Problem von Anonym - 15 Jahre

Werde ich jemals davon loskommen?

Hallo, liebes Team :)
Ich habe ein kleines Problem, wobei ich es eigentlich nicht als solches bezeichnen möchte.
Seit ich klein bin, vielleicht sieben oder acht, habe ich ein ''Hobby''. Es fing damit an, dass ich oft alleine war, da meine Eltern lange arbeiten mussten. Als kleines Kind wird das natürlich schnell langweilig, meine damalige beste Freundin hatte nicht immer Zeit, um zum Spielen vorbeizukommen. Ich fing an, Musik anzumachen und mich, so komisch das jetzt klingt, zu drehen. Dabei stellte ich mir Geschichten vor, von den animierten Tieren aus Filmen, die zusammen etwas erlebten. Es machte Spaß und irgendwann war auch ich ein animiertes Tier in den ausgedachten Geschichten.

Mit den Jahren änderte es sich, ich war kein Tier mehr (es klingt wirklich seltsam), sondern ein Mensch. Ich habe sozusagen eine eigene ''Welt'' in meinen Gedanken, mit erfundenen und realen Menschen. Immer, wenn ich Musik höre, ziehe ich mich dorthin zurück, meist für eine Stunde oder länger. Jeden Tag. Es ist nicht so, dass ich allein wäre, in der Realität habe ich Freunde, mit denen ich sehr viel unternehme und trotzdem komme ich nicht von den Fantasien los und frage mich, ob ich das überhaupt will. Es gefällt mir sehr, wenn es nicht so wäre, würde ich es nicht seit sieben Jahren machen. Ich könnte sogar behaupten, dass ich es liebe.

Eigentlich fing diese Sache mit den ausgedachten Geschichten schon früher an, ich habe immer mit meiner Mutter und meinen Kuscheltieren gespielt, jedes hatte einen eigenen Charakter und eine Rolle. Es waren seltsame Charaktere, nicht wirklich kindlich. Eine Katze war zum Beispiel egozentrisch und eine ''Frau'', die nicht mit ihrem Alter klar kommen wollte. Ich verstehe bis heute nicht, wie ich auf solche Dinge gekommen bin, haha.

Trotzdem bin ich hin und hergerissen, auf der einen Seite frage ich mich, was ich mit zwanzig oder dreißig mache. Ob ich dann immer noch meinem ''Hobby'' nachgehe, vorstellen kann ich es mir nicht, schließlich bin ich dann erwachsen. Aber auf der anderen Seite möchte ich nicht damit aufhören, es tut mir gut und hat mir durch ein paar schwere Phasen geholfen. Ich verliere die Realität nicht aus den Augen, dennoch macht mir mein Verhalten Sorgen.
Was soll ich tun?

Christina B. Anwort von Christina B.

Hallo liebe Anonyme!
Danke für dein Vertrauen uns gegenüber und dass du dich mit deinem Problem an uns gewandt hast. Ich kann mir vorstellen, dass dich diese Situation mit dir selbst beschäftigt und du unsicher bist, wie du jetzt damit umgehen sollst. Als Kind war das Verhalten für dich völlig legitim, du hast eben einfach gespielt, jetzt zweifelst du, ob du nicht langsam zu alt dafür bist oder ob das merkwürdig ist, liege ich damit richtig? Ich denke mir dazu folgendes: Als Kind warst du anscheinend viel alleine und hast dir einfach eine Beschäftigung gesucht. In der Musik konntest du dich fallen lassen und hast dir vorgestellt, du würdest mit Tieren was zusammen erleben. Dann bist du da rausgewachsen und die Tiere wurden zu Menschen, eine eigene Welt in deinem Kopf, die du kreiert hast und bei der du aus dem Alltag aussteigen konntest. In Wirklichkeit ist das nichts anderes, als würdest du ein Buch lesen oder einen Film ansehen oder ein Computerspiel spielen - da begibt man sich auch in andere Welten oder Realitäten. Das ist also nichts schlimmes. Du kennst diese Welt eben aus deiner Kindheit und sie hat dich bis jetzt begleitet und tut dir gut. In der Realität hast du ja Freunde, hast du geschrieben. Unternimmst du auch was mit ihnen oder sind sie nur in der Schule deine Freunde? Wie sieht sonst dein restliches Leben so aus? Ich glaube persönlich nicht, dass du dir Sorgen machen musst, denn dieses "Davonträumen zur Musik" ist doch eigentlich etwas schönes und es gibt dir wieder Kraft und Energie. Es ist für dich, so scheint mir, wie du erzählst, einfach eine Möglichkeit der Entspannung, Erholung und des Energie Tankens. Ich würde an deiner Stelle vielleicht deinen Freunden oder deiner Familie das nicht so explizit erzählen, aber du kannst ja auch einfach sagen, du hörst Musik, liegst auf deinem Bett und träumst ein bisschen vor dich hin. Das ist doch was schönes, wenn du dich so fallen lassen kannst (:

