Problem von Anonym - 15 Jahre

Transgender mit strenger Familie

Hallo,
Ich bin 15 jahre alt und bin ei Transgender. Ich habe kein Problem damit mich zu outen will es jedoch erst nach/während der Geschlechtsumwandlung zum "Mädchen" machen. Da ist auch schon dass Problem: ich habe es bisher niemanden erzählt und solange ich noch nicht zu "männlich" bin will ich es unbedingt machen. Aber meine Eltern sind streng gläubig und mein Vater will unbedingt einen Sohn haben. Da ich der einzige Sohn in einer Familie mit 3 Kinder bin und ein eher schlechteres Verhältniss zu ihnen habe habe ich große Zweifel es meinen Eltern zu sagen. Außerdem sind wir nich wirklich arm aber Geld wollen sie sicher nicht dafür verschwenden den Körper ihres einzigen Sohnes zu "schädigen". Soll ich es ihnen trotzdem sagen? Ich würde sonst den rest meines Lebens damit verschwenden ein Leben zu führen dass ich nicht wirklich will und bereuen dass ich zu feige war es zu tun.

Christina N. Anwort von Christina N.

Hallo!

Zunächst einmal danke für dein Vertrauen an uns, denn es ist nicht selbstverständlich, sich mit seinen Themen/Anliegen/ Probleme an fremde Menschen zu wenden.

Ich möchte dir einmal zunächst sagen, ich habe großen Respekt vor dir, dass du dich uns gegenüber mit einem Thema outest, mit dem viele Menschen entweder nicht zurechtkommen,sich nicht auseinandersetzen möchten oder sich dafür schämen. Daher finde ich es super mutig von dir, dass du sehr offen mit diesem Thema umgehst.

Ebenso finde ich toll, dass du mit deinem Alter sehr reflektiert bist und ganz genau weißt, was du möchtest. Ich verstehe dich sehr gut, dass du Angst davor hast, dich gegenüber deiner Familie zu outen, dir darüber viel Gedanken machst, vor allem wenn deine Familie dich als Sohn sehr schätzt und zusätzlich noch gläubig ist.

Wo ich dir auf jeden Fall rechtgebe ist damit, indem du auf gar keinen Fall ein Leben führen sollst, indem du dich nicht wohlfühlst, denn es ist dein Leben und darüber darfst du großteils bis 18 und ab 18 komplett darüber bestimmen. Weiters finde ich toll, dass du gegenüber deiner Familie ehrlich sein willst, vor allem auch dann, wenn du wie du sagst, nicht die besten Verhältnisse zu ihnen hast. Wenn du dazustehen möchtest, finde ich nichts dagegen auszusetzen es ihnen zu sagen, denn im Gegenteil, ich finde es eine große Stärke, dies schaffen in deinem Fall bestimmt nicht viele. Dass du wahrscheinlich, wie du vermutest am Anfang Gegenwind spüren wirst, ist ganz normal, dies hat auch nichts mit deiner Familiensituation zu tun, dennEltern bzw. Familie haben bestimmte Vorstellungen für Ihre Kinder im Leben und wenn diese plötzlich zerplatzen, ist dies nicht ganz einfach. Da gibt es Familien, die benötigen nur etwas Zeit und andere können bzw. wollen dies leider oft bis ins Erwachsenenalter des Kindes nicht verstehen oder akzeptieren.

Ich kann dir, wenn du möchtest, ein paar Ratschläge meinerseits geben, sofern diese möglicherweise für dich hilfreich sind.
Es ist für jeden anders aber für niemanden einfach, sich als Transgender zu outen. Keine Sorge, mit der Zeit wirst du enstpannter damit umzugehen lernen. Deine Freunde und Familie werden bestimmt Fragen haben, und vielleicht gar nicht verstehen, was Transgender bedeutet. Du kannst ihnen hierbei helfen, indem du dich informierst und ihnen gut erklären kannst, was es damit auf sich hat und was es für dich persönlich bedeutet.

