Problem von Anonym - 16 Jahre

Hoffnungslos verknallt

Zuerst, bevor sich jemand die Mühe macht, den wohl oder übel bevorstehenden Sermon wirklich zu lesen, möchte ich gerne anmerken, dass ich nicht wirklich eine richtige Antwort benötige. Das einzige, was ich beabsichtige, ist, endlich mal alles loszuwerden, es abzustreifen, zu wissen, dass jemand wenigstens weiss, was die Überschrift besagt. Sollte ich eine Antwort bekommen, so brauche ich kein Eingehen auf meine Gefühle, sondern nur etwas in der Art "Ich habe gelesen, was du geschrieben hast und kann dich wenigstens teilweise verstehen".
Macht euch keine übermässige Mühe meinetwegen.

Also gut, zum bereits erwähnten Sermon:

Seit August letzten Jahres bin ich schwer und absolut hoffnungslos verliebt.
Sie trat nach den Sommerferien aus einer anderen Schule neu in unsere Klasse ein. Schon nach zwei Wochen war ich hin und weg, verloren sozusagen. Für mich ist das Liebe auf den ersten Blick, denn ich brauche immer etwas lange, um Emotionen richtig aufzubauen.
Ich war -und bin- hingerissen von ihrer Freundlichkeit, ihrer Leichtigkeit im Umgang mit anderen Menschen, von ihrer Fröhlichkeit und Lebendigkeit, von ihrer Ausstrahlung und natürlich von ihrer Schönheit.
Ich bin, um es in kurz auszudrücken, ein zeimlicher Loser. Ich mag mich selbst zwar (meistens) durchaus, aber ich kenne meine Schwächen.
Ich habe häufig Probleme im Umgang mit anderen Menschen. Ich kann mich nicht richtig anderen Menschen öffnen, weil ich ziemlich verklemmt bin. Schon das Schreiben dieser Zeilen hier, dazu noch über einen eigens erstellten Mailaccount, hat mich enorme Überwindungskraft gekostet.
Ausserdem bin ich häufig etwas seltsam, etwas geistesabwesend oder verträumt. Eher ein einzelgängerischer Typ. Des weiteren schaue ich nicht besonders gut aus und bin eher unsportlich.
Doch zurück zu ihr.
Seit jenen Tagen im Ausgust habe ich sie oft beobachtet. Ich habe ihre Bewegungen verfolgt, ihrer süssen Stimme und ihrem glockenhellen Lachen zugehört. Bei jeder Gelegenheit versuchte ich, einen Blick in ihre wunderschönen, sanften Augen zu erhaschen. Mann, muss ich dämlich ausgesehen haben, wahrscheinlich hat sie und jede andere Person meiner Klasse schon anfangs September von meiner Verliebtheit gewusst.
Ab und zu, so kam es zumindest meinem von Testosteron und Glückshormonen überfluteten Gehirn vor, hat sie den Blick auch etwas erwidert. Nicht feurig in irgendeiner Weise, einfach nur freundlich.
Ab und zu hatte ich das Glück, normal mit ihr sprechen zu können, und auch dann war sie nett zu mir, einfach nur freundlich und nett.
Das beides hat in irgendeinem Winkel von mir wohl wenigstens ansatzweise Hoffnungen geweckt, was mein Dilemma nur noch vertiefte.
Jede Minute, die nicht mit anderen Gedanken angefüllt war, dachte ich an sie, Tags und Nachts träumte ich davon, wie schön es wäre, sie zu berühren, die Süsse ihrer Lippen auf den meinen zu spüren. Doch immer war mir bewusst, das sie unerreichbar für mich ist. Der Grund bin ich, denn niemals, nie im Leben, hätte ich mich getraut, ihr oder irgendjemandem zu gestehen, was ich empfinde. Ich stottere so schon manchmal etwas, wie hätte ich da auch nur einen simplen Satz wie "Ich bin verliebt in dich" hervorbringen können?
Nun, jedenfalls traf mich im Dezember ein schwerer Schlag: Sie ging fort. Ich wusste das zwar schon vorher, da sie nur übergangsweise bei uns war, bis ein Platz in ihrem Schwerpunktfachbereich frei wurde, doch ich wusste nicht, wann es geschehen würde.
Zuerst war das ein Segen für mich, denn schon wenige Stunden, nachdem sie zum letzten Mal mit uns Unterricht hatte, dachte ich, ich könnte sie überwinden und endlich zur Ruhe kommen. Doch, oh weh, schon nach kurzer Zeit kam sie zu Besuch, an einem freinen Nachmittag in der Woche nach ihrer letzten Lektion an unserer Schule.
Wieder war ich ihr verfallen, verzweifelt wie zuvor.
Seitdem hielt ich jeden Tag auf der Bushaltestelle Ausschau nach ihr, sah sie auch zwei, drei Mal, und jede "Sichtung" war ein Ereignis für mich. Ich begann, meine Gefühle niederzuschreiben, dachte, ich könnte mit den tausenden von Wörtern, die ich bis heute verfasst habe, meine Verzweiflung und mein Verzagen in Bits und Bytes bannen. Wie verrückt muss man sein, um, mangels ihrer realen Anwesenheit, in blosse Gedanken und Erinnerungen, vermischt mit dem Alltag und sehnsüchtigen Wunschvorstellungen, verliebt zu sein, und dass obwohl man, also ich, bewusst weiss, dass keine Chance besteht, oder nur eine sehr, sehr, sehr kleine, die nur unter sehr unwahrscheinlichen Bedingungen bestehen würde, nämlich wenn im Umkreis von zwei Kilometern keine Menschenseele wäre
Und beinahe gelang es mir, nach fast einem halben Jahr selbsttherapeutischer Arbeit.
Doch wieder kehrte sie zurück, erneut trat sie in mein Leben, an unserem allerletzten Schultag.
Kaum sah ich sie, war ich schon wieder hin und weg, fühlte erneut dieses warme Gefühl im Bauch, welches ich in der vergangenen Zeit so oft empfunden und immer mit ihr in Verbindung gebracht hatte.
Ich war so nervös, dass ich sie nicht einmal richtig begrüssen konnte, ja ich bin förmlich vor ihr davongerannt, habe sie gemiden, obwohl es mein sehnlichster Wunsch war, ihr nahe zu sein, wenigstens mit ihr zu sprechen, sie lächeln zu sehen.

