Problem von Bianca - 30 Jahre

An Bernd, Feedback zum Feedback

Lieber Bernd, ich danke Dir für Deine Antwort auf mein Feedback, auf welche ich noch einmal kurz eingehen möchte.

Ja, ich kenne Dein Wertesystem, und wie ich schrieb, respektiere ich dieses.

Meine Bitte an Dich war lediglich eine etwas differenziertere Sicht auf das Problem.

Ich pflichte Dir dahingehend bei, dass Eltern ihren Kindern Grenzen setzen und Werte vermitteln müssen. Jedoch müssen Eltern ihre Kinder auch als eigene Individuen begreifen. Meine Eltern haben mir beigebracht, mir meine eigenen Werte zu entwickeln und diese Werte auch zu leben. Die für mich wichtigsten Werte sind zum Beispiel Ehrlichkeit und Respekt.

Ich hatte mit 15 noch keinen Sex und finde es persönlich auch zu früh. Trotzdem ist es doch illusorisch zu glauben, man könnte als Eltern tatsächlich Einfluss darauf nehmen. Und vor diesem Hintergrund finde ich es schwierig, Sex vor dem Hintergrund religiöser Sitten zu verbieten oder zu ignorieren. Viel wichtiger ist doch der offene Dialog, um Konsequenzen aufzuzeigen, bewusst zu machen, welche Verantwortung mit Sex einhergeht. Und dies klappt mit Sicherheit nicht, indem man das Thema „tabuisiert“ oder nicht mehr mit dem Kind spricht.

Ich habe auch nicht geschrieben, dass sie mit 15 bereits weiß, was ihr Ding ist und ihr Ding durchziehen solle. Ich schrieb (spekulativ), dass, wenn sie bereits wisse, was ihr Ding sei, dann...

Es war spekulativ, eben da es dazu keine Informationen gibt.

Ja, ich pflichte Dir bei, dass ein derartiger gesellschaftlicher Wandel erfolgt ist. Ich bin mit 17 in die Lehre, war mit 19 fertig und seitdem arbeite ich. Und ich weiß, dass die jungen Leute heute eben erst mit 24/25 fertig mit ihrer Ausbildung sind. Aber dass ist doch nicht das Problem der Entwicklung der jungen Generation, sondern eine Gesellschaft, in der eine Ausbildung im Einzelhandel bereits einen sehr guten Realschulabschluss, wenn nicht gar das Abitur, voraussetzt.

Ich schrieb im übrigen auch nichts von „pervers“, ich meine, das Wort war „perse“, also generell oder pauschal.

Ja, den Eindruck erweckte Deine Antwort bei mir, sodass ich mich für das Feedback entschied.
Ich gehe auf mich nun nicht weiter ein, da ich hier nicht die Hintergründe und Umstände offenbaren möchte, warum ich mein Leben lebe, wie ich es für richtig halte.
Nur soviel: Nein, ich lasse nicht jeden über mich herüberspringen, der mag. Auch ich habe Werte, nach denen ich entscheide, mit wem ich intim werde oder eben nicht.

Und: SOLLTE ich tatsächlich ungewollt schwanger werden: Ich bin 30 Jahre alt, habe einen sicheren Job, habe „ein Nest gebaut“, wie man so schön sagt, und halte mich für fähig, die damit einhergehenden Konsequenzen zu tragen. Das wäre ich mit 15 allerdings nicht gewesen...

Liebe Grüße Bianca

Bernd Anwort von Bernd

Liebe Bianca,

ich muss gestehen, dass Dein vorheriges feedback mich auf dem falschen Fuss erwischt hatte:
Meine Antwort an Yekta war die Antwort an einen 15-jährigen Buben!
Warum ich mich in der Antwort an Dich von Dir auf Yekta als ein Mädel eingelassen habe?
War vielleicht Dein Satz:
"aber ich habe aus Deiner Aussage gelesen, dass Frauen wie ich für dich perse Schlampen sind. Und dies find ich doch schon etwas patriarchisch, denn ein Mann mit wechselnden Partnern wird der „tolle Hengst“ nachgesagt."

Wo ich Dein "per se" zu pervers verbessert habe und wo Du mich mit einem Wort konfrontierst, dass nicht meinem Sprachgebrauch entstammt: "Schlampe" kenne ich nicht!
"Pauschal" mögen manche Antworten von mir klingen: wenn sie feedbacks wie die Deinen hervorrufen, ist das in Ordnung! Ich will nicht Recht behalten, sondern auch Widerspruch provozieren.
In der Tat wollte ich Yekta als Buben davon überzeugen, dass er eben nicht ein "toller Hengst" ist, wenn er die Regeln seiner Religion und die Regeln seiner Eltern bricht.....
Zumal, wenn kein Ton darauf hinweist, dass ihn Liebe treibt und er sich seiner Verantwortung für den Partner bewusst ist.
Wenn ich ihm nichts anderes geschrieben hatte, als seine Eltern ihm wohl vorgeworfen hatten: ist das genau das, was ich auch meinen Jungs immer noch mitzugeben versuche (beide sind schon erwachsen): ihr könnt machen was ihr wollt, solange ihr euch eurer Verantwortung bewusst seid. Und wenn ihr euer Mädchen im Stich lasst, weil Schwangerschaft ja ausschließlich in deren "Körperhoheit" fällt, dann werden meine Söhne ein Problem mit mir bekommen!

Da das nun geklärt ist: Yekta hat uns als Bub geschrieben, nicht als Mädchen,

soll es jetzt um Dich gehen!
Du schreibst:
"Meine Eltern haben mir beigebracht, mir meine eigenen Werte zu entwickeln und diese Werte auch zu leben. Die für mich wichtigsten Werte sind zum Beispiel Ehrlichkeit und Respekt."
Weiter unten hast Du auch das Dritte für Dich bejaht, was mir wichtig ist: Verantwortungsbewusstsein!
Es ist absolut richtig: Eltern können nur den Samen legen. Was für Werte unsere Kinder daraus entwickeln. Was sie annehmen können und was nicht, haben wir Eltern dann doch nicht mehr im Griff.
"Flügge machen" bedeutet nichts mehr als die Kinder das Fliegen lehren!
Was sie dann mit dem Erlernten anstellen entzieht sich den Eltern in aller Regel!

Was Du noch schreibst, tut mir wirklich weh:

"Nur soviel: Nein, ich lasse nicht jeden über mich herüberspringen, der mag. Auch ich habe Werte, nach denen ich entscheide, mit wem ich intim werde oder eben nicht."
Wenn irgendetwas was ich geschrieben hatte Dir das Gefühl gibt, dass ich Dich so sehen könnte, habe ich mich komplett falsch ausgedrückt!
Ich habe absolut keinen Zweifel daran, dass Du Dein Leben selbst bestimmt lebst!

Was ich Buben wie Yekta und meinen eigenen Buben weitergeben will (von Mann zu Mann) ist: Für mich war "körperliche Vereinigung" immer nur überhaupt möglich mit der Frau, die ich mir zu der Zeit als "Mutter meiner Kinder" vorstellen konnte. Das Gefühl kann sich ändern!
Und dann war es (für mich) folgerichtig, mich zu trennen.
Und keinen Geschlechtsverkehr mehr miteinander zu haben.

Wenn ich nun im Kummerkasten schon oft geschrieben hatte, dass Sex ohne Liebe für mich eine Art Selbstbefriedigung unter Zuhilfenahme eines Partners bedeutet...

Kannst Du das vielleicht in diesem vorher beschriebenen Kontext verstehen?

Alles Liebe
Bernd