Problem von katrin - 15 Jahre

habe einen Freund doch habe Angst es meinen Eltern wegen folgenden Gründen zu erzählen

Hallo liebes Team, schon einmal vielen Dank im voraus!
Es hat alles letztes Jahr im Frühjahr angefangen, ich hatte Kontakt zu Flüchtlingen aus dem Ort durch Fußball spielen auf dem nahegelegenen bolzplatz aufgenommen. Bis dahin war alles gut, meine Eltern fanden es gut das es mir egal ist, mit wem ich spiele und nicht zu sehr auf die Herkunft von Menschen achte. Also nicht rassistisch oder ähnliches bin. Nach ein paar Monaten habe ich einen afghanischen Jungen kennengelernt den ich sehr nett fand. Ich war doch schon etwas vorsichtig beim Kennenlernen da ich mich damals mit deren Kultur und Religion befasste und diese sich ja ziehmlich zu der deutschen Kultur und den Christen unterscheidet. Der Junge äußerte mir seine "Liebe" ich fiel darauf rein und wurde total blind vor Liebe. an einem Tag war ich das erste Mal bei ihm zuhause (Flüchtlingsunterkunft). Ich dachte mir nichts dabei da ich meistens von dem Guten eines Menschen ausging. Doch plötzlich verließ sein Onkel das Zimmer, der Junge schloss das Zimmer ab und lies die Rolladen runter und forderte mich auf mich auszuziehen. Ich verweigerte es, er flüsterte mir immer wieder ins Ohr das er Sex will und das es auch nicht weh tut und so weiter doch ich blieb stur und rührte mich nicht. so ging es eine Weile weiter bis er ausrastete und mich anschrie und mit Gewalt verusuchte mich auszuziehen. da er mich an die Tür drückte klopfte ich mit einer Hand an die Tür. Er war kurz abgelenkt und lies mich los ich konnte grade so aus dem Haus und zum Bahnhof rennen. Dieses Ereignis hat mich sehr geprägt. Es ist zwar nichts weiter passiert doch seit dem habe ich extreme angst vor geschlossenen Türen wenn ich mit einem Jungen in einem Raum bin. Ich kann außerdem Menschen nur noch mit Ausnahmen glauben und vertrauen. Mich erschreckt das selber das dies mich so mitnimmt. doch die Geschichte hab ich auch erzählt da mein Vater damals noch eine nicht so strenge Einstellung gegenüber "Flüchtlingen" hatte er kennt nicht die ganze Geschichte, doch einen Teil und es war denk ich mal auch teilweise für ihn ein schock, da er den Jungen am Anfang sehr mochte. Das Hauptthema jedoch ist, dass ich seit ca. 2 Moanten einen syrischen Freund habe und wie man weis ist es mit den werten der Frau und allgemein der Kultur auch ziehmlich anders als bei uns. Er heißt Nour und ich treffe mich mit ihm 1 bis 2 mal pro woche meine Eltern kennen ihn schon von Erzählungen und von Bildern doch nach jedem Treffen bläuen sie mir ein das mehr als freudschaft aufkeinenfall geht und das ich damit mein Leben nur unnötig aufs Spiel setzen würde. Ich kann die Sorgen meiner Eltern schon teilweise verstehen doch extreme Eifersucht, Paschaverhalten und ähnliches gibt es auch in anderen Kulturen bei Männern und allgemein in Beziehungen. auch bei Deutschen oder etwa nicht? ich habe nour bis jetzt als einen bodenständigen 17 jährigen Jungen kennengelernt. Er raucht, trinkt und kifft nicht. Ich bin mir gerade total unsicher. Die Meinung Meiner Etern war für mich immer das höchste und ich hab mich meistens auch daran gehalten doch diesmal zweifle ich an ihnen sehr. Es ist doch jeder ein Mensch und er hat doch auch ein Herz und Gefühle man kann ja nicht die ganzen Ereignisse verallgemeinern, dass alle Männer aus den arabischen Herkunftsländern herzlos und Vergewaltiger sind oder sowas oder? Ist das normal? Ich passe ja auf und bin auch vorsichtig und vormallem durch die Erfahrung letzten Jahres bin ich schon ziehmlich vorsichtig geworden. Ich treffe mich mit ihm nur an öffentlichen orten (parks, zoo, kino usw...) Ich traue mich nicht meinen Eltern zu erzählen das er nun mit mir zusammen ist da ich angst habe das sie mir dann den Kontakt zu ihm verbieten. Doch anderer Seits muss ich es ihnen bald erzählen, da ich niht will das sie es durch eine andere Person erfahren, die mich mit ihm eventuell mal zusammen sieht und auf verstecke spielen habe ich ehrlich gesagt auch keine Lust. Wenn ich mit ihm Schluss machen würde wäre es aber auch total blöd, da er ja nichts dafür kann und er eine Person für mich ist, die ich nicht verlieren möchte orallem nicht da das vertrauen gerade endlich mal bei einer Person wächst. Was würden sie an meiner Stelle tun oder was ist ihre Meinung dazu? Ich würde mich freuen wenn sie mir urück schreiben!
Ich weis grade echt nicht mehr weiter was ich am Besten machen soll!!!
Liebe grüße katrin

