dann nur weil er etwas wollte. Wie vor einem guten halbem Jahr als er Geld bei mir einfordern wollte für 2 Packungen Bewerbungsmappen + Umschlägen (Ja, wirklich!). Dazu sei gesagt, dass er gut verdient und eig. keine Geldprobleme hat. Meine Mutter war Überfordert und musste damals viel wegen meinem Vater hinnehmen. Er hat Sie sogar geschlagen.. und das vor uns Kinder. Meine Mutter an sich ist sehr unselbstständig (Hausfrau ohne Einkünfte, ohne Auto und erst mit 30 aus Schlesien nach Deutschland gekommen). Einige Zeit nach der Trennung mussten wir das damalige Haus verkaufen. Mein ältester Bruder ist zum studieren weg gezogen und meine Schwester ist mit ihrem Freund zusammen gezogen nur mein Bruder und ich sind mit meiner Mutter zusammen gezogen bis vor 4 Jahren. Ich dachte jetzt kann es endlich Bergauf gehen, doch vor 3 Jahren kam die erste Nachricht, dass mein Bruder (der mit mir zusammen bei meiner Mutter gewohnt hat) sich umbringen wollte. Ich bin sofort nach Hause gefahren da man Ihn zum Glück noch rechtzeitig in das Krankenhaus bringen konnte, er wurde auch direkt in die Psychiatrie gebracht wo er auch eine gewisse Zeit blieb. Es war schrecklich ihn so zu sehen. Man hat Ihn angeguckt und ihn gefragt Warum? Aber er war einfach still und hatte so einen leeren Blick auch als man angefangen hat zu weinen kam keine Reaktion, als wäre er ein anderer Mensch und total leere Augen. richtig schlimm! Meine Mutter ging es auch nicht gut, sie hat das sehr mitgenommen. Nach einer gewissen Zeit ging es meinem Bruder besser durch Antidepressiva, Tagesklinik und einen längeren Aufenthalt in München in einer Kurklinik. Wir haben für meinem Bruder eine eigene Wohnung gesucht und im gleichen Zeitraum dann auch eine neue Wohnung für meine Mutter, weil die andere dann zu groß für sie war. Nachdem alles geschafft war, war es für eine kurze Zeit etwas ruhiger bis mein Vater meine Mutter auf Ihren Anspruch gewisser Rentenpunkte (für Erziehung oder Ähnliches) verklagt hat. In der Zeit war ich eher selten "Zuhause" und hab mich eher auf meine Ausbildung konzentriert. Ich hab aber häufig mit meiner Mutter telefoniert, dabei ist mir aufgefallen, dass sie immer stiller wurde und teilweise garnicht oder nur gebrochen geantwortet hat. Sie hat viel abgenommen und nachdem ich Sie dann doch besucht habe, war sie immer sehr hektisch, sie hat sich häufig gekniffen und konnte nicht für eine Minute stillsitzen. Vorallem hat sie, wenn sie was gesagt hat, verrückte Sachen gesagt wie z.B. Dass Sie einen Zeckenbiss hatte und die Zecke entfernt hat aber der Kopf dran geblieben ist und der sich jetzt durch Ihren Körper frisst.... Durch meine Oma haben wir erfahren, dass meine Mama damals in Schlesien auch eingewiesen wurde. Da wollte wir im ortsansässigen Krankenhaus auch in der Psychiatrie eine Lösung finden. Es wurde uns in der Tagesklinik ein Platz angeboten jedoch nach dem Gerichtstermin hat sich das wieder reguliert und meine Mutter war extrem positiv eingestellt. (Wir hatten keine Ahnung, dass sie psychisch krank ist und es nur eine Phase ist). Mit guten gewissen hab ich meine Ausbildung gemacht. Vor kurzer Zeit kam jedoch die nächste extreme von meiner Mutter. Es ging ähnlich wie zuvor los mit der Art wie sie gesprochen (stiller, viele Pause, keine richtigen Sätze). Meine Mutter hat nichts mehr gegessen oder getrunken. Eine Psychologin kam sie 2 mal die Woche besuchen um nach Ihr und Ihrem Zustand zu sehen bis zum Extremtief. Wir haben sofort Notarzt etc. gerufen und sie Zwangseinweisen lassen. Nach 3 Wochen kam sie raus. Das gleiche Spiel, ihr ging es besser und die Ärzte konnte und wollte nicht viel tun. Meine Mutter sollte aber täglich Ihre Tabletten abholen. Letzte Woche Dienstag hat mir meine Schwester geschrieben (Sie wohnt ca. 6 Km von meiner Mutter entfernt), dass es wieder anfängt und Sie dieses Mal meine Mutter direkt in die Psychiatrie gebracht haben. Wir haben versucht meinen einen Bruder so gut wie es geht davon zu entlasten und rauszuhalten, da er vor ca. 3 Jahren ähnliches durchmachen musste, jedoch ist er mom. auch in einem Tief. Er holt sich zwar, täglich seine Antidepressiva ab (zwischenzeitlich hatte er die abgesetzt, als es ihm wieder gut ging) jedoch sagt uns, dass er nicht mehr leben möchte und hätte er nicht so viel Angst, sich das leben selbst nehmen würde es sofort tun. Er selbst sieht sich nur als Last und hat keinen Sinn für sich im Leben. (hat mir vorgestern geschrieben) Ich bin froh, dass er dieses mal mit uns darüber redet, damit wir ihn weiter unterstützen können so gut es geht. Vor ca. einem Jahr haben wir von unserem älteren Bruder erfahren, dass auch er in Behandlung ist. Er hat uns nichts gesagt, damit wir nicht noch mehr Belastet sind und uns wenigstens keine Sorgen um Ihn machen, da er es selbst in den Griff kriegt. (Er wohnt noch weiter weg und der Kontakt ist eher selten).

