Problem von Anonym - 26 Jahre

Lebenskrise, die nicht enden will

Hallo liebes Kuka-Team,

ich bin etwas verunsichert Euch zu schreiben, weil ich mir damit eingestehen muss, dass ich wohl wirklich keinen Rat mehr weiss. Ich habe im Augenblick das Gefühl, dass meine Welt untergeht ohne mich zu fragen.

Ich fange einfach mal von vorne an:

Alles begann vor sechs Jahren (2000). Bis dahin führte ich ein mehr oder weniger sorgenfreies Leben. Ich habe damals seit zwei, drei Jahren alleine gewohnt, bin neu nach München gezogen, um mein Abitur nachzuholen und mein neu gewonnenes Leben und neue Liebe zu genießen (Manuel). Meine Beziehung war toll und alles schien sorgenfrei zulaufen. Bis ich eines Abends einen Anruf von meiner Mutter erhielt (meine Eltern sind geschieden). Sie unterbreitete mir, dass sie beim Arzt gewesen sei und er Brustkrebs festgestellt hatte.

Sie spielte alles ziemlich herunter und ich solle mir keine Sorgen machen. Natürlich machte ich mir ab diesem Zeitpunkt Sorgen, doch sie schien das alles ganz gut zu meistern und es viel mir auch leichter ihren Optimismus für mich anzunehmen. Ab diesem Zeitpunkt war auch plötzlich mein Vater wieder mit im Boot (bis dato hatte ich ihn 7 Jahre nicht gesehen). Sie hatte sich ihn als behandelnden Hausarzt ausgesucht. Weiß der Geier warum!!!
Ein halbes Jahr (2001) verging und sie schien sich gut von OP und Bestrahlung zu erholen. Wenn ich sie zu Hause besuchte, machte sie auch immer einen guten Eindruck. Hin und wieder rief mich auch mein Vater an, um mich immer mal wieder auf den neuesten Stand zu bringen, was ihre Gesundheit betraf.

Plötzlich ging alles ganz schnell.
Von einem Tag auf den anderen (2001/2002) klagte sie über Magenschmerzen und lief gelb an. Es stellte sich heraus, dass sie an einem Pankriaskarzinom erkrankt war, der in Leber und Lunge gestreut hatte. Der Anfang vom Ende begann.
Nach langem hin und her kam sie zu der Entscheidung, dass sie sich wohler fühlen würde, wenn mein Vater als Arzt wieder bei ihr einziehen würde und somit direkt vor Ort sein könnte, wenn mal was passieren sollte. Doch dieser stellte sich als sehr unfähig heraus.

Mittlerweile war ich nach Karlsruhe zum studieren gezogen und immer noch glücklich mit Manuel zusammen. Ich beriet mich mit ihm und er bot mir seine Unterstützung an, wenn ich mich dazu entschloss zu meiner Mutter zu gehen, um sie bis zu ihrem Tod zu pflegen und zu begleiten.
Ich unterbrach also mein Studium und ging für drei Monate nach Hause. Dort stellte sich heraus, dass mein Vater mehr mit Trinken als mit der medizinischen Pflege meiner Mutter beschäftigt war. Ich versuchte das alles so gut es ging alleine auf die Beine zu stellen. Letzendlich war es dann so, dass es meiner Mutter immer schlechter ging und mein Vater, aufgrund der psychischen Belastung auch immer weiter abbaute. Im März 2003 verstarb meine Mutter dann an ihrem Krebsleiden.

Wie sich zeitgleich herausstellte, ging die Praxis meines Vaters den Bach runter und er war Pleite, konnte also die Wohnung meiner Mutter nicht halten. Da er selbst, aufgrund seiner Trinkerei und Depression, nicht in der Lage war, musste ich recht schnell seine Praxis verkaufen und eine kleine Ein-Zimmer-Wohnung für ihn organisieren. Die Beziehung zu Manuel ging durch den ganzen Stress und die Belastung auch zu Ende und ich stand so ziemlich alleine da.
Als die ersten organisatorischen Angelegenheiten erledigt waren, blieb ich noch für ca. ein halbes Jahr zu Hause und flüchtete mich in Nachtleben. Dort lernet ich die Liebe meines Lebens (Michael) kennen. Es schien so, dass es wieder bergauf gehen würde. Mein Vater war untergebracht in einer kleinen Wohnung, meinStudium hatte wieder angefangen und jedes Wochenende furhr ich zur Erholung zu Michael und konnte nebenzu auch immer noch meinen Vater besuchen (mehr oder weniger um mein Gewissen zu beruihgen). 1Jahr verging, bis ich feststellte, dass Michael ebenfalls ein Trink- und Drogenproblem hatte. Er bat mich ihn zu unterstützen, um dem ganzen eine Ende zu setzen. Wir verlebten eine anstrengende aber auch sehr intensive und schöne Zeit. Ich hätte alles für ihn getan. Vier Monate hatte er es geschafft sauber zu bleiben.