PaulG Anwort von PaulG

Liebe Katrin,

zunächst mal: Ich freue mich, dass du einen Jungen getroffen hast, bei dem du dich sicher fühlst und mit dem du dir eine Zukunft vorstellen kannst. Natürlich bist du noch nicht in dem Alter, dass man sich darüber Gedanken machen müsste. Für den Moment geht es nur darum, wie deine Eltern sich zu deiner Beziehung stellen. Was ich dir gleich zu Anfang sagen muss, wird dir wahrscheinlich schon klar sein: Wir haben keinen sehr großen Einfluss darauf, wie deine Eltern es aufnehmen. Denn hier spielen Emotionen eine sehr große Rolle. Die wirst du ihnen nicht sofort nehmen können. Aber es ist gut möglich, dass sie sich mit der Zeit mit der Situation anfreunden und deinen Freund auch mögen werden.

Du hast natürlich auch vollkommen recht: Es ist problematisch, dein Erlebnis mit dem afghanischen Jungen nur von dessen Kultur her zu beurteilen. Wir wissen nicht, mit welchem Frauenbild er aufgewachsen ist. Deswegen können wir auch nicht einschätzen, ob das, was er dir angetan hat - und antun wollte! - in seiner Erziehung begründet ist. Natürlich denken viele spontan: "Gewalt gegen Frauen, ah, Muslim - alles klar..." So einfach ist es aber nicht. Denn erstens hast du völlig Recht darin, dass eine Situation, wie du sie erlebt hast, auch in der westlichen Kultur häufig vorkommt. Es gibt nichts daran, was man nicht auch von Deutschen schon gehört hätte.

Was immer dieser Junge glaubt, sich gegenüber Frauen herausnehmen zu dürfen: Er ist sichtbar nicht so dumm, zu glauben, dass er das Maß aller Dinge ist. Zunächst einmal hat dieser Junge ja eine ganze Zeit lang mit dir freundschaftlichen Umgang gehabt, ohne dass du dich von ihm beleidigt oder gefährdet gefühlt hast. Er weiß also sehr wohl, sich gegenüber einem Mädchen in der Öffentlichkeit zu benehmen - wenn er will. Um dich zum Sex zu zwingen, hat er nicht etwa den Fußballplatz als Ort gewählt, nein. Er ist vielmehr mit dir auf sein Zimmer gegangen, hat gewartet, bis ihr allein wart, hat abgeschlossen und alles dicht gemacht - bevor er sich an dir vergreifen wollte. Dieses Verhalten zeigt, dass dieser Junge sehr wohl wusste, dass das, was er vorhatte, als Unrecht betrachtet wird und dass ihm Strafe droht. In deiner Schilderung klingt es ein wenig, als ob sein Onkel etwas davon gewusst hätte. Das muss aber nicht sein, denn vielleicht hat er zwar damit gerechnet, dass ihr euch küssen würdet o. Ä., und wollte euch diese Privatsphäre lassen.

