Problem von Anonym - 31 Jahre

Wer bin ich?

Also... hier mein Problem... mit dem Verlieben hat es bei mir schon mal sehr lange gedauert, hatte in meiner Teenagerzeit eigentlich gar kein Interesse an der Liebe oder an Männern und im Wesentlichen war das auch danach kein Thema, das mich besonders berührte oder beunruhigte. So gesehen bin ich einfach eine klassische Spätzünderin, bloß dass ich mich dann zum ersten Mal gleich in eine Frau verliebt oder zumindest für sie geschwärmt hab. Mit ihr ist es natürlich nichts geworden, ich bin einfach ein extrem schüchterner Typ mit einer Menge Minderwertigkeitskomplexen und hätte mich niemals getraut, den ersten oder überhaupt einen Schritt zu tun, nachdem ich einfach gar keine Erfahrungen hatte und überhaupt in solchen Dingen bis heute ganz unbeholfen bin. Durch dieses "Ereignis" war ich dann aber doch gewarnt und musste mich mit 25 nun all den Problemen und Ängsten stellen, vielleicht lesbisch zu sein. Das war dann eine ziemlich schwierige Zeit und ich konnte und wollte mich auch niemandem anvertrauen. Trotzdem habe ich dann über Internet eine Freundin gefunden, mit der ich nun seit einigen Jahren zusammen bin und bisher auch sehr glücklich war. Ein richtiges Outing hatte ich allerdings nie, unsere Beziehung ist zwar emotional sehr eng, aber wir verbringen nur zwei oder drei Tage in der Woche zusammen, sonst hat jede ihr eigenes Leben. Diese Unabhängigkeit habe ich immer sehr geschätzt und dachte, dass das eben eine moderne Art der Liebe sei und für mich die einzige Möglichkeit, mit der Situation klar zu kommen, anders zu sein. Seit einem Jahr ist aber alles aus dem Konzept geraten und ich habe sogar das Gefühl, alles bisherige war irgendwie ein Irrtum. Das klingt schon ziemlich verrückt und ich weiß nun gar nicht mehr, was ich tun soll und kann auch überhaupt nicht mehr klar denken. Zum ersten Mal habe ich mich nämlich in einen Mann verliebt und ich kenne mich selbst nicht mehr, so intensiv ist das Gefühl. Wie ein Teenager liege ich nachts wach, denke dauernd an ihn, weine ständig und bin ziemlich verzweifelt, weil alles aus dem Lot gerät. Bisher habe ich vor und während meiner Beziehung immer nur für Frauen geschwärmt, Männer habe ich immer auf Abstand gehalten und wenn sich einer für mich interessierte, war ich so abweisend wie möglich. Irgendwie hab ich mich vor Männern immer gefürchtet und wollte sie nie zu nahe kommen lassen. Da ich ohne Vater aufgewachsen bin, dachte ich, das hängt eben damit zusammen und es lässt sich ohnehin nicht ändern. Vielleicht lag es aber auch bloß an meiner Schüchternheit und daran, dass ich selber nie den Mut hatte, auf jemanden zuzugehen und diejenigen, die trotz meiner ablehnenden Art auf mich zukamen, waren meist recht eingebildete Macho-Typen, mit denen ich nichts anfangen konnte. Jedenfalls weiß ich nun nicht mehr, wer ich eigentlich bin. Zu all dem kommt, dass der Mann, der mich nun komplett aus der Bahn geworfen hat, um einiges älter ist - 46 - (habe ich also einen Vaterkomplex?) und wahrscheinlich sowieso nicht an mir interessiert ist (ist aber immerhin nicht verheiratet und hat keine Kinder). Das kann ich aber so genau gar nicht sagen bzw. kenne ich mich mit Männern ja nicht aus, wenn ich das andererseits aber ohne mein ganzes Gefühlschaos von außen beurteilen müsste, würde ich vielleicht sogar sagen, dass er mich ziemlich gerne mag, sich aber mit meiner seltsamen Art nicht auskennt oder überfordert ist oder mich nicht zu Unrecht für unreif, dumm und kindisch hält. Ihm gegenüber bin ich nämlich nun ganz besonders schroff, zynisch und abweisend. Wir sehen uns einmal in der Woche, ich freue mich so sehr auf diese Begegnungen und habe gleichzeitig Angst, Angst davor, dass er meine Gefühle für ihn erahnen und mich durchschauen könnte, dass ich mir alles nur einrede, dass er mich nicht will, dass er mich wollen könnte, dass er mich will, ich aber alles kaputt mache oder längst kaputt gemacht habe, indem ich ihn so unmöglich behandle (sagt er etwas Nettes zu mir, gebe ich eine zynische Antwort, schaut er mich liebevoll an, wende ich mich ab, berührt er zufällig (?) meine Hand, ziehe ich sie demonstrativ weg, versucht er mit mir ins Gespräch zu kommen, sage ich gar nichts, drehe mich schnell um und gehe weg). Meiner Freundin habe ich meine Gefühle gestanden, sie will warten, bis ich mir über alles klar geworden bin. Ich weiß bloß nicht, wie ich mir über irgendetwas klar werden soll und wie und was ich nun eigentlich am besten tue und wer ich überhaupt bin. Wenn ich in mich hinein und auf mein Herz horche, dann glaube ich, dass er es ist, er oder kein Mann, zu dem ich mich hingezogen fühle und fühlen könnte und wünsche mir sehr, dass er nicht aufgibt und so behutsam vorgeht wie bisher, dass er viel Geduld hat und sich irgendwann trotzdem mehr traut ... wenn er tatsächlich etwas für mich empfindet, was aber zweifelhaft ist und immer unwahrscheinlicher wird, wenn ich mich weiterhin so furchtbar benehme. Ich kann aber kaum etwas dagegen tun, ich bin einfach immer so nervös und voller Angst, dass mir die Worte im Hals stecken bleiben und außer ihn von Zeit zu Zeit doch mal anzulächeln schaffe ich nichts. Aber reicht das aus, um ihm mein Interesse zu zeigen? Und mache ich mich damit nicht doch eher lächerlich? Wie finde ich das heraus und was kann ich als extrem schüchterner Mensch tun, um ihm zu signalisieren, dass ich ihn mag? Aber eine - ehemalige ? - Lesbe will er ja sowieso nicht, also sollte ich das alles vielleicht besser verdrängen und einfach nur Abstand halten und vielmehr meine Freundin, die das alles mitmacht, nicht länger mehr verletzen oder einen Schlussstrich ziehen und mich von der Liebe wieder ganz fernhalten so wie früher?

Dana Anwort von Dana

Grüße Dich!

Ich habe jetzt eine Zeit lang hin- und herüberlegt, aber mir will nichts einfallen, womit Du Deinen wahren, eigentlichen Gefühlen näher kommen kannst. Die Ursachen für das Verhalten können vielfältig sein. Das ergründen kannst ebenso nur Du. Vielleicht zusammen mit fachlicher Hilfe? Nagt die Kindheit noch immer so sehr an Dir? Ich denke, es würde Dir gut tun, all das mit einem Therapeuten zusammen aufzuarbeiten.

Wie Dein Leben sein soll, was und wen Du willst - das kannst nur Du selbst entscheiden. Und das hängt nicht davon ab, wer Dich will. Wenn Du Dich in Deinem Leben ein Jahr voraus träumst, wie sieht es dann aus? Wer ist dann an Deiner Seite? Solche gezielten Tagträumereien können helfen, diese Entscheidung zu treffen.

Alles Gute!
Dana