Problem von Matilda - 18 Jahre

An Christina B. - Sorgen mit der Liebe

Liebe Christina B,

Vielen Dank für Ihre Antwort!

Mir geht es mittlerweile etwas besser. Dadurch dass die Schule wieder angefangen hat und auch das Training konnte ich mich etwas ablenken. Aber ich denke trotzdem noch sehr oft darüber nach und die Tipps bezüglich der Selbstliebe und der Unsicherheit so wie mit der Suche sind mir schon etwas länger in den Sinn gekommen. Die Worte sind sehr lieb gemeint und wahr und ich finde Sie haben vollkommen recht! Nur leider ist es sehr viel leichter gesagt als getan. Ich komme was das angeht eher langsam voran, aber es tut sich was. Es gibt aber leider mal so Tage da denke ich nur ein Junge könnte mich jetzt aufheitern.
Ich will nicht sagen, dass man unbedingt einen Freund haben muss um glücklich zu sein und Sie haben mir ja die Vorteile meines Single Daseins genannt, aber ich bin einfach trotzdem nicht vollkommen glücklich damit. Letztes Jahr hatte ich zwar so eine Phase in der ich es genossen habe tun zu können was ich will und bin viel feiern gegangen und habe jede Woche mit einem neuen Typen rumgemacht und mich getroffen bzw. geschrieben. Aber natürlich habe ich dann irgendwann gemerkt, dass das absolut nichts für mich ist. Jedenfalls nicht auf Dauer, weil meine eigenen Bedürfnisse und Wünsche so gut wie immer zu kurz gekommen sind. Ich habe die Jungs aber auch niemals als potentielle Partner betrachtet und selbst meinen Vorteil aus den kurzen Bekanntschaften gezogen, in dem ich etwas Nähe und Erfahrungen sammeln konnte, die mir aufgrund einer fehlenden Beziehung ja verwährt blieben. Ich bereue zwar mein Handeln diesbezüglich nicht, aber es wäre so viel schöner gewesen diese Dinge mit einem Freund erlebt zu haben. Ich habe in der letzten Nachricht übrigens gar nicht erwähnt, dass es schon jemanden gibt für den ich länger Gefühle habe. Es klang vermutlich so als wolle ich generell einfach unbedingt gerne eine Beziehung haben, egal mit wem. Und solche Gedanken hatte ich auch mal und bin als 16-Jährige für fast einen Monat aus Frustration und Torschlusspanik mit jemanden zusammen gekommen für den ich nicht die geringsten Gefühle hatte. Es war so schlimm, dass ich ihn nicht einmal küssen konnte. Seit dem habe ich mir vorgenommen so einen Fehler nicht noch einmal zu begehen. Bei dem Jungen in den ich mich jetzt verguckt habe ist es so, dass ich mich absolut nicht traue was zu machen. Ich wünschte ich könnte mich überwinden und einfach normal mit ihm reden, aber es gibt so viele Ängste die mich plagen und viele meiner Freundinnen sagen es ist besser wenn ein Junge auf einen zukommt und er sich zuerst verliebt hat und man als Mädchen billig wirkt wenn man sich an einen Kerl ranschmeißt. Ich würde ihm niemals gleich sofort meine Liebe gestehen oder ihn doof anbaggern ich möchte einfach generell ins Gespräch mit ihm kommen und zuerst einen netten Kontakt aufbauen und mal sehen was sich daraus entwickelt (wir sind uns nicht unbekannt, haben mal denselben Kurs zusammen belegt und er arbeitet jetzt in dem Einkaufszentrum bei mir in der Nähe). Nur weiß ich nicht was mir die Angst nehmen könnte. Ich würde gerne einmal in meinem Leben von mir selber aus auf jemanden zugehen und nicht immer darauf warten müssen, dass jemand auf mich zukommt. So entsteht es ja auch meistens, dass nur bestimmte Jungs auf mich zu kommen und die die man wirklich gut findet dann natürlich so gut wie gar nicht kennenlernt und denkt man hätte nichts besseres verdient und müsse eben das nehmen was man kriegen kann. So möchte ich aber nicht mehr denken und handeln! Ihre letzte Nachricht hat mir Kraft gegeben mehr an mich zu glauben und für mich wäre es ein sehr gewaltiger Schritt meinen Schwarm anzusprechen und mein Glück zu versuchen, auch wenn ich damit rechnen muss dass vermutlich nichts weiter daraus wird. Wenn Sie Tipps und gute Gedankengänge zum Abbau von Nervosität parat hätten dann wäre das natürlich toll! Wie gesagt ist mir bewusst, dass ich auch mit dem Versuch scheitern könnte und eine Freundin hat mir sogar davon abgeraten aber es ist mein Wunsch und ich würde es wirklich gerne machen.

