Problem von Anonym - 28 Jahre

Ohne Hoffnung auf eine Beziehung

Ein freundliches Hallo erstmal an all jene, die sich jetzt durch folgenden
Text quälen wollen.

Leicht fällt es mir nicht darüber zu schreiben, aber ich hatte noch nie eine Freundin. Das schließt das ganze Spektrum was man allgemein hin damit verbindet mit ein: Kein Kuss, keine Umarmung, kein Austausch von Zärtlichkeiten und natürlich auch kein Sex. Das alles sind Dinge die mir vollkommen fremd scheinen und mittlerweile auch unerreichbar. Nach all den Jahren leide ich massiv unter diesen Gedanken, auch wenn ich es nicht anders kenne. Trotzdem beeinträchtig mich das in meinem, sowieso schon, spärlichen Alltagsleben. Ich finde kaum noch die Kraft, Dinge zu tun die wichtig sind wie z.B. Bewerbungen schreiben (z.Zt. leider Arbeitslos). Aber selbst die einfachsten Dinge sind zu einem Kraftakt geworden, den ich mich manchmal nicht stellen kann/will. Es kostet mich, so lächerlich es klingen mag, größte Überwindung diese Dinge zu erledigen, weil ich nur noch von einem Gedanken beherrscht werde: ?Wozu? Du hast versagt!? Dann betrinke ich mich alleine und manchmal betreibe ich das was man allgemein hin als ?Ritzen? bezeichnet, in meinem Fall nenne ich es ?Selbstzerfleischung?. Ziemlich theatralisch, ich weiß, sorry! That?s me! Aber alleine der Gedanke das Menschen, die halb so alt sind wie ich, mehr Erfahrung vorzuweisen haben, lässt mich an meine eigene geistige Entwicklung zweifeln. Das kann nicht Normal sein!?! Und ist es auch nicht!! Ergo: Bin ich Normal?

Vielleicht sollte ich auch etwas über meine Person sagen, wobei ich mich hier nur auf die Aussagen Anderer stützen möchte. Vom Aussehen her habe ich bisher von (angeblich) ?sehr gut? bis ?nicht mein Fall, aber?Freunde?Blabla?? alles gehört. Intelligent, sehr Humorvoll (hab ich nie aufgegeben), nett, freundlich, hilfsbereit, kreativ (ich zeichnete gerne, aber selbst das klappt nicht mehr). Allerdings auch: Pessimistisch, introvertiert, aggressiv, Volldepp?alles durch. Fremdeinschätzungen die bis hierher nicht verkehrt und auch sicher nicht ungewöhnlich sind. Wobei kaum jemand mein Geheimnis weiß. Selbst meine Mutter nicht, hört sich verrückt an, ist aber so. Gerade eine handvoll Leute wissen davon, weil es mir so peinlich ist. Wo ich herkomme, steht man alleine mit diesem Problem da.

Was ich mich frage ist nur: Wie soll es weiter gehen? Wo die Kraft hernehmen? Wie bringe ich diese alptraumhaften Gedanken aus meinem Schädel, die mich vollkommen eingenommen hat? Wo ich mir doch nur etwas wünsche was für alle anderen vollkommen Normal ist!?!
Eine Therapie kommt für mich nicht in Frage. Ich weiß nicht, aber so was würde ich nie machen. Ich denke auch nicht dass einem das wirklich helfen kann. Zumindest nicht in diesem, für die Meisten, lächerlichen Fall. Dass sich das Problem auf konventionelle Art und Weise löst, kann man in meinem Alter vergessen. Welche Frau sollte schon an einem 28jährigen, unerfahrenen Kerl interessiert sein?
Oder gibt es doch noch Hoffnung? Gehe ich zu hart ins Gericht mit mir selbst und/oder den Anderen? Kann auch ich noch sowas wie Liebe entdecken?
Was soll ich machen? Ich kann so nicht weiter!
Danke im Voraus für die Mühe!

Ciao

Maria Anwort von Maria

Grüß dich!

