Problem von Anonym - 21 Jahre

Liebe ich einen Geist?

Hallo ihr vom KuKa-Team,

Ich schätze Eure Arbeit sehr. Es gehört viel Einfühlungsvermögen dazu, sich die individuellen Probleme der verschiedensten Menschen anzuhören und ihnen brauchbaren Rat zu geben.
Bei meinem Problem handelt es sich um nichts allzu weit Hergeholtes und ich habe auch zahlreiche ähnliche Beiträge anderer gelesen, aber die konnten mir nicht weiterhelfen. Vielleicht auch deswegen, weil es sich in meinem Fall um eine leicht abgewandelte Variante handelt und mir Eure spezielle Einschätzung sehr wichtig ist. Entschuldigt, wenn ich etwas ausführlicher geschrieben habe, aber ich bitte Euch dennoch, alles aufmerksam zu lesen und Euch für die Antwort Zeit zu nehmen. Normalerweise spreche ich nicht gern über Gefühle, aber ich bin seit längerem so ratlos, dass es für mich wenig andere Wege gibt.

Vor knapp 5 Monaten(23.2.) war ich auf einem privaten Punkrockkonzert bei meinem Cousin in der Wohnung. Zu guter Musik traf sich Jung und Älter. Noch ziemlich am Anfang fiel mir eine junge Frau auf, die sich ebenso wie viele andere angeregt und locker zur Musik der Band bewegte. Sie gefiel mir auf Anhieb sehr gut. Ihre tiefen, dunklen Augen und ihre etwas zierliche Gestalt haben mich mit einem Schlag hingerissen und weckten ein (mittlerweile aufreibendes) Interesse an ihr. Im Weiteren hielt ich Ausschau nach ihrem Freund, denn ich war sicher, dass eine so hübsche Frau in annähernd 100 % der Fälle vergeben ist. Dennoch, ich fand niemand engeres an Ihrer Seite.
Gegen Ende des Abends, saß ich etwas müde(da ich damals im Prüfungsstress steckte) auf einer Couch und drehte eine Zigarette. Sie saß zufällig mit einer Freundin in der Nähe. Als diese wegging, schaute sie zu mir und ich im gleichen Moment auch zu ihr. Sie lächelte mich natürlich und tiefgründig an, obwohl wir uns beide gerade zum ersten Mal in die Augen sahen. Ich war überrascht, fast schockiert, dass mich ausgerechnet diese Frau, die ich so hübsch fand, völlig unabhängig davon anlächelte. In dem Moment war ich zu schüchtern, sie anzusprechen und tat so, als würde ich mich weiter meiner Zigarette widmen. Außerdem redete ich mir ein, dass es wirklich reiner Zufall war, dass sie mich anlächelte, um mir nicht sofort irgendetwas einzubilden, was nicht zutrifft.
Am nächsten Tag ging ich noch mal zu meinem Cousin, um ihre Handynummer ausfindig zu machen. Natürlich wusste ich nicht einmal ihren Namen und konnte sie nur äußerlich beschreiben. Als ich dann bei der erhaltenen Nummer anrief, stellte sich schnell heraus, dass diese nicht meiner gesuchten Frau gehörte und folglich meine Personenbeschreibung zu ungenau gewesen sein musste. An diesem Tag hatte sich vorerst alle Hoffnung auf ein baldiges Wiedersehen zerschlagen.

