Problem von Sandy - 27 Jahre

Psychokiste Elternbeziehung

Hallo liebes Kummerkasten-Team,
meine Email wird lang, aber ich muss es so schildern um vielleicht ein wenig verstanden zu werden. Mein Problem betrifft in erster Linie meine Eltern und ist so schwierig zu beschreiben, weil es meines Erachtens nach rein auf psychologischer Ebene begründet liegt. Es geht genauer gesagt um meinen Vati. Er hat eine schwere Kindheit hinter, die sich in Form von Gewalt, Unverständnis, Hunger, Mangel an Liebe und Geborgenheit, Obdachlosigkeit, Unterforderung und Psychoterror zeigte. Dies hat ihn sowohl körperlich, als auch seelisch sehr krank gemacht. Er hat viele Psychotherapien hinter sich. Er lernte meine Mutti dann mit 18 kennen und sie gründeten mit 19 eine Familie. Das Blatt schien sich ins Positive zu wenden. Er war der liebste Vati der Welt und ich als Erstgeborene war sehr auf ihn fixiert. Jedes Wort meines Vaters war Gesetz. Es richtete sich alles nach ihm, er ist innerhalb der Familie immer der dominante Part gewesen. Da ich ein Papa-Kind war, habe ich als Kind in hohem Maße seine Weltanschauungen und Meinungen angenommen, was mich jedoch selbst (wie ich jetzt als Erwachsene selbst herausgefunden habe) krank gemacht hatte und die teilweise einfach nicht in Ordnung oder gesund sind, zum Bsp. dass jeder Mensch gleich böse ist, wenn er mal eine andere Meinung oder Lebensweise hat. Ja, wir sind uns schon in manchen Dingen ähnlich, aber er hat immer sein ganzes Wesen auf mich projiziert und mich nicht als eigenständigen Mensch gesehen. Das hat mir eher geschadet, zumal das nicht ganz stimmt, denn ich habe auch Verhaltensweise von meiner Mutti. Von klein auf leide ich an Trichotillomanie, verfüge über sehr wenig Selbstvertrauen, hadere ständig mit mir und habe ständig Angst und überprüfe, ob ich nicht auch wie mein Vati werde. (Man muss dazu sagen, seine ganze Verwandtschaft ist so seltsam. Wir haben auch gar keinen Kontakt. Ich würde diese Sippe allgemein als bösartig, unzufrieden, psychopathisch und neiderfüllt beschreiben.) Aber gut, ich bin soweit in der Lage, die Probleme selbst zu erkennen und mich weiter selbstständig zu entfalten, nachdem ich 2003 zu Hause ausgezogen bin und studiert habe. Und das soll auch gar nicht weiter Gegenstand meines Problems sein. Ich mache mir einfach Sorgen um meinen Vati. Er war schon immer ein schwieriger Mensch, legt jedes Wort auf die Goldwaage, jeder Blick könnte das Aus jeglicher Kommunikation sein, man kann es ihm einfach nie rechtmachen, man kann nicht normal mit ihm kommunizieren, er sieht sich als Nabel der Welt, ist absolut nicht kritikfähig, hat Schwierigkeiten, soziale Kontakte zu knüpfen, hat kein Selbstbewusstsein und nimmt sich jedoch viel zu wichtig. Und er ist hypersensibel, wenn es um ihn geht, aber das komplette Gegenteil, wenn es um seine Mitmenschen geht. Er beleidigt zum Bsp. meine Mutti mit herabwürdigenden, geringschätzenden Worten, erwartet aber im Gegenzug vollstes Verständnis. Kurzum: Er verlangt seinen Mitmenschen Übermenschliches an sozialer Intelligenz ab, was er selber nicht im Geringsten erfüllen kann, auch wir als Familie nicht (Ich habe noch vier Geschwister). Dabei hat sich immer alles nach ihm gerichtet, wir sind regelrecht darauf programmiert, wie man was formulieren oder sich verhalten muss um nicht anzuecken oder die Stimmung zu zerstören. Wir haben wirklich immer alle vollstes Verständnis wegen seiner Kindheit gehabt, gerade meine Mutti. Sie hasst seine Mutter leidenschaftlich, aber selbst das wirft er ihr vor. Würden sie sich jedoch blendend mit ihr verstehen, wäre es auch nicht richtig. Ein außenstehender Mensch, der meinen Vati nicht kennt, könnte überhaupt nicht mit ihm umgehen. Kurz gesagt: Mein Vati käme allein draußen in der Welt nicht zurecht, weil nur die Familie ihn trägt und so akzeptiert mit all seinen Launen und immer wunderlicherem Charakter. Es ist einfach insofern schlimm, weil er in keinster Weise dankbar ist und sein Leben so akzeptiert wie es ist. Es fällt schwer, noch Verständnis für jemanden aufzubringen, der im Gegensatz fast schon bösartig zu seiner Familie GEWORDEN ist. Meine Geschwister und ich haben fast kapituliert, auch meine Mutti, die es sich wirklich zur Lebensaufgabe gemacht hat, ihm zu helfen, damit er glücklich ist. Er jedoch tyrannisiert, wo er nur kann, inszeniert Probleme, dreht die Dinge so, wie sie gar nicht sind, lenkt Dinge in die Richtung, dass er als Opfer da steht oder erzählt Unwahrheiten. Zudem ist er extrem eifersüchtig, würde meine Mutti am liebsten zu Hause festbinden. Beide sind selbstständig und haben ein kleines Reinigungsunternehmen. Aber auch im Arbeitsleben macht er ihr das Leben schwer, ist ständig negativ, übel gelaunt, regt sich über jeden auf, der was Falsches sagt. Meine Mutti hingegen ist eine Frohnatur und bräuchte eigentlich jemanden, der mit ihr zusammen die schwere Arbeit durchzieht, an einem Strang zieht, ein Privatleben gestaltet. Und wenn sie bei der Arbeit lacht, dann ist das schon wieder ein Grund, ihr Böses in Form verbaler Vergewaltigung anzutun. Dazu kommt, dass meine Mutti das Unternehmen aus eigenem Antrieb gegründet hat trotz verbaler Niedertracht meines