Problem von Anonym - 20 Jahre

Schläge vom Bruder

Liebes Kummerkasten Team,

ich versuch euch ma zu beschreiben was ich im moment grad alles durch mache, was mich bedrückt und verzweifeln lässt.

Ich bin 20 Jahre alt und lebe in einer muslimischen Familie. Ich führe seid längerem (natürlich heimlich) eine Beziehung. Mein Freund lebt in Krefeld. Wenn ich ihn sehe, habe ich meinen eltern einen vorgelogen und ihnen erzählt das ich auf einer Schulung oder Messe bin übers Wochenende. Bisher hat das geklappt.

Nun lebt mein Bruder wieder bei uns im Elternhause. Er hatte Verträge gemacht auf meinem Namen, wovon ich nix wusste. Die ich natürlich direkt abmeldete... auch wenn es mein Gutes Recht ist so zu handeln, habe ich von ihm übel schläge bekommen. ICh hatte ne gebrochene Nase und ein blaues Auge...... naja an die schläge gewöhnt man sich wirklich nach ner Zeit! Es war bei weitem nicht das erste mal!!

Ich bin zur Zeit in der Ausbildung zur Verkäuferin und habe nun von meiner Ausbilderin das Angebot bekommen, das dritte Lehrjahr zur Einzelhandelskauffrau zu machen, welches ich auch sehr gerne machen würde! Aber ich weiß nicht ob ich das zu hause noch durchhalte bis August 2007! ICh möchte die Ausbildung später nicht abbrechen müssen nur weil ich zu Haus nicht mehr klar komme und abgehauen bin!!

Ich war 2002 schon einmal abgehauen.. war dann aber nach 4 monaten nach hause zurückgekehrt da ich wirklich nichts hatte. Keine Klamotten, kein Führerschein, keine Ausbildung .... und so wollte ich nicht leben. Hilfe und Unterstützung habe ich zwar vom Jugendamt etc bekommen..... aber es ist echt arm so leben zu müssen!!

Ich habe keine Angst vor meinem Bruder. Er hat zwar schon des öfteren gedroht mich umzubringen aber das traue ich ihm nicht zu auch wenn er meinem anderen Bruder schon ma ein Messer ins Bein gerammt hat usw.. Also mein Vater saß daneben wie er mir das letzte mal ein paar gedonnert hatte. Das Blut spritzte nur so.. doch er saß nur da... Hilfe kann ich von niemandem aus der Familie erwarten. Meinem Freund will ich gar nicht mehr erzählen was so abgeht bei uns, aus angst das er schluss macht. Er erträgt das selber nicht.
Ich weiß nicht wie ich mein Leben weiterleben soll. Ich habe meinen Eltern zwar erzählt das ich ausziehen werde in Zukunft aber die sind damit nicht einverstanden.. Sie würden mich überall suchen. damals wie ich einfach abgehauen bin hat mein Vater geschworen das er mich umbringt wenn ich es wieder tue....

So hat doch kein Leben einen Sinn. Ich will einfach nur ein ruhiges Leben! Ich hasse unsere Mentalitäten und Sitten und Bräuche! Vorallem merke ich das ich nen totalen seelischen Zusammenbruch erleide.

Ich weiß das ich eigentlich ein starkes Mädchen bin, das viel gelitten und durchlebt hat, aber ich kann nicht mehr. Zum ersten mal in meinm Leben denke ich an Selbstmord..obwohl ich weiß das es falsch wäre.

Nur sehr wenige wissen etwas über mein Leben. Ich erzähle es natürlich nicht da es mir peinlich ist, was bei uns zu Hause los ist!

ICh wäre dankbar wenn ihr mir ratschläge geben könntet wie ich weitermachen kann.. denn ich weiß es nicht. cih will so gern was aus meinem Leben machen NUR WIE

eine Antwort würde mich wirklich sehr freuen

ganz lieben gruß

y

Dana Anwort von Dana

Grüße Dich!

Deine Mail geht mir richtig nahe. Eine andere Frau, die wohl einmal in einer ähnlichen Situation war, schrieb uns bzw. den Leserinnen:

"Ansonsten kann ich nur wiederholen, dass es wichtig ist, sein Leben selbst in die Hand zu nehmen. Es ist wirklich sehr hart, was man durchmacht, aber die Freiheit, die man erlangt und die Liebe, die einem widerfährt, ist das wunderbarste auf der Welt!!

Kämpft Mädels! Man lebt nur einmal! Auch wir haben ein Recht auf ein erfülltes Leben, in jeder Hinsicht!"

Ich habe das einfach mal in meine Antwort hereinkopiert.

Ich kann mich nur bedingt in Deine Lage hineinversetzen. Möchtest Du einen kompletten Strich ziehen? Du würdest für eine eigene Wohnung auch Unterstützung vom Staat bekommen. Aber das ist nur die finanzielle Seite. Wie groß ist die Angst? Und wie sähe die Realität aus?

Machst Du Deine Ausbildung in einer Kette? Und besteht die Möglichkeit, das letzte Jahr in einer anderen Stadt zu machen? So würde es für Deine Familie kein Abhauen sein, sondern berufsbedingt. Könnte das funktionieren? Besprich es doch dann einmal mit Deiner Ausbilderin und vielleicht bringst Du ihr das Vertrauen entgegen, auch über die Gründe zu sprechen.

Dass Du Dein Leben heute fast unerträglich findest, kann ich ein Stück nachvollziehen - aber nimm Dir bitte nicht jede Chance auf Glück. Denn das bedeutet Selbstmord. Das wäre auch eine Flucht - allerdings ohne Aussicht auf Besserung. Tu es nicht.

Weißt Du, was mich am meisten betroffen gemacht hat? Der Satz 'an die Schläge gewöhnt man sich, das ist nicht das schlimmste'. Das macht das Leiden, die Angst, die Verzweifelung so deutlich. Ich habe in meinem Leben keine Schläge erfahren, von niemanden. Und für mich ist das schon der Gipfel an Respektlosigkeit und Gefühlskälte. Wie gut es mir doch geht...

Zu schämen brauchst Du Dich für gar nichts. Du bist es nicht, die sich falsch verhält. Schläge und Unterdrückung sollten in keiner Kultur zu Hause sein.

Ich habe auch nach Hilfsorganisationen gegooglet und gerade auch mit jemanden telefoniert. Organisationen, wie ich sich suchte, gibt es wohl nicht, jedenfalls ist das mein Stand der Dinge. Aber Du kannst Dich an ein Frauenhaus wenden. Wenn sie es nicht ganz auffangen können, dann wissen sie, an wen Du Dich wenden kannst und solltest. Ich hätte Dir gerne besser weitergeholten und Dir direkt eine Stelle genannt.

Frauenhäuser halten sich bedeckt und doch gibt es sie in jeder Stadt. Polizeidienststellen haben die Telefonnummern. Du musst keine Anzeige erstatten, nicht Deinen Namen nennen - sondern bekommst nur eine Telefonnummer.

Ich kann Dir nur raten, Dich zu wehren, indem Du gehst, ausziehst, Dein Leben lebst, wie Du es möchtest. Nimm dazu ruhig Hilfe in Anspruch. Es gibt wirklich nichts, wessen Du Dich schämen solltest. Den Weg gehen, musst Du selbst. Ich fürchte, einen anderen Weg gibt es nicht. Du wirst Deine Eltern und Deinen Bruder nicht ändern können, aber Dein Leben, das kannst Du ändern.

Ich wünsche Dir Kraft und Stärke!