Dennoch sollte mir der Zufall eine weitere Gelegenheit zuspielen. Reichlich 2 Monate später (30.4.) veranstaltete unser jugendlicher Bekanntenkreis eine Open Air Fete im Wald mit Bier, Lagerfeuer, Musik und allem was sonst dazu gehört. Es kamen zahlreiche Leute und die Stimmung war bombig bis in den nächsten Tag. In den frühen Morgenstunden saß noch eine handvoll Leute vor den knisternden Überresten des Feuers (ich inclusive). Es war ruhig geworden. Ich konnte nur erahnen, dass neben mir eine Frau saß. Der Neugier halber drehte ich mich zu ihr hin, um zu sehen, wer sie war. Genau im gleichen Moment drehte sie sich zu mir und wir sahen uns mindestens eine halbe Minute, die mir vorkam wie die Ewigkeit, in die Augen. Sie hatte eine natürliche Schönheit, die meinen Blick magisch an dem ihrigen festhaften ließ. Mit einiger Überwindung wendete ich mich ab und starrte gedankenverloren ins Feuer, doch etwas Inneres trieb mich dazu, wieder nach rechts zu ihr zu schauen. Und tatsächlich blickte sie mich just im selben Moment ebenfalls an ? diesmal mit der Kapuze ihres Parker-Mantels, die über die Hälfte des Gesichtes gezogen war, sodass ich nur ihren Mund(der genau auf mich gerichtet war) und nicht direkt ihre Augen sehen konnte. Ich fühlte aber mit unerklärlicher Sicherheit, dass diese mich ansahen. Dieser ?Augenblick? dauert wieder eine kleine Ewigkeit, doch niemand sprach ein Wort von uns beiden. Ich nicht, weil diese ganze Situation etwas Geheimnisvolles hatte, das ich nicht durch ein Wort zerstören wollte, sie nicht, weil sie wahrscheinlich gerade das von mir erwartete. Außerdem fühlte ich Unbehagen bei dem Gedanken daran, dass alle anderen ums Feuer ruhig waren und wohl jedes einzelne Wort von uns mitbekommen hätten. Wieder drehte ich mich weg und blickte starr ins Feuer, während mein Kopf auf Hochtouren arbeitete. Wenig später stand sie auf und verschwand im Schutz der Dunkelheit in einem der Zelte. Unmittelbar danach fragte ich jemand links neben mir, wer die Frau war, die soeben noch rechts von mir gesessen hatte, aber niemand konnte sich auch nur daran erinnern, dass da gerade überhaupt noch jemand gesessen hatte. Etwas verstört stand ich auch auf, lief ziellos in der Dunkelheit umher, rief ?Hallo? und öffnete teilweise eins der Zelte. Ich flüsterte etwas hinein (sinngemäß: ?Ich suche jemand, aber der ist wohl nicht hier drin. Entschuldigung.?), und machte unmittelbar danach den Reißverschluss des Zeltes wieder zu. Es antwortete auch niemand. Mir blieb nur übrig, nach Hause zu fahren.

In den Vormittagsstunden(1.5.) gelang es mir, einem Kumpel einzureden, dass wir etwas von ihm auf der Fete vergessen hatten. Also fuhren wir noch mal auf die Wiese, wo noch viele der Übernachter herumsaßen und allmählich ihre Sachen zusammen suchten. Mir war von Anfang an klar, dass das, was wir suchten, sicher in meinem Schuppen stand. Mein Kumpel und seine Freundin suchten das Gelände ab, ich tat so als ob ich auch mitsuchte, spähte aber eigentlich unter den Leuten nach der Frau der letzten Nacht ? ohne Erfolg. Schließlich verlor mein Bekannter die Geduld und wollte wieder zurückfahren, da er natürlich nichts gefunden hatte. Notgedrungen stieg ich wieder mit in den Trabi zur Abfahrt. In der Nähe des Autos saßen Mädchen auf einer Wolldecke im Gras. Da wir die 4 beim Wenden des Trabis fast streiften, schaute ich zufällig zu ihnen.
Mich traf der Blitz. Ich sah urplötzlich und unerwartet in die Augen meiner schönen Unbekannten, die mich verzweifelt, fast schon wahnsinnig anlächelten. Schlagartig wurde mir alles mit einem Mal bewusst. Sie war nicht nur die Frau vom Feuer der letzten Nacht, sondern eben dieselbe Person, die mich bereits auf dem Konzert meines Cousins angelächelt hatte.
Das muss so auffallend ausgesehen haben, dass selbst die Freundin meines Bekannten davon merkte und mich verwundert darauf hinwies.
Ich schaute aus dem abfahrenden Auto in Ihre Augen, so lang dies möglich war, zwang mich zu einem verdutzten Lächeln, aber hatte keinen Mut, einfach auszusteigen, zu ihr zu gehen und sie anzusprechen, da sie ja mit 3 weiteren Mädchen da saß.
Ich wusste dennoch, dass es ein fataler Fehler von mir war. Wieder zu Hause, war ich total von der Rolle und rief schnellstens meinen Cousin an, der noch auf der Wiese war. Er sollte unauffällig zu den 4 Mädchen gehen und anhand meiner Beschreibung feststellen, wie die betreffende Person hieß. Allerdings konnte er unter den 4 Frauen keine ausmachen, auf die meine Beschreibung zu passen schien. Es war zum Verzweifeln. Ich ging noch mal zu meinem Kumpel der digitale Fotos gemacht hatte, aber auf keinem war sie drauf. Es kam mir langsam so vor, als ob ich mir diese Frau nur eingebildet hatte. Keiner konnte sich an sie erinnern, keiner hatte sie gesehen? Ich hatte nichteinmal ein Foto von ihr, auf dem sie jemand hätte erkennen können.

