Problem von Anonym - 19 Jahre

Meine Eltern setzen mich unter Druck

Hallo zusammen,

erst einmal will ich mich dafür bedanken, dass es euch gibt, dass man zu euch gehen kann mit seinen Problemchen und Sorgen :)

Mein Problem ist folgendes:

Eigentlich habe ich es gut mit den Eltern. Meistens.
Ich habe 2 ältere Geschwister. Die Älteste, N. ist bald 31, glücklich verheiratet mit ihrem so ziemlich ersten Freund und lebt seit 4 oder 5 Jahren (ich weiss es nicht mehr genau) nicht mehr im Elternhaus. Sie ist eben damals mit ihrem Freund ausgezogen, also mit 26 oder 27. Die mittlere Schwester, M., ist jetzt 29, und im Sommer vor drei Jahren ausgezogen, damals war sie also 26. Sie lebt allein. in einer Wohnung. Ich bin 19 und lebe noch bei den Eltern. Man sieht: ich bin der Nesthaken.

Beide Schwestern wohnen in der selben Stadt, eigentlich beide sogar etwa 10 Minuten mit dem Bus entfernt. Meine Eltern sind Akademiker, haben studiert, haben danach geheiratet, alles wunderbar gutbürgerlich. Meine Schwestern haben beide studiert und gehen jetzt ihren Berufen nach. Während dem Studium wohnten beide noch im Elternhaus.
Nun zu mir. Ich halte es langsam nicht mehr zuhause aus. Wir alle drei sind ziemlich ehrgeizig und wollen es weit bringen im Leben. Meine Mutter hat jedoch das Gefühl, dass es ohne ihr Einmischen nicht geht. Vor allem bei mir. Bis zur Matur war es meistens so, dass sie geistig "mit mir gelernt und gelitten" hat, mich ständig angetrieben hat, gute Noten zu erzielen, denn die seien wichtig für die spätere Berufsplanung. Jetzt, da ich seit einem halben Jahr studiere, ist dieses offensichtliche Antreiben zum Glück schwächer geworden. Um diese Sache gab es früher grosse Krisen, ich lasse mich nicht gerne leiten, sondern bestimme lieber selbst, was ich will. Es ist doch einfach ein besseres Gefühl, sich sicher zu sein, dass man aus eigenem Antrieb gut abgeschnitten hat in einer Prüfung als überlegen zu müssen, ob man es auch geschafft hätte, hätte die Mutter nicht solchen Druck gemacht, oder?

Es gibt eine Studienstiftung, die Studenten mit ausgzeichneten Leistungen hilft. Für die muss man sich bewerben. Man kann sich aber Zeit lassen, denn es gibt kein Abgabedatum, man muss es nur 2 Jahre vor Studiumabschluss tun (und davon bin ich noch ganze 5 Semester entfernt). Nun ist meine Mutter von dem Gedanken besessen, dass ich das so schnell wie möglich tun soll. Ich selber will mir liebr noch etwas Zeit lassen. Man muss Aufsätze schreiben über Themen wie "Was will ich in meinem Leben", und das geht nicht von einem Tag auf den andern. Ausserdem habe ich jetzt Semesterferien.
Direkt nach der Matura habe ich angefangen zu studieren. Wegen der Bolognareform wurde der Studienbeginn vorverlegt, sodass ich knappe drei Wochen hatte, mich von den Maturprüfungen zu erholen. Die meisten meiner Klasse machten lieber ein Zwischenjahr. Ich entschied mich dagegen, auch, weil ich wusste, dass ich mich mit einer enttäuschten und unzufriedenen Mutter zuhause sowieso nicht wirklich erholt hätte. Ich würde ja auch Gelegenheit haben, neue Leute kennenzulernen, das Studium ist ja an sich wirklich eine tolle Zeit im Leben. Das Semester war hart, was nicht anders zu erwarten war. Ich habe mich dementsprechend auf das Lernen eingestellt. Die Prüfungen waren stressig und ich war froh, diese paar Wochen Semesterferien zu Entspannung zu haben. Ausserdem würde ich in dieser Zeit arbeiten, um meine Kasse aufzubessern. Die Bewerbung fürbesagte Studienstiftung wollte ich nebendran ohne Druck erledigen. Doch meine Mutter will das irgendwie nicht...
vorher ist sie ins Zimmer gekommen. Ja, ich mache ihr und dem Vater einen grossen Stress, ich sei faul, sitze nur herum, sie frage mich ständig wie es mit der Bewerbung vorangehe und ich würde nichts tun. "Weisst du was, du willst das doch gar nicht. Schalt den Computer ab, geh ins Bett (sic! um 20.00 Uhr??) und schreib dir die Studienstiftung ab, du willst ja doch nichts im Leben erreichen. Du machst mich ganz verrückt vor Sorge, mach doch lieber gar nichts, so wie dus doch willst", und dies in diesem sarkastischen, vorwurfsvollen Ton. Auf meine Bemerkung hin, dass ich nun sehr wohl mit den Aufsätzen angefangen hätte, kommt wieder der gleiche Vorwurf (leicht andere Satzstruktur, aber ja).

Ich bin es leid, diese Vorwürfe zu hören, diese versteckten Befehle, was ich tun solle, wie ich es tun solle, und wie schnell ich es tun solle, sonst dies und jenes. (Das ist ihr Erziehungsstil, oder besser gesagt ihre Methode, zu erreichen, was sie will.) Ich will ausziehen. Ich hätte es sowieso irgendwo zwischen dem Assessment (dem ersten Jahr an der Uni, da wird vor allem gefiltert, in der Schweiz gibts nämlich keinen Numerus Clausus für Wirtschaft) und dem ersten Uni-Abschluss (dem Bachelor) gemacht. Nun aber befinde ich mich in folgender Lage. Ich müsste in einer WG neben der Miete und den Nebenkosten auch meine Semestergebühren, die Bücher fürs Studium, und sonstige Ausgaben wie Essen, Kleidung, etc. bezahlen. Die Bolognareform hat das Studium so gestrafft, dass insbesondere im Assessment nur Idioten einem Nebenjob nachgehen (sonst haben sie gar keine Zeit zum lernen, es werden etwa 45 h/Woche Lernaufwand erwartet). Ich bin aber noch in der Assessmentstufe. Ich habe Angst, dass meine Eltern mich nicht unterstützen würden, wenn ich ausziehe, da
- es ja nicht "nötig" ist, ich studiere und wohne in der derselben Stadt,
- meine Schwestern auch erst sehr spät ausgezogen sind
- sie nie so trotzig waren und sich den guten Ratschlägen der Eltern widersetzt haben,
- sie finanziell auf eigenen Beinen standen als sie auszogen, für einen guten Job braucht man einen guten Abschluss, und diesen zu kriegen hat oberste Priorität, und nicht ausziehen und sonstige Hirngespinste.

Finanziell sind meine Eltern so gut gestellt, dass ich gar keinen Anspruch auf ein Stipendium habe. Mein kleiner Nebenjob deckt in einem Semester vielleicht Gebühren und Bücher, aber sonst nichts mehr. Was soll ich tun?? Eigentlich sitze ich jetzt am Computer, weil ich den Aufsatz schreiben wollte, aber seit die Mutter reingeplatzt ist (siehe oben beschriebene Szene), kann ich an nichts anderes mehr denken und mich nicht konzentrieren. Habe ich denn keinen Anspruch auf Ferien? Meine Zeit so einzuteilen wie ich will??

Dana Anwort von Dana

Grüße Dