Problem von Mara - 15 Jahre

Sorgen

Ich habe schon seit ca. 2 Jahren mit starken Depressionen zu kämpfen. Zwar wies ich schon vorher depressiv Artikel Verhalten auf (auch in der Grundschule), aber zu "richtigen", starken Depressionen und anderen psychischen Problemen kam es erst später. Soziale Phobie, Schlafstörungen, Essstörungen (im Sinne von langanhaltender Appetitlosigkeit oder regelrechten "Fressattacken" war schon alles dabei) im Moment bin ich wieder auf dem Stand von, so wenig wie möglich zu sich nehmen, was dich noch fetter macht. Ok geht es weiter, Angststörungen, Suizidgedanken, manchmal auch Aggressionsprobleme, aber diese dann aus dem Frust raus und natürlich noch Depressionen. Ein fehlendes Selbstwertgefühl und komplettes Unwohlsein im eigenen Körper. Ich spüre einfach nicht mehr diese "Verbindung" zu meinem Körper. Ich fühle mich einfach falsch und fehl am Platz, wenn ich in den Spiegel sehe. Ein weiters "Problem", für mich jetzt eher weniger, ich ritze mich. Seit der 7. Klasse glaub ich. Da hat es mit einem einfachen Schnitt angefangen, mittlerweile ist es regelmäßig. Ich besuche zur Zeit die 9. Klasse. Etwas, was ih selber nicht erklären kann ist, manchmal denke ih darüber nach, mich therapieren zu lassen, aber dann ist da immer dieser eine Gedanke. Wenn ich dann "geheilt" bin, wird es dann so bleiben, wahrscheinlich werde ich einen Rückfall bekommen. Wird man mir überhaupt helfen können? Wie sieht es dann mit meiner Zukunft aus? Und um ganz ehrlich zu sein, ich wurde es vermissen. Diese schlaflosen Nächte, die Sorgen, der Hass auf mich selbst, das Ritzen und vieles mehr. Es ist ein Teil von mir geworden und das einzige was ich noch besitze, denn ohne meine ganzen "Special effects" (So nenne ich gerne meine Depressionen und so. Ist nicht so direkt) wäre ich noch mehr ein Nichts als vorher. Ch habe nichts was mir halt gibt, ich habe nichts für was es sich lohnt zu leben und ich habe nichts, was mich noch am Leben hält. Und ja, ich spiele fast jede Sekunde mit dem Gedanken an Suizid. Wenn ih daran denke, mag ich einfach dieses Gefühl was in mir hoch kommt. Schwerelosigkeit, Freiheit und Ruhe. All diese Dinge hätte ich, wenn ich nicht mehr lebend auf dieser Welt existieren würde, sondern in einer Urne unter der Erde. Ich möchte diese Krankheit nicht ablegen, da sie und ich zusammen gehören, aber manchmal strapaziert sie schon meine Nerven und Kräfte. In der Schule zum Beispiel. Konzentration gleich Null, Fähigkeit generell an etwas "Wichtiges" was man halt so in der Schule lernt, zu denken, Fehlanzeige. Das Schuljahr hat zwar gerade erst begonnen, aber auch Stege schon 6 in Mathe. Mich stört es relativ wenig, aber ich habe keine Lust in eine 8. Klasse zu kommen. Zu diesen ganzen kleinen Kindern, denn ich muss sagen, auch mit meinen Problemen, benehmen ich mich mit am erwachsensten (?) An der Schule. Heute nach der Mathestunde hat meine Lehrerin mich gefragt, was los sei. Ich hab ihr damit Nichts geantwortet und gesagt, dass ich die Antwort einfach nur nicht wüsste (ich sollte eine Aufgabe an der Tafel lösen). Ich hab aber kein Wort raus bekommen, weil alle Augen der Klasse auf mich gerichtet waren und auch die Aufmerksamkeit auf mir lag. Ich fange dann einfach an zu zittern und zu schwitzen, mein Herz pocht und manchmal kommen mir sogar leicht die Tränen, aus Verzweiflung, welche ich dann aber zurück halte. Ich kann mit Situationen, wo ich im Mittelpunkt stehe oder generell den kleinsten Funken an Aufmerksamkeit bekomme, nicht umgehen. Ich drehe da einfach durch. Und meine Frage ist jetzt, wie konnte ich versuchen mit meinen Special effects zu leben? Kann man damit weiter leben? Zumindest bis ich es selber beende. Ich hab schon mal Jahrelang meine Probleme vor anderen versteckt und keiner merkte was. Sollte ich mir vielleicht dich Hilfe suchen? Aber wenn, was mach ich dann mit dem Problem, dass ich meine Depressionen und Suizid Gedanken nicht ablegen will, kann, wie auch immer, weil sie ein Teil von mir sind? Ich bin allein und habe nur noch die Musik und fremde Menschen, die mich am Leben erhalten, diese wissen nur nicht, dass ich existiere (sind halt Musiker, die mir mit ihrer Musik ein Fünkchen Hoffnung schenken). Ich weiß nicht nicht ob es eine passende Antwort gibt, aber ich bedanke mich auf jeden Fall im Voraus.