1) Überlege dir, wem du in deinem privaten Umfeld besonders vertraust. Es gibt wahrscheinlich Freunde, Bekannte, Familienmitglieder zu denen du ein besseres Verhältnis hast als zu anderen. Vielleicht kannst du ihm Vorfeld überlegen, wer eher hinter dir stehen wird und von wem du eher Gegenwind zu spüren bekommst.

Wenn man wie du, noch minderjährig ist, kann das Coming Out eine besondere Herausforderung sein, weil rechtlich gesehen noch immer die Eltern die Verantwortung haben und entscheiden dürfen. Wenn du dir Sorgen machst, dass deine Eltern deine Identität zunächst nicht akzeptieren wollen, sprich zunächst mit Freunden oder Verwandten, wo du eher Unterstützung erwartest. Es wird sicher hilfreich sein, wenn du jemanden an deiner Seite hast, bevor du dich deinen Eltern offenbarst. Du musst es nicht jeden erzählen, sondern nur denen, denen du es möchtest.

2) Was ich dir ebenso ans Herz lege ist, dass es sehr wichtig ist, dir Wissen über die ganze Thematik anzueignen. Vor allem gehe in Kopf die Fragen durch, bei denen du denkst, die könnten kommen, damit du geeignete Antworten parat hast. Du bist somit besser vorbereitet, womöglicher entspannter und wirkst erwachsener, informierter und bedachter.

- Eventuell gibt es in deiner Nähe Beratungsstellen, bei denen du hilfreiche Informationen oder Broschüren bekommst.
- Informiere dich eventuell ebenso über deine Rechte und Gleichberechtigung als Transgender
- Suche dir vielleicht auch Hilfe bei speziellen Telefonhotlines oder Chatrooms.

3) Möglicherweise ist es auch einmal eine Möglichkeit, dir oder jemanden anderen einen Brief über dein Coming Out zu schreiben, mit allen Gedanken, die du hast, wie du es formulieren möchtest und deinen Eltern oder Familie sagen möchtest. Du kannst dann diesen Brief sooft umschreiben, wie es dir lieb ist bis du dir hundertprozentig sicher bist, dass es so passt. Natürlich musst du es nicht abschicken, es soll ja nur eine Methode als Hilfestellung für dich sein. Abschicken darfst du ihn natürlich trotzdem.

4) Es kann dir auch hilfreich sein, dich wie für ein Referat oder eine Präsentation vorzubereiten und dir die Worte,die du wählen möchtest, ein paar Mal vorzusprechen. In Ruhe findest du vielleicht den passenden Ton, die passenden Worte und fühlst dich nach ein paar Mal sicherer. Übe eventuell an einen Ort, wo du dich wohl fühlst oder auch mit jemanden, den du dich anvertraut hast, jedoch versuche es langsam zu sagen, denn die Leute, werden bestimmt Zeit benötigen, um alles zu verarbeiten.

Ich möchte dir nur zusätzlich sagen überlege dir eventuell auch den Ort und die Zeit dafür, dass nicht an einer Familienfeier oder einem Event zu machen sonder einander Zeit zu geben. Wähle auch einen Tag, an dem du dich wohl fühlst und sicher fühlst und nimm ein bisschen Geduld mit. Deine Freunde, Familie benötigen ebenso Zeit. Es wird eventuell auch dazu kommen, dass du ab und zu mit dem Thema wieder ein bisschen anders umgehen wirst, dies ist kein sofort abgeschlossener Prozess.

Ich hoffe für dich waren ein paar Denkanstöße dabei und möchte dir noch ein paar Links anbieten, wo du dich vielleicht reinklicken kannst, um dir Informationen zu holen:

- www.transgender.at
- community.transgender.at
- www.transx.at

Ich hoffe, dass sich für dich alles positiv entwickeln wird und wünsche dir für deine Zukunft alles Gute.

Herzliche Grüße,
Christina