Anwort von Christina N.

Liebe Lena!

Ich möchte mich zunächst für dein Vertrauen bedanken, da es nicht selbstverständlich ist, sich mit seinen Problemen fremden Personen anzuvertrauen. Ich finde es toll, dass du dir Hilfe gesucht hast, beziehungsweise dein Problem beschrieben hast, da es ganz besonders in deinem Fall wichtig ist, nicht alleine gelassen zu werden.

Wenn ich mir deine Geschichte durchlese, kommen bei mir einige Gedanken auf, die ich aus deinen Zeilen herausgelesen habe, welche Gefühle dich momentan plagen: Verzweiflung, Angst, Selbstzweifel, Hilflosigkeit, Auswegslosigkeit und so etwas wie ich weiß nicht, was mit meiner Familie los ist. Diese Gefühle müssen natürlich nicht stimmen, was ich damit sagen will, ist, ich kann dich nur zu gut verstehen, wie du dich gerade fühlst, antriebslos, alleine gelassen, traurig und unverstanden. Ich finde es sehr mutig und tapfer von dir, dennoch alle Ängste und Sorgen kurz beiseite zu schieben und dir alles von der Seele zu schreiben.

Ich stelle es mir unglaublich schwierig vor, deinen Alltag zu bewältigen, so wie du mir deine Situation beschrieben hast. Dies ist natürlich kein Zustand, der lange beziehungsweise überhaupt nicht andauernd sollte.

Du hast jedoch schon einen mutigen Schritt gewagt und zwar dich an uns zu wenden und das finde ich großartig, denn dies bedeutet, sich jemandem anzuvertrauen und dass schaffen leider nicht viele in deiner Situation, dennoch du hast es geschafft und das finde ich großartig, denn alleine aus dieser Situation zu kommen, ist oft nicht so einfach.

Fragen, die sich natürlich jetzt bei mir auftun sind, seit wann genau diese familiäre Situation zuhause andauert? Ich nehme mal an, wie du es schilderst, bestimmt schon länger, was deinen Alltag beschreibt, was ich mir unglaublich schwierig vorstelle, jedoch auf gar keinen Fall eine zumutbare Situation ist. Wie viele Geschwister hast du denn, da du geschrieben hast, dass alleine deine Geschwister bevorzugt werden?!Du bist zwar schon 19 ( rechtlich gesehen erwachsen), jedoch sehnt man sich ebenso als junge erwachsene Frau nach Unterstützung, Anerkennung, Zuwendung, Liebe und Geborgenheit, jedoch wie du beschrieben hast, fehlt es bei dir an diesen Bedürfnissen in allen Lebenslagen und diese Situation, wie du sie beschreibst ist alles andere als in Ordnung und gerecht. Ich stelle es mir irrsinnig schwierig an deiner Stelle vor, hierbei noch Mut für den Tag zu schöpfen, glücklich zu sein beziehungsweise sich wohl zu fühlen.

War das denn vor deinem Abitur ebenfalls schon so? Gab es gewisse Erlebnisse, Momente, Tage, an denen du es besonders häufig erlebt hast oder ab denen es begonnen hat, dass dich deine Eltern benachteiligen?

Eines kann ich dir vorab schon einmal bestätigen, nämlich dass du ganz bestimmt nicht dumm bist, denn du bist eine tolle, wissbegierige, tapfere, mutige, reflektierte und großzügige, junge Frau, für die Gerechtigkeit ganz oben steht, was in deinem Fall auch nachzuvollziehen ist. Weiters gratuliere ich dir zu deinem tollen bestandenen Abitur und wünsche dir damit alles Gute und viel Erfolg.

Ich möchte dir gerne zwei Überlegungen meinerseits mit auf den Weg geben. Die erste Möglichkeit ist, ich weiß nicht, ob du es bereits versucht hast, mit deinen Eltern darüber zu sprechen, dass es dir nicht gut dabei geht und du oft das Gefühl hast, ungerecht behandelt zu werden und ihnen Situationen beschreibst. Du könntest ihnen auch dazu sagen, dass du es nicht okay findest, dass sie dich schimpfen und dies auch nicht gerechtfertigt ist, da du deinen Geschwistern nur helfen möchtest und mit dem Abitur auch beweist, dass du sicherlich nicht dumm bist. Und du gerne einen harmonischen Umgang miteinander hättest, denn du wärest genauso gerecht und würdest angemessen mit allen Familienmitgliedern umgehen.

