Problem von Anonym - 26 Jahre

Beziehung mit einer chronisch Kranken

Hallo, ich hab ein Problem mit meiner Freundin (27).

Sie hat eine chronische Darmkrankheit, Morbus Crohn, und das schon bevor wir uns kennenlernten. Hat sie mir zwar nicht verheimlicht, und damals, als wir uns vor drei Jahren kennengelernt haben, war auch alles nicht so schlimm.
Ich dachte ich könne damit umgehen.

Die Krankheit wurde aber immer schlimmer (blutige Durchfälle, Dauerbauchschmerzen, Schlaflosigkeit und noch ein bisschen mehr), und zwar etwa ab dem Zeitpunkt als wir zusammenkamen. Dadurch hat sie mittlerweile ihr Studium aufgeben müssen, weil sie von der Krankheit so gebeutelt ist, dass sie körperlich nichts mehr auf die Reihe kriegt. Sie muss ständig Cortison schlucken, und das ist ein Hammermittel.

Das Problem an der ganzen Sache ist, sie ist so unzufrieden mit sich selbst, dass sie ihren ganzen Frust an mir auslässt, weil sie mit der Sache nicht klar kommt. Ich habe mir immer Mühe gegeben, ihr beizustehen, und tu eigentlich alles in meiner Macht stehende, um ihr Mut zu machen, für sie da zu sein. Doch sie stößt mir immer wieder vor den Kopf. Sie ist aggressiv, dreht bei jeder Kleinigkeit die ich falsch mache durch. Sogar krasse Schimpwörter wirft sie mir an den Kopf, schmeißt mit Gegenständen nach mir und solche Sachen.
Wenn sie sich beruhigt hat, entschuldigt sie sich immer kleinlaut, und gibt zu, dass sie das alles nicht hätte tun sollen. Aber Tage später passiert es dann doch wieder, und hat sich absolut nicht unter Kontrolle.
Ich selbst versuche ruhig zu bleiben, nicht hinzuhören, aber teilweise eskaliert es dann doch, obwohl ich es nicht will. Wie würdet ihr reagieren, wenn eure Freundin mit Selbstmord droht, wenn ihr euch umdreht und nicht zuhören wollt?

Bis jetzt hab ich versucht, mir klar zu machen, dass das alles an den heftigen Medikamenten liegt, die sie nehmen muss (laut Recherchen ist das wirklich so). Aber so langsam verletzt mich ihr Verhalten so sehr, dass ich nicht mehr ohne weiteres über alles hinwegsehen kann. Wegen ihr habe ich die letzten drei Jahre so gut wie keinen Kontakt mehr zu meinen Freunden gehabt, selbst mein Bruder, den mir sehr viel bedeutet, ist nur noch selten da.

Ständig will sie, dass ich mich um sie kümmere, sobald ich Zeit habe (auch wenn ich keine habe, z.B. bei Klausurvorbereitungen). Für mich bleibt da nichts mehr übrig. Ich studiere vormittags, geh mit den Hunden raus, geh einkaufen, koche und muss dann den Rest des Abends mit ihr vor der Glotze rumhängen, weil sie nicht schlafen kann. Wenn ich doch mal früher ins Bett möchte, weil ich echt müde bin, steigt sie mir dermaßen auf's Dach, sie schreit, schimpft und kriegt voll die Kriese, nennt mich Egoist.

Schwer, meine Situation treffend zu beschreiben, aber ich kann nur aus meiner Sicht reden. Sie sieht das natürlich anders: Ich denk nur an mich. Stimmt, manchmal möchte ich auch mal für mich sein, Freunde treffen, aber das passt ihr immer nicht. Und selber mitkommen will sie nicht, denn mit meinen Freunden will sie nichts zu tun haben.

Eigentlich habe ich von der Beziehung schon lange nichts mehr. Aber wir wohnen zusammen, einen Auszug können wir uns beide nicht leisten. Außerdem tut sie mir trotz allem leid, denn ich weiß, dass sie ohne mich völlig aufgeschmissen ist, sie hat nämlich niemanden mehr. Nur Eltern, auf die sie immer schimpft, aber keine einzige Freundin mehr.