Vatis. Mein Vati hat sie nie dabei unterstützt bzw. es ihr noch ausgeredet. Außerdem kam er nicht damit klar, dass sie dann die Geschäftsführerin war und er aus rein finanziellen Gründen der Angestellte. Da kam die Frage der Macht wieder ins Spiel und weil meine Mutti in dieser Konstellation mal wieder das Letzte war, hat sie nachgegeben und nun ist es so, dass mein Vati der Geschäftsführer des Ganzen ist und meine Mutti ihrs aufgegeben hat und rein formal ihm unterstellt ist. Sie hat sich ihr ganzes Leben zurückgenommen, sich für ihn verbogen, sich ihm untergeordnet. Er lässt ihr keine Freiheiten und wenn Sie ihr Leben in Form sozialer Kontakte gestalten will, dann ist er neidisch. Ich finde, was hier passiert ist irgendwie Mobbing in der Ehe. Das Schlimmste aber ist, dass sich mein Vati selbst nicht mehr erkennt. Er verzerrt die Tatsachen, sieht sich als Opfer meiner Mutti und seiner Familie, wir würden ihn treten, wären undankbar, sind ihm förmlich eine Last oder aber bereut die große Familie bzw. ist auch da meine Mutti dran schuld. Er wirft ihr Sachen vor, die schlichtweg nicht stimmen und die er eigentlich macht. Er erkennt die Realität nicht mehr. Meine Mutti sagt manchmal: Es ist wie, als hätte er eine Spiegel im Kopf. Er sieht nicht, dass er der Übeltäter in der Familie ist, der sämtliche Beziehungen zu seiner Frau und seinen Kindern systematisch zerstört. Er erkennt es einfach nicht, dabei wäre Selbsterkenntnis der erste Weg zur Besserung. Dabei hat er eine tolle Familie wie ich finde und ich überlege ständig, was ich tun könnte. Aber gerade mir schlägt schon eine gewisse Verachtung entgegen und ich bin mir keiner Schuld bewusst und hab ihm nie etwas getan. Ich bin aber auch die Empfindlicheste und diejenige, die ihm am ähnlichsten ist. Vielleicht ist das der Grund. Keiner hat ihm je ernstlich Sorgen bereitet, alles hat sich immer nach ihm gerichtet. Dieses ganze Verhalten hat sich aber in den letzten Jahren noch weiter verschlimmert. Früher war es so, dass er tagsüber noch relativ normal und zugänglich war, auch ab und an lachte, und nur abends wirres, unzusammenhängendes Zeug redet, durch die Wohnung schleicht, einfach so dasitzt und in sich hinein brütet und nebenbei psychopathisch summt. Hier ein paar Bsp: Er spricht oft davon, er will nach Amerika, aber er tut es einfach nicht und wirft es meiner Mutti vor, sie würde ihn nicht lassen. Aber auch das stimmt nicht. Sie würde es ihm schriftlich geben. Oder aber ich wollte ihm beim Saubermachen helfen: Mehrmals hab ich ihn gefragt, wann es losgehen soll. Es gab immer einen Grund, warum es noch nicht ginge. Gut, ich sagte ihm, er sollte RECHTZEITIG Bescheid geben, wann es soweit wäre. Letztens fragte ich ihn wieder, was jetzt eigentlich wird und er meinte: "Du hättest jederzeit mitkommen können, aber tja, du warst ja nie da!" Was soll man dazu noch sagen?? Oder zur Jugendweihe: Es wäre stressig für ihn geworden, daher haben wir Kinder unsere Hilfe angeboten, damit er mitfeiern kann. Er wollte aber keine und meine Schwester meinte noch zu ihm: "Aber nicht, dass du es uns dann vorwirfst, du hättest alleine dagestanden." Das Ende vom Lied war: Er ist eher von der Feier gegangen, hat bei der Arbeitsstelle gleich noch demonstrativ übernachtet und wir alle waren hinterher das Letzte und er stand angeblich alleine da!! Oder: Er hat sich um seine Balkonpflanzen gekümmert und dabei wollte er eine entsorgen. Dann aber meinte er, ich könnte sie mitnehmen. Nun vergaß ich jedoch die Pflanze und fragte am Tag darauf noch einmal danach. Seine Aussage: "Tja, nun ist sie meine und steht im Schlafzimmer." Es zerrt so an den Nerven, was er veranstaltet und wie er sich gibt und das ist nicht mehr zum Aushalten. Er hat so ein Machtbedürfnis, welches er in der Familie ausspielen will. Letztens musste ich an den PC, da hat er ihn einfach unter fadenscheinigen Ausreden gesperrt. Er ist böse geworden und man fragt sich manchmal noch, ob man wirklich helfen kann, will und soll. Vielleicht ist er auch unterfordert, denn an sich ist er kein dummer Mensch. Oder ist es die entsetzliche Unzufriedenheit, weil er sich nie entfalten konnte? Oder ist es so ein Gen? Oder einfach dieser hässliche Charakter, wie er nun einmal in dieser Verwandtschaft vorzufinden ist? Ja, und so geht das seit vielen Jahren und es hört nicht auf. Ich möchte gern irgendetwas unternehmen, denn es kann nicht mehr so weitergehen. Meine Frage: Gibt es für die ein oder andere Verhaltensweise meines Vatis einen Fachbegriff, damit ich mich belesen könnte? Wie könnte ich mich/wir als Familie ihm gegenüber verhalten? Ein Gespräch ist aussichtslos. Er nutzt meist Totschlagargumente oder seine Aussagen haben eigentlich gar keine klare Aussage. Er weiß im Grunde genommen selbst nicht, was er will und ist widersprüchlich und zerrissen. Was könnte meine Mutti im Speziellen tun, denn eigentlich mache ich mir auch Sorgen um meine Mutti, denn sie fängt alles ab und ist die Zielscheibe sämtlicher menschlicher Niedertracht und Frustes?
Danke, dass ihr euch die Zeit nehmt, mein Problem zu lesen und mir vielleicht einen Tipp hinsichtlich dieser Psycho-Problematik zu geben, damit nicht vielleicht noch Schlimmeres passiert.

