Problem von Franka - 14 Jahre

Lehrer belästigt Schülerinnen

Ich gehe in die 9. Klasse eines Gymnasiums in Baden-Württemberg. Die Schule hat eigentlich einen gutem Ruf und beinahe alle Lehrer sind (soweit ich es beurteilen kann) gut. Allerdungs gibt es einen Lehrer, der an meiner Schule Deutsch, Sport und Ethik unterrichtet. Er ist circa 55-60 Jahre alt und hat ein unverhältnismäßig großes Interesse an seinen Schülerinnen. Er starrt Mädchen häufig auf den Hintern und die Brust. Trägt eine Schülerin ein T-Shirt mit einem Spruch auf der Brust, liest er den Spruch sehr oft laut vor. Wenn eine Schülerin an ihm auf dem Flur vorbei geht, streift er sie/oder stößt gegen sie, und das auffällig häufig, auch wenn sinst der komplette Gang leer ist. Auch sonst berührt er gerne Mädchen. Einmal stand er zwei Stunden lang bei einer Mädchengruppe im Sportunterricht und unterhielt sich mit der Lehrerin, wirkte dabei aber stark abgelenkt von den Hinterteilen der turnenden Mädchen. Einmal lud er ein einzelnes Mädchen, das Kopfschmerzen hatte, zu sich nach Hause ein und betonte, dass sie alleine sein würden. Außerdem deutete er häufig mehr oder weniger direkt an, dass er mit Schülerinnen Sex möchte. Wehrt sich eine Schülerin (verbal), sinken die Noten ab.

Da viele Mädchen, vor allem zwischen der 7. und der 9. Klasse dieses Benehmen als unangenehm empfanden, bin ich mit einer Freundin zu der Schulpsychologin gegangen. Wir haben ihr diese Dinge in einem ca. einstündigen Gespräch geschildert. Ich wollte diese Dinge hier nicht genauer beschreiben, da es langwierig wäre und da ich befürchte, dass ein Besucher dieser Website erkennen könnte, um welche Schule/um welchen Lehrer es geht. Es wäre klar, das ich eine der Schülerinnen bin, die sich beschwert hat. Das möchte ich aus folgendem Grund nicht:

Die Freundin, mit der ich mich bei der Schulpsychologin beschwert hatte, hat diesen Lehrer in Ethik. Im Gespräch mit der Schulpsychologin kam auch eine Geschichte zur Sprache, die wohl ausschließlich in ihrem Ethik-Kurs erzählt wird. Als die Schulpsychologin den Lehrer zum Gespräch zu sich holte, wurde ihm durch diese Geschichte klar, dass ein Mädchen aus Klasse 9 Ethik sich beschwert haben musste. Außerdem hat er sich der Schulpsychologin gegenüber (wie sie sagte) unfreundlich verhalten und von ihr gefordert, dass sie unsere Namen herausgeben solle, was sie verweigerte. Daraufhin schikte er in der nächsten Ethik-Stunde alles Jungs raus und begründete dies so, dass es sie nichts angehen würde. Die Mädchen aus dem Ethik-Kurs (es sind nur 3) mussten ans Pult kommen. Dort schrie er sie an und erkannte schnell, welches der Mädchen sein Verhalten gemeldet hatte, da die beiden Anderen zu viel Angst vor ihm hätten, um sich zu beschweren. Da aber meine Freundin sich (um die Anderen zu schützen) indirket zu erkennen gab, indem sie sagte, dass ein anderes Mädchen, das er zuerst beschuldigt hatte, sich nicht beschwert hatte, schrie er sie an. Er schüchterte sie so sehr ein, dass sie jetzt nicht weiter gegen den Lehrer vorgehen möchte. Außerdem droht er den drei Mädchen, dass er sich über sie bei ihren Eltern und beim Schulleiter beschweren würde, sollten sie den Inhalt dieses Gespräches weiter verbreiten. Mit der Selben Drohung versuchte er auch, ein Ende des "Mobbings" und des "Rufmordes", wie er die Beschwerden bezeichnet, zu erzwingen.

Ich selbst werde weiter gegen den Lehrer vorgehen. Diesen Montag ( der 16.Juli 2017) habe ich die Schulpsychologin auch von diesem "Gespräch" mit den drei Mädchen erzählt. Sie glaubt uns offenbar. Meine Eltern stehen hinter mir, allerdings haben wir alle folgende Probleme:

1) Ich bin bisher die einzige Schülerin, die sich traut, mit der Schulpsychologin zu reden. Selbst vor anonymen Gesprächen fürchten sich die Anderen

2) Wir sind unschlüssig, was wir tun sollten/können. Wir haben verschiedene Lösungsansätze. Ich hoffe, hier neue Ideen zu erhalten oder eine der folgenden Ideen als die beste Wahl zu erkennen. Die bisherigen Vorschläge sind:

-Die Schulpsychologin spricht mit unserem Schulleiter. Eventuell soll auch der Lehrer dazugeholt werden.

