Problem von Anonym - 15 Jahre

Was soll ich tun?

Ich bin sehr dankbar dafür, dass ich hier mein Problem schildern darf. Es ist befreiend, seine Sorgen niederzuschreiben. Vielen Dank :)

Vor zwei Wochen hat das neue Schuljahr angefangen und seitdem ist mir aufgefallen, wie viel Einfluss es auf meine Stimmung und meine Person hat.
In den Ferien war ich gut gelaunt, ausgeglichen und entspannt, habe gern im Haushalt geholfen und die Zeit genossen.
Doch seit die Schule angefangen hat, bin ich wie ausgewechselt. Entweder fühle ich keine Emotionen oder ich empfinde sie sind doppelt so stark, jedoch sind sie nur negativ. Ich bin dann traurig, gereizt und wütend, wenn ich nach Hause komme und meine Mutter von der Arbeit zurück ist, bekommt sie dann meine schlechte Stimmung zu spüren. Mir tut es im Nachhinein jedes Mal unendlich leid, weil sie überhaupt nichts dafür kann und sie alles für mich macht, ich habe sie doch lieb und ich will nicht, dass sie wegen mir traurig ist. Nur wenn ich aus der Schule komme, bin ich genervt von allem. Ich denke, es liegt an meinen Mitschülern, ein paar von ihnen machen sich ständig über mich lustig, weil ich sehr tollpatschig bin. Ich komme mit dem Großteil nicht zurecht, weil sie immer so laut und gemein untereinander sind. Ich verstehe einfach nicht, warum man sich gegenseitig das Leben schwer macht. Gerade in der Pubertät ist es anstrengend, mit zwanzig anderen Jugendlichen den halben Tag zu verbringen. Jeder hat einen individuellen Charakter mit Eigenschaften, die nicht von jedem gleich akzeptiert oder verstanden werden. Das ist auch nicht so schlimm, aber manchmal wünschte ich, meine Klasse wäre freundlicher, ich gehe überhaupt nicht mehr gern in die Schule, dabei ist es nicht einmal der Unterricht, es ist die gesamte Atmosphäre, ich fühle mich unwohl. In der Schule versuche ich, meine Emotionen zu verstecken, was ermüdend ist. Es kommt allerdings auch vor, dass ich Zuhause in Tränen ausbreche, weil ich es manchmal satt habe.
Schule ist wichtig, das weiß ich, ohne einen guten Abschluss wird man es nicht leicht haben, wenn man die Miete nicht mehr zahlen kann und auf der Straße landet, steht man vor dem Nichts. Und das möchte ich keinesfalls, weshalb ich mich anstrenge, um meine Noten zu verbessern.
Ich bin momentan erschöpft und habe mich auch bei meinem Arzt krankschreiben lassen, ich merke, dass ich viel ausgeglichener bin, ich habe gute Laune und bin auch nicht zickig gegenüber anderen. Doch auf Dauer geht das nicht gut. Ich muss wieder in die Schule, das macht mir Angst. Ich möchte nicht wieder zu meinen Mitschülern oder zu einigen Lehrern.
Einerseits würde ich zu gern noch Zuhause bleiben, denn mir geht es damit viel besser, andererseits weiß ich, dass das auf Dauer keine Lösung ist. Mit meinem Klassenlehrer habe ich bereits gesprochen, dieser wusste jedoch auch nicht so recht, was er nun tun soll. Er hat mit entsprechenden Mitschülern gesprochen, doch es hat sich nichts geändert. Es ist frustrierend und wenn ich schon an die kommende Woche denke, wird mir übel. Hättet ihr einen Rat für mich? Was kann ich tun?

Frauke Anwort von Frauke

Hallo!

Ich kann dich wirklich sehr gut verstehen, denn mir ging es oft haargenauso und ich finde es ist eine ganz gesunde Reaktion auf eine eine ungesunde Situation und ein ungesundes System. (Ich bin Lehrerin.)

Leider schreibst du nicht, in welcher Klasse du bist. Wie lange "musst" du denn noch?
Spontan fallen mir zwei verschiedene Möglichkeiten ein:

1. Schnupper doch einmal in eine andere Schule in der Nähe hinein. Die Atmosphäre der einen Schule kann komplett anders sein als die einer anderen Schule. Selbst wenn es sich um die gleiche Schulform handelt! Ich habe schon an vielen Schulen unterrichtet und es ist unglaublich, wie unterschiedlich Schulen des gleichen Typs in ein und derselben Stadt sein können.

Informiere dich, welche Schulen es bei dir im Umkreis gibt, geh nachmittags dorthin und lass einfach schon einmal die Atmosphäre des Schulgebäudes auf dich wirken. Ja, tatsächlich, allein das Drumherum kann schon viel ausmachen und eine Schule, an der es gut läuft, strahlt das auch aus. Schüler, die respektvoll mit ihren Mitschülern umgehen, sind auch häufig respektvoller im Umgang mit ihrem Schulgebäude!

Es gibt meist die Möglichkeit, eine Woche zur Probe im Unterricht mitzumachen. Wahrscheinlich wird eine andere Schule dich durchaus gern nehmen, denn dein Text zeigt mir, dass du vermutlich eine gute Schülerin bist.
Denke auch einmal an alternative Schulen (Waldorfschulen zum Beispiel) - dort ist oft (nicht immer) eine ganz andere Stimmung.

Deine Mutter wird dich dabei bestimmt unterstützen, wenn du ihr in Aussicht stellst, dass du dadurch wieder ausgeglichener und freundlicher werden könntest ;)

2. Sind deine 10 Pflichtschuljahre eventuell schon um? In NRW hat man soweit ich weiß nach der 9. Klasse am Gymnasium schon automatisch den Hauptschulabschluss nach Klasse 9. (Das ist nicht meine Schulform und womöglich von Land zu Land verschieden, also frage lieber bei dir in der Schule noch einmal nach.) Informiere dich, ob du mit deinem jetzigen Abschluss vielleicht schon Chancen auf einen Ausbildungsplatz hast. Vielleicht bist du zur Zeit einfach schulmüde und brauchst jetzt etwas anderes. Das heißt ja nicht, dass du später nicht weiter machen kannst. Viele Wege führen zum Abitur!

Ich persönlich würde dir aber ganz bestimmt erst einmal zu Option 1. raten, da du ja sagst, dass es nicht der Unterricht an sich ist. Alternativ kannst du dir überlegen, ob dir einfach der Wechsel in die Paralellklasse schon helfen könnte. Dem muss die Schulleitung dann aber zustimmen und dafür musst du einen wirklich guten Grund haben. (Ein wirklich guter Grund sind z.B. gesundheitliche Probleme oder schlechtere Schulleistungen aufgrund der Situation.)

Ich wünsche dir viel Glück und eine hoffentlich etwas entspanntere Restschulzeit!

Frauke