Problem von Sophia - 22 Jahre

Extreme Trauer um unbekannte Menschen

Liebes Kummerkasten-Team,
ich wollte eigentlich niemand mit meinem Problem behelligen, weil ich immer dachte, ich schaffe das alleine, aber langsam kann ich nicht mehr...

Seit über zweieinhalb Jahren bin ich sehr bedrückt, genauer gesagt seit dem 24. März 2015, als das Flugzeug abgestürzt ist. Ich kann gar nicht genau sagen, warum mich diese Nachricht so erschüttert hat. Vielleicht weil ich eine Schwester im selben Alter wie die verunglückten Schüler habe oder weil ich mir ihre Lebensbedingungen so gut vorstellen kann. Auf jeden Fall hat es mir den Boden unter den Füßen weggezogen. Man hört so was ja jeden Tag, aber diesmal habe ich auf einmal auch nicht mehr verstanden, warum die Welt einfach so weitergeht. Es wäre doch nur gerecht gewesen, alle hören jetzt auf zu leben. Es wurde in den Medien ja viel berichtet und ich habe auch viel recherchiert. Mittlerweile kenne ich von jedem der Schüler den Namen, das Gesicht, die Hobbys und das macht es unerträglich für mich. Allmählich habe ich tatsächlich das Gefühl, sie gekannt zu haben. Ich kann es nicht begreifen, dass diese jungen Menschen einfach weg sind. Nicht nur tot, sondern weg, in tausend Stücke zerrissen. Wie soll man sie da jemals wiederfinden?
Und ich empfinde es als so ungerecht, dass sie keine Chance haben, ihre Lebensträume zu verwirklichen. Ich kann es nicht begreifen, wie man so viel Pech haben kann. Es geht doch immer alles gut. Es macht mir ein richtig schlechtes Gewissen, sodass ich mich über nichts mehr freuen und nichts mehr unternehmen mag, weil es so ungerecht ist. Klar, manchmal erlebe ich auch etwas Schönes. Aber spätestens abends stellt sich dann wieder das schlechte Gewissen ein. Ein Mädchen hat zum Beispiel am gleichen Tag Geburtstag wie ich. Wie soll ich da denn feiern, wenn ich weiß, dass sie jetzt in einem Grab liegt und nichts bekommt außer frische Blumen. Es fällt mir auch sehr schwer, Radio zu hören, weil ich mir oft denke, das Lied hätte denen bestimmt gefallen, aber sie werden es nie kennenlernen. Am Anfang denkt man, die Trauer würde weniger werden, aber so ist es bei mir nicht. Ich empfinde es vielmehr als schlimm mit anzusehen, wie immer mehr Zeit ohne sie verstreicht, es immer wieder neue Lieder, Filme, Ereignisse, Erfindungen.. gibt, von denen sie nichts mehr mitbekommen. In ein paar Jahren, so meine Angst, wären sie schon vollkommen "aus der Zeit gefallen", wenn ihr wisst was ich meine. Dann sind sie aus der Vergangenheit, gehören nicht mehr dazu.

Wenn ich sehe, wie unbeschwert alle Leute durch die Welt gehen, bin ich manchmal richtig wütend auf diese Ignoranz. Ich bin emotional auch wirklich abgestumpft; wenn zum Beispiel in der Zeitung bei einem 60-jährigen Mann in der Todesanzeige steht "und wir dachten, wir hätten noch so viel Zeit" kann ich überhaupt kein Mitleid mehr empfinden, und auch viele Alltagssorgen anderer erscheinen mir banal. Auch die Familien, besonders die Geschwister, tun mir sehr leid. Ich persönlich habe alles, verstehe mich super mit meinen beiden Schwestern und wir unternehmen viel. Dieses ganze Glück wurde in diesen Familien zerstört.

Ich habe so lange nach Trost und Halt gesucht, aber ich finde einfach keinen. Das drückt am besten ein Text aus, den ich einmal auf eine Gedenkseite geschrieben habe:



Man sagt, es käme nicht darauf an, wie lange das Leben ist, sondern wie bunt. Aber 15 oder 16 Jahre. das ist einfach zu kurz Wenn ihr doppelt, drei Mal oder sogar viermal so alt geworden wärt, hätte man immer noch gesagt, ihr seid früh gestorben. Und je länger ein Leben ist, desto bunter kann es ja auch werden. Auch wenn ihr bestimmt ein schönes Leben hattet, ihr hättet noch so viele glückliche Jahre vor euch gehabt und hättet so viel Tolles erleben können...

