Problem von Patrizia - 22 Jahre

leibliche Mutter so nah und doch so fern

Hallo liebes Team vom Kummerkasten,
ich habe an meinem 18ten Geburtstag erfahren,dass ich adoptiert worden bin,damals brach für mich eine Welt zusammen.
Bis dahin war ich der Überzeugung ich hätte die besten Eltern der Welt.
Sie erzählten mir wie es damals dazu kam.Meine "Mutter" kann/konnte keine Kinder bekommen und sie haben sich entschlossen ein Kind zu adoptieren.
Eine damals gute Freundin/meine leibliche Mutter war eine Bekannte meiner Adoptivmutter und war hochschwanger.Sie war 23 und hochschwanger,mein leiblicher Vater wollte das Kind ,doch meine Mutter wollte mich nicht.Sie wollte studieren und Karriere machen.
Sie gab mich zur Adoption frei und meine "Eltern" adoptierten mich.
Ich hatte eine schöne Kindheit,supertolle Eltern und dachte nichtmal im Traum daran,dass ich adoptiert sein könnte.
Als ich 18 geworden bin ,diesen Tag werde ich nie vergessen,waren meine "Eltern" den ganzen Tag so komisch und am Abend weihten sie mich ein.
Ich war so geschockt,weinte nur noch und sagte das kann doch nicht sein.
Die nachfolgenden Tage schwirrten mir natürlich zig Fragen im Kopf herum,wer sind meine leiblichen Eltern,wie sehen sie aus,denken sie überhaupt noch an mich etc.
Meine Adoptiveltern zeigten mir ein Foto meiner leiblichen Mutter und sagten mir ihren Namen und meinten,wenn ich beruhigter damit bin kann ich sie suchen.
Ich suchte 2 Jahre lang und fand keine richtige Spur.
Ich gab mich mit dem Gedanken zufrieden,dass ich auch gut ohne sie kann.
Vor 3 Wochen geschah dann das Unfassbare.Ich war auf dem Weg nach Hause von der Arbeit und kam an der Bank vorbei.Auf dem Schaufenster stand mit großer Schrift geschrieben "Wir wünschen unserer Filialleiterin Vorname Nachname viel Spaß im Team ............ "
Ich schaute eine Weile verdutzt und fragte mich,kann es sein?
Das war der Name meiner Mutter !
Ich ging wie in Trance in die Bank und schaute mich erstmal um.
Ich ging zum erstbesten Schalter und fragte ob die Filialleiterin zu sprechen ist.
Keine fünf Minuten später stand sie mir gegenüber.Eine attraktive sympathische Frau die offensichtlich eine Karrierefrau ist.
Ich brachte paar Sekunden keinen Ton heraus und sie fragte mich wie sie mir helfen könne.Ich stammelte etwas von Bewerbung und sie sagte mir,dass sie tatsächlich Angestellte suchen.Sie fragte mich nach meinem Namen und als ich ihr den sagte schaute sie mir einige Sekunden tief in die Augen,da wusste ich sie ist es !
Sie verließ für einige Minuten den Raum und als sie wieder kam hatte sie einen ganz anderen Blick,sie schaute mir so gut wie gar nicht mehr in die Augen und drückte mir einige Formulare in die Hand.Sie schrieb mir ihre Handynummer und Emailadresse auf einen Zettel falls Rückfragen vorhanden sind.
Sie wünschte mir noch einen schönen Tag und verschwand schnell in einen anderen Raum.
Ich fuhr schnellstmöglich nach Hause und redete mit meinen "Eltern".
Sie meinten,ich solle sie anrufen,doch ich traue mich nicht.
Was ist,wenn sie mich gar nicht kennenlernen möchte und abweisend reagiert?
Sie wollte mich vor 22 Jahren nicht haben,warum sollte es heute anders sein?
Andererseits würde ich sie so gerne kennen lernen,mit ihr reden,wissen ob sie Familie,Kinder hat,warum sie mich damals weggegeben hat,warum sie sich nie gemeldet hat usw.
Ich will auch wissen wer mein Vater ist,das ist mir genauso wichtig.
Ich schaue mir fast täglich ihre Nummer an ,doch ich traue mich nicht sie anzurufen,hab mich auch nie wieder in der Bank blicken lassen,da ich doch einen guten Job habe und keinen suche !
Ich dachte schon daran,ihr eine E-mail zu schreiben,vielleicht finde ich da die besseren Worte,aber was soll ich schreiben?
Ich kann ja schlecht schreiben "Liebe Mama,......"
Mich plagt das so sehr ,denn ich möchte mehr über sie wissen,aber habe Angst,dass sie mich nicht kennenlernen will und ich dann enttäuscht bin.
Was würdet ihr tun?

