Problem von Anonym - 18 Jahre

Ich will und kann einfach nicht mehr...

Hallo, ehrlich gesagt weiß ich gar nicht wie ich anfangen soll.. Ich weiß ehrlich gesagt nicht mal ob mein Problem, wenn es überhaupt eins ist als schlimm erachtet werden kann... Aber ehrlich gesagt sind es mehrere, die mich mit der Dauer immer mehr belasten und ich möchte sie einfach mal los werden und hoffe, das mir endlich mal jemand zu hört und versucht zu verstehen, wie ich mich fühle..

Ich fange mal bei meiner Kindheit an, ich hatte eigentlich eine schöne Kindheit, dies zumindest hielten mir meine Eltern immer vor.. Ich konnte jedoch nie komplett vergessen das ich als Kind geschlagen wurde, auch wenn es nur ein einziges mal war. Es war nicht mal der Schmerz der es mich nicht vergessen lies, seit diesem Punkt hatte ich immer das Gefühl, das meine Eltern mich hassen. Zu diesem Zeitpunkt war ich 6 Jahre alt.. Man möchte denken es wurde besser, aber das wurde es nicht. Im Gegenteil, meines Erachtens nach wurde es schlimmer. Ich wurde oft ohne Grund von meinem Vater angeschrien.. Meine eigene Meinung durfte ich nie vertreten, ich hielt mich also zurück um so wenig wie möglich Geschrei von meinem Vater zu ertragen, es verletzte mich zu sehr. Der innerliche Schmerz war schlimmer als alles, was ich zuvor fühlte. Es war wie, als wäre ich verraten worden. Ich hatte seit dem Zeitpunkt immer Angst etwas falsch gemacht zu haben, um nicht erneu angeschriehen zu werden.. Dies geschah jedoch öfter, ich wurde angeschrien weil ich vergessen hab das Klo runter zu machen... Manchmal war es auch nur eine Kleinigkeit, ich wurde angeschrien weil ich meinen Teller nach dem Essen nicht gespühlt habe... Das schlimme für mich war die Unregelmäßigkeit, mein Vater lies es mir 2-3 Wochen durchgehen und dann auf ein mal, schrie er mich ohne Grund an, wie nutzlos ich doch wäre...

Ich wurde älter und lernte meine Gefühle zu unterdrücken, ich versuchte mit meinen Eltern darüber zu reden, meine Mutter leidete auch oft unter dem Geschrei und den Stimmungsschwankungen meines Vaters, aber sie verstand mich nie... Sie meinte immer, ich hätte eine schöne Kindheit gehabt, und so schlimm wäre das alles nicht, manche Kinder werden geschlagen... Sie verstand nicht, dass der seelische Schmerz für mich schlimmer war, als geschlagen zu werden..

Nun gut, ich fing an älter zu werden und fing an mich zu verteidigen, Ich schrie zurück, weil ich einfach nicht mehr konnte.. Ehrlich gesagt wusste ich, das es nicht gut ausgehen würde, ich musste es einfach raus lassen. Daraufhin wurde ich in mein Zimmer gesteckt und eingeschlossen..

Bis heute habe ich meinem Vater nicht verziehen, er hat sich ehrlich gesagt gebessert, er schreit mich nur noch manchmal an... Aber ich kann ihm nicht verzeihen, ich habe einen innerlichen Hass gegen ihn gebildet der unbeschreiblich ist.. Ich möchte keine Gefühle zulassen, auch wenn er oft meint, dass sein Geschrei nicht ernst zu nehmen ist, da es krankheitsbedingt seinerseits ist.. Aber für mich war das Gefühl der Leere die ich erlitt unbeschreiblich und ich kann es nicht vergessen geschweigedenn ihm verzeihen...