Man sagt, ihr wärt jetzt an einem wunderbaren Ort, und ich glaube auch an diesen Ort, wo man in Frieden ruht. Aber junge Menschen wie ihr wolle nicht ruhen, sie wollen hinaus in die Welt gehen, etwas unternehmen, feiern, reisen...
Man sagt, von dort aus könntet ihr zu uns hinunterschauen, aber eigentlich solltet ihr doch mittendrin sein...

Man sagt, ihr würdet in den Herzen der anderen Menschen weiterleben, aber das ist nur ein Leben in den Erinnerungen der Vergangenheit und kein Leben in der Gegenwart und in der Zukunft....

Ach es ist einfach so furchtbar...man sucht nach tröstenden Gedanken, aber keiner ist so überzeugend, dass man dadurch wirklich Trost findet....man sucht nach Halt, aber bekommt keinen zu fassen....es tut mir so unglaublich leid um euch...


Solche Texte schreibe ich sehr oft auf den Gedenkseiten der Schüler. Ich mache das gar nicht, um den Eltern eine Freude zu machen, sondern weil ich selbst irgendwo hin muss mit meiner Trauer. Und natürlich auch, weil ich irgendwie hoffe, dass die Kinder es mitbekommen, auch wenn mein Glauben daran erschüttert ist. Ich fühle mich so fürchterlich ohnmächtig, dass ich nicht mehr für sie tun kann. Man kann nichts machen, gar nichts.
Ich leide sehr unter der Tragödie. An manchen Tagen möchte ich gar nicht aus dem Bett. Ich habe oft ein beklommenes Gefühl in der Brust, fühle mich wie gelähmt. Manchmal ist es so schlimm, dass ich in der Uni (ich studiere Lehramt) hoffe, niemandem zu begegnen, weil ich nicht wüsste, ob ich ein Wort rausbekommen würde. Beim Lernen kann ich mich schlecht konzentrieren. Ich habe ein 1,0-Abitur und alle haben hohe Erwartungen an mich, aber dann sitze ich teilweise den ganzen Nachmittag da, starre nur auf eine Buchseite und weiß am Ende doch nicht, was dort stand. Auch in meinen Praktika kann ich keine Freude verspüren und das macht mir sehr große Sorgen, weil ich in diesem Zustand nicht arbeiten könnte. Dabei war es wirklich einmal mein großer Berufswunsch.


Erschwerend kommt hinzu, dass niemand meine Probleme versteht. Entweder ich werde für verrückt erklärt oder die anderen denken sich, na gut, solange ihr weiter nichts fehlt... niemand versteht, dass man so sehr um Menschen trauern kann, die man nicht kannte, ich hätte das ja selbst nicht geglaubt. Aber deshalb bin ich doch nicht verrückt, oder?
Ich höre sehr oft, dass es doch so viele Katastrophen auf der Welt gebe und das leugne ich ja auch nicht. Aber ich möchte das bitte nicht mehr hören, denn meiner Meinung nach schmälert es den Schmerz dieser Katastrophe trotzdem nicht. Und mehr passt in mein Herz glaube ich einfach nicht rein, da wird man mir ja keinen Vorwurf machen können. Vor meiner Familie versuche ich mir nichts anmerken zu lassen.


Ehrlich gesagt weiß ich nicht was ich mir von einer Antwort erwarte. Auf der einen Seite möchte ich gar nicht, dass es mir besser geht, denn wie gesagt ist es ungerecht und dann würde ich es genauso vergessen wie alle anderen. Auf der anderen Seite sehe ich aber auch, dass ich mein Leben wieder in den Griff bekommen muss. Ich möchte einfach mal verstanden werden und vielleicht Impulse bekommen, wie ich damit gut umgehen kann.

Ich bitte diese lange Nachricht zu entschuldigen. Aber wenn man sich seit 1000 Tagen damit beschäftigt, kommen eben sehr viele Gedanken. Ich erwarte keine schnelle Antwort, jetzt nach so langer Zeit kommt es darauf auch nicht an. Allgemein würde ich mich aber über eine Reaktion freuen.


