Problem von vanessa - 15 Jahre

mein vater hat krebs

hey ich hab vor kurzem erfahren das mein vater krebs hat und wir wissen noch nicht ob er bösartig ist aber ich hab totale angst ich will ihn nicht verlieren er ist doch der wichtigste mensch in meinen leben und seit daher kann ich auch nicht mehr richtig schlafen ich ziehe mich immer weiter zurück .

PaulG Anwort von PaulG

Grüße dich Vanessa!

Es tut mir sehr leid, dass dein Vater diese Diagnose erhalten hat. Natürlich wünsche ich ihm auch alles erdenklich Gute, und dass er wieder ganz gesund wird.

Sicher fragst du dich jetzt: Warum muss es ausgerechnet meinen Vater treffen? Auf die Frage, warum manche so etwas durchmachen müssen, und manche nicht, gibt es leider keine Antwort. Zunächst bleibt uns ja noch die Hoffnung, dass es kein bösartiges Geschwür ist. Bis dahin heißt es leider, abzuwarten. Ich kann gut verstehen, wie es dir geht. Aber trotzdem wäre es sinnvoll, wenn du versuchst, dich so wenig wie möglich in dich zurück zu ziehen. Im Augenblick herrscht noch Ungewissheit - wenn du Glück hast, wird sich wenigstens herausstellen, dass der Krebs gutartig ist. Jedoch, was wäre, wenn nicht?

Diese Frage musst du dir leider stellen. Falls es eintritt, was wir nicht hoffen, dann kann es sein, dass dein Vater eine schwierige Zeit vor sich hat. Die Behandlungen, die dann nötig werden, erfordern sehr viel Kraft, und schlagen auch auf den Körper zurück. Ich will damit nicht sagen, dass ihm nichts erspart bleiben würde; mag sein, dass sich alles gar nicht so schlimm gestaltet. Ich weiß eben auch nicht, was für eine Art Krebs es ist. Wie auch immer es ausgeht, werdet ihr womöglich für lange Zeit damit zu tun haben. Man kann es schaffen, den Krebs zu besiegen. Und du kannst deinem Vater dabei auch helfen - ihr als Familie könnt es. Nämlich, indem ihr versucht, ihm die Heilung zu erleichtern, euch zu vertragen, einander zu helfen, deiner Mutter Arbeit abzunehmen. Und auch, indem ihr für ihn da seid, auch wenn ihr sonst viel "um die Ohren" habt, ihm zuhört und alles tut, es ihm angenehm zu machen. Ich würde sagen, es ist dann besser, wenn man alles so normal wie möglich handhabt. Und nicht bei allem was man tut, spüren lässt, dass etwas nicht stimmt.

Für dich ist es im Moment wichtig, dir ein bisschen Ablenkung zu schaffen. Klar, der Gedanke an deinen Vater wird dich in nächster Zeit nicht loslassen. Worum es geht, ist eher, dass du dir etwas vornimmst - und verhinderst, dass dir nichts als Nachdenken bleibt. Soweit es möglich ist, versuche die Schule zu meistern. Beim Lernen kannst du jetzt denken, dass du alles auch für deinen Vater tust. Jede gute Note und jedes Lob bedeutet auch einen Lichtblick für ihn, und wird seine Heilung unterstützen. Oder ihm helfen, nach der Operation gesund zu werden. Vielleicht nimmst du dir vor, nach der Schule zu ihm zu gehen, und ihm einfach von deinem Tag zu berichten, falls das geht. Wenn er gerade im Krankenhaus ist, dann auch da. Er wird sich sicher freuen, und es interessiert ihn ja, was ihr tut und wie es euch geht. Aber er möchte sicher auch nicht, dass ihr ihm etwas vorspielt und tut, als sei alles in bester Ordnung. Wenn es dir mal schlecht geht, erzähle ihm auch davon - schließlich kennt er dich besser als alle, und merkt es auch, wenn du nicht ehrlich wärst. Du musst keine Angst haben, dass er sich um dich sorgt, und es ihm noch schlechter geht. Für ihn ist es auch wichtig, zu wissen, dass er eine starke Tochter hat, für die er trotzdem noch derselbe ist - und immer bleiben wird.

Daheim lässt sich ebenfalls Einiges tun, um die Situation zu erleichtern. Hast du Geschwister? Wenn ja, dann wäre es toll, wenn ihr probiert, euch so wenig wie möglich zu streiten. Ihr alle wisst ja, dass dein Vater jetzt die Hauptperson ist. Er hat es verdient, zu spüren, dass all das Früchte trägt, was er für euch getan hat. Das wird ihn sehr freuen. Ihr tut eurer Mutter sicher auch einen Gefallen, wenn ihr ihr im Haus helft - besonders, wenn sie berufstätig ist. Dazu kommt, auch deine Mutter sorgt sich um ihn, und wird Zuspruch brauchen. Das könnt ihr ihr geben. Macht ihr öfter mal ein Geschenk, oder lasst euch von ihr erzählen, was in ihr vorgeht. Vielleicht könnt ihr auch öfters einmal das Kochen übernehmen, und eurer Mutter einen freien Abend ermöglichen, an dem sie mit einer Freundin weg gehen und ein bisschen Kraft tanken kann. Es gibt tausend Möglichkeiten - und ich bin sicher, ihr findet noch viele andere.