Meine Schwester und ich können einfach nicht mehr, so stell ich mir die Hölle vor. Es will einfach nicht mehr gut werden und ständig die Sorgen zu haben fressen mich innerlich auf. Ich versuch immer wieder stark zu bleiben und auch gerade bei meinem Bruder die richtigen Worte zu finden aber ich weiß zum Teil einfach nicht wie und meiner Schwester geht es ähnlich, vorallem weil auch wir angst haben, dass wir irgendwann eine Grenze erreichen und wir auch in ein Tief fallen und Depressionen kriegen. Auf der einen Seite ist man Stark geworden aber auch total kalt weil man andere Probleme von z.B. Freunden wegen einem Ex oder so einfach nicht mehr als Problem sieht. Es ist auch schlimm für mich immer wieder eine Fassade nach Außen aufbauen zu müssen bei Kollegen oder Freunden. Ich weiß ehrlich nicht weiter. Ich liebe meine Familie aber ich möchte mich auch mal auf mich konzentrieren. Und ja es klingt ziemlich Fies. Letzte Woche hab ich meine schriftliche Abschlussprüfung gehabt und die total verhauen. Meine Gedanken sind einfach ganz wo anders. Ich bin am überlegen, mir in meiner jetzigen Lage Hilfe zu suchen um einfach reden zu können. Ist das eine gute Idee? Zwar hab ich das in gewisser Maßen jetzt mit diesem gefühlt endlosen Text auch schon gemacht aber ich denke wöchentlich zu gewissen Sitzungen oder ähnlich würde vielleicht helfen. Ich hoffe ich kriege eine Antwort...

Frauke Anwort von Frauke

Hallo Julia,

du hast also gemerkt, dass es dir schon sehr geholfen hat, das alles aufzuschreiben. Genau darum solltest du damit weiter machen. In einer sehr schwierigen Phase meines Lebens habe ich häufig in einem Selbsthilfeforum geschrieben und der Kontakt mit Menschen, die die gleichen Erfahrungen gemacht hatten, hat mir sehr geholfen. Und du scheinst mir auch diese Art Mensch zu sein :)

Hier habe ich ein paar links für dich:

http://www.irrsinnig-menschlich.de/hilfe/seelisch-erkrankte-eltern/ (Dies richtet sich eher an Jugendliche und Kinder, ist aber sehr gut gemacht, finde ich)

Und dann gibt es den Bundesverband der Angehörigen psychisch erkrankter Menschen: https://www.bapk.de/startseite.html Oder z.B. für den Bereich NRW: http://www.lv-nrw-apk.de/

Dann gibt es viele regionale Angebote wie z.B. diese hier in Köln: http://www.rat-und-tat-koeln.de/ Google einfach mal nach Angeboten bei dir in der Nähe.

Ich bin gerade in so kurzer Zeit auf so viele Seiten gestoßen, also bestimmt gibt es bei dir in der Nähe auch etwas!

Und überlege, ob du nicht auch selbst, sozusagen vorbeugend, eine Therapie anfangen möchtest. Wenn ich lese, was du alles schon mitgemacht hast, dann sind das starke Belastungen gewesen und du solltest dich damit auseinandersetzen und sie nicht nur wegschieben. Oft denken Menschen, die sich so große Sorgen um Familienmitglieder machen, dass es egoistisch ist, sich um sich selbst zu kümmern oder dass sie selbst und das eigene Wohlbefinden jetzt in dem Moment einfach nicht so wichtig ist. Sorge dafür, dass es DIR gut geht, nur dann kannst du deiner Familie im Notfall auch wirklich eine Stütze sein.

Alles Gute!
Frauke