Liebe Grüße :)
Sophia

Bernd Anwort von Bernd

Liebe Sophia,

ich muss Dir gestehen, dass es mir schwer fällt, das Thema anzufassen. Der Tod hat so viele Aspekte. Trauer ist ein Aspekt davon. Ein anderer ist unsere Angst vor dem eigenen Tod. Die Erkenntnis der eigenen Sterblichkeit.
Bisher hatte ich mein ganzes Leben lang den Tod irgendwie versucht, zu leugnen. Wegzudrücken als etwas, was nicht zu mir gehört.
Aber irgendwann rückt wohl jedem von uns eine Erfahrung mit dem Tod so nahe, dass wir es nicht so leicht mehr verdrängen können?
Du vermutest, dass Dich diese Tragödie wohl deshalb so sehr mitgenommen hat: "...weil ich eine Schwester im selben Alter wie die verunglückten Schüler habe oder weil ich mir ihre Lebensbedingungen so gut vorstellen kann".
Meistens kommen da viele Dinge zusammen, bevor wir etwas so nah an uns heranlassen, wie Du es mit den Halterner Schülern tust.
Du schreibst: "Man hört so was ja jeden Tag, aber diesmal habe ich auf einmal auch nicht mehr verstanden, warum die Welt einfach so weitergeht." Versuche vielleicht einmal Dich zu erinnern, wann vorher für Dich der Tod schon einmal ein Gesicht hatte. Wie bist Du vor diesem Ereignis mit dem Thema umgegangen? Hattest Du schon einmal einen Menschen verloren, der Dir sehr nahe stand? Kanntest Du bereits das Gefühl der Trauer?
In Deinem Alter - dass muss ich Dir gestehen - war mein Verhältnis zum Tod eher egoistisch geprägt: ich hatte wohl etwa mit 18 Jahren das erste mal eine Scheiß Angst, selber sterben zu müssen. Es war eine merkwürdige Zeit:
einerseits so, wie Du es beschreibst, was diese Schüler wollten: "junge Menschen wie ihr wollen nicht ruhen, sie wollen hinaus in die Welt gehen, etwas unternehmen, feiern, reisen...".
Andererseits war es auch die Zeit der Entscheidungen und des Wechsels: die Schule bald fertig und außer "feiern, reisen, ..." noch keinen Plan, wo der Lebensweg hin gehen soll. Da verliert mancher Jugendlicher schnell auch seine Unbefangenheit und wird schwermütig?!
Wie war das bei Dir zu der Zeit, als das Unglück geschah? Wie würdest Du Deine Allgemeinstimmung damals eher bezeichnen? Als fest verwurzelt und wissend, wohin der Weg Dich führen soll? Oder eher "das Blatt im Wind", das noch nicht weiß, wohin es Dich mal tragen wird?

Nach dieser Zeit (also nach meinem Abitur) haben mich immer wieder einmal Berichte von plötzlichen Todesfällen in meinem persönlichen Umkreis erschüttert: z.B. der Tod des Bruders eines Studienkollegen, der mit knapp 20 Jahren beim Tennisspielen einfach umkippte und starb.
Aber auch das unterstützte eher meine eigene Angst, als dass ich sagen dürfte, dass ich um den Menschen trauerte.

Und je länger das Leben, je planbarer und scheinbar "sicherer" die eigene Zukunft zu überblicken war, um so weniger tragische Einzelschicksale gab es in meiner direkten Umgebung. Zufall? Oder fiel es mir einfach nicht mehr so auf?

Genau an diesem Punkt habe ich bei mir selbst einmal nachgehakt und mal in meiner Erinnerung gekramt, an welche großen Unglücksfälle ich mich noch erinnern kann. Denn wo der Tod im eigenen Umfeld seinen Schrecken verloren hat: was von all dem, was man "jeden Tag so hört" bleibt eigentlich in unserer Erinnerung?

Die erste große Katastrophe, an die ich mich noch gut erinnere, war am am 11. November 2000: In Kaprun starben 155 Menschen bei dem Brand einer Standseilbahn, die durch einen Tunnel ging. Das geht mir bis heute nach, weil ich selber mit meinen Söhnen kurz vorher in dieser Bahn gesessen bin. Wohl hunderte mal träumte ich davon, ob ich wohl in der Situation in die richtige Richtung gelaufen wäre: durch das Feuer und talwärts, statt aufwärts in die Richtung, wo die giftigen Brandgase wie in einem Schlot aufstiegen und alles Leben erstickten.
Damals warst Du 5 Jahre alt.

