Soforthilfe von Nadine und Michaela

Lesbisch trotz Ehemann? Bericht einer Betroffenen

Ich, 25, habe einen Mann, ein Kind und - einen Liebhaber. Das Besondere daran ist, dass dieser Liebhaber weiblich ist und meine beste Freundin. Man könnte sagen, dass ich lesbisch liebe.
Alles begann damit, dass wir uns kennen lernten, zusammen studierten, uns zerstritten, uns wiedertrafen - und dieses Gefühl, das sich durch den Streit so schmerzlich davon gemacht hatte, stellte sich sofort wieder ein. Wir dachten, wir hätten eine \"Arbeitsbeziehung\", die jedoch bisher nicht besonders fruchtbar war. Statt dessen fand ich heraus, dass man mit ihr tierischen Spaß hat, wenn ich mich auf sie einlasse - und dass es eben auch die Schmetterlinge im Bauch gibt, die doch eigentlich gar nicht dahin gehörten...

Aber vielleicht ja doch? Die erste \"Frau\", die mir das Herz gebrochen hat, war eine Klassenkameradin, Diana. Sie beschäftigte sich mit mir, bis sich uns noch ein Mädchen hinzugesellte. Ich schäumte vor Eifersucht, gerade mal 10 oder 11, und spürte mit jeder Faser meines Körpers Herzschmerz. Diana und die andere wurden unzertrennlich, und ich - ich wanderte ziellos herum, ganz verwirrt von meinen Gefühlen und entschlossen, es beim nächsten Mal \"richtig\" zu machen.

Dann kam die neue Klassenaufteilung. Manuela kam, Manuela befreundete sich mit Diana. Ich hatte Diana schon verloren, deshalb dachte ich mir nichts dabei - bis Manuela sich mir zuwandte. Wieder war da dieses unerklärliche Gefühl, sowas wie Verklärung, Schwärmerei und das Gefühl, dass ich sie noch viel näher kennen lernen wollte. Das war mit 12. Ich erinnere mich an einen Nachmittag in meinem Zimmer, wir hörten Musik, quatschten, und die Worte, die sie sagte, waren wie Balsam. Sie nahm irgendwann meine Hand - grausam und zart zugleich für mich - und ich verharrte fassungslos vor Glück. Doch dann erzählte sie etwas von Freundschaft und Spaß, aber ich spürte doch, dass ich von ihr nicht nur Freundschaft wollte, sondern LIEBE. Echte Liebe. Zu Herzen gehende Liebe. Ich wollte ihr alles geben. Aber Manuela wollte nicht.
Statt dessen wurden ihr wohl meine Briefchen irgendwann zuviel - man weiß schon, die Briefe, die man sich in dem Alter eben so schreibt unter FREUNDINNEN - und Diana wurde ihre Nummer eins. Freundinnen. Mal wieder.
Ich saß in der Schule neben den beiden, ich sah sie, ich bekam mit, wie sie tuschelten, lästerten, mich mit ihren Blicken abstraften - und ging dankbar und vorsichtig auf ihr Angebot ein, mich mit ihnen noch einmal gemeinsam zu verabreden, um zu \"reden\".

Was war ich naiv! Manuela hatte Diana meine Briefe gezeigt. Ja, ich gebe zu, es ist starker Tobak für ein 12jähriges Mädchen, von einer Freundin Briefe zu bekommen, in der das Wort LIEBE mehr als einmal auftaucht, und das Wort FREUNDSCHAFT in diesem Zusammenhang nicht existiert. Aber es war die Wahrheit! Und sollte man nicht auch unter Freunden ehrlich sein? Ich war es. Leider zu früh, leider der Falschen gegenüber. Der Nachmittag war ein Volkstribunal, auf dem über mich gerichtet wurde. Prädikate wie krank, verrückt, nicht ganz richtig im Kopf, früher wärst du vergast worden (in den 80ern!) prallten an mir ab und machten mich taub. Aha. Soso. Ich hatte also die Grenze überschritten zur \"Unnormalität\", nur fühlte ich mich dort zugehörig...
Liebe? Nie wieder. Mädchen? Nur noch als Freundinnen, wenn ich sie überhaupt noch mal an mich ranließ. Das Drama endete zum Glück durch einen Umzug und den damit zusammenhängenden Schulwechsel. Damit kam die Orientierung an Jungs, die auch ganz interessant waren, und ich glaube, ich verliebte mich auch einmal richtig (mit Schmetterlingen!) mit 17, wobei diese erste Liebe noch tragischer endete und ich sehr lange brauchte, bis ich bei Erwähnung seines Namens nicht mehr weinte. Es war eine andere Art von Liebe, ich glaube, es ging dabei eher um körperliche Bedürfnisse.
In den folgenden Jahren hörte ich auf meinen Körper. Sex macht Lust auf mehr, und wenn man einmal mit jemandem zusammen war, der wusste, wie er dich stimulieren soll, dann willst du noch mehr davon. Doch das mit den Schmetterlingen war irgendwie anders geworden. Schwärmereien, ja. Aber tiefe Gefühle... Noch ein paar Versuche, bis ich schlichtweg aufgab. Männer sind interessant, Männer sind ein guter Gegenpol, Männer machen das Leben auf eine Art auch leichter. - Was soll ich sagen? Ich bin auf den Kuhhandel eingegangen.
Ich lernte meinen Mann kennen - keine Bedrohung für mich, ein Novum! - wir zogen zusammen, wir lebten miteinander, wir heirateten, bekamen ein Kind. Zwischenzeitlich gab es eine Bekannte in der Arbeit, bei der ich zu spät merkte, wie es um meine Gefühle für sie stand - da war sie nämlich schon mit einem Mann zusammen. Die Erkenntnis war gelinde gesagt ein SCHOCK! War ich etwa nicht normal?! Ich hatte doch ein Kind von einem MANN empfangen, und jetzt auf einmal das... Aber ich liebte meinen Mann doch auch! - Nur eben anders.

Dann meine Studienkollegin. Die Freundschaft ist wunderbar (mit allen Höhen und Tiefen), und plötzlich, ganz leise, hat sich das Wort LIEBE eingeschlichen. Sie hat auch einen Freund, und ich freue mich aufrichtig für sie. Aber ich weiß, wenn wir beide wieder frei sein sollten - ...

Wir können so gut leben. Man kann zweigleisig fahren. Ich lebe mit meinem Mann und meiner Tochter zusammen, wir erleben viel, wir leben füreinander, wir führen eine solide freundschaftliche Ehe. Aber es hat nicht diesen Tiefgang, den es bei meiner Freundin hat. Ich habe versucht, das alles als eine \"andere\" Art der Beziehung zu sehen - es klappt nicht, denn es wäre eine Lüge! Wir lieben uns so tief und so aufrichtig, wie es Freundinnen NICHT können. Und vielleicht betrügen wir uns gegenseitig mit unseren Männern, unseren kleinen Fluchten, unserer Unfähigkeit dazu zu stehen und den letzten Schritt zu tun. Das kann ich noch nicht sagen. Und das WILL ich auch noch nicht sagen. Wer weiß, was die Zeit bringt.