Problem von Gabriela - 46 Jahre

Zoff mit Tochter

Ich bin normalerweise nicht der Typ Mensch,der sich wo anders Hilfe holt,da ich bisher sehr gut alleine klar kam und mich glücklich schätzte keine schwerwiegenden Probleme zu haben.
Es soll nicht abwertend klingen,denn ich schätze Menschen die den Mut haben Hilfe in Anspruch zu nehmen.
Ich finde diese Seite hier sehr gelungen und wage auch mal den Versuch euch anzuschreiben und erhoffe mir eine baldige Antwort.
Mein Problem betrifft meine fast 15-Jährige Tochter und den Rest der Familie.
Sie war bisher ein ganz normaler Teenager,mit Macken und kleinen Problemchen,aber nichts was wir nicht ruhig klären konnten.
Sie besucht ein Gymnasium,hat super Noten,viele Freunde und wir hatten bisher immer ein sehr offenes Verhältnis.Man könnte fast sagen freundschaftlich.Ich habe immer im Inneren geschmunzelt, wenn meine Freundinnen mir erzählten, wie sie mit ihren Töchtern in diesem Alter nicht klar kommen.Seit einigen Wochen(seit sie auf der neuen Schule ist) ist es so,dass wir immer öfter uns streiten,oftmals wegen Kleinigkeiten,auch ihr Stil hat sich sehr verändert.Sie hat sich die Haare in schwarz gefärbt,trägt nur noch schwarze Klamotten,ok das hat mich nicht gestört,da bin ich sehr tolerant.
Vor den Sommerferien hat sie sich ein Bauchnabelpiercing gewünscht,wir hatten abgemacht ,wenn sie es ins Gymnasium schafft ,kriegt sie es.
Obwohl ich meinen Mann vor einem Nervenzusammenbruch bewahren musste bekam sie es ;-)
Ich finde ,dass ich ihr immer entgegen gekommen bin ,war auch nie übermäßig streng.Mir war immer wichtig,dass sie ehrlich zu mir ist und ich weiß,wo sie ist ,mit wem etc.
Mein Mann und ich haben noch einen 17-Jährigen Sohn und eine 11-Jährige Tochter.Mit ihren Geschwistern verstand sich Aylin immer super.Ihr großer Bruder war immer ein Vorbild für sie.Uns allen ist aufgefallen,dass sie sich immer mehr zurückzieht ,schließt sich in ihr Zimmer ein und hört so laut Musik,dass die ganze Wohnung bebt.
Wenn ich ihr dann freundlich sage,sie möge die Musik leiser stellen ,da sie nicht alleine wohnt ,schreit sie mich an ,ich solle ihr nicht auf die Nerven gehen.In solchen Momenten reißt auch bei mir der Geduldsfaden und ich schreie zurück,was normalerweise gar nicht meine Art ist.
Sie meint bei Marc (ihrem Bruder) würde ich nie so ein Theater machen.
Sie vernachlässigt auch ihre Schulpflichten,sie hat sich in den Ferien aufs Gymnasium gefreut,jetzt schreibt sie schon zum zweiten Mal eine 4.
Sie teilt sich mit ihrer Schwester ein Zimmer,doch immer öfter wirft sie sie raus.
Vor einer Woche ist mir endgültig der Kragen geplatzt,die beiden haben sich wieder mal ordentlich gezofft und sie hat ihrer Schwester ins Gesicht geschlagen.Ich wollte die beiden auseinander bringen und irgendwie hat sie versucht mich aus dem Zimmer zu werfen ,ich hab sie dann gepackt und ihr zwei Ohrfeigen gegeben.Hätte mein Sohn mich nicht festgehalten ich hätt sie echt übers Knie gelegt.
Ich war so geschockt vor mir selber,dass ich so die Nerven verloren habe.
Bis dahin habe ich nie eins meiner Kinder geschlagen.Die Stimmung an dem Tag war mies,meine Tochter weinte in ihrem Zimmer,weil sie natürlich auch sehr verletzt war.Ich fühlte mich sauschlecht und machte mir Vorwürfe.
Mein Mann hielt mich am Abend im Arm und meinte ich habe richtig gehandelt und hätte sie übers Knie legen sollen,damit sie weiß wen sie vor sich hat.
Er hat da eine andere Denkweise,obwohl er so gut wie nie bei der Erziehung reinredete,das war immer mein Ding.
Ich hab am nächsten Tag mit meiner Tochter geredet und sie um Verzeihung gebeten.Wir haben uns beide entschuldigt und versprachen uns in Zukunft die Situation nicht eskalieren zu lassen.
Ich erklärte warum ich so ausgerastet bin und sie meinte, dass es gut war dass ich sie in die Schranken gewiesen habe.
Ich habe jetzt Angst ,dass ich beim nächsten Zwischenfall die Nerven verliere.