Nicht einmal ein Jahr später, am 11.09.2001 fiel dann das World Trade Center in sich zusammen und bei allen Anschlägen an diesem Tag verloren etwa 3000 Menschen ihr Leben. Damals stand für viele von uns die Zeit still. Es war unvorstellbar und die Angst, die diese Taten verbreitet haben, wirken in vielen älteren noch heute nach. Du warst damals 6 Jahre alt.

Drei Jahre später. Genau am 26. Dezember 2004 geschah dann etwas noch weniger begreifbares: der Tsunami, in dessen Folge am Indischen Ozean mehr als 230.000 Menschen starben. Damals warst Du 9 Jahre alt. Haltern hat etwa 38.000 Einwohner. Recklinghausen, wo ich geboren bin etwa 114.000 , Castrop-Rauxel etwa 74.000 Einwohner.

Stell Dir also vor, dass mit einem Ereignis alle Einwohner von Haltern, Recklinghausen und Castrop-Rauxel einfach weggeschwemmt wurden. Das war ein wenig so, als ob die Erde aufgehört hat, sich zu drehen: unvorstellbar. Bedrückend. Angst machend. Und dennoch sehr weit weg.
All das, was Du für die Opfer vom 24. März 2015 schreibst, gilt für diese Menschen gleichermaßen.

Besonders erschütterte mich auch der Amoklauf in Winnenden am 11. März 2009, bei dem 16 Menschen ums Leben kamen. Da kam sicherlich auch dazu, dass ich mittlerweile im Südwesten wohne und öfter sowohl durch Winnenden fahre, als auch öfter in Wendlingen zutun habe. Damals warst Du 14. Die Opfer meist 15 und 16 Jahre alt.

Ähnlich wie Dir ging es mir noch lange nach dem 24. Juli 2010. Da waren es zwar "nur" 21 Menschen, die bei der Loveparade in Duisburg den Tod fanden. Aber es ist wohl auch tragisch, wenn junge Menschen, die zusammenkommen, um friedlich Freude miteinander zu teilen, so brutal und grausam aus dem Leben gerissen werden. Damals warst Du 15 Jahre alt. Ich habe dieses Datum noch aus einem anderen Grund sehr gut in Erinnerung, was den Tod der Menschen in Duisburg für mich nochmal auch in einem ganz anderen Licht erscheinen lässt:
Als das Unglück von Duisburg in den Medien kam, erzählte mir eine junge Frau, dass sie 6 Jahre zuvor in Berlin zu der Loveparade wollte. Ihre Eltern ließen das nicht zu. Deshalb verabredete sie sich mit Freunden zu einer Geburtstagsfeier eines Bekannten zu gehen. Spaß, Grillen und Floßfahren an bzw. auf einem kleinen See so 30 km von daheim entfernt. Die junge Frau wurde in der Nacht mehrmals brutal von einem der Gäste vergewaltigt und 6 Jahre danach.. wahrscheinlich weil diese Loveparade 2010 eben so sehr in die Schlagzeilen kam, brach plötzlich alles was sie die langen Jahre dazwischen mehr oder weniger gut verdrängen konnte, wieder mit voller Wucht über ihr zusammen.
Hier war das Unglück von Duisburg also offensichtlich der "Trigger" (Schalter), der Schlüsselreiz, der das vorher Geschehene und bislang Verdrängte plötzlich aus dem Unterbewussten wieder hervorbrechen lässt.

Im Grunde, liebe Sophia, machst Du etwas ähnliches, wenn Du in der Privatsphäre der getöteten Schüler recherchierst: die junge Frau hat nachdem alles wieder hochgekommen war, auch im Internet recherchiert. Tage- und Nächtelang. Alles zum Thema "Vergewaltigung".

Es hat ihr nichts geholfen. Sie war nach jeder Recherche noch ein wenig aufgelöster und schwermütiger.
So wie Du schreibst:
" Mittlerweile kenne ich von jedem der Schüler den Namen, das Gesicht, die Hobbys und das macht es unerträglich für mich."