Danke und Tschüss

Christina B. Anwort von Christina B.

Liebe Mara!
Danke für dein Vertrauen und dass du dich mit deinen Sorgen an uns gewandt hast. Ich kann mir gut vorstellen, wie schwierig die Situation momentan für dich sein muss. Ich werde im folgenden Text ein wenig auf deine geschriebenen Worte eingehen und dir meine Hypothesen und Ideen dazu aufschreiben, die mir gekommen sind. Es sind nur meine eigenen Ideen, du kannst sie dir ja durchlesen und schauen, ob für dich etwas davon passt.

Du hast jetzt schon seit Jahren mit Depressionen zu kämpfen, hast du geschrieben. Warst du denn mal beim Arzt und bist mit der Krankheit Depression diagnostiziert worden? Artikel und Symptome, die man im Internet findet, können einem zwar helfen bei der Selbsteinschätzung, aber nur ein Arzt kann die Diagnose Depression geben. Ebenso wie die anderen Störungen von denen du gesprochen hast - soziale Phobie und Essstörungen. Bei Schlafstörungen ist es klar, dass du diese selbst erkennen kannst. Angststörungen und Suizidgedanken würde ich auch am ehesten noch der Selbsteinschätzung zuordnen, aber auch hierbei ist es wichtig, einen Arzt aufzusuchen, und eine Anamnese zu machen. Dass du ein fehlendes Selbstwertgefühl hast und dich im eigenen Körper so unwohl fühlst, geht vermutlich mit all diesen Dingen auch einher. Aber gleich vorweg: Dafür gibt es Möglichkeiten, das Selbstwertgefühl wieder aufzubauen! Wenn dich das interessiert, schreib mir eine erneute Nachricht.

Dass du dich ritzt, ist für dich wahrscheinlich ein Teil deiner Selbsthilfe geworden. Viele Leute ritzen sich, weil sie das Gefühl haben, sich endlich wieder spüren zu können oder dass die bösen Dinge aus ihnen rausfließen. Aber es wäre vielleicht gut, wenn du mal versuchst, statt des Ritzens was anderes zu tun, das sind sogenannte Skills, also Ersatzhandlungen, wie zum Beispiel mit einem Gummiband auf die Haut schnalzen, damit du das Ritzen umgehst. https://www.wattpad.com/38961091-skills-gegen-svv-selbstverletzendem-verhalten - Hier findest du einige davon. Außerdem könntest du mal versuchen, ein Tagebuch zu führen, wo du aufschreibst, was du beim Ritzen davor, währenddessen und danach fühlst, um den Grund herauszufinden, warum du das eigentlich tust. Hier wäre es aber auch gut, wenn du, so wie du schon selbst gesagt hast, dir Hilfe holen würdest. Du hast geschrieben, dass du die schlaflosen Nächte, die Sorgen und den Hass auf dich selbst, das Ritzen, deine Essstörungen etc. vermissen würdest, wenn du Hilfe bekämest, weil sie ein Teil von dir geworden sind und du sie akzeptiert hast, und sie für dich das einzige sind, was dich deiner Meinung nach noch besonders macht. Ich kann das gut verstehen, dass du dich dann so fühlen würdest, als hättest du noch weniger "specials" und wärst ein Nichts, wie du es ausgedrückt hast. Aber wenn du jetzt objektiv darüber nachdenkst - diese Dinge kosten dich einen hohen Preis. Es ist ja nichts schönes daran, sich immer depressiv zu fühlen, nicht ordentlich essen zu können, keinen Schlaf zu bekommen, sich selbst weh zu tun und dergleichen. Diese Verhaltensweisen kosten ja alle Kraft und sind nicht gut für dich und deinen Körper. Deiner Seele haben sie gut getan, weil du dich dadurch "lebendiger" gefühlt hast, aber es gibt auch andere Möglichkeiten, sich zu spüren, oder schwerelos, ruhig und frei zu sein, so wie du beschrieben hast, dass du das gerne sein möchtest. Wenn du dir Hilfe holen würdest, wären diese Dinge nicht weg, sondern du würdest sie einfach durch gesündere Verhaltensweisen ersetzen, die dir dasselbe Gefühl von Selbstwert und von etwas besonderem geben. Selbstwertgefühl baut sich durch ganz andere Dinge auf - du kannst durch Therapie Möglichkeiten finden, wie du dich frei, schwerelos, lebendig und ruhig fühlen kannst, ohne auf diese "Störungen" oder psychischen Belastungen zurückgreifen zu müssen.

