Problem von Sophia - 15 Jahre

Mein Problem: Das Leben

Hallo!
Ich denke, ich fange mal einfach am Anfang an. Mein Problem ist eigentlich mein ganzes vergangenes Leben, obwohl ich erst 15 bin. Ich will nicht undankbar wirken, denn ich weiß, dass es Menschen gibt, die schlimmere Probleme haben als ich.
Naja, also hier mein "Problem": Mein Papa war schizophren und hatte, als ich noch klein war, immer wieder schlimme Psychosen. Er ist dann immer wieder ins Krankenhaus deswegen gekommen. Wenn er eine Psychose hatte, war er gewalttätig, hat sehr viel Alkohol getrunken und fast nichts geschlafen. Meine Eltern haben sich dann scheiden lassen als ich sechs war. Er ist aber dann noch 4 Jahre bei uns geblieben. Er hat sich einfach geweigert zu gehen. Dann hatte er noch eine Psychose und wir haben ihn mit der Polizei wegbringen müssen. Er ist dann weggezogen. Ich hab trotz allem immer wieder Kontakt mit ihm gehabt. Mein Papa war Künstler und hatte immer finanzielle Probleme. Er hat sein Leben lang immer viel Alkohol getrunken und verschiedenste Drogen genommen. Die Ärzte haben ihm immer wieder gesagt, dass seine Leber das nicht länger aushalten würde, aber ihm war es egal. Vor einem halben Jahr begann es dann. Er hatte einen Wasserbauch und hat sich ein Monat lang gesträubt ins Krankenhaus zu gehen. Naja, dann ist er doch gegangen. Er hatte eine Leberzirrhose und mehrere Tumore auf der Leber. Er hatte keine Krankenversicherung und ist nach einer Entwässerung aus dem Krankenhaus gekommen. Er hatte durch die Todesängste eine schlimme Psychose und ist dann irgendwie zu uns nach Hause gekommen. Er war völlig verwirrt. Meine Mama hat zu mir gesagt, dass das das Alkoholiker-Delirium war. Er hat die letzte Nacht, bevor er zu uns gekomen ist draußen geschlafen (im Winter). Dann hat er eine Nacht bei uns geschlafen. Es war total arg. Er hat nicht gewusst was er tut und beim Schlafen die Augen halb offen gehabt. Am nächsten Tag ist er wieder ins Krankenhaus gekommen. Er hat bis zum Schluss immer gesagt, dass er bald wieder gesund wird. Am 10. April ist er dann gestorben. Das ist die Kurzfassung.
Also, mein Problem ist das alles. Ich kann einfach nicht mehr, es war zu viel. Es ist so, als hätte ich den Sinn in meinem Leben verloren, oder erkannt, dass ich noch nie einen hatte. Alle behaupten, dass ich die Stärkste bin, weil ich nie geweint habe. Aber ich würde doch so gerne weinen oder sogar schreien. Keiner lässt mir Zeit zum Trauern. Meine Oma ist das überhaupt völlig umgangen. Nach seinem Begräbnis hat sie mich gefragt, wann ich endlich wieder normal werde. Doch, ich glaube, ich kann überhaupt nie wieder "normal werden". ES IST EINFACH ZUVIEL!
Ich wollte das alles einfach mal erzählen. Danke fürs zuhören.

Sophia

Anwort von Susi

Liebe Sophia!

Am liebsten würde ich Dich jetzt einfach fest in den Arm nehmen und drücken. Es tut mir so leid, dass Du Deinen Papa unter solchen Umständen verloren hast. Du erfährst jetzt auch noch von Deiner Umwelt Unverständnis. Keinem ist so recht bewusst, dass Kinder anders trauern als Erwachsene.
Du musst nicht stark bleiben Sophia. Der, der zu seiner 'Schwäche' steht und auch mal schreit und weint, der ist eigentlich der Starke! Lass Deine Oma beiseite... (ich nehme an, dass sie nicht SEINE Mutter ist..?) Sie verdrängt vielleicht lieber, weil Dein Papa in ihren Augen vielleicht nicht 'gut genug' war?! Verzeih mir diese Worte, ich versuche Dir begreiflich zu machen, dass man nie weiß, wie andere Menschen ticken.

Du 'tickst' völlig richtig! Egal was Dein Papa gemacht hat, an welchen Krankheiten er gelitten hat, ganz egal, was andere über ihn reden - Er war DEIN Papa und er hat Dich bestimmt über alles geliebt! Deine Trauer muss verarbeitet werden und Du musst da nicht alleine durch. Inzwischen gibt es viele Seiten im Netz. Ich bin nur etwas vorsichtig mit Links, manchmal zieht es einen noch mehr runter, statt zu trösten. Deswegen mein Rat: wenn Du Dich stark genug fühlst, Dich mit anderen Halbwaisen auszutauschen, habe ich unten in der Antwort ein paar Links eingefügt.
Ich möchte Dir folgendes raten:
Richte Dir irgendwo (in der Wohnung, irgendwo draußen im Wald oder oder oder) ein kleines Trauereck ein, einen Platz wo Du Dich zurückziehen kannst und ungestört um Deinen Papa weinen kannst. Hast Du noch Erinnerungsstücke, Fotos, Kleidungsstücke etc. von Deinem Papa? Lege alles in eine kleine "Schatztruhe" die Du öffnest, wenn Dir Dein Papa besonders fehlt. Dein Verlust ist groß und es ist völlig okay Dir die Zeit zum Trauern einfach zu nehmen. Jeder geht unterschiedlich mit dem Tod und der Trauer um und braucht auch unterschiedlich lange, alles zu verarbeiten. Lass Dir nicht vorschreiben, wie lange Du 'Zeit' hast.
Irgendwann tut es nicht mehr so weh und Du trägst Deinen Papa ja immer in Deinem Herzen - er geht Dir nicht verloren!
Ein normales Leben wirst auch Du wieder haben, wenn Du die Trauer zulässt und sie gut verarbeiten kannst!

Ich wünsche Dir wirklich alles Liebe - ich drück Dich!
Ganz viel Kraft und liebe Grüße
Susi


http://www.allesistanders.de/de/index.html
http://www.kinder.trauer.org/