... geht es Dir da offensichtlich vergleichbar. Es hilft auch Dir nichts! Im Grunde ist es so, als würdest Du Dich ritzen: Du tust Dir bewusst weh, weil Du ja weißt, wie es auf Dich wirkt.

Liebe Sophia, ich finde es gefährlich, wie Du ein so tiefes Gefühl auf Menschen richtest, die Du niemals im Leben kennen gelernt hast. Das Gefühl, das Dich beherrscht, würde ich auch nicht "Trauer" nennen: Als Trauer empfinde ich ein Gefühl von Verlust eines mir wertvollen Lebewesens. Trauer setzt also irgendwie voraus, dass Du dem Lebewesen nahe standest.
Was einem Fremden ansteht, ist "Betroffenheit" und "Mitgefühl": Mitgefühl für die Trauer der Angehörigen zum Beispiel. Und da finde ich es ganz gewiss nicht hilfreich, wenn irgend jemand, den Trauernden solche Sätze unterbreitet:
"Wenn ich sehe, wie unbeschwert alle Leute durch die Welt gehen, bin ich manchmal richtig wütend auf diese Ignoranz."
oder
"Es macht mir ein richtig schlechtes Gewissen, sodass ich mich über nichts mehr freuen und nichts mehr unternehmen mag, weil es so ungerecht ist."

Was erwartest Du von den Eltern? den Geschwistern? den Freunden?

Dass sie alle wie Du bei allem was sie Schönes tun und erleben ein schlechtes Gewissen kriegen? Sich schämen, dass sie nicht in dem Flugzeug gesessen sind?

Es mag Dir hart und herzlos erscheinen. Aber mir war z.B. die junge Frau, der das Unglück von Duisburg "Trigger" wurde, durch den das traumatische Ereignis von vor 6 Jahren sie wieder einholte, näher als die Opfer in Duisburg.

Die Tragödie vom 24. März 2015 macht mich zuerst einmal zornig und wütend auf den Piloten:
Keinen Sinn mehr im Leben zu sehen und aus dem Leben scheiden zu wollen ist die eine Sache!
Unschuldige ungefragt mitzunehmen ist ein ganz anderes Ding!

Und, mal ehrlich, Sophia: gleichgültig, was Du glaubst, wie es nach dem Tode weitergeht.
Die eigentlichen Opfer, finde ich, sind die, die zurückbleiben und denen ein Teil ihres Lebensinhalts geraubt wurde.
Die brauchen einen neuen Lebenssinn. Etwas, was die Lücke ausfüllt, die das verlorene Kind, der Freund, die Freundin zurückgelassen hat.

Was sie ganz gewiss nicht brauchen, ist ein schlechtes Gewissen, wenn sie es wieder lernen, noch mal Freude an ihrem eigenen Leben zu genießen!

Stell Dir die Eltern vor, die noch weitere Kinder haben. Deren ältestes in der Maschine gesessen hat:
diese Eltern haben die verdammte Pflicht, ihre jüngeren Kinder mit derselben Liebe großzuziehen.
Und diese Geschwister haben dasselbe Recht, glücklich zu werden, wie das verstorbene Geschwister.
Und dennoch hat das dann nichts mit "Ignoranz" zu tun!
Liebe heißt immer auch: loslassen können! Für Eltern allemal.

Albert Schweitzer sagte mal:

"Das einzig Wichtige im Leben sind die Spuren der Liebe, die wir hinterlassen, wenn wir gehen."

Und das sage wieder ich: Liebe kannst Du nur den Lebenden schenken! Es ist nicht ignorant, wenn Du selber Glück empfindest!
Gedenke der Toten aber denke vor allem an die Lebenden!

Nun habe ich sehr viel darüber nachgedacht und mir auch lange Zeit für diese Antwort genommen.
So sehr ich hoffe, Dich erreichen zu können: ich bin mir nicht sicher!

Nur in einem bin ich ganz sicher: wenn Du hier keinen Weg aus diesem unglücklichen Kreisverkehr Deiner selbstzerstörerischen Gefühle gefunden hast, sprich vielleicht mit einem Pfarrer darüber.
Oder/und mit einem Psychotherapeuten.
Auch Du hast es verdient, wieder unbeschwert Glück zu genießen!
Wenn Du es nicht aus eigener Kraft schaffst, lass' Dir helfen!

Alles Liebe
Bernd