Problem von Louise - 39 Jahre

Meine Tochter

Hallo liebes Kuka-Team!

Es geht um meine Tochter, 17, fast 18. Seit etwa einem Dreivierteljahr hat sie sich sehr verändert, sie macht absolut gar nichts mehr mit früheren Freunden, hockt nur noch allein Zuhause rum und ging zeitweise durch große Ängste wochenlang nicht mehr in die Schule.
Seit zwei Monaten ist sie jetzt auch in einer ambulanten Therapie, mit der Diagnose Angststörung und Depression. Zusätzlich bekommt sie ein pflanzliches Antidepressivum. Bislang sehe ich allerdings noch keinerlei Erfolg.

Mein Problem ist, dass ich nicht weiß, wie ich ihr helfen kann. Sie lässt sich zu nichts mehr motivieren und hat - vermutlich durch mangelndes Interesse an anderen Personen - überhaupt keine Kontakte mehr. Den Großteil des Tages verbringt sie damit, vor dem Computer oder Fernseher zu sitzen. Ich versuche häufig, sie zu irgendetwas anderem zu bewegen, aber meistens kommt nur Ablehnung rüber. Wenn sie dann doch mal etwas mit mir oder meinem Mann macht, dann auch nur unter Protest und mit mürrischem Gesicht. Ich frage mich, ob es überhaupt richtig ist, sie so zu drängen ewtas zu machen, oder ob ich sie dann eben in ihrem Zimmer lassen soll?!
In die Schule geht sie aus Angst vor Panikattacken zur Zeit gar nicht mehr, wo ich mich auch frage, wie das weitergehen soll. Sie ist in der 11. Klasse und soll ja irgendwie das Schuljahr schaffen. Mit Druck erreicht man bei ihr eher das Gegenteil, aber es wird so doch alles immer schlimmer. Reden kann man mit ihr auch nicht besonders gut, sie hat mehr oder weniger eine Egal-Haltung.
Sie hat mir schon gedroht, von Zuhause abzuhauen, was ich ihr zwar irgendwie nicht zutraue, aber wer weiß...

Ich weiß einfach nicht mehr, wie ich mich ihr gegenüber verhalten soll. Ob ich ewig verständnisvoll sein muss, oder auch mal meinen Unmut zum Ausdruck bringen darf. Ich mache mir Vorwürfe, dass ich nicht schon früher reagiert habe, da sich die ganze Erkrankung schon im Laufe der letzten Jahre langsam entwickelt hat. Schon ihre ganzen kleineren Äußerungen, dass sie ihren 18. Geburtstag ohnehin nicht feiern will, dass sie keine Freunde bräuchte, dass ich sie eh nicht verstehen kann, dass sie mit 18 machen kann, was sie will, verletzen mich total. Sie ist schließlich mein Kind und ich möchte ihr helfen, aber ich kann es nicht. Aber ich kann doch nicht tatentlos zusehen, wie sie immer mehr verzweifelt...

Liebe Grüße

Jeanett Anwort von Jeanett

Hallo Louise,

ich habe eine Tochter in demselben Alter, weiß also, wovon ich spreche.

Dass deine Tochter in Behandlung ist, ist glaub ich schon mal ein guter Anfang. Dennoch können Psychologen oftmals nicht die Probleme lösen, von denen sie keine Kenntnis haben. Möglicherweise hat deine Tochter in diesen Gesprächen nicht alles gesagt, was sie bedrückt, oder sie weiß es selbst nicht. Liebeskummer, Ärger und Enttäuschung, die mit Freunden zusammenhängen, Überforderung in der Schule, Zukunftsangst...es gibt 1000 Gründe, die ein 17jähriges Mädchen depressiv werden lassen können.

Kein Psychologe kann eine einfühlsame Mutter ersetzen, deshalb bist du jetzt am Zug. Nun gilt es, die Ursachen herauszufinden und deiner Tochter alle Hilfe anzubieten, die ihr bekommen könnt.

Vereinbare mit deiner Tochter doch mal einen Tag oder ein Wochenende, das nur euch beiden gehört. Unternehmt was gemeinsam und nimm dir ganz viel Zeit zuzuhören. Sag ihr, dass du jetzt nur für sie da bist. Wirf alle deine Unsicherheiten über Bord, denn die können deine Tochter selber noch mehr verunsichern. Sie braucht jetzt eine Mutter, die weiß, was sie will, und die ihr Geborgenheit und Sicherheit vermittelt, und das Gefühl, dass alles gut wird.

Du musst dich nicht verstellen, denn auch du bist nur ein Mensch. Sag ihr, wie du empfindest. Sag ihr, dass du siehst, dass sie unglücklich ist, dass du für sie da bist, ihr zuhören kannst, wenn sie sich mal etwas Ballast von der Seele reden will und dass ihr gemeinsam für jedes Problem eine Lösung finden werdet. Mach ihr keine Vorwürfe, sondern lass sie erzählen, was sie bedrückt. Hör gut zu, vermeide unbedingt Vorwürfe und vorschnelle Ratschläge, sondern hör einfach nur zu. Gib deiner Tochter das Gefühl, dass du ihre beste Freundin bist, dass sie dir alles anvertrauen kann.

Bitte bedenke, dass deine Tochter ein echtes Problem hat. Das ist auch der Grund, weshalb du mit Druck nichts erreichst. Was sie jetzt braucht, ist eine Schulter zum Ausheulen und jede Menge Sicherheit und Geborgenheit. Versuch dich in sie hinein zu versetzen, versuche nachzuvollziehen, was in ihr vorgeht, was sie empfindet. Das ist der erste Schritt.

Ich weiß, dass es schwer ist, überhaupt so weit zu kommen. Aber setz alles daran, dass sie ein wenig Zeit mit dir verbringt, damit ihr euch beide ungestört und total relaxt mal ausquatschen könnt. Wenn sie dir vorhält, dass du sie sowieso nicht verstehst, dann bitte sie dir zu helfen, DAMIT du sie verstehst, weil dir viel daran liegt, dass sie glücklich ist.

Hab viel, viel Geduld! Wenn es auch schwer sein wird, ihr Vertrauen zu gewinnen, es wird dir gelingen, da bin ich ganz sicher :)

Viel Erfolg und alles Gute,
Jeanett