Danke nochmals für Ihre Antwort! Über eine weitere würde ich mich sehr freuen.

Liebe Grüße,

Matilda

Christina B. Anwort von Christina B.

Liebe Matilda!
Es freut mich zu hören, dass ich dir mit meiner Antwort ein bisschen helfen konnte - du darfst gerne "Du" zu mir sagen :) Schön, zu hören, dass es dir jetzt etwas besser geht. Schule und Training sind gute Wege, um sich abzulenken. Es hat mich erstaunt, zu hören, dass dir meine Gedanken zum Thema Selbstliebe und Unsicherheit schon selbst gekommen sind - da bist du dann ja sowieso auf dem richtigen Weg (: Ich kann mir gut vorstellen, dass es sich am Anfang so anfühlt, als würde sich überhaupt nichts verändern - aber gerade Selbstwertgefühl und Selbstliebe baut sich nicht über Nacht auf. So etwas braucht nun mal seine Zeit und am besten ist es, nicht die vielen Schritte zu betrachten, die noch nötig sind, sondern eher auf die zu schauen, die man schon erfolgreich hinter sich gebracht hat (: Das Glas halb voll zu sehen gehört auch zur Selbstsicherheit dazu.

Ich finde es toll von dir, dass du selbst sagst, man muss nicht unbedingt einen Freund haben, um glücklich zu sein. Das ist der erste Schritt, denn viele Leute erkennen das nicht. Viele Leute glauben, dass man erst glücklich sein wird, wenn man seinen Traummann oder seine Traumfrau gefunden hat - doch damit macht man das eigene Glück von der Außenwelt und insbesondere von einer einzigen Person abhängig, was zum einen nicht fair ist und zum anderen nichts bringt, denn für sein eigenes Glück ist man immer nur selbst verantwortlich. Das mag sich vielleicht im ersten Moment erschreckend anhören, doch eigentlich lässt sich das auch von der positiven Seite beleuchten - denn du hast damit selbst die Macht über dein Leben und dein Glück, was bedeutet, dass du selbst es so gestalten kannst, wie du willst und unabhängig bist! Die Vorteile des Single Lebens hast du anscheinend eine Zeit lang ohnehin schon ausgekostet - es ist auch klar, dass man dessen irgendwann überdrüssig wird, vor allem, wenn es dann immer so abläuft, dass deine Bedürfnisse zu kurz kommen. Ich kann auch verstehen, dass man all diese Erfahrungen lieber mit einem festen Freund als mit vorbeiziehenden Liebschaften erleben möchte. Doch du kannst diese Erfahrungen auch nachträglich mit einem Partner machen, da ist nochmal alles ganz anders (: Ich finde es toll von dir, dass du erkannt hast, dass es nichts bringt, in eine Beziehung mit einem Jungen zu gehen, wenn du eigentlich gar nicht verliebt bist und dass du es ab jetzt anders handhaben willst.