Dann bekam ich eines abends einen Anruf (Herbst 2005) von Michael, dass er wieder rückfällig geworden wäre, festgestellt habe, dass ihm sein Party-Leben fehlt und somit die Beziehung beenden will. Das kam völlig unverhofft und ich konnte damit nicht umgehen. Das alles setzte mir psychisch wie auch physisch so sehr zu, dass ich plötzlich immer wieder umfiel und ständig krank war. Ich bin zu einem Arzt gegangen und es hatte sich dann auf jeden Fall herausgestellt, dass ich schwanger von ihm bin. Mit der Tatsache, dass er wieder rückfällig geworden war, nicht mehr mit mir sprach und Treffen blockte, traf ich alleine die Entscheidung, einen Abbruch vornehmen zu lassen. Michael wusste weder von der Schwangerschaft, noch von dem Abbruch. Drei Monate sprach ich mit niemandem darüber bis ich es nicht mehr aushielt. Ich fuhr zu einer Freundin und schüttete dort mein Herz aus. Ohne mein Wissen, rief ihr Lebensgefährte bei Michael an und erzählte ihm ohne Vorwarnung und mein Wissen von dem Abbruch. Bei Michael brannten daraufhin die Sicherungen durch, er schüttete sich zu und vermöbelte einen Freund. Ich war entsetzt.

Einige Zeit später trafen wir uns zu einem Gespräch. Allerdings war da nicht mehr viel von ihm zu erwarten. Er fühlte sich nicht wirklich betroffen, fand es aber schrecklich, dass wir keinen Kontakt mehr hatten. Daraufhin kam es zu einer klassischen on-off-Bettgeschichte in die ich wohl mehr reininterprtierte wie er. Ich suchte Halt und seine Nähe und wollte einfach nicht alleine sein. Und von ihm los gekommen bin ich natürlich auch nicht, das ganze lies sich wunderbar gut reden. Ständig haben mir alle gesagt, wie sehr er mir schaden würde und ich wollte es nicht glauben.

Naja, auf jeden Fall habe ich es jetzt aufgrund einiger Zwischenfälle jetzt begriffen und wir haben seit ca. sechs Wochen keinen Kontakt mehr. Ich weiß nicht, ob es mir damit besser geht. In Karlsruhe fühle ich mich sehr alleine, da alle meine Freunde mitlerweile wo anders hingezogen sind. Ich verbringe somit sehr viel Zeit zu Hause und denke viel nach. Das macht mich alles sehr traurig und ich habe das Gefühl, dass ich aus diesem Sog nicht mehr raus komme. Mein Vater ist mittlerweile mit einer Demenzerkrankung in einem Seniorenheim und auch kein Ansprechpartner mehr für mich. Zudem sind auch gerade die Finanzen ziemlich knapp und irgenwelche großen Sprünge fallen flach.
Eine Gesprächstherapie habe ich auch schon hinter mir, die leider nicht viel gebracht hat.

Ihr kennt mich nicht, und ich weiß auch nicht, ob man per Ferndiagnose bei solch einer Komplexität von Schiksalsschlägen wirklich helfen kann. Aber vielleicht habt ihr ja einen Tipp.
Vielen Dank für Eure Antwort schon im Vorraus.

Tina

Dana Anwort von Dana

Grüße Dich!

Wir sind hier alle nicht vom Fach und können nur unsere eigene Erfahrungsschatzkiste öffnen und daraus schöpfen. 'Diagnosen' und 'Therapien' haben wir darin nicht.

Es ist eine Menge, was Du zu verarbeiten und 'wegzustecken' hast. Der Tod Deiner Mutter, der sicher nicht einfach war. Jemanden bis zum Tode pflegen, ist eine Aufgabe, die auch viel in einem selbst verändert. Dein Vater, für den Du in den letzen Jahren mehr geben musstest, als Du bekommen hast. Du warst Haltgeber und nicht Schutzsuchende. Die Trennung von Manuel, die irgendwie mit all dem zusammenhängt. Und letztendlich Michael, der Dich auf eine Art fesselte, obwohl er nicht gut tat.

Und jetzt? Jetzt liegt das hinter Dir. Natürlich nimmt man immer einen Teil mit - aber dennoch ist es hinter Dir. Du hast eine neue Aufgabe: Dich. Wenn man sich lange um andere kümmert, deren Welten retten will, rückt die eigene immer mehr in den Hintergrund und dann und wann ist es sogar so, dass sich ein Loch auftut, wenn die Aufgabe getan ist.

Jetzt gilt es wohl, Dich selbst wiederzufinden, wieder für Dich zu sorgen, zu schauen, was Dir gut tut. Oft erscheint das schwieriger als das Dasein für andere. Denn die eigenen inneren Wünsche und Bedürfnisse erkennt man manchmal nicht so leicht. Gehe auf die innere Erkundungstour: Was möchtest Du von Deinem Leben? Beginne, für Dich Ziele zu setzen und die dann zu verfolgen.

Alles Gute!
Dana