Problem von Kate - 16 Jahre

Mein Vater und ich

Hallo liebes Kummerkastenteam,

vorab erstmal: Vielen, vielen Dank für eure tollen Bemühungen. Ich lese mir oft die Probleme anderer durch und habe aufgrund eurer Antworten schon viel nützliches für mein eigenes Leben aufgreifen können.

Nun zu meinem Problem: Es geht um meine Familie, insbesondere um meinen Vater. Es ist so: Meine Mutter ist physisch krank und mein Vater ist streng gläubig. Als hätte ich nicht schon genug Probleme mit meiner Mutter (man kann aufgrund ihrer Krankheit nicht wirklich normal mit ihr reden, sie rastet ab-und zu aus, verhält sich in bestimmten Dingen überhaupt nicht wie eine Mutter), nein, mein Vater macht mir auch das Leben schwer.

Es gibt keinen Tag, an dem wir beide nicht miteinander diskutieren. Es ist eigentlich völlig egal, ob wir über's Wetter reden oder über schwerwiegende Probleme, wir haben immer Zoff. Meine Mutter hält sich aus den Sachen raus und mein 20-jähriger Bruder versucht immer zwischen uns beiden zu schlichten. Wenn er nicht da wäre würde ich glaube ich manchmal noch mehr ausrasten. Mein Vater macht mich einfach aggressiv. Sein ganzes Verhalten. Ich muss ihn nur sehen und ich könnte mich wieder aufregen. Zwischen uns beiden sind über die Jahre hinweg einfach zu viele Probleme entstanden, die immer wieder hochkommen. Ich kann ihn nicht mehr ausstehen, auch wenn es mein eigener Vater ist.

Er ist so völlig anders als ich. Für ihn ist immer alles toll. "Ach das wird schon", "Du musst nur mitspielen" sind seine typischen Sätze zu allem und jedem. Ich hasse diese übertriebene positive Art. Ich hingegen bin eher der Pessimist und da ist es ja nur wieder eine Frage der Zeit, wann der nächste Streit ausbricht. Oder auch neulich. Er hat zwei Drucker und wollte einen davon mir geben, obwohl ich selber einen habe und seinen Drucker auch nicht möchte. Also sage ich ihm, dass ich den Drucker nicht möchte, weil er viel schlechter ist als mein eigener. Und er? Er regt sich total darüber auf. Macht mich fertig, nur weil ich seinen blöden Drucker nicht will. Macht mir Vorwürfe, dass man in einer Familie doch zusammen halten muss usw. Ich glaube er hat sie nicht mehr alle, ganz im Ernst! Was soll das denn? Nur weil ich sein olles Ding nicht will?

Hinzu kommt, dass er total gläubig ist und ich mit Gott nichts zu tun haben will. Akzeptieren kann er das natürlich nicht, wieso auch, bin ja nur seine Tochter. Ich muss mir zu jedem Mittagessen seine blöden Andachten anhören und es macht mich wahnsinnig. Warum versteht er denn nicht, dass ich NICHT gläubig bin?

Aber mein momentan größtes Problem: Mein Bruder zieht bald aus und dann bin ich mit meinen Eltern alleine. Wie soll ich das nur aushalten?! Dann wird der Streit noch schlimmer. Mit meinem Bruder kann ich wenigstens reden. Aber wenn er nicht mehr da ist, hab ich keinen mehr. Mit meinen Freunden kann ich darüber auch nicht reden, weil einfach keiner so verrückte und kranke Eltern hat in meinem Umwelt wie ich. Ich fühl mich so schrecklich. Allein bei dem Gedanken, dass mein Bruder bald fort ist.

Ich komme mit meinem Vater nicht zurecht, egal wie sehr ich mich bemühe. Ich kann es einfach nicht lassen, ihm Sprüche reinzudrücken, wenn er wieder irgendeinen Blödsinn redet (z.B. bildet er sich immer ein, niedrigen Blutdruck zu haben, dabei hat kein Arzt das je bestätigt). Er redet und redet, meist davon nur Unsinn, und wenn ich dann sage "Was redest du da schon wieder" streiten wir uns erneut.

Manchmal schäme ich mich selber für meine Art. Ich bin nicht grad das perfekte Kind, das habe ich nie behauptet. Aber bei meinen Eltern kann man auch nur noch ausflippen. Ich bin meistens genervt und aggresiv, aber das liegt nicht daran, dass ich ansich so bin. Meine Eltern haben mich so gemacht. Mein Vater sagt mir immer "Lass deine Wut doch an deinen Freunden aus, aber nicht hier!" Aber bei meinen Freunden bin ich ja nicht aggresiv. Meine Freunde mag ich ja, sie verstehen mich. Meine Eltern hingegen haben überhaupt keine Ahnung von mir. Sie bilden sich ein mich zu kennen, aber ich weiß, dass sie mein wahres Ich nicht kennen. Und das finde ich irgendwie auch gut so. Ich will sie gar nicht mehr an mich heran lassen. Sonst machen sie mich noch vollständig kaputt.