Jetzt hast du dich also in einen Typen verguckt, bist aber zu schüchtern, um den ersten Schritt zu machen. Das kann ich sehr gut verstehen und nachempfinden. Es ist unheimlich schwierig, sich zu überwinden, die Angst runterzuschlucken und es einfach zu tun. Denn innerlich sitzt irgendwo ein kleines Männchen, das Angst davor hat, zurückgewiesen zu werden. Deine Freundinnen meinen also, dass du warten solltest und es gleich billig wirkt, wenn du dich an einen Kerl ranschmeißt. Das mag bis zu einem gewissen Grad stimmen, wenn du dich denn wirklich "ranschmeißen" würdest (bei einer Party ihn sexy antanzen usw.) - aber wenn du ihn einfach ansprichst oder irgendwie anders Kontakt mit ihm aufnimmst, finde ich das gar nicht billig, sondern mutig! Klar hat man als Mädchen so ein wenig die Vorstellung, dass der Junge immer den ersten Schritt machen müsse, und dass man lieber "umworben" wird, als selbst zu umwerben, doch gerade in der heutigen Zeit ist Gleichberechtigung angesagter denn je, und es ist demnach durchaus okay und in Ordnung, das altmodische Denken da mal über einen Haufen zu werfen und den ersten Schritt als Frau zu machen. Ich finde, es ist absolut nichts "billiges" dabei, wenn du es genauso handhabst, wie du es mir beschrieben hast. Ihn kennen lernen, einen netten Kontakt aufbauen und sehen, was sich daraus entwickelt. Du kennst ihn ja schon vom Einkaufszentrum. Hast du seine Nummer? Wenn du so schüchtern bist, ist es immer einfacher, den anderen über Sms oder Whatsapp/Facebook zu kontaktieren - da fühlt man sich sicherer und geschützter und da kannst du ihn auch einfach mal mit einem "Hey, wie geht's dir? Kennen wir uns nicht irgendwoher/Warst du nicht auch im Kurs XY?" anschreiben (: Wenn du seine Nummer noch nicht hast, oder Social Media, such dich mal durch Facebook, kennst du seinen Nachnamen? Ihn nach der Nummer im Einkaufszentrum zu fragen wäre auch eine Möglichkeit, doch ich denke, dass das in deinem Fall eine Nummer zu groß für dich wäre, weil das sehr viel Mut erfordert.

Du hast mich gefragt, was dir die Angst nehmen könnte, weil du gerne einmal im Leben von dir aus auf jemanden zugehen würdest und nicht immer auf die anderen warten müsstest. Ich denke, dass auch dieser Punkt mit Selbstvertrauen zu tun hat. Das kannst du aufbauen. Hast du schon mal was von positiven Affirmationen gehört? Das ist ein Tool Werkzeug aus der Psychologie. Es ist eigentlich ganz einfach, es geht um folgendes: Stell dir vor, jeder Mensch besitzt eine eigene innere Landkarte. Auf dieser Landkarte befinden sich alle Einstellungen, Werte, Haltungen, Erfahrungen, Erlebnisse einer Person und diese Landkarte prägt einen Menschen. Durch all diese verschiedenen Dinge auf der Landkarte und vor allem durch die Erfahrungen oder Suggestionen von außen, die man gemacht hat oder bekommen hat, entstehen sogenannte Glaubenssätze. Davon gibt es viele positive, aber auch viele negative. Manche entstehen durch die Gesellschaft in Form von Sprichworten "Ein Indianer kennt keinen Schmerz.", "Mit der Schule fängt der Ernst des Lebens an.", viele entstehen durch die jeweiligen Ge und Verbote in Familiensystemen in der Kindheit "Du sollst nicht wütend sein. Wut ist schlecht für uns.", oder aber auch Aussagen von Eltern wie "Du kannst das ja immer noch nicht - wie sollst du es jemals zu etwas bringen?" usw. - Du hast schon gesehen, es gibt vermehrt negative Botschaften in uns bzw. Regeln - diese steuern unser unbewusst, weil sie meistens seit unserer Kindheit tief in uns verankert worden sind. Diese Glaubenssätze kann man aber durch positive Affirmationen ersetzen. Irgendein Glaubenssatz in dir oder eine Erfahrung wird dafür gesorgt haben, dass du wenig Selbstvertrauen und Selbstliebe hast und dich demnach sehr danach sehnst. Jetzt kannst du die Selbstliebe aufbauen, indem du dir immer wieder den positiven Satz vorsagst, am besten sogar laut vor dem Spiegel und denk so oft es geht an ihn, z.B.: "Ich mag mich, so wie ich bin.", "Mit jedem Tag wächst mein Selbstbewusstsein.", "Ich gehe hocherhobenen Hauptes in die Welt - weil ich es mir wert bin.", "Ich bin wertvoll und gut, so wie ich bin." usw. - du kannst dir ja deinen ganz persönlichen Satz basteln. Am besten wirkt diese Methode, wenn man sich den Satz überall aufschreibt, immer und immer wieder denkt und vorsagt, denn dann überlistet man das Unterbewusstsein und speichert den Satz quasi "um". Es ist hierbei wieder so, dass es eine Weile dauert und nicht von heute auf morgen super funktioniert, es ist ja auch kein Wundermittel, aber wenn du dran bleibst, kannst du nach einer Weile eine echte Veränderung bemerken. Außerdem kannst du versuchen, dir jeden Abend oder jeden Morgen ein paar Dinge zu dir selbst zu sagen, die du an dir magst. Eigenschaften, körperliche Merkmale, was immer du willst. Damit wächst dein Selbstbewusstsein. Es hat mich sehr gefreut zu hören, dass dir meine letzte Nachricht so viel Kraft gegeben hat und du jetzt mehr an dich glaubst. Ich glaube bereits fest an dich und daran, dass du das schaffen kannst! Warum? Weil du eine unglaublich hohe Willenskraft hast - deine Nachrichten beweisen das und du schreibst auch immer wieder, dass du jetzt damit aufhören willst, so zu handeln, dass du z.B.: nur die Typen "abkriegst", die dich eigentlich gar nicht interessieren. Das ist schon mal sehr mutig von dir und zeugt auch schon von hohem Selbstbewusstsein, dass du sagst "Nein, dieser Typ gefällt mir eigentlich gar nicht, ich möchte dem nachjagen, der mir wirklich gefällt." Ein Mensch, der kein Selbstbewusstsein hat, denkt so nicht. Ich glaube also, dass du bereits auf deinem Wege bist und schon viel geschafft hast.

