Problem von Nina - 21 Jahre

Mein Vater ist Alkoholiker

Liebes Kummerkasten-Team,

Mein Vater war schon einmal vor ungefähr zehn Jahren schwer alkoholabhängig. Damals hat er zwei Entzüge hinter sich gebracht und war dann auch für lange Zeit trocken.
Als dann vor fast vier Jahren meine Mutter schwer erkrankte und zwei Jahre später verstarb fing er wieder an zu trinken.

Nach dem Tod meiner Mutter bin ich sehr schnell von zu Hause ausgezogen, weil ich das ganze einfach nichtmehr verkraften konnte. Ich konnte für mich selber keine Trauerarbeit leisten, da mein Vater der Ansicht war, dass er der einzige wäre der leidet und in seinem ständig alkoholisierten Zustand mit seinen extremen Wutausbrüchen einfach nurnoch unberechenbar war.
Jetzt, eineinhalb Jahre später, gerät die ganze Situation immer mehr außer Kontrolle. Auch wenn mein älterer Bruder und ich uns alle Mühe geben ihm die Hilfestellungen zu geben, die er braucht. Wir gehen für ihn einkaufen, so gut wie jeden Tag ist einer von uns beiden bei ihm, damit er nicht alleine ist und so noch mehr trinkt, mein Bruder fährt ihn zum Arzt und wir versuchen ihn immer wieder dazu zu bringen eine vernünftige Therapie zu machen, da die letzten drei Entgiftungen rein gar nichts bewirkt haben (wer nicht sieht, dass er ein Problem hat, dem bringt auch die beste Hilfe nichts...).
Erschweren kommt noch hinzu, dass mein Vater vor ein paar Jahren einen schweren Herzinfarkt hatte und das in seinem Alter (61), und auch generell, nicht auf die leichte Schulter zu nehmen ist, da die Nachwirkungen noch immer deutlich spürbar sind. Ganz zu schweigen von den vielen Medikamenten, die er deswegen nehmen muss und die eigentlich auch auf keinen Fall mit Alkohol eingenommen werden sollten.
Als Gegenleistung wird uns dafür nur Undankbarkeit entgegengebracht. Die Hilfe, die wir ihm anbieten, wird uns als etwas Böses unterstellt und die zusätzliche Arbeit, die wir haben, wird als Selbstverständlichkeit angesehen.

Darunter leidet natürlich einiges. Mein Bruder hat kaum noch ein eigenes Privatleben und ich merke auch, wie sich der zusätzliche psychische und physische Stress auf mein Studium und mein soziales Leben auswirkt.

Zu einem erneuten Höhepunkt ist das Ganze gekommen, als mein Vater vor einer Woche einen schweren Kreislaufzusammenbruch hatte (bedingt durch den Alkohol, den Mangel an Flüssigkeit und der Tatsache, dass er kaum etwas isst) und nun noch eine weitere Woche im Krankenhaus bleiben muss, weil sie dort zwangsweise eine erneute Entgiftung durchführen.
Was aber, wie die Erfahrung gezeigt hat, mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit wieder nichts bezwecken wird.

Mein Bruder und ich sind langsam am Ende unserer Kräfte. Aber einfach fallen lassen wollen wir unseren Vater auch nicht. Denn schließlich ist er eben noch immer unser Vater und wir wollen auf keinen Fall, dass er einen gesetzlichen Vormund oder ähnliches bekommt.

Das ist natürlich ein ganz schöner Batzen an Sorgen und Problemen, die da auf einen Schlag aufgetreten sind. Ausgesucht hätte ich es mir auch nicht, aber irgendwie müssen wir jetzt damit umgehen.

Vielen Dank fürs 'zuhören'.
Allerliebste Grüße,
Nina

Anwort von Sylvia

Grüß dich,

ich sag es immer wieder gerne, ich finde das Thema Alkoholiker sehr schwer. Ich habe selber schon Erfahrungen gemacht mit Alkoholikern. Und es ist immer wieder das Selbe. Man steht daneben, möchte so gerne helfen, den Menschen durch schütteln, damit er endlich zu Vernunft kommt. Aber nichts hilft. Ich habe mal einen schönen Spruch gelesen: Die beste Hilfe ist keine Hilfe. Leider müssen manche Menschen erst sehr tief fallen, bis sie wieder hoch kommen. Aber wie soll man das mit dem eigenen Vater machen? Die wenigstens können dann einfach sagen, lassen wir ihn. Aber indem ihr ihm immer wieder auf die Beine helft, gebt ihr ihm die Sicherheit, dass er so weiter machen kann. Wenn er Mist macht, gibt es ja immer wieder jemanden der ihn hoch holt.

Ich kann euch nur raten euch mit einer Beratungsstelle oder den anonymen Alkoholikern in Verbindung zu setzen. Die helfen auch Angehörigen und können euch besser sagen, wie ihr mit ihm umgehen sollt.

Liebe Grüße
Sylvia