Dass deine Eltern dich schimpfen und vor dir ausrasten, das geht natürlich überhaupt nicht, ganz egal in welchen Alter auch und dass sie das vor deinen jüngeren Geschwistern machen, ist zusätzlich noch unzumutbar, denn auch für die ist eine schwierige Situation die zuhause herrscht und sollte nicht von langer Dauer sein. Dass diese Situation für dich schlimm sein muss und du sehr traurig bist, das kann ich sehr gut verstehen, jedoch möchte bestimmt keiner, dass du dir das Leben nimmst. Auch wenn es anfangs auswegslos erscheint, gibt es oft noch immer eine Lösung für Probleme.

Die zweite Überlegung, die ich habe, ist leider dir sagen zu müssen, dass es oft Menschen beziehungsweise Elternpaare gibt, die ihren Kindern vieles nicht zutrauen, sie auf dich eifersüchtig sein könnten, weil sie eventuell ebenfalls gerne so wären wie du und so einen tollen Schulabschluss gehabt hätten und deshalb auch vieles in Frage stellen oder leider gibt es auch Elternpaare, die bestimmte Vorstellungen von ihren Kindern haben und wenn sie diese nicht erfüllen, machen sie leider ebenso alles falsch, obwohl sie vielleicht genau alles richtig machen. In diesen Fällen bekommt man seine Eltern oft schwer von ihrer Meinung ab.

Konntest du eventuell schon mit anderen außer uns sprechen? Freunde, deinen Freund, Bekannte oder andere Familienmitglieder? Oft hilft es auch sich seine Probleme nur von der Seele zu reden und nicht damit alleine zu sein.

Möglicherweise könntest du auch sehr auf dich schauen in der momentanen Situation und Dinge machen, die dir besonders Freude bereiten..Musik hören, Freunde treffen, Zeit mit deinen Freund verbringen, lesen, spazieren gehen, Sport, was auch immer deine Hobbys sind. Das du dir mal wieder Zeit für dich nimmst und runterkommen kannst.

Es kann natürlich sein, dass deine Eltern weiterhin nicht von ihrer Meinung heruntergehen und dich vielleicht dafür ein bisschen vorbereiten solltest. Auch wenn es sehr schwierig für dich anfangs sein wird und traurig, jedoch ist dies kein Zustand und keine Situation, die für dich von Dauer sein sollte und vielleicht könntest du dir überlegen, falls du das möchtest, dass du eventuell deine eigenen Wegen gehen möchtest, bevor du noch weiter psychisch in der familiären Situation leiden musst. Dass dich deine Eltern rausgeschmissen haben, das tut mir sehr leid für dich und ist auch als Lösung nicht angemessen gewesen und total überreagiert, darüber brauchen wir nicht reden, jedoch ist es ihnen ab 18 rechtlich gesehen erlaubt, dich rauszuschmeißen und es tut mir leid dir das sagen zu müssen, jedoch wenn sie das einmal gemacht haben und nicht von ihrer Meinung abneigen, kann das immer wieder passieren.

Daher würde ich mich an deiner Stelle, sofern sich deine Eltern dir gegenüber nicht ändern mögen, erkundigen, wo du denn vorübergehend bleiben könntest. Du sagtest doch, dass du einen Freund hast, wäre es deine eine Möglichkeit, bei diesem vorübergehend zu wohnen? Oder ich weiß nicht, inwiefern du momentan beruflich weitergehen möchtest. Bist du bereits beruflich tätig oder gehst du studieren? Vielleicht kannst du dir eine billige Wohnung leisten mit einem Halbtagsjob neben dem Studium oder wenn du arbeiten gehst. Ich gebe dir gerne hiflreiche Links dafür.

Natürlich würde ich dir wünschen, dass es nicht soweit kommen muss, jedoch musst du auch an dich denken und damit es dir gesundheitlich und psychisch besser geht, muss sich entweder die Situation bessern oder meine Meinung nach du aus der Situation heraus, da es kein Zustand auf Dauer für dich ist.

Möglicherweise kann dir jemand, den du besonders vertraust dabei helfen, eine geeignete Beratungsstelle zu finden für dich oder auch einen Therapeuten, um deine Ängste, das Leben zu beenden schnellstmöglich beiseite schieben zu können. Dort arbeiten Menschen, die für deine Probleme bestens ausgebildet sind und mit dir gemeinsam eine Lösung finden.

Ich möchte dir anschließend noch ein paar Links mit auf den Weg geben, wo du dich vielleicht einmal reinklicken kannst, dich mit anderen Leuten austauschen oder Informationen bekommen kannst:
www.hilferuf.de
www.hilfetelefon.de
www.frauenhelpline.at
www.caritas-berlin.de
www.wohnung-jetzt.de

Ich wünsche dir auf jeden Fall alles erdenklich Gute und hoffe für dich dass sich alles positiv für dich entwickelen wird.

Liebe Grüße,
Christina