Zu dem Thema Schule, ich war schon immer ein Außenseiter.. Ich bin ein sehr introvertierter und hochsensibler Mensch, ich habe mich noch nie verstanden gefühlt. Ich schaue in meiner Freizeit gerne Liebes Serien und bin alleine. (Man versteht nicht wenn ein Junge Liebesserien schaut, aber es gab mir immer ein Gefühl des Glücks, andere Menschen glücklich zu sehen) Ich bin ein Mensch der sehr schnell anfängt zu weinen.. Daher versuchte ich immer meine Gefühle zu unterdrücken und mich extrovertiert zu geben, das klappte jedoch nicht gut. Es kam mir vor als hätten sich alle gegen mich verschworen, Ich wollte mit meinen Mitschülern über ernsthafte Themen reden, ich hielt und halte immer noch nichts von Smalltalk.. Ich kann es einfach nicht, oberflächlich reden, ich möchte endlich ERNSTHAFT mit Menschen reden können, ich möchte nicht meine Gefühle verstecken.. Ich weiß genau, das ich ausgelacht werde, wenn ich sage wie ich mich fühle, zudem würde es nur noch schlimmer werden...(Außerdem weiß ich nur zu gut, dass jeder Mensch eine Maske auf haut und sich nicht so gibt wie er wirklich ist, was sehr traurig ist) Also hielt ich mich immer im Hintergrund, mein Lehrer sprach mich daraufhin an ob alles okay ist... Ich sagte ja.. Hätte ich ihm davon erzählen sollen, wie ich mich fühle? Ich denke nicht, er fragt ja nicht da es ihn wirklich interessiert.. Wieso sollte es auch? Meiner Meinung nach ist jeder Mensch auf seinen eigenen Vorteil bedacht, das habe ich in meinen 18 Jahren bereits gelernt...

Zu meinen Freunden...
Hatte ich je einen RICHTIGEN Freund/In, mit dem ich über Sachen reden kann? Ganz klar nein, die Menschen die sich als Freunde bezeichnen ließen, waren mir viel zu oberflächlich, sie lästerten oft vor mir über andere.. Dadurch wusste ich schon woran ich bin und hielt mich lieber fern.. Als ich mal hilfe brauche war niemand da.. Danach wusste ich, wer meine eigentlichen Freunde sind.. Nämlich niemand..

Was mache ich heute?

Sitze zu Hause und schreibe dies, ich möchte einfach verstanden werden.... Es ist sogar etwas aus mir geworden, ich mache zur Zeit mein Abitur... Aber ich frage mich wofür mache ich dies, ich möchte eigentlich nicht mehr Leben..wozu lebt man? Am Ende stirbt man eh, der ganze weg bis zum Tod ist nur schmerzhaft. Es gibt niemanden der ansatzweiße auf andere Menschen bedacht ist, jeder denkt nur an sich und an seine eigenen Vorteile. Wozu gibt man sich also mit anderen Menschen ab. Wenn man alleine ist, weiß man wenigstens wo man dran ist, es gibt keinen Grund anderen Menschen zu vertrauen. Wieso? Sie werden dich so oder so für ihren eigenen Vorteil verraten. Gibt es überhaupt irgend ein Mensch der ansatzweiße das fühlt, was ich fühle? Alle sagen immer ich verstehe dich, aber das tut ehrlich gesagt keiner. Ich habe mich mit meiner Leere abgefunden und möchte alleine sein, ich möchte nicht mehr mit dem Schmerz und dem Leid kämpfen. Ich bleibe mir selbst treu und lasse mich nicht mehr auf andere Menschen ein, somit vermeide ich den Weg der Verletzung direkt und gehe kein Risiko ein.

Was ich eigentlich möchte? Einen einzigen Menschen der mich versteht, mit dem ich mich austauschen kann, mit dem Ich Sachen unternehmen kann, der mich so nimmt wie ich bin.. Ich habe MEINER MEINUNG nach, viel durchgemacht.. Meine Eltern sind anderer Meinung, sie sagen ich würde übertreiben... Ich weiß es ehrlich gesagt nicht, vielleicht übertreibe ich auch, ich weiß nur, dass alles zusammen mir die Leere gebracht hat, und ich nicht mehr weiter weiß....

Ich entschuldige mich für diesen langen Text, trotzdem hoffe ich dass dieser ernsthaft gelesen wird... Ich hoffe darauf auf Verständnis und vielleicht ein paar Ratschläge zu treffen... Vielleicht bilde ich mir mein Problem auch nur ein? .. Ich weiß es nicht, ich weiß nur, dass ich alles andere als glücklich bin.

Christina B. Anwort von Christina B.