Ich möchte mich gern von ihr trennen, hab aber ein schlechtes Gewissen sie im Stich zu lassen, jetzt, wo ihre Krankheit ziemlich schlimm ist. Aber ich merke halt, dass ich mich selbst verliere, keinen Spaß mehr habe, nur noch deprimierter werde. Bin völlig ratlos was ich jetzt noch machen kann. Soll ich durchhalten? Ich weiß halt nicht mehr ob ich sie noch wirklich liebe, sie hat so viele Dinge zu mir gesagt, bei der jeder Mann längst nicht mehr geblieben wäre.

Sie ist ein körperliches Wrack geworden, die Kluft zwischen uns wird immer tiefer, jeder weitere Tag ist ein Risiko, sie wieder auf die Palme zu bringen und mir Beleidigungen anhören zu müssen, die ich nicht verdient habe.

Alles leidet darunter, mein Studium, meine Lebensfreude, alls.
Leute, was soll ich tun?

Anwort von Susi

Hallo Du!

Darf ich es mal ganz krass und direkt formulieren...? Du führst nur noch eine Mitleidsbeziehung.
Du bist mit ihr zusammen, weil sie sonst niemanden hat. Du sagst es selbst. Liebe ist da scheinbar nicht mehr

im Spiel. Du bist kein Krankenpfleger, kein Psychiater, kein Arzt und kein Kindermädchen. Du bist ihr Freund.

Ein guter noch dazu. Du hältst es wirklich lange aus und erträgst MIT ihr ihre Krankheit. Tief drinnen weiß

sie es bestimmt zu schätzen. Ihre Hilflosigkeit und Abhängigkeit frustieren sie, sie mag bestimmt nicht von

Dir abhängig sein, hat aber Angst Dich zu verlieren.
Sprich einmal mit ihren Eltern ganz offen. Dass Du nicht mehr kannst und es so nicht weitergehen kann.
Irgendwann ist auch bei Dir der Punkt erreicht an dem es nicht mehr weitergeht, und bevor Du Deine Energie verlierst solltest Du die Notbremse ziehen. Du musst keineswegs ein schlechtes Gewissen haben. Allein die Medikamente sind nicht schuld an ihrer psychischen Misere. Sie sollte hierzu wirklich einen Therapeuten aufsuchen. Chronische Krankheiten ziehen weite Kreise in allen Lebensbereichen, wie man sieht.
Aber dass Du als Prellbock für ihren Frust herhalten musst, ist nicht selbstverständlich! Sie möchte ja auch mit Respekt behandelt werden. Mit Verlaub - trotz ihrer Krankheit kann SIE das auch! Auch wenn sie sich danach immer entschuldigt - jeder muss das lernen: ERST denken, dann Reden!
Ich finde, Du musst nicht alles runterschlucken.
Es ist an der Zeit für ein klärendes Gespräch. Dass sie mit Selbstmord droht macht es zwar für Dich nicht leichter, aber in den meisten Fällen bleibt es bei Drohungen, aus Angst vor dem Zurückgelassen werden und aus Hoffnung, dieses 'Druckmittel' erfolgreich einsetzen zu können.
Erzähle ihren Eltern offen, dass sie Dir mit Selbstmord gedroht hat, Du darauf aber keine Rücksicht nehmen kannst und wirst. Der entsprechende Arzt oder Therapeut muss dann eben die Konsequenzen ziehen (notfalls Einweisung?!)

Du musst echt schauen, dass Du wieder Fuss fasst und Dein inneres Gleichgewicht wiederherstellst. Es macht keinen Sinn, sich für jemanden völlig aufzureiben und dabei selbst kaputt zu gehen!

Es tut mir leid, wenn alles ein bisschen hart und kalt klingt, aber eine Beziehung sollte man nicht aus Mitgefühl und Akzeptanz von Beleidigungen führen! Meinst Du nicht auch?
Du hast sie von Anfang an mit ihrer Krankheit akzeptiert, aber Du hast auch ein Recht auf ein eigenes Leben, ein bisschen Ablenkung mit Deinen Freunden! Das ist auch in jeder anderen Beziehung so! Kletten treibt den 'bekletteten' Partner nur noch weiter weg!
Das momentane Problem ist halt das räumliche, nicht wahr? In gewisser Weise seid Ihr also abhängig voneinander. Sieh zu, dass Du das änderst. Notfalls muss sie zu ihren Eltern oder diese besorgen ihr ein Zimmer. Du solltest Dich nach einer WG umsehen oder ähnlichem. Es gibt immer einen Weg!

Ich wünsche Dir ganz viel Kraft und alles Gute!

Ganz liebe Grüße
Susi