Liebe Grüße Patrizia

Anwort von Sabine

Hallo Patrizia!

Um sagen zu können, was man machen würde, müsste man vielleicht in der Situation stecken. Ich persönlich bin von Natur auch neugierig und möchte es wissen und bin nicht bange Kontakt aufzunehmen. Ich weiß jedoch nicht, wie Du bist. Ich kenne Deinen Charakter nicht.

Verurteile sie heute nicht dafür, was sie für 22 Jahren entschieden hat. Sie hat damals vielleicht diese Entscheidung, Dich zur Adoption frei zu geben, aus der Not heraus entschieden. Sie wollte, dass es Dir besser geht, als Du es vielleicht bei ihr gehabt hättest.Du weißt nicht, was damals um sie herum passiert war oder ist oder ob sie in Not war, warum auch immer. Sie hatte damals ihre Gründe. Das sie Dich geliebt hat, daran zweifel ich sogar als Außenstehende nicht. Sie hat Dich 9 Monate unter dem Herzen getragen, Dir Dein Leben geschenkt. Sie hat Dich geliebt und es gewiss nicht leicht gehabt Dich herzugeben. Dennoch hatte sie damals wohl keine andere Wahl. Warum, dass weiß sie ganz alleine.

Wenn Du wirklich wissen willst, wie es zu Deiner Vergangenheit gekommen ist, dann schreibe ihr eine Mail. Du musst diese Mail nicht mit "hallo Mama" beginnen. Sie ist Deine leibliche Mutter, aber Deine Mama ist - denke ich mal - in Deinem Herzen Deine Mama, die Dich 22 Jahre aufgezogen hat. Stimmts? Entschuldige, wenn ich Dir da vorgreife, aber so sehe ich diese Angelegenheit in meinen Augen als Außenstehende.

Schreibei ihr ruhig um Gewissheit zu bekommen. Schreibe ihr eine Mail und stelle Dich höflich vor. "hallo, ich bin Partrizia...., am .... geboren und..... Wir haben uns am .... kennengelernt und ich ....."


Du hast Recht... es ist gar nicht einfach die Tür zu öffnen und die richtigen Worte zu finden. Ich stockte selber beim Schreiben. Aber vielleicht ist es genau das, was man machen sollte. Ehrlich sein und ehrlich schreiben. Sage ihr oder schreibe ihr, was Du denkst und fühlst und schreibe auch, dass es Dir schwer fällt die richtigen Worte zu finden.

Du hast ihre Reaktion gesehen und das sie ihr Verhalten geändert hat, als sie Dir gegenüberstand. Sie war wahrscheinlich genauso verunsichert und sitzt vielleicht genauso verunsichert vor Deiner e-Mail-Adresse.

Patrizia, was hast Du zu verlieren? Nichts. Du kannst höchsten dazu gewinnen. Gewinnen an Antworten. Selbst, wenn alles negativ ausfallen sollte und sich herausstellen sollte, dass alles nicht so ist und Du Dich vertan hast, kann man sich immer noch entschuldigen und sich verabschieden.

Eine andere Möglichkeit wäre noch, dass Dir Deine Mama beim Entwurf einer Mail hilft, wenn für Dich zuviele Gefühle dahinter stehen, dass Du nicht richtigen Worte findest.

LG, Sabine
und einen guten Rutsch ins Neue Jahr