-Die Schulpsychologin versucht, mit einigen Schülerinnen ins Gespräch zu kommen. Das dürfte schwierig sein, da sie einer Einladung zu einem Gespräch kaum freiwillig folgen werden. Also bliebe als Idee nur, dass sie durch die Klassen geht und mit den Mädchen ohne Jungs und Lehrer spricht und sie so quasi zum Gespräch "zwingt"

-Ein Gespräch mit mir, des Schulpsychologin und dem Schulleiter. Hätte den Nachteil, dass der Lehrer eventuell meine Identität erfahren könnte. Allerdings ist unser Direktor sehr freundlich und verständnisvoll und würde wenn ich ihn darum bitten würde, meinen Namen wohl geheim halten.

-Ein Gespräch mit mir, der Schulpsychologin und dem Lehrer. Da er auch die Autorität der Schulpsychologin nicht respektiert, wäre diese Möglichkeit mir unangenehm. Außerdem würde er dann von meiner Identität erfahren.

-Ein Gespräch mit mir, der Schulpsychologin, dem Lehrer und dem Schulleiter. Wäre mir definitiv lieber als nur mit der Schulpsychologin und dem Lehrer, da ich hoffe, dass er sich dann etwas besser während dem Gespräch benimmt. Allerdings befürchte ich, dass er mich anschließend noch einmal alleine ansprechen würde (womit ich glaube ich schon fertig werden würde, ich habe mir mit Beleidigungen und Anschreien ein dickes Fell zugelegt) oder dass er andere Lehrer gegen mich aufbringen würde. Das würde ich ihm definitiv zutrauen.

-Die Schulpsychologin spricht mit dem Lehrer. Das halten sowohl die Schulpsychologin als auch ich für keine gute Idee angesichts seines Benehmens bei dem letzten Treffen dieser Art.

Ich bin für alles offen. Leider bin ich mit meinem Latein am Ende. Viele Grüße, Franka

Christina B. Anwort von Christina B.

Liebe Franka!
Danke, dass du dich mit deinen Sorgen und Problemen an uns gewandt und uns dein Vertrauen geschenkt hast.
Zunächst einmal möchte ich dir sagen, dass ich es unglaublich mutig von dir finde, wie du diese Situation meisterst!! Mit deinen 14 Jahren hast du schon so viel Mut und Courage aufgebracht, dass du dich nicht einschüchtern lässt und zu Recht gegen diesen Lehrer vorgehst! Hut ab, liebe Franka, du beweist Rückgrat, Mut und Stärke und scheinst mir ein ganz tolles Mädchen zu sein! Powerfrau in Sicht!

Ich kann mir vorstellen, dass du diese Situation auch als sehr belastend empfindest. Es ist sicher nicht einfach, vor allem, nachdem euer Lehrer die drei Mädchen so eingeschüchtert hat, dass du jetzt alleine da stehst. Das finde ich ganz furchtbar. Aber umso mehr noch ein Grund, nicht aufzugeben und weiterzumachen - damit er endlich gestoppt wird!
Ich kann mir vorstellen, dass es sehr schwierig ist, die Mädchen noch zu einer Aussprache zu bewegen. Doch nachdem sie diese Drohungen von ihm erhalten haben, sind sie auch noch in bester Lage, diese Dinge zu "beweisen" - sie sind drei Zeugen, die das bestätigen können. Ich glaube, dass es sie wahrscheinlich einschüchtern würde, wenn die Schulpsychologin sie so "überfallen" würde, ich denke nicht, dass das der richtige Weg wäre, sie für euch zu gewinnen. Hast du schon mal mit den drei Mädchen gesprochen? Ich könnte mir vorstellen, dass sie auf eine Gleichaltrige wahrscheinlich eher hören als auf die Schulpsychologin. Eine von den drei Mädchen ist doch deine Freundin oder? Die mit dir als erstes zur Psychologin gegangen ist? Dann würde ich dir raten, zu versuchen, zuerst mal diese Freundin ins Boot zu holen. Vielleicht könnt ihr dann die beiden anderen auch mobilisieren. Wie? Sprich mit den Mädchen darüber, und hör dir mal ihre Geschichte an. Die beiden brauchen wahrscheinlich auch gerade viel Unterstützung und Verständnis, nachdem sie so eingeschüchtert worden sind. Zeige ihnen Einfühlungsvermögen und fang sie emotional ein bisschen auf. Und dann kannst du versuchen, ihnen klar zu machen, wie wichtig es ist, dass sie mit dir gemeinsam mitkommen und dir helfen, gegen diesen Lehrer auszusagen. Denn nur so könnt ihr sicherstellen, dass nicht anderen Mädchen auch so etwas passiert. Wenn sie starken Kummer haben, kannst du ihnen ja auch mal empfehlen, hierher zu schreiben. Wenn du es schaffst, sie zu mobilisieren, dann würde ich dir empfehlen, ein Gespräch mit dir, den Mädchen, der Schulpsychologin und dem Schulleiter zu führen.
Wenn das nicht klappen sollte, dann diese Option:
-"Ein Gespräch mit mir, des Schulpsychologin und dem Schulleiter. Hätte den Nachteil, dass der Lehrer eventuell meine Identität erfahren könnte. Allerdings ist unser Direktor sehr freundlich und verständnisvoll und würde wenn ich ihn darum bitten würde, meinen Namen wohl geheim halten."
- Also einfach ohne die Mädchen. Und du kannst vorab, bevor ihr erzählt, schon sagen, dass du nicht möchtest, dass dein Name oder der der Mädchen bei der Geschichte preisgegeben wird. Das ist dein gutes Recht.

