Problem von Meric - 18 Jahre

Panikattacken/Realitätsverlust

Ich habe gekämpft zu überleben. Gekämpft mich anzupassen. Gekämpft, damit alles besser wird. Einige Dinge haben geholfen, andere wiederum nicht. Man besagte mir „Der Schmerz ist vergänglich“, doch das ist er nicht. Denn die Erinnerungen leben mit mir, jeden Tag. Kennst du die besagte Vorstellung, bevor man stirbt ? Das man all die Erinnerungen seines Lebens wiedererlebt in schnelle ? So fühlt es sich an. Es ist eine Art Traum. Obwohl ich nur da sitze und mein Brot schmieren wollte, sehe ich ihn. Wie er da steht, mich anlächelt mit seiner baumelnden Weihnachtsmütze. Ich höre seine Stimme. Ich fühle diesen Moment. Es ist, als würde ich es wirklich erleben. Ich verliere die Realität. Plötzlich höre ich mein Handy neben mir klingeln und ich sehe wieder das Messer in meiner Hand mit der Butter darauf, die schon hinunter gelaufen ist. Ich versuche mein Brot weiter zu schmieren und plötzlich fängt es an. Ich sehe meinen großen Bruder, wie er auf dem Dach sitzt, Kopfhörer trägt, seine Zigarette raucht und seine blutigen Fäuste zittern. Mutter ? Wie kann das möglich sein. Mit den armen geöffnet steht sie vor mir. Stop. Wo bin ich ? Wieso liege ich im Krankenhaus ? Lachend renne ich durch die Straßen mit meinen Freunden. Ich kriege keine Luft, denn da fließt so viel Blut. - Dies ist eine Kurzfassung davon, was ich eigentlich erlebe. Es geht eigentlich viel schneller, viel intensiver und es sind viel mehr Erinnerungen. Ich wache auf. Das Messer liegt auf dem Boden, die Wand hat Löcher. Meine Hände sind geprellt und blutig. Blackout. Ich weiß nicht was passiert ist. All die Erinnerungen, über die ich nie sprach, all die Gefühle, die ich nie zeigte. Alles kommt hoch. Es überwältigt mich. Therapeuten haben zu lange Warteschleifen. In eine Tagesklinik/Psychiatrie möchte ich nicht, denn so fühle ich mich nur noch ausgegrenzter als sonst. Ich weiß nicht, was ich tun soll.

Dana Anwort von Dana

Lieber Meric.

Wenn ich mir dein Problem so durchlese - und das habe ich gründlich, dann erkenne ich zwei Dinge.

1. Da sitzt ein intelligenter junger Mann, der (noch etwas ungelenk) in eine sehr starke literarische Richtung geht. Wahrscheinlich geprägt von den Büchern, die du liest. Dein Text könnte aus einem Buch stammen, er hat literarische Einschläge, nicht so "wie der Schnabel gewachsen ist".

2. Wenn dein geschildertes Problem genau so zutrifft und es kein "rein literarisches Ergebnis" ist (sowas gibt es ja durchaus auch in Phasen der Entwicklung), dann stehst du vor einem pathologischen Problem, das dringend behandelt gehört.

Wir sind hier ja keine Therapeuten oder Ärzte, daher darf ich keine Diagnosen stellen, aber man kann sehr deutlich heraus lesen, dass du eine Störung durchlebst, die sowohl medikamentös als auch therapeutisch behandelt werden muss. Da ich davon ausgehe, dass diese Attacken nicht durch Drogenkonsum kommen (ein Joint kann ausreichen, um paranoide Störungen auszulösen, Psychosen etc), sondern anderweitig begründet liegen, möchte ich dich ermutigen, dir einen Termin bei einem Psychiater geben zu lassen. Ja, Therapeuten haben lange Wartelisten, bei Psychiatern (muss keine Klinik sein! Es reicht ambulant bei einer Praxis) bekommt man in der Regel schneller einen Termin. Bei dir ist etwas aus dem Gleichgewicht geraten, das dringend wieder eingerenkt werden muss, sonst leidest du noch viele Jahre vor dich hin. Die Medikamente dämmen die Attacken ein, die Behandlung stellt dich wieder fester auf den Boden und nach einer Weile des Wartens hättest du dann auch bei einem Therapeuten einen Platz, denn so etwas will auch aufgearbeitet werden.

Du schreibst selbst, dass du dich als ausgegrenzt betrachtest und dass dich diese Flashbacks und Tagträume ziemlich umhauen. Daher ist es unerlässlich, dich diagnostizieren und behandeln zu lassen. Das ist kein Schnupfen, Meric...
Du kannst für deinen Zustand nichts, wenn du keine Drogen genommen hast. Dein Körper produziert gewisse Stoffe "falsch" oder nicht und alles kommt ins Rutschen. Das kann man behandeln und es bessert sich auch. Vor allem lernt man, damit umzugehen, so dass du in diesen Situationen weißt, was zu tun ist. Wissen kann Angst verringern.

Ein Psychiater ist kein Psychotherapeut. Er ist Arzt und behandelt eine Krankheit, in dem Fall deine. Du schreibst nichts Genaues über deine Eltern oder dein Umfeld. Ich wünsche dir, dass es Menschen gibt, die dir beistehen können, dass du nicht alles alleine durchleben musst. Aber bitte: wende dich an eine Fachkraft, das kann ein Mensch nicht alleine schaffen. Wenn das hier kein "literarisches Essay" ist, suchst du ja Hilfe, sonst hättest du nicht hierher geschrieben. Ich möchte dich daher ermutigen: suche dir die Hilfe. Finde sie in Form eines Psychiaters, einer Psychiaterin. Man findet sehr gute durch Google, denn inzwischen haben eigentlich alle Ärzte Userbewertungen im Web und man kann in aller Ruhe durchschauen, was sie so "bieten".

Warte damit nicht zu lange bitte. Hilfe ist möglich, aber der Weg geht zu Menschen vom Fach.

Alles Gute für dich!

Dana