Was sollen wir tun,damit wir in Zukunft besser miteinander klar kommen?

Anwort von Sylvia

Grüß dich Gabriela,

wenn man selber in der Situation steckt, dann empfindet man oftmals alles als schlimmer, als es in Wirklichkeit ist. Ich will dein Problem damit weiß Gott nicht als nicht schlimm hinstellen oder weniger wichtig, aber aus deiner Mail kann man raus lesen, das bei euch grundsätzlich eine sehr gute Basis vorhanden ist. Wenn du Dir mal andere Mails zu dem Thema hier bei uns durch liest, wirst du oft merken, dass genau dieses Basis schon immer gefehlt hat.

Das Dir die Hand ausgerutscht ist, ist natürlich nicht toll. Ich kann mich an genau drei Mal erinnern, als meiner Mutter die Hand in Richtung meines Gesichts ausgerutscht ist, ich war bei allen drei Malen in der Pubertät, ähnlich wie deine Tochter, und hab mir auch nichts sagen lassen. Heute lacht man über sowas, weil man sich das gegenseitig verziehen hat, an der Situation waren Beide nicht unschuldig. Ihr habt die Situation geklärt, das ist auch etwas, was viele nicht können. Ich denke es nach wie vor ungemein wichtig, dass du mit ihr redest. Vielleicht solltet ihr auch gewisse Regeln aufstellen, an die ihr euch Beide haltet. In dem Alter ist es ganz normal, dass manchmal die Boxen bis zum Anschlag aufgedreht werden müssen oder das man eben nicht immer Lust hat die kleine Schwester in der Umgebung zu haben. Natürlich geht das nicht immer, aber vielleicht könntet ihr gemeinsame Zeiten überlegen, in denen sie bestimmte Dinge darf und Zeiten in denen sie es eben nicht darf. Sie ist in einem schwierigen Alter, da werdet ihr immer wieder mal aneinander rasseln, natürlich sollte das nie wieder so eskalieren, wie es schonmal passiert ist. Wenn du das Gefühl hast, gleich könntest du die Kontrolle verlieren, dann verlass die Situation, geh raus, atme erstmal durch, solange wie du meinst, das es gut ist. Danach kann man immer noch mit ihr reden. Ich finde es eh manchmal besser, erstmal Streit Streit sein zu lassen, erstmal nachzudenken und dann darüber zu reden.

Alles in allem bin ich mir ziemlich sicher, dass ihr auch ohne die Hilfe von Außen, durch diese Zeit kommen werdet. Du bist eine gute Mutter, fang nicht an daran zu zweifeln. Es ist leider die Pubertät, aber die wird auch wieder vorbei gehen.

Zum Thema Noten wollte ich noch sagen, rede auch mal darüber mit ihr. Sie ist ja wohl von einer Realschule auf das Gymnasium gewechselt, das ist eine ungemeine Umstellung, da sollte man ihr vielleicht auch einfach Zeit geben, sich umzugewöhnen.

Liebe Grüße
Sylvia