Problem von anonym (m) - 23 Jahre

Eltern mischen sich überall ein

Hallo zusammen,

ich hoffe ich kann die Probleme mit meinen Eltern etwas in Worte fassen, auch wenn ich nicht so recht weiß, wie ich anfangen soll. Vielleicht hat ja irgendwer einen sinnvollen Rat für mich, wie ich mit der Situation umgehen kann. Weil so langsam treibt es mich in den Wahnsinn.

Erstmal vorweg: ich hatte über all die Jahre ein sehr gutes Verhältnis zu meinen Eltern. Hin und wieder ein paar Kabbeleien, aber wo gibt es die nicht. Jetzt bin ich mittlerweile 23, habe seit zwei Jahren eine Freundin und seit knapp einem Jahr drehen meine Eltern am Rad. Ich fange einfach mal mit dem aktuellsten Beispiel an.

Ich habe nach einem Streit vor 4 Monaten eine Freundin/Bekannte, die ich seit 15 Jahren kenne, im Affekt von meiner Kontaktliste in einer Internetcommunity gelöscht, weil sie sich eine kindische Aktion meiner Freundin gegenüber geleistet hat. JETZT hat sie das gemerkt und scheint furchtbar beleidigt, betrachtet unsere Freundschaft als beendet und hat sich erstmal bei meinem Bruder, ihrem besten Freund, ausgeheult, der das ganze brühwarm an meine Eltern weitergegeben hat. Die sind nun enttäuscht, weil ich sowas tue, ich würde ja alte Freundschaften mit Füßen treten und wäre undankbar usw. Abgesehen davon, dass sich die benannte Freundin eh kaum meldet (im Laufe der Jahre verschieben sich nunmal die Interessen), finde ich es albern Freundschaften über Internetcommunitys zu definieren. So ein Klick ist nunmal schnell getätigt (auch wenn es vlt manchmal dumm ist). Darüberhinaus glaubt mir auch keiner, dass das schon knapp ein halbes Jahr her ist, sondern man geht davon aus, dass meine Freundin eifersüchtig wäre und mich aufgehetzt hätte diese Freundin dort zu löschen. Das ist nur das aktuellste Beispiel.
Anderes Beispiel: meine Freundin und ich saßen mit meinen Eltern beim Abendessen. Plötzlich fing mein Vater eine Diskussion über gemeinsame Lebensführung an und hielt uns eine riesige, stockkonservative Predigt, dass man in einer Beziehung klare Aufteilung bräuchte und die Frau zu Hause die Pflichten übernehmen solle, während der Mann Geld verdienen geht, das müsse man ja beachten wenn man zusammen zieht, sonst haue das alles nicht hin - ganz klarer Wink mit dem Zaunpfahl. In dem Moment war ich leider zu baff was zu sagen. Im selben Atemzug fing er an mit deutlichem Seitenhieb auf meine Freundin über die Schädlichkeit und Sinnlosigkeit von Eifersucht zu referieren. Das ist auch nur die Spitze des Eisberges, meine Freundin muss sich in regelmäßigen Abständen Kritik anhören, dass man manchmal wirklich das Gefühl bekommt, man würde sie vergraulen wollen.
Vlt noch einer: bei mir steht berufsbedingt demnächst ein Umzug an, ich habe vor mir an meinem neuen Arbeitsplatz sofort eine Wohnung zu suchen und nach Möglichkeit auch dann mit meiner Freundin zusammenzuziehen (z.Zt. trennen uns leider noch einige hundert km). Mein Vater fing jedoch dann unverzüglich an mich anzustänkern, dass ich ja die erste Zeit wohl nochmal zu Hause einziehen könne, man müsse ja nicht sofort eine Wohnung nehmen, das koste ja nur Geld und daheim müsste ich ja auch nix machen usw. Für ihn schien das wohl schon (ohne mich je gefragt zu haben) beschlossene Sache. Ich komme mir das richtig unzurechnungsfähig vor.
Abgesehen davon kommt es immer häufiger vor, dass meine Post zu Hause geöffnet wird (obwohl ich z.Zt. außerhalb wohne bekomme ich einiges an Post noch nach Hause), mit der Ausrede man hätte den Empfänger falsch gelesen oder nur gesehen es sei von da und da und dachte es wäre für wen anders. Komischerweise bevorzugt immer Handy- oder andere Rechnungen, für die ich mir dann ne Standpauke anhören darf wieso ich denn so viel Geld für Unsinn ausgeben würde (obwohl ich selbst verdiene). Alles immer mit dem Hinweis man würde mich natürlich nicht kontrollieren sondern mich vor Schaden bewahren wollen.
Und jetzt noch als letztes vlt: anfangs hielt sich die abendliche Anruferei in Grenzen, mittlerweile rufen meine Eltern tlw 2-3 am Tag (!!) bei mir an, nur um mir sinnlose Fragen zu stellen, was ich mache, wo ich gewesen bin, was ich mir zu essen mache, wieso ich das und das nicht mache, ob ich dort und da schon gewesen bin o.ä. Wenn ich mal außer Haus war kann ich sicher sein einen unbeantworteten Anruf auf meinem Telefon zu haben, wenn ich zurück bin. Neugier ist wirklich ihr zweiter Vorname.
Ich habe tlw wirklich das Gefühl, dass sie mir mein Leben gerne haarklein vordiktieren würden. Mein Bruder (20) hingegen kann den ganzen Tag, auch über Nacht, mit wildfremden Leuten, hingehen wohin er will. Er kann auch gesagt haben er kommt zum essen, kommt dann aber zu spät oder gar nicht und keinen interessiert es. Hat er Zwist mit Freunden mischt man sich da aber nicht ein, weil es einen ja nicht angeht. Er wechselt seine Kerle (es ist schwul) in letzter Zeit wie andere ihre Unterhosen, aber das ist ja auch seine Sache. Nur bei mir wird in alles reingeredet und jeder kleine Furz negativ kommentiert bzw. meine Freundin dafür verantwortlich gemacht.

