Anwort von PaulG

Lieber Bex,

die Frage ist doch: Warum sollte sie dich anlügen?

Ihr habt eine Verhütungspanne gehabt, das kann vorkommen. Welchen Grund sollte sie aber haben, sich angesichts dieses (zufälligen) Ereignisses spontan zu entscheiden, dass sie ein Kind bekommen möchte?

Wenn deine Exfreundin seit langem einen Kinderwunsch hat, und das der Grund für eure Trennung war, ist dein Verdacht vielleicht nicht aus der Luft gegriffen. Andererseits kannst du dann nichts machen, denn die Entscheidung über die Schwangerschaft liegt allein bei ihr.

Wenn der Grund für eure Trennung aber ein anderer war, dann ist das eher unwahrscheinlich. Klar, es stimmt: Sie kann dir viel erzählen. Andererseits ist, wenn sie die Pille danach genommen hat, eine Schwangerschaft nicht möglich. Solltest du nicht nur den verspäteten Zyklus anzweifeln, sondern auch, dass sie überhaupt beim Arzt war, dann kann nur sie allein dir darüber Aufschluss geben. Trotzdem stellt sich mir die Frage, wieso sie ausgerechnet von dir ein Kind bekommen wollen sollte, wenn sie um die Situation bei dir zuhause weiß. Hat sie einen Grund, dir zu schaden? Und wäre es nicht auch für sie wesentlich einfacher, unkomplizierter (und sicherer und billiger!) entweder mit einem anderen Mann eine Familie zu gründen, oder erst deine Frau zu werden und es dann mit dir zu tun? Natürlich kann ich nicht in den Kopf deiner Exfreundin sehen, und auch all meine Überlegungen ersetzen nicht ein ehrliches Gespräch zwischen euch. Doch andererseits ist deine Angst jetzt schon so stark, dass sie wahrscheinlich andauern wird, selbst wenn sie dir beteuert, nicht schwanger zu sein.

Deine Angst richtet sich schon jetzt auf zwei verschiedene Szenarien: Das eine wäre, jetzt ein Kind zu bekommen - das heißt, in acht Monaten, wenn es zur Welt kommt. Das andere wäre, dass sie das Kind ohne dich aufzieht und du in einigen Jahren mit einer Unterhaltsforderung konfrontiert wirst. Diese beiden Möglichkeiten würden unterschiedliche Probleme nach sich ziehen.

Im ersten Fall hättest du das Problem, es deiner Familie erklären zu müssen - und ich sage dir offen: Steh zu deinem Kind. Es würde dich auf Dauer viel unglücklicher machen, dich den Erwartungen deiner Familie zu beugen, die in diesem Punkt irrational sind. Das Leben geht verschlungene Wege, und ihr habt außerdem ja verhütet. Niemand, der die Sache rational betrachtet, könnte dir daraus einen Vorwurf machen. Ein Ungeborenes kann weder für seine Mutter noch für seine Großeltern etwas, und ich denke, auch du würdest dir nicht aufs Gewissen laden wollen, deine Exfreundin zu einem Schwangerschaftsabbruch gedrängt zu haben, den sie nicht will. Oder?

Im zweiten Fall - sagen wir mal, es sind zehn Jahre vergangen -: Dann wäre die größte Schwierigkeit, für den Unterhalt aufzukommen. Sofern du ein vernünftiges Einkommen hast, ließe sich das, nehme ich an, diskret regeln. Die einzige Person, mit der du das wirklich klären müsstest, wäre deine zukünftige Freundin oder Frau. Aber mehr sage ich an dieser Stelle nicht, da ich keine Rechtsberatung leisten darf.

Am einfachsten ist, wenn du versuchst, dich mit deiner Ex auszusprechen. Und dabei solltest du berücksichtigen, dass jeder Versuch, sie zu einer Entscheidung zu drängen, nur das Gegenteil von dem bewirken wird, was du dir wünschst. Du musst klar stellen, dass du respektierst, dass nur sie über ihren Körper entscheidet. Andererseits aber auch durchblicken lassen, was deine Angst ist und dass du keinen Grund siehst, warum sie diese Entscheidung ohne dich treffen sollte. Schließlich hattet ihr keine Schwangerschaft geplant, und euer gemeinsames Kind zu instrumentalisieren, um dir zu schaden, ist weder fair noch begründet.

Letztlich kannst du nicht wissen, wie sie sich entscheiden wird - sollte sie schwanger sein. Und auch, ob sie es ist, wenn sie es dir nicht sagt, würdest du frühestens erfahren, wenn es sich nicht mehr verbergen lässt. Natürlich gibt es auch noch die Möglichkeit, dass du den Versuch unternimmst, es über gemeinsame Freunde oder Freunde / Freundinnen von ihr herauszufinden. All das ändert aber nichts daran, dass du ihr in der Sache nichts befehlen kannst. Wenn deine Befürchtung wahr werden sollte, obwohl ich das für sehr unwahrscheinlich halte, wird es niemandem etwas nützen, wenn du ihr Vorwürfe machst.

Ich wünsche dir die nötige Gelassenheit, die Angelegenheit zu besprechen. Bleib ruhig und vergiss nicht, dass du dir nichts vorzuwerfen hast. Dann, hoffe ich, werden die Dinge sich klären.

Alles Gute und Liebe Grüße,

Paul