Nach einigen Tagen emsigen Recherchierens konnte ich sie allerdings doch mit Namen, Anschrift und Handynummer ausfindig machen. Ich erfuhr, dass sie gerade ein FSJ in Ungarn macht und bereits in wenigen Tagen wieder abfahren würde. Zudem bemerkte ich, dass wir auf ein und derselben Schule (sie ein Jahrgang unter mir) Abi gemacht hatten ? nur war sie mir komischerweise damals nie aufgefallen. Zuguterletzt fand ich heraus, dass sie zu der Open Air Fete ausgerechnet in dem Zelt geschlafen hatte, das ich damals in der Nacht geöffnet hatte.
Mich drängte die Zeit. Ich überlegte krampfhaft, ob ich bei ihr vorbeikommen, sie anrufen oder ihr per SMS alles Wichtige schreiben sollte. Ich entschied mich für Letzteres, indem ich ihr die jeweiligen Situationen beschrieb, in denen wir uns begegnet waren und (dummerweise) etwas poetisch hinzufügte, dass ich sie gern wieder finden möchte. Darauf kam etwas später eine recht unverbindliche Antwort, die alles offen ließ. Sie wusste von keinem Trabi aus dem ich sie angelächelt hatte und meinte stattdessen, dass ich ihr in Anbetracht der knappen Zeit einfach meinen Namen nennen sollte. Meine darauffolgende SMS, die meinen Spitznamen enthielt, blieb ohne Reaktion. Auch als ich einen Tag später nochmal an sie schrieb (sinngemäß: ?Du bist es, auch wenn Du Dich an nichts erinnerst?
Natürlich brauchst Du mir auch nichts dazu sagen, aber jetzt weiß ich, dass es Dich tatsächlich gibt?), kam nichts zurück. Unter diesen Umständen hielt ich es für sinnvoller vorerst nichts mehr zu unternehmen, da ich mich zusehends begann in eine Dummheit zu verrennen.
Dennoch war ich mit der bisherigen Lage alles andere als zufrieden. Eine Woche später(10.5.) rief ich bei Ihr zu Hause an und bekam unter dem Vorwand ein guter Bekannter zu sein, von ihrer Mutter ihre dienstliche Anschrift in Ungarn. Bald darauf(14.5.) schickte ich Ihr dahin einen Brief, in dem ich nochmals detailliert (und um einen sachlicheren Ausdruck bemüht) die jeweiligen Situationen beschrieb, sie kurz nach ihrem FSJ fragte und mit dem Schlussatz versah, dass ich sie wiedersehen möchte. Auch dieser Brief blieb unbeantwortet. Vielleicht ist er gar nicht angekommen, vielleicht wurde er auch nicht an sie weitergereicht, da ich ja lediglich die dienstliche Anschrift besitze.
Seit Wochen bin ich am Überlegen, ob ich ihr noch mal schreibe, sie einfach in Ungarn anrufe, oder eine e-mail schicke, aber ich komme zu keinem Ergebnis. Ich wüsste nicht, was ich sagen oder schreiben soll(allmählich gehen mir die Anknüpfungspunkte aus), ohne dass ich den Eindruck habe, langweilig oder oberflächlich zu wirken. Andererseits sage ich mir, dass es auch eine Grenze gibt, ab der man eine Frau mit zuviel Aufmerksamkeit nerven kann und ab der man nicht mehr wie ein ?Mann? auf sie wirkt. Frauen wollen doch auch selbstbewusste Männer und nicht unbedingt solche, die ihnen wie streunende Hunde hinterherlaufen, oder sehe ich das verkehrt?
Ich muss mir eingestehen, dass ich mich ziemlich stark in sie verliebt habe, so stark, dass ich mich jeden Tag von ihr beobachtet fühle. Es passieren auf einmal die originellsten Zufälle. Beispielsweise lese ich im Internet eine Geschichte, in der die Hauptperson ihren Namen trägt (der immerhin einen gewissen Seltenheitswert besitzt). Dann ist es auch passiert, dass ich im großen Bibliothekssaal mit vielen Tischen und Stühlen sitze und ausgerechnet mir gegenüber eine blau gefärbte Wasserflasche steht, auf deren Etikett als Marke ihr Name aufgedruckt ist. Eine Marke, die ich in noch keinem Supermarkt oder Getränkeladen gesehen habe?