Du hast mich außerdem noch um Tipps gegen Nervosität gebeten. Es hilft immer gut, sich selbst vorzusagen "Ich bin ganz ruhig und gelassen." und "Ich sage zu jeder Zeit die richtigen Worte." Außerdem kannst du es mal mit Atemübungen versuchen. Stell dir vor, du triffst jetzt diesen Jungen zufällig - wahrscheinlich wird dir beim Gedanken schon ganz heiß, dann atme durch und spiele die Situation im Kopf (oder auch laut) durch. Überleg dir, was du sagen würdest, was würde er antworten, was würdest du wieder erwidern usw. Das hilft, dich ein bisschen mental auf die Situation einzustellen und vorzubereiten. Wie oft siehst du ihn denn? Begegnet ihr euch hin und wieder im Einkaufszentrum? Quatscht ihr dann miteinander oder seht ihr euch nur an und winkt euch zu?
Bezüglich des Scheiterns kann ich dir nur sagen: Natürlich kann es immer vorkommen, dass eine Seite nicht so interessiert ist, aber das weiß man im Vorhinein nie, und wenn man es nicht ausprobiert, so wird man es auch nie erfahren. Außerdem könnte es doch genauso passieren, dass du plötzlich merkst, dass du dich nach näherem Kennenlernen doch nicht so für ihn interessierst. Oder aber es klappt mit euch (: Wie auch immer es ausgeht, es ist eine Lebenserfahrung für dich, auf die nicht verzichten solltest, weil du nervös bist. Es hilft gegen Nervosität auch, sich ein wenig das Motto "No risk, no fun" herzuhalten und sich selbst auch zu sagen, dass man sich, wenn man es nicht probiert, ewig fragen wird, ob es funktioniert hätte.

Ich hoffe, ich konnte dir jetzt wieder ein bisschen weiterhelfen und wünsche dir viel Glück für deine nächsten Schritte. Du kannst mir gerne nochmal schreiben, wenn du mir meine Fragen beantworten willst bezüglich des Jungen oder selbst auch noch etwas auf dem Herzen hast (: Ich werde versuchen, dir so bald als möglich wieder zu antworten.
Alles Liebe und herzliche Grüße,
Christina B.