Ich glaube, es wäre nicht gut, wenn ihr den Lehrer beim Gespräch dabei habt. Denn so wie du sagst, könnte es dann passieren, dass der Lehrer auf euch und eure Noten losgeht - oder aber sich vor dem Direktor und der Schulpsychologin reuevoll gibt, es nicht auf die Noten schiebt und euch quasi im Unterricht und in der Schule ganz normal weiterhin behandelt, aber euch in den Pausen oder privat nachsteigt. Dann ist es noch viel schwieriger, irgendetwas zu beweisen. Deshalb fände ich es besser, zuerst mit dem Direktor und der Psychologin gemeinsam zu sprechen und den beiden die Sache in die Hand zu geben. Es wäre vielleicht auch nicht schlecht, wenn deine Eltern bei dem Gespräch dabei wären. Denn damit hast auch du noch unterstützende Autorität.

Wie genau die Direktion dann gegen den Lehrer vorgeht, weiß ich leider nicht - da ich auch nicht weiß, wie schwerwiegend die Vorfälle sind. Aber man sollte auch über eine Anzeige nachdenken und eine Suspendierung des Lehrers - es gibt auch für Lehrer Verhaltensregeln, die sie einzuhalten haben. Sexuelle Belästigung müssen nicht immer Übergriffe an Brust oder Po sein, auch bestimmte Andeutungen auf Sex wie du erzählt hast, oder ähnliche Bemerkungen zählen zu sexueller Belästigung und das ist nicht okay und sollte nicht geduldet oder ertragen werden!! Gibt es noch andere Mädchen in der Schule, die du kennst, denen solche Vorfälle passiert sind? Am besten wäre es, wenn so viele wie möglich von euch zusammen kommen könnten. Und ganz wichtig: Schreibt alle ganz genau auf, was euch passiert ist, wann, an welchem Tag, um welche Uhrzeit, in welcher Unterrichtsstunde und was euer Lehrer genau zu euch gesagt hat oder was er getan hat. Das ist wichtig für die Schulleitung - als Beweis. Wenn Kommentare von ihm im Unterricht ausgesprochen werden, könnt ihr später auch die anderen Schüler als "Zeugen" zu Rate ziehen - mit einem schriftlichen Protokoll können die anderen überprüfen, ob sie in der Situation dabei gewesen sind.

Ich hoffe, ich konnte dir ein bisschen weiterhelfen. Hier findest du noch Infos zu Beratungsstellen speziell für deine Situation in Deutschland:
http://www.zartbitter.de/gegen_sexuellen_missbrauch/Aktuell/100_index.php
https://wildwasser-berlin.beranet.info/

Vielleicht könnt ihr euch dort noch Unterstützung holen! Diese Leute sind diesbezüglich besser ausgebildet als ich (: Und ich muss es nochmal betonen: WOW! Du beweist wirklich viel Stärke, dass du das durchziehst. Ich bin äußerst beeindruckt von deiner Reife!

Ich wünsche dir alles Liebe, viel Kraft und weiterhin so viel Mut und Stärke!
Wenn du noch etwas brauchst oder noch etwas erzählen willst, kannst du mich gerne erneut kontaktieren. Richte dazu einfach deinen Text am Anfang "An Christina B.", dann wird mich die Nachricht erreichen.
Herzliche Grüße,
Christina B.