Leider war ich bisher zu gutmütig und diplomatisch um in den meisten Situationen so richtig auf den Tisch zu hauen. Ich bin einfach wer, der Probleme lieber auf die diplomatische Art löst oder aussitzt. Darüberhinaus schreibt man mir eh jede Ernsthaftigkeit ab, da ich ja ohnehin von meiner Freundin fremdgesteuert bin. Ich fühle mich von meinen Eltern einfach nicht als erwachsener Mensch ernst genommen, da egal was ich mache immer ein Grund gefunden wird, warum es scheiße ist oder warum ich das ja selber gar nicht will sondern meine Freundin. Und das ganze auf die "harte Tour" zu lösen, ist eben nicht meine Art und ich habe in dem Fall auch Angst davor, dass es zu einem Streit führt, der eskaliert und einen Spalt in entweder meine Beziehung oder meine Familie treiben könnte und das möchte ich beides nicht. Ich liebe meine Freundin über alles und kann nicht akzeptieren, dass sie an allem schuld sein soll und immer wieder kritisiert wird. Ich kann es aber auch nicht verstehen, dass meine Familie, die ja eben meine Familie ist, sich mir gegenüber so verhält. Das zerreißt mich innerlich.

Naja, aber ich glaube das ist jetzt genug geschrieben...sonst liest das ja keiner. ;) Ich hoffe, dass irgendwer einen guten Tipp für mich hat. Ich weiß echt nicht mehr, wie ich mich weiter verhalten soll, weil es echt immer schlimmer wird.

Vielen vielen Dank auf jeden Fall an alle von euch, allein schon fürs lesen und zuhören.

Dana Anwort von Dana

Grüße Dich!

Es ist ja faszinierend, dass es Menschen gibst, die einen schwulen Sohn akzeptieren, aber gleichzeitig die alte Rollenverteilung für das einzig Wahre halten. Ich hätte nicht gedacht, dass beides die Einstellung des gleichen Menschein sein kann.

Kann es sein, dass sie mit Dir so umgehen, weil sei es können, weil Du es Dir gefallen lässt? Zieht Dein Bruder mehr Grenzen?

Zu sagen, was stört, was man möchte und was zu viel ist, kann einen Streit provozieren, keine Frage. Aber einfach aushalten, wird eines Tages ebenso dorthin führen. Und dann wahrscheinlich umso heftiger, weil es aus Dir herausplatzen würde. Und so arg werden die Vorwürfe gar nicht sein, dass gleich das gesamte Eltern-Sohn-Verhältnis auseinander reißt.

Ziehe selbst mehr eigene Grenzen. Wenn sie etwas sagen oder tun, was Dir gegen den Strich geht, dann spreche das auch deutlich aus und ziehe Konsequenzen. Meine Post würde ich als erstes nicht mehr an das Elternhaus schicken lassen, ggf. kannst Du einen Nachsendeantrag stellen, um dann überall die andere Adresse anzugeben. Stehe für das ein, was Du willst - das mag Streit hervorrufen, aber ich halte das immer noch für den besseren Weg, als still zu ertragen.

Alles Gute!
Dana