Du hast geschrieben, dass du Ruhe, Schwerelosigkeit und Freiheit hättest, wenn du sterben würdest und dich deshalb danach sehnst. Ich kann das gut verstehen. Es gibt oft Zeiten im Leben, da will man einfach mit allem Schluss machen und ich glaube, nahezu jeder Mensch hat schon mal mit dem Gedanken gespielt, sich das Leben zu nehmen. Manchmal erscheint einem einfach alles aussichtslos und die Sehnsucht nach Ruhe haben viele Menschen. Nur kann man im Vorfeld nicht wissen, ob man, wenn man erstmal gestorben ist, wirklich so empfinden wird. Glaubst du an ein Leben nach dem Tod? Oder glaubst du, dass du einfach weg bist? Keiner weiß das und keiner kann es beantworten, es ist also eine sehr ungewisse Handlungsmöglichkeit. Doch wie schon oben gesagt, kann man diese Gefühle, Ruhe und Freiheit und dergleichen, auch im Leben finden. Jeder muss natürlich für sich selbst oder mithilfe von Therapie herausfinden, was man tun kann, aber nur um einige Beispiele zu nennen: sich Zeit für sich selbst nehmen und das eigene Lieblingshobby ausüben, meditieren, schlafen, Musik hören, spazieren gehen, die Stille in der Natur genießen, etc. - Für jedes Gefühl sind andere Dinge möglich.

Du hast erzählt, dass du in der Schule kaum konzentrationsfähig bist und dich mit diesen Dingen nicht beschäftigen kannst. Das ist alles verständlich und auch eine große Symptomatik von Depressionen. Dass du vor deiner Klasse so Nervositätsprobleme bekommen hast, stelle ich mir auch sehr schwer und unangenehm vor. Dass dir dann gleich die Tränen kommen, ist bestimmt auch nicht hilfreich, aber es wäre gut, sie (vielleicht mal am Abend im Bett, wenn du dich wohl dabei fühlst) auch rauszulassen. Zu deinen Aggressionen vorhin kann ich dir auch nur sagen: Lass sie raus. Kauf dir ein paar alte Vasen am Flohmarkt und zerschmettere sie, schieße einfach die Taschentuchpackung durchs Zimmer, hau auf den Polster ein, wenn dir danach ist. Versuche es - denn ritzen und anderes selbstverletzendes Verhalten sind immer eine nach innen gerichtete Aggression, und es ist unheimlich wichtig, dass du diese nach außen richtest. Aber um wieder zurückzukommen zu dir: Du hast geschrieben, dass du dich sehr unwohl fühlst, sobald du im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit stehst. Das ist ein Zeichen von mangelndem Selbstwertgefühl und ich kann es sehr gut verstehen, weil es mir in deinem Alter ähnlich ergangen ist.

Und da schließt sich gleich der Kreis mit deiner Frage, die ich dir beantworte: Wie kannst du versuchen, mit deinen Special Effects weiter zu leben? Du kannst dir Hilfe holen und die schlechten Special Effects durch gesündere Verhaltensweise, also gute Special Effects zu ersetzen. Ich glaube, dass man bis zu einem gewissen Punkt damit leben kann, aber dass es immer schlimmer wird und immer viel mehr aufzuarbeiten gibt, je länger man eine Therapie hinauszögert. Aber das ist meine persönliche Meinung. Ich finde es toll, dass du gefragt hast, ob du dir Hilfe suchen sollst und gebe dir die Antwort: Ja! http://mein-kummerkasten.de/Soforthilfe/31/Professionelle-Hilfe-Wie-finde-ich-einen-Psychotherapeuten.html - hier kannst du dich erkundigen, wie und wo du am besten einen Psychotherapeuten findest.

Du hast geschrieben, du wärst alleine und hättest nur noch die Musiker und die Musik, die dich am Leben halten. Das ist eine großartige Ressource!! Musik hilft vielen Leuten und offenbar hilft sie auch dir! Du kannst dabei vielleicht einen Teil der Ruhe, Entspannung und dergleichen darin finden. Auch dass du dir die Musiker als Idole vornimmst, finde ich toll, damit hast du eine zweite Ressource gefunden! Du siehst also, du stehst nicht ohne nichts da, sondern du hast sehr wohl noch Dinge, die dir, wenn auch nur ein kleines bisschen, Freude bereiten. Und jetzt gilt es, da noch mehr davon zu finden. Was hast du früher gerne in deiner Freizeit gemacht? Wo konntest du dich entspannen? Was sind deine Hobbys? Gibt es sonst Freunde, die dich unterstützen können?

Ich hoffe, dass ich dir ein bisschen weiterhelfen konnte. Ich denke, dass du ein kluges, reflektiertes junges Mädchen bist und dass du es schaffen kannst, mit diesen Problemen umzugehen und eine Lösung zu finden! Du hast dich hierher gewandt und das war bestimmt schwierig, aber du hast dadurch gezeigt, dass du mutig bist und Courage hast und bei Problemen nicht einfach den Kopf in den Sand steckst. Hut ab für dein Alter!
Ich wünsche dir ganz viel Kraft und Glück für deine weiteren Schritte.
Wenn du noch etwas brauchst, oder mir was erzählen möchtest oder noch Fragen hast, kannst du mich gerne erneut kontaktieren. Richte dazu einfach deinen Text am Anfang "An Christina B.", dann wird mich die Nachricht erreichen. Ich wünsche dir alles Liebe und herzliche Grüße,
Christina B.