Meiner Meinung nach gehst du viel zu hart mit dir ins Gericht und ich glaube, dass es sehr wohl noch Hoffnung für dich gibt. Ich kann sehr gut verstehen, dass es ab einem gewissen Alter sehr frustrierend sein muss, das Gefühl zu bekommen, dass jeder schon alles ausprobiert und erlebt hat, nur man selbst steht außen vor. Was ich nicht so gut verstehen kann ist die enorme Bedeutung, die du all diesen Dingen zumisst. Wieso hast du dich so daran festgebissen? Ich will damit nicht sagen, dass ich dein Problem lächerlich finde, ganz im Gegenteil. Aber was hat es bitteschön mit der geistigen Entwicklung zu tun, ob jemand schon sexuelle Erfahrungen hatte oder nicht? Du wirkst auf mich wie ein intelligenter, wortgewandter Mann, der mit seinem Leben einfach nicht zufrieden ist. Der vielleicht einfach nur mit sich selber nicht zufrieden ist?? Liebe kann und sollte man nicht erzwingen wollen, sie ist auch keine Frage des Alters. Sie kommt, wenn du bereit dafür bist. Wirklich bereit. Vielleicht musst du erst noch lernen, dir selbst zu genügen? Bitte hör auf zu denken, dass du "versagt hast"! Das ist völliger Schwachsinn. Liebe, Zärtlichkeit, sexuelle Erfahrungen, das sind Dinge die kann man sich nicht erarbeiten und sie haben auch nichts mit Leistung zu tun. Diese Dinge passieren einfach, dem einen früher, dem anderen später. Ich würde dir gerne etwas erzählen, vielleicht hilft dir das ein wenig. Eine Person, die mir sehr nahe steht, hat ihre erste Beziehung mit 33 gehabt. Sie sagte zu mir, sie hätte nichts falsch gemacht. In jungen Jahren hat sie ihr Leben frei und ungebunden genossen, auch wenn es für sie manchmal traurig war zu sehen, dass ihre Bekannten Partner hatten oder gar Familien gründeten. Und eben mit 33 schließlich ist auch ihr dieser eine besondere Mensch über den Weg gelaufen. Was ist schon normal? Klar, die meisten Leute haben mit 28 schon sexuelle/Beziehungserfahrungen gesammelt, aber was ist so schlimm daran, wenn es bei dir nunmal etwas anders ist? Verstehst du, dass du darunter leidest ist eine Sache, aber ob du nun der Norm entsprichst oder nicht, warum interessiert dich das? Darüberhinaus glaube ich nochnichtmals, dass es wirklich so wenige sind, die ähnliche Erfahrungen wie du gemacht haben. Vielleicht siehst du dich da unterbewusst durch die Augen der anderen und vermutest, DIE ANDEREN würden dich für einen Versager halten. Ich kann dazu nur sagen, dass mir die Menschen sehr leid tun, die sich darüber definieren, wieviele sexuelle Erfahrungen sie haben oder die ihren Selbstwert davon abhängig machen, ob sie nun einen Partner haben oder nicht. Du solltest nicht so denken oder deinen Wert daran messen. Sich selbst ständig mit anderen zu vergleichen ist sowieso der beste Weg, um sich unglücklich zu machen.
Konzentriere dich doch erstmal wieder auf dich und auf dein Leben. Ich glaube dir, dass es hart ist, wenn man gewisse Dinge nunmal vermisst, aber du kannst dich zumindest ablenken. Du sagst, du hättest früher eine andere Einstellung gehabt, dass dir nichts fehlen könnte, was du noch gar nicht kennst. Wieso ist dir diese Einstellung abhanden gekommen? Kann es sein, dass du deine sonstige Unzufriedenheit (Arbeitslosigkeit etc) einfach auf das Fehlen einer Partnerin projezierst? Das bringt dich kein Stück weiter, ich denke, das hast du selbst erkannt, im Gegenteil, es lähmt und hindert dich daran, dich den Aufgaben des Alltags zu stellen.
Du schreibst, du hättest Freunde, die dich zudem sehr positiv einschätzen. Das zeigt mir, dass du auch durchaus über soziale Kompetenzen verfügst und eigentlich hört sich das nach einer Person an, die Frauen anziehend finden müssten. Nur deine Unzufriedenheit und deine Fixiertheit auf diesen Partnerschaftsgedanken, das ist nicht anziehend. Ich glaube, dass andere Menschen sowas sehr wohl spüren und je nach dem beeinflusst das unsere Wirkung auf das andere Geschlecht positiv oder eben negativ. Zu deiner Vermutung, Frauen könnten mit einem 28jährigen, unerfahrenen Typen nichts anfangen kann ich nur sagen, was glaubst du, wer besser ankommt? Du oder ein Kerl der mit Ende 20 schon mit 40 Frauen in der Kiste war!? Also ich persönlich würde ganz klar bei letzterem "Nein, danke!" sagen und nicht bei dir. Wenn eine Frau wirklich Interesse an dir hat, wird sie sich davon auf gar keinen Fall abschrecken lassen, im Gegenteil, vielleicht findet sie das sogar anziehend und sympathisch. Das Gefühl zu haben, die/der erste für jemanden zu sein, kann einer Liebe nochmal eine ganz spezielle, romantische Note geben. Wenn du deiner Unerfahrenheit nicht länger negative Gefühle entgegenbringst, sondern offensiv mit ihr umgehst, dazu stehst und dann die Chance bekommst zu erkennen, dass die Frauen beiweitem nicht mal annähernd so negativ darauf reagieren, wie du es vermutest, wirkst du auch ganz anders, viel anziehender und offener. Verkrampftheit lockt eben keinen an.
Ich hoffe, meine Worte sind eine kleine Hilfe für dich.

Alles Gute,
Maria