Für besseres Schlafen gibt es viele Vorschläge - nicht alle eignen sich für jeden. Wenn man nur mühsam zur Ruhe kommt, wird der Schlaf auch kein schöner sein. Mir hat es geholfen, das Zu-Bett-gehen mit Ritualen zu verbinden, wenn ich schlecht schlief. Dazu gehört vor allem, dass du genug Zeit zum Schlafen einplanst. Wenn du für die Schule schon um sechs oder sieben Uhr morgens aufstehen musst, solltest du planen, etwa um zehn Uhr abens ins Bett zu gehen. Ich habe es so gemacht, dass ich noch einen Schlummertrunk gemacht habe - das kann Tee sein, eine heiße Zitrone, Kakao oder heiße Milch mit Honig, vielleicht hast du noch andere Ideen. Dann geh zu Bett; gestalte dir dein Zimmer so, wie du es am liebsten hast. Wichtig ist dafür auch, Ordnung zu halten, das Bett zu machen - denn Struktur macht zufrieden, sie ist etwas, das du vollkommen in der Hand hast. Du kannst das Fenster ein wenig öffen - gut Lüften ist wichtig -, damit es noch etwas hell ist, oder ein Nachtlicht anschalten. Hab auch keine Sorge, dass das kindisch wäre; du bist in einer Situation, in der man dich nicht kritisieren sollte - denn keiner deiner Freunde macht durch, was du gerade erlebst. Zum Einschlafen kannst du auch Musik hören, die dir besonders gefällt, aber eher eine beruhigende. Versuch es so einzurichten, dass du mit einem guten Gewissen ins Bett gehst. Geh noch einmal alles durch, was am Tag zuvor passiert ist. Wenn etwas nicht gut gelaufen ist, nimm dir vor, es bald zu klären. Gab es Streit mit einer Freundin, oder hattest du Ärger mit einem Lehrer? Dann überlege dir, ob du dich nicht lieber entschuldigen willst, und noch mal in Ruhe reden. Jeder zusätzliche Konflikt belastet dich, dabei ist es verständlich, wenn du gereizt bist. Schaff also lieber aus der Welt, was dir zu schaffen macht - und hab keine Angst, auch von der Krankheit deines Vaters zu erzählen. Es ist in deinem Sinn, denn man wird dir dann anders begegnen. Vielleicht wirst du jetzt sagen, ich brauche kein Mitleid. Mag sein - aber es gibt viele Weisen, dich zu untersützen, und auch dir vieles zu erleichtern. Ist es dir nicht lieber, dass enge Freunde oder Lehrer bescheid wissen, anstatt den Kopf zu schütteln, und dich vielleicht ungerecht behandeln?

Es kann doch sein, dass die Krankheit deines Vaters, auch in manchen Dingen zu einem Neuanfang führt. Darüber würde er sich bestimmt freuen. Wie ist das bei euch in der Verwandtschaft? Hattet ihr mal Streit mit eurer Oma, mit einem Onkel oder Tante, was noch nicht geklärt ist? Die Zeit jetzt bietet vielleicht eine Chance, Konflikte zu besprechen und sich zu einigen, dass man sie beilegt - im Interesse deines Vaters, dem das von allen am besten tut. Du kannst dabei einen Anfang machen: Wenn irgendetwas noch im Raum steht, das nach Klärung verlangt, ergreif du ruhig die Initiative, oder schlag es deiner Mutter vor. So werdet ihr euch näher kommen - und der Zusammenhalt der Familie ist der beste Weg, deinem Vater beim Gesund-werden zu helfen.

Ich bin sicher, wenn er bemerkt, wie wichtig er euch ist - und ihr füreinander -, dann wird es ihm bald besser gehen. Es gibt nämlich Kräfte und verborgene Heilmittel, die noch keinen Namen haben, und nicht sichtbar sind - genauso wie es Verletzungen gibt, die man nicht sehen kann. Ihr könnt die geheimen Medizinen einsetzen - und diese heißen Liebe, Rücksicht, Gemeinschaft, Hilfe, Zuversicht. Ich wünsche dir, dass sie euch allen zuteil werden, und ihr deinen Vater nach Kräften unterstützen könnt.

Alles Gute und Liebe Grüße,

Paul