Dana Anwort von Dana

Grüße Dich, Sandy!

Was die Fachbegriffe angeht, muss ich leider passen. Wir sind weder Therapeuten noch Psychologen und haben für die Antworten meist auch nur unsere persönliche kleine Erfahrungsschatzkiste. Und von dem, was ich mir angelesen habe, will nichts auf Deinen Vater passen. Du kannst jedoch jederzeit das Gespräch mit einem Arzt über die Situation suchen, um mehr zu erfahren und auch Dich selbst nicht nur zu informieren, sondern auch ein Stück auffangen zu lassen. Die Situation scheint Dich ja schon sehr zu belasten und herunterzuziehen. Ich bin sicher, ein Psychologe hat einen weitaus besseren Rat, als ich ihn haben.

Wir können alle immer nur uns selbst ändern - nicht die anderen. Daher stellt sich die Frage, was ihr an euch und in eurem verändern könnt, damit es euch besser geht. Genauso ist Dein Vater für sein Wohl verantwortlich. Klingt jetzt sehr egoistisch 'jeder muss für sich schauen', aber gar so ist es nicht gemeint, sondern bezieht sich nur auf die Veränderungen.

Ihr fangt ihn nach wie vor alle mit auf; unterstützt, bietet an, seid da, nehmt Rücksicht. Sicher kann ich das gerade bei seiner Vorgeschichte auch nachvollziehen - aber wie soll da in ihm der Gedanke keimen, dass er Fehler macht? All die Rücksicht, das Verständnis, dass er über Jahre immer bekam, hat ihm mehr tun lassen, als sich ein anderer hätte herausnehmen können, nicht wahr?

Klare Grenzen ziehen, auch den Streit in Kauf nehmen und deutliche Worte - das wäre so mein Rezept. "So kannst Du nicht mit uns umgehen, weil..." Und sich dann auch zurückziehen und ihn allein lassen (natürlich nicht für immer). Er wird nicht von allein auf die Idee kommen, dass er Fehler macht, dass er ein Störfaktor ist. Nicht solange ihr alle ihn auch in Schutz nehmt.

Das ist meine Sicht auf die Dinge - aber wie gesagt, ich bin nicht vom Fach und es ist nur meine eigene Meinung. Vielleicht geht ihr einmal zusammen zu einer Familienberatung und holt euch dort den fachlichen Rat?

Alles Gute!
Dana