Regelmäßig bin ich total fertig wegen meinen Eltern. Ich hasse sie von Tag zu Tag mehr. Manchmal denke ich mir dann auch wieder "Nein du hasst sie nicht, sie sind deine Eltern!" aber dann passiert wieder irgendetwas und ich würde sie am liebsten zum Mond schießen. Wie sie mich aufregen können, das lässt sich nicht mehr in Worte beschreiben!

Es tut mir Leid, dass ich hier meinen ganzen Frust in dieser Art und Weise abgelassen habe, aber alleine wenn ich darüber nachdenke, bin ich schon wieder auf 180. Hoffentlich habt ihr einen Rat für mich, ich wäre euch sehr dankbar.

Liebe Grüße und viel Kraft für eure Arbeit,
Kate

Dana Anwort von Dana

Grüße Dich, Kate!

Ein kleiner Tipp einfach mal vorweg: Wut und Aggressionen lassen sich hervorragend durch Sport abbauen. Wenn Du dann z.B. laufen gehst, Dich auspowerst, sieht die Welt gleich viel schöner aus. Probier es mal. Es funktioniert. Du bekommst den Kopf frei, die negativen Gefühle weg und zudem setzt der Körper Glückshormone frei.

Irgendwie ist es der klassische Fall: Beide Seiten erwarten Akzeptanz und Verständnis - aber keine Seite bringt es so richtig auf. So wie Dein Vater nicht verstehen will, dass Du nicht gläubig ist, bringst Du auch wenig Verständnis für ihn auf, nicht wahr? Die Andachten beim Mittagessen zum Beispiel. Anstatt Dich aufzuregen, kannst Du es auch einfach so akzeptieren, wie es ist. Das macht vieles leichter. Ich bin evangelisch getauft und habe mich im Laufe meines Lebens von diesem Glauben auch immer weiter entfernt - war aber zwei lange Jahre auf einer katholischen Schule, in der es jeden Montag Morgen Pflicht war, zum Gottesdienst zu erscheinen. Anfangs habe ich mich sehr dagegen gewehrt - katholisch sein war schließlich keine Aufnahmebedingung; wie kann es dann Pflicht sein, an der katholischen Messe teilzunehmen? Damit habe ich mir das Leben im Grunde unnötig schwer gemacht. Ich begann irgendwann, diese Zeit in der Kapelle einfach für mich zu nutzen (habe keine Fingernägel gefeilt *g*). Und genau das kannst Du vor dem Mittagessen doch auch tun; in Dich gehen, über den Tag nachdenken usw. Ein Pastor sagte mir mal, das sei auch ein Sinn des Gebets. "Zu sich selbst kommen".

Ich schreibe das alles nicht, weil ich Dir die Schuld in die Schuhe schieben möchte. Wenn zwei Menschen sich so in den Haaren liegen, liegt die Schuld so gut wie immer bei beiden. Aber Du kannst keinen anderen Menschen ändern, sondern nur Dich selbst und Dein Verhalten. Und je ruhiger Du selbst mit Deinem Vater umgehst, desto ruhiger wird auch er werden. Anderen Menschen können sich nur selbst ändern - wir können sie nur durch uns selbst darin beeinflussen.

Du könntest Deinem Vater auch vorschlagen, mit ihm zusammen zu einer Familienberatung zu gehen. Die meisten Städte bieten das kostenfrei an (schau einfach mal ins Telefonbuch). Ich denke, euch beiden ist daran gelegen, dass mehr Ruhe einkehrt. Und gemeinsam Lösungen finden, formulieren, was man sich wünscht usw. funktioniert oft besser, wenn das Gespräch von außen angeleitet wird.

Und noch etwas ist mir aufgefallen: Du lässt Deine Eltern nicht mehr an Dich heran, möchtest gar nicht mehr, dass sie Dein wahres Ich kennen - dann kannst Du natürlich auch nicht erwarten, dass sie Dich verstehen. Das funktioniert nicht. Ich kann mich nicht vor anderen verschließen und ihnen dann zum Vorwurf machen, dass sie mich nicht kennen und mich nicht verstehen.

Alles Gute!
Dana