Problem von Rainer - 37 Jahre

Freundin hat Problem mit Nähe

Hallo,
ich melde mich, da ich in einer ganz besch... Lage bin.
Seit fast 2 Jahren habe ich eine Freudin, die schon 2 pubertierende Kinder hat.
Wir wohnen ca. 2 Autostd. auseinander und konnten uns fast nur am WE sehen oder in den Ferien.
Nach anfäglich monatelangen, extremen Liebesbekundungen, sowohl verbal als auch körperlich, und unglaublicher Sehnsucht beidseits standen dann nach ca. 1,5 Jahren berufliche Entscheidungen an, die uns in einem gemeinsamen Ort hätten zusammenbringen können.Ab dem Moment hat sie sich maximal zurückgezogen, sie hätte Angst vor mir, vor Nähe, wäre unfähig, in die Zukunft zu schauen.Wollte nur noch telefonieren, keine Treffen mehr.Aber sie würde mich immer noch über alles lieben.Ich konnte das Verhalten nicht verstehen, zumal es so plötzlich ins Gegenteil umgeschlagen ist.Über Monate geht das jetzt schon. Manchmal Meinungsänderungen von einer Stunde auf die andere.Planen (auch manchmal nur das nächste Wochenende) geht fast gar nicht mehr.Wenn wir uns sehen, ist es immer superschön und kuschelig,schlägt dann aber oft plötzlich ins Gegenteil um und sie fährt unter Tränen weg.Sie sagt, dass sie wie in einer Blackbox sitzt, wenn es darum geht,über unsere Zukunft nachzudenken.Sie hätte diffuse Ängste,Depressionen,Zweifel(woran?), Unsicherheiten.Wenn ich mich zurückziehe, dreht sie fast durch, ist traurig.Komme ich, dann geht sie auf Abstand.Sie sagt immer noch, sie würde mich lieben wie noch nie einen anderen.
Anamnestisch gibt es eine Scheidunh ihrer Elern, als sie 15 war, die ihr wohl einen sehr großen Knaks gegeben hat. Danach Ehe, 2 Kinder, Scheidung, danach 8-jährige Beziehung und Trennung. 1,5 Jahre danach haben wir uns kennen und sofort lieben gelernt.Mich macht das fertig, da ich sie über alles liebe und ihr auch noch nie was Böses angetan habe, sondern immer positiv zugeredet habe. Aber langsam kann ich nicht mehr.
Gestern hat sie nach einer Diskussion, in der es mal wieder um Zukunft (Wochenenden, Urlaub im nächsten Monat...) ging, frustriert gesagt, dass sie am Ende wäre, nicht mehr könne, Schluß mache, obwohl sie mich noch über alles lieben würde.Hätte keine Energie mehr, obwohl sie alles andere in ihrem Leben (Job als Ärztin, Kinder, Sport, Freunde) souverän erledigt.Nur wenn es um unsere Beziehung geht,sagt sie immer, dass sie keine Energie mehr hätte:
Trennung am Sonntag, Wiedersehen am Freitag,verbunden mit Verlust, Sehnsucht,Freude auf Wiedersehen etc.; all das würde sie fertig machen. Aber mein Vorschlag, dass ich zu ihr ziehe, ist für sie aus nichterklärbaren Gründen auch nicht zu realisieren.
Langsam werde ich auch neben totalem Frust und Liebeskummer ziemlich sauer.
Gibt es Tipps?
Würde mich freuen,
rainer

Anwort von Michaela

Hallo Rainer,

das ewige Hin und Her, das du beschreibst, würde mir auch auf die Nerven gehen! Und ich würde wahrscheinlich auch ganz schön sauer werden. Aus der Ferne Tipps zu geben ist nicht so einfach, da man bei einem Beziehungsproblem mehr wissen müsste - aber vielleicht kriegen wir ja trotzdem was hin:
Während ich deine E-Mail lese, habe ich das Gefühl, dass du sie ganz oft und ganz viel aufgefangen hast. Bei ihr warst, für sie da warst, und dabei ein wenig - hm - eingefroren bist. Du schreibst viel über sie: Scheidung der Eltern, gescheiterte Beziehung usw. Dabei würde ich mich noch mehr für dich interessieren. Was waren deine Impulse? Was hast du für Wünsche in die Beziehung hineingebracht? Und wie hast du deine Ansprüche angemeldet? Oder - und das vermute ich fast - sind ihre Gedanken, Probleme, Gefühle, prägend für eure Beziehung? Dadurch, dass sie so im Vordergrund stehen - mal angenommen! - bestimmen sie natürlich auch alles, verstärken die negativen Aspekte und lassen sie evtl. für deine Freundin unerträglich werden. Kann man da gegensteuern?
Versteh mich nicht falsch. Ich will nicht sagen, dass du etwas falsch gemacht hast, im Gegenteil! Du warst bestimmt ganz viel für sie da, hast ihr Schicksal betrachtet, es mit ihr zusammen getragen, und dich dabei vor lauter Liebe vergessen. Sowas kommt öfter vor, als man denkt. Und ist somit "normal".

Was kannst du tun? Vielleicht hilft dir eine Paarberatung. Dort kannst du erst einmal auch alleine hingehen und klären, wie und ob du diese Beziehung weiterführen willst. DAs ist ganz wichtig, damit du mit dir auch ins Reine kommst und dich "wiederfindest". DAmit kannst du einen Gegenpol zu all dem Gefühlswust deiner Freundin bilden - und da rauskommen (was indirekt auch deine Freundin stärken kann). Es ist ganz wichtig, dass du konsequent dein Ziel verfolgst, und dass das Hin und Her aufhört. Das ist in meinen Augen nämlich das Schlimmste an der ganzen Sache: Ihr liebt euch, aber ihr seid wie die sprichwörtlichen Königskinder, die nicht zueinander kommen. Ihre Erfahrungen in ihrer Ursprungsfamilie in Ehren - aber man kann auch glücklich werden, wenn man geschiedene Eltern hat. Es ist eine Frage des Loslassens. Weiterhin drängt sich bei mir der Gedanke auf, dass die Scheidung der Eltern deiner Freundin sie so sehr geprägt hat, dass sie sie evtl. versucht, "nachzuvollziehen", um dem Schmerz damit zu begegnen? Das ist kein Vorwurf, sondern eine durchaus übliche Abwehrreaktion: Man tut, was man gelernt hat, you live what you´ve learnt (wie Linkin Park so schön singen).

Denk noch mal in Ruhe darüber nach, such dir professionelle Hilfe vor Ort und finde deinen eigenen Stil - das wird letztlich euch beiden helfen.

Viele Grüße,

Michaela