Zu der Sache mit den Kuscheltieren: Kamen diese ausgedachten Charaktere mehr von deiner Mutter oder von dir? Die Frau, die mit ihrem Alter nicht klar kommen wollte - das hat mich stutzig gemacht. Kommt denn deine Mutter damit klar, dass sie älter wird? Oder macht ihr das zu schaffen? Hat sie mit dir als Kind womöglich über solche Dinge gesprochen? Auch wenn sie nicht mit dir darüber gesprochen hat, kann es gut sein, dass du das einfach mitbekommen und gespürt hast als Kind.

Auf deine Frage, was du mit zwanzig oder dreißig Jahren machen wirst, kann ich dir auch bestätigen, dass ich denke, was du denkst: Da wirst du wahrscheinlich rausgewachsen sein aus dem und diese "Auszeit" nicht mehr brauchen. Vielleicht tut dir dann was anderes gut, wie Sport oder einfach so Musik hören. Eine Idee, die mir gekommen ist, wenn dir dein Verhalten so Sorgen macht, ist, die Geschichten in deinem Kopf, deine Welt, deine Realität, aufzuschreiben. Schreibe alles nieder - denn damit löst du dich unbewusst davon, aber verlierst diesen "Anker" für dich nicht, weil die Geschichten dann auf Papier sind. Probier das doch mal aus (:
Deine Erzählung hat mich an ein anderes Problem von einem Mädchen erinnert, das ich mal beantwortet hab - es ist deinem ähnlich. Ich habe dir hier den Link rauskopiert, vielleicht magst du dir das durchlesen und findest auch hier mögliche Parallelen zu deiner Geschichte und hilfreiche Tipps (: http://mein-kummerkasten.de/326045/Fiktiver-Charakter-im-Kopf-Soll-ich-mit-jemandem-darueber-sprechen.html

Wichtig ist bei dir, dass du die Realität eben nicht aus den Augen verlierst, aber da du das selbst schon geschrieben hast, glaube ich, dass du da eh gut darüber Bescheid weißt. Vielleicht willst du ein bisschen mehr mit Freunden oder Familie unternehmen - ich könnte mir vorstellen, dass das Verhalten dann auch evtl. weniger werden könnte. Du kommst jetzt in die Pubertät - da wird sich vieles umstellen, was für dich früher völlig normal war. Das ist nichts schlimmes, das ist in Ordnung und gut so (: Also Kopf hoch und nur Mut - schreib doch mal eine deiner Realitäten nieder und schau, was dabei raus kommt.
Wenn du noch was brauchst oder mir meine Fragen beantworten möchtest, kannst du mich gerne erneut kontaktieren. Richte dazu einfach am Anfang deines Textes deine Nachricht "An Christina B.", dann wird mich die Nachricht erreichen. Alles Liebe und viel Glück wünsche ich dir!
Herzliche Grüße,
Christina B.