Hallo lieber Anonyme!
Danke für dein Vertrauen und dass du dich mit deinen Sorgen und Problemen an uns gewandt hast. Ich kann mir vorstellen, dass Probleme, wenn sie sich lange Zeit aufstauen und eigentlich schon tiefere Wurzeln haben wie zum Beispiel in der Kindheit, einen dann in ein Loch werfen können, aus dem man das Gefühl hat, nicht hinausblicken zu können. Es tut mir sehr leid für dich, dass du in so zerrütteten Familienverhältnissen aufwachsen musstest, wo anscheinend Gewalt normal war. Wahrscheinlich ist es dir ohnehin bewusst, aber ich möchte dir trotzdem sagen, dass Gewalt in Österreich, Deutschland und der Schweiz (ich weiß nicht, woher du schreibst) strengstens verboten ist und Gefängnisstrafe als Folge haben kann. Du kannst auch heute noch Anzeige gegen deinen Vater erstatten, wenn du das willst. Offenbar warst du nicht nur Opfer von physischer, sondern auch psychischer Gewalt. Zu letzteren zählen Verhaltensweisen, die du beschrieben hast, wie grundlos anschreien, wegen Lappalien ausflippen, dich als nutzlos und wertlos zu beschimpfen, also deine Person herabzusetzen und die Unregelmäßigkeit, mit der das Verhalten auftritt. Du kannst dich im Internet mal schlau machen unter https://www.gewaltinfo.at/fachwissen/formen/psychisch/
https://www.gewaltinfo.at/fachwissen/formen/physisch.php
Da gibt es auch einen Tool mit "Hilfe finden".

Deine Mutter litt anscheinend auch unter den Verhaltensweisen deines Vaters, aber sie war wahrscheinlich nicht stark genug, etwas dagegen zu unternehmen und spielte deshalb die Gewalt runter. Kam sie denn selbst aus einer Familie, in der Gewalt normal war? Wenn ja, dann könnte das ein Grund für ihr Unverständnis deiner Situation sein. Natürlich ist das keine Entschuldigung für ihr Verhalten. Ich finde es toll, dass du gelernt hast, dich zu verteidigen und nicht immer alles auf dir hast sitzen lassen. Aber wahrscheinlich gehörst du einfach da raus - wenn dich deine Eltern dann nämlich ins Zimmer einsperren, stehst du wieder unter ihrer Kontrolle. Mittlerweile bist du ja 18 und könntest rein theoretisch ausziehen, oder? Bezüglich des Verzeihens deines Vaters denke ich mir, dass du jetzt an einem Punkt bist, wo du alles erstmal verarbeitest und einen großen Teil der Wut und der Verletzung erstmals spüren und rauslassen kannst - das Verzeihen ist hierbei jetzt noch kein Thema. Ich denke, du solltest dich da selbst nicht zu sehr unter Druck setzen mit dem Punk Verzeihen, denn dazu muss erst mal alles verarbeitet werden.

Zu dem, was du über dich und deine Person geschrieben hast, so möchte ich dir sagen, dass es vollkommen okay ist, introvertiert und hochsensibel zu sein. Es ist natürlich nicht immer einfach, wenn einem ständig die Tränen in die Augen steigen, aber prinzipiell kannst du, wenn du sehr sensibel bist, wahrscheinlich alle Gefühle deutlicher spüren als andere und somit würde sich demnach auch die Freude bei dir deutlicher spüren lassen als bei anderen. Natürlich trägt jeder Mensch immer wieder eine Maske, doch passiert das nicht immer aus "Falschheit" heraus, sondern eher, weil man sein Privatleben nicht vor der gesamten Öffentlichkeit ausbreiten möchte. So wie du versucht hast, deine Gefühle zu unterdrücken, wenn du im Kontakt mit der Außenwelt warst. Wichtig ist hierbei nur, dass die Gefühle anderswann raus dürfen, dass man sie nicht vollständig unterdrückt, denn dann staut sich alles nur noch mehr auf. In deinem Alter waren die meisten Jugendlichen wahrscheinlich an oberflächliche Themen gewöhnt und eher weniger an "ernsthaften" Gesprächen interessiert - aber eine Freundschaft kann sich erst aufbauen, wenn man sich zuerst mal unverbindlich kennen lernt. Wenn du jemanden kennen lernst, der dir sofort nur von seinen Problemen erzählst, wirst du im ersten Moment auch abgeschreckt oder? Wenn du dir schwer tust, auf andere Menschen zuzugehen, so gibt es auch im Internet oder über diverse Apps die Möglichkeit, neue Leute kennen zu lernen und auf diesem Wege Freundschaften zu schließen (:

Du hast geschrieben, dass du dir so sehr Verständnis wünschen würdest. Nach allem, was dir widerfahren ist, ist das ganz normal und verständlich - ich glaube, dass es für viele Menschen schwer ist, dich zu verstehen, weil sie sich das Ausmaß deines Schmerzes gar nicht vorstellen können. Ich selbst kann mir nur ausmalen, wie schwierig das alles für dich gewesen sein muss und mit welchen Folgen du auch jetzt noch zu kämpfen hast. Ich verstehe allerdings sehr gut, wenn man von der Außenwelt einfach nur Verständnis für die eigene Situation haben möchte und jeder die Situation runterspielt. Dazu sage ich dir: Probleme sind subjektiv. Was für den einen leicht zu lösen ist, kann für den anderen ganz furchtbar schwierig sein. Und auch der Leidensdruck, der erlebt wird, ist subjektiv. So etwas kann man nun mal nicht beurteilen oder vergleichen. Ich finde es toll, dass du nach allem, was dir geschehen ist, weiter getan hast und jetzt sogar dein Abitur machst!! Hut ab, da hast du viel Mut und Courage bewiesen und vor allem hast du gezeigt, dass du jemand bist, der nicht so leicht aufgibt und den Kopf in den Sand steckt, sondern trotz Schicksalsschlag weitermacht. Ich denke, du trägst viel Willensstärke und Durchhaltevermögen in dir, und das sind großartige Eigenschaften, die dir in deinem Leben immer von Nutzen sein können! Du fragst dich, wofür man lebt, weil für dich alles nur schmerzhaft und eine Qual ist. Das kann ich in deiner Situation gut verstehen. Mein Tipp: Such dir Gründe zu leben. Dein Abitur zum Beispiel. Darauf steuerst du jetzt zu und machst das jetzt, das kann dir auch wieder Kraft geben.

Ich finde es schade, dass deine Einstellung gegenüber anderen Menschen so negativ ist. Du hast geschrieben, jeder Mensch ist nur dazu bedacht, auf seinen Vorteil zu achten, was für ihn dabei rausspringt und niemand interessiert sich eigentlich für jemand anderen. Wie kommst du auf diese Gedanken? Sind wir, unser Team, nicht der lebende Beweis dafür, dass nicht alle Menschen so sind? Wir sind alle freiwillig hier, ehrenamtlich, um anderen mit ihren Problemen zu helfen und zur Seite zu stehen. Wir bekommen auch kein Geld dafür, also kannst du schon mal sagen, dass wir dabei wenig "zu unserem Vorteil" machen. Aber wir bekommen dennoch was zurück von euch, die uns Probleme schildern. Nämlich das Gefühl, jemandem geholfen und etwas gutes getan zu haben. Und wenn manche von euch uns ein "Danke" zurückschreiben, dann freut uns das sehr. Wir tun es für euch, somit sind wir absolut nicht in diesen Topf zu werfen. Und außer uns gibt es noch Millionen andere Leute auf der Welt, die ebenfalls eine solche Einstellung haben. Es gibt Millionen ehrenamtliche Tätigkeiten und Menschen, die diese ausführen, es gibt viele soziale Berufe, die auch nicht "Geld" zum Vorteil haben, sondern z.B.: Kinderlachen oder die Möglichkeit, jemandem zu helfen. Es kann wunderschön sein, auf jemand anderen zu achten und sich um jemanden zu kümmern. Ich denke, du bist wahrscheinlich bisher den falschen Leuten begegnet und hast aufgrund deiner Erfahrungen diese Einstellung bekommen. Doch wenn du weiterhin dich isolierst und abkapselst, kannst du die Leere ja auch gar nicht loswerden. Der perfekte Freund wird nicht eines Tages vor der Tür stehen. Ich denke, dass du dir schwer mit alldem tust aufgrund deiner Lebenserfahrungen. Deshalb glaube ich, dass es gut wäre, wenn du eine Psychologin oder einen Psychotherapeuten aufsuchen würdest, mit dem du deine Geschichten aufarbeiten könntest. Ich denke, dass es dir dann wahrscheinlich leichter fallen würde, wieder auf deine Mitmenschen zuzugehen. Schau doch mal hier rein, da bekommst du Hilfe: https://www.suizidprophylaxe.de/

Ich hoffe, ich konnte dir ein bisschen weiterhelfen.
Wenn du noch etwas brauchst oder noch Fragen an mich hast, kannst du mich gerne erneut kontaktieren. Richte dazu am Anfang deines Textes deine Nachricht "An Christina B.", dann wird mich die Nachricht erreichen.
Alles Liebe und viel Glück wünsche ich dir! Halt durch, ich glaube fest an dich (:
Herzliche Grüße,
Christina B.