Vergiss also nicht: Die Art und Weise, wie die Tat sich abgespielt hat, beweist, dass der Junge um das Falsche seines Tuns wusste, und dass er vermeiden wollte, dass jemand es mitbekommt. Auch hat er versucht, dich dadurch einzuschüchtern, dass er euch von der Umwelt abgeschottet hat. Dann wollte er dich überreden, drängen - als du nicht darauf eingingst, wurde er brutal. Du hast richtig gehandelt, ihm nicht nachzugeben. Sollte dir so etwas aber je wieder passieren, besser sofort schreien! Dennoch, der ganze Hergang zeigt dir, dass man nicht so einfach sagen kann, "Ja, so sind sie halt, die Muslime..." Denn wenn dieser Junge keine Vorstellung davon hätte, dass sein Verhalten strafbar ist und er dafür zur Rechenschaft gezogen werden kann, dann wäre die Sache anders abgelaufen. Selbst wenn jemand also ein sehr schlechtes Frauenbild hat, kann er sehr wohl wissen, dass das nicht für alle gilt. Es ist deswegen auch nicht unproblematisch, zu sagen, durch die Flüchtlinge habe sich die Sicherheitslage in Deutschland verschlechtert. Es stimmt zwar, dass von Flüchtlingen im Verhältnis zu ihrer Gesamtzahl mehr Sexualstraftaten ausgehen, als das bei Einheimischen der Fall ist. Dabei darf jedoch nicht vergessen werden, dass es deutlich mehr männliche Flüchtlinge gibt. Gerade junge Männer sind immer diejenige Bevölkerungsgruppe, von der die meisten Straftaten begangen werden. Wenn also der Anteil der jungen Männer bei den Flüchtlingen höher ist als bei der angestammten Bevölkerung, verwundert es nicht, dass auch der Anteil der Straftäter höher ist. Es gibt keinen Beweis dafür, dass die Eigenschaft "Muslim" oder die Herkunft "Araber" / "Afghane" es wahrscheinlicher machen, dass dieser Mensch kriminell wird. Egal, ob es nun um Diebstähle, um Vergewaltigungen oder um Drogen geht.

In deiner Beziehung zu Nour werden - wie in jeder Beziehung - Konflikte nicht ausbleiben. Diese können auch kulturell begründet sein. Es ist durchaus wichtig, dass du dir schon jetzt überlegst, wozu du aus Liebe bereit wärst. In der Tat ist Syrien ein Land, in dem das Rechtssystem in vielen Fragen Männer begünstigt, und wo von Männern auch erwartet wird, sich als "Beschützer" zu zeigen. Gleichzeitig, man muss das erwähnen, ist es unter den arabischen Ländern eines der fortschrittlichsten, wenn nicht das fortschrittlichste. Ich glaube dir absolut, wenn du sagst, dass du von deinem Freund keine Gewalt zu befürchten hast. Vergiss aber auch nicht, dass das nicht das einzige denkbare Problem darstellen kann. Wenn Nour dir bereits erzählt hat, wie das Leben der Frauen in seiner Familie ist, ob sie arbeiten gehen, welche Kleidung sie tragen etc., dann kannst du daran abschätzen, welche Dinge ihm möglicherweise schwer fallen könnten. Ich erwarte von niemandem, der aus einer Gesellschaft kommt, in der offen getragenes Haar eher die Ausnahme als die Regel ist, dass er sich damit leicht tut, es seiner Partnerin zu erlauben. Letztendlich aber muss er es akzeptieren - müsste er. Das Gleiche gilt für deine Freizeitgestaltung, für die Freunde, die du dir wählst, und für das Essen, das du zu dir nimmst. Ich möchte deinem Freund nichts unterstellen. Trotzdem sage ich dir, mit Blick auf die Zukunft: Der Mann an deiner Seite - ganz gleich, ob er Deutscher oder Syrer ist, Kathrin -, hat dir nichts vorzuschreiben. Er hat dir weder vorzuschreiben, mit wem du dich unterhältst, noch mit wem du dich triffst, noch was du isst, noch ob du Alkohol trinkst oder nicht, noch was du anziehst. Es ist normal und verständlich, dass man manche Dinge, die der Partner oder die Partnerin tut, nicht gutheißt und darüber besorgt oder gar verärgert ist. Dann müssen diese Dinge aber im Gespräch geklärt werden, jeder muss seinen Standpunkt klar machen und entscheiden, ob er auf die Wünsche des Anderen eingehen kann. Falls man das nicht will, ist eine Trennung manchmal die bessere Lösung.