Und nun bin ich wieder dort, wo ich angefangen habe, als hätte ich eine Zeitreise in die Zeit meines Lebens gemacht, in welcher die grössten Zweifel herrschten.


Wer auch immer dies lesen mag, dem bin ich zu Dank verpflichtet, denn schon das blosse Niederschreiben der obigen Zeilen und das Anklicken des "Absenden"-Buttons unten an diesem Scriptfenster haben mir eine gewisse Last von den Schultern genommen.
Des weiteren möchte ich mich bei jedem eventuellen Leser für meinen zeitweise wirren und stets verschachtelten Schreibstil entschuldigen.

Jeanett Anwort von Jeanett

Hallo,

genau dafür ist der Kummerkasten da. Manchmal tut es einfach gut, sich mal ein bisschen Müll von der Seele zu laden, alles rauszulassen, was einen bedrückt. Ich freue mich, dass dich das erleichtert hat, und hoffe, dass deinen "Sermon" viele lesen werden.

Da du kein Statement möchtest, verkneif ich mir das hier auch. Nur ein klein wenig...

Du solltest unbedingt etwas gegen dein mangelndes Selbstbewusstsein tun. Es gibt keine wertvollen oder weniger wertvollen Menschen. Alle haben ihre Fehler, keiner ist besser oder schlechter als der andere. Solange du mit dir zufrieden bist und deine Schwächen akzeptierst, bist du glaubwürdig und anderen Menschen symphathisch. Aber auch deine Stärken solltest du dir ab und zu mal vor Augen halten. Klar, manche können einfacher auf andere Menschen zugehen, sind einfach locker - was anderen wieder schwer fällt. Aber mit ein wenig Übung kann auch ein kontaktscheuer Mensch lernen, Kontakte zu pflegen.

Denk nicht so viel über dich selbst nach, sonst verscherzt du dir solche Chancen wie diese hier. Woher willst du wissen, dass du nie eine Chance bei ihr hattest? Es gibt ganz sicher sehr viele Mädels, die gerade auf Typen wie dich stehen!

Viel Erfolg bei der nächsten Gelegenheit, ich hoffe, dann hats du aus diesem Fehler gelernt :)

LG Jeanett