Ich halte es in meiner WG kaum noch aus, denke daran, welche Gelegenheit ich schon verspielt habe und dass sich andere in diesen Situationen schon längst kennengelernt hätten. Am liebsten würde ich hier alles hinter mir lassen, und auf die Suche nach ihr aufbrechen. Sollte ich vielleicht ihre Freundin fragen, ob sie weiß, was sie von mir hält? Oder sollte ich zu ihrem Geburtstag im Herbst einfach mal spontan mit einem Strauß Rosen vor der Tür erscheinen? Eigentlich wollte ich diese Angelegenheit nicht groß herumerzählen, weil das ja auch die Gefahr in sich birgt, dass sie das irgendwann erfährt und dann denkt dass ich nicht verschwiegen sein kann.
Zum andern packt mich auf einmal die Angst, dass sie, wenn ich nichts unternehme, vielleicht wieder mit ihrem Ex-Freund zusammenkommt, sobald sie demnächst aus Ungarn zurückkehrt.
Ich grüble viel zu viel darüber nach und weiß, dass der einzige Ausweg ist, sie anzusprechen, aber ich denke immer, dass ich dabei zu langweilig herüberkomme, weil mir kein gescheites Thema einfällt und befürchte, dass das Gespräch irgendwann wieder verebbt und sie mich für total langweilig hält.
In der Zwischenzeit habe ich sie zweimal mitten in der Nacht auf dem Handy angerufen und auf die mailbox gesprochen (einmal nur das Wort ?Maiamazone?, beim nächsten Mal sinngemäß etwa: ?Wenn Du wirklich existierst, schreib mir doch mal zurück.?). Das war aber auch nur deshalb so einfach, weil ich jeweils vorher etwas getrunken hatte.
In den letzten Wochen zerreißt mich die Sehnsucht und die Neugier auf Sie so sehr, dass ich kurz vorm Durchdrehen bin. Jeden Tag sehe ich sie vor Augen und weiß, dass sie doch einmal so nahe war und ein Fingerzeig genügt hätte, um mit ihr in Kontakt zu kommen. All die bohrenden Fragen und Vermutungen über das was noch passieren kann, oder was ich verbockt habe, machen mich total fertig. Nebenbei ist an der Uni wieder Prüfungszeit, aber ich habe so gut wie keine Motivation für die Vorbereitung auf die Klausuren. Manchmal kann ich dem hierigen Leben absolut nichts mehr abgewinnen. Ich kann mich über nichts, aber auch gar nichts mehr so richtig freuen, solange dieses Problem existiert und ich an dieser Frau hänge.
Habe ich eine realistische Chance, dass sie trotz meinesVerhaltens, noch an mir interessiert ist und ich sie kennenlerne???

Bitte helft mir weiter. Ich weiß nicht, wie dieses Dilemma enden soll.

Grüße und Danke im Voraus

Dana Anwort von Dana

Grüße Dich!

Ein Geist scheint sie ja nicht zu sein, dann hättest Du keinen Namen etc. finden können. Für mich klingt es eher so, als hätten die Momente, in denen Du sie gesehen hast, für sie einfach weniger Zauber gehabt als für Dich. Unterschiedliche Menschen nehmen gleiche Situationen eben oft unterschiedlich wahr.

Wenn ich mich in ihre Position versetze, kann ich ihr Verhalten gut verstehen. Sie ist auf ein paar Partys - und Du siehst sie. Sie nimmt Dich aber nicht so wahr. Dann bekommt sie mit, dass ihr ein vollkommen Fremder so hinterherspioniert, alles über sie erfahren möchte und z.B. nachts anruft. Mir würde auch eher bange werden als dass ich mich freue.

Eine Chance kannst Du m.E. noch haben - aber den Kurs solltest Du ändern. Nehme den Dingen das mysthische, auch wenn es sich für Dich so anfühlt. Sie lässt es sich zurückziehen. Bis sie aus Ungarn zurückkehrt, dauert es nicht mehr allzu lang - jedenfalls klingt es in der Mail so. Bis dahin würde ich noch warten. Und dann den Mut sammeln und Kontakt aufnehmen. Sage ihr dann ganz einfach, dass Du sie kennenlernen möchtest und schlage ein Treffen vor. Und so sehr Du Dich wahrscheinlich danach sehnst - keines zu zweit. Vielleicht wieder eine Party o.ä.?

Alles Gute!
Dana