Als Faustregel kannst du dir merken: Du solltest nie etwas für deinen Freund tun, das er selbst nicht auch zu tun bereit ist. Das gilt für alle Lebensbereiche. Da dies ein freies Land ist, steht es jedem zu, sich auch nach den Regeln einer anderen Kultur zu richten, sofern er damit anderen nicht schadet. Aber es gibt Grenzen - und in deiner Beziehung ist es an dir, diese Grenzen klarzumachen. Konflikte werden nicht ausbleiben - es gibt in jeder Beziehung Konflikte. Du handelst richtig, wenn du dir sagst, dass es nicht immer nur an der Kultur liegen kann. Doch nimm das auch nicht zum Anlass, dich in etwas zu fügen, das dir nicht angenehm ist.

Hinsichtlich der Frage, wie du deinen Eltern deine Beziehung nahebringen kannst, gibt es zwar keine Patentlösung. Aber ich glaube, dass es das Beste sein wird, wenn du diese Aufgabe nicht allein übernimmst, sondern Nour von Anfang an miteinbeziehst. Bring ihn mit zu euch, damit ihr euren Eltern gemeinsam erklären könnt, wie es um euch steht. Es wird sie vielleicht nicht ganz beruhigen, aber immerhin positiver stimmen, wenn auch er ihnen über dich sagt, dass er dich liebt und mit dir zusammen sein möchte. Jede mögliche Art, wie du es ihnen alleine erklärst, hat hingegen einen Schönheitsfehler: Sie setzt voraus, dass du selbst die Verantwortung für etwas auf dich nimmst, was euch beide betrifft. Dadurch kann indirekt das Voruteil vom arabischen Mann, der sich zurücklehnt und dominiert, bei deinen Eltern bestätigt werden. Ich weiß, dass das für dich nicht angenehm sein wird - aber sucht nach einer Gelegenheit, es deinen Eltern (und seinen!) als Paar zu sagen. Ihr müsst nicht viele Worte machen, aber ihnen sollte zweierlei klar sein: Erstens, dass dies eure Beziehung ist und ihr euch darin nicht nach Vorschriften von außen richten werdet (das geht eher an seine Eltern), und zweitens, dass ihr einander liebt und bereit seid, Verantwortung füreinander zu übernehmen (das geht eher an deine).

Darüber hinaus kann es dir helfen, wenn du - auch wenn das sicher nicht angenehm ist, das verstehe ich - deine Eltern von dir aus in Kenntnis setzt, was ihr unternehmt und wo ihr seid, wenn du dich mit Nour triffst. Ihre größte Angst im Moment besteht darin, dass sie die Kontrolle verlieren und dass dir etwas zustoßen könnte, was sie hätten verhindern können, wenn sie strenger wären. Dadurch geraten sie in einen Zwiespalt, da sie einerseits ihren guten Draht zu dir nicht verlieren wollen, andererseits aber den Wunsch (und auch die Pflicht) haben, für deine Sicherheit zu sorgen. Wenn du ihnen vermittelst, dass du die Kontrolle über die Situation hast und dass keine Gefahren drohen, die man vermeiden könnte, wird es ihnen aber helfen, sich damit anzufreunden.

Ich kann dir letztlich keinen genauen Rat geben, wie es am besten ist. Du kennst deine Eltern besser als ich. Und leider kann ich dir somit auch keine Garantie geben, dass mein Rat funktioniert. Ich glaube aber, dass sie es zu schätzen wissen werden, wenn ihr auf diese Weise signalisiert, dass es euch ernst ist.

Ich wünsche dir auf alle Fälle alles Gute und hoffe, dass deine Eltern eure Beziehung akzeptieren werden. Du kannst ihnen ihre Angst nicht völlig nehmen, aber du kannst etwas tun, um sie offener zu stimmen. Und dazu gehört, dass du die Dinge selbst offen anpackst und deinen Freund einbeziehst. Ich glaube sogar, dass sie das möglicherweise von dir erwarten. Durch Verschweigen wird die ganze Sache nicht besser, sondern schwieriger. Noch hast du es in der Hand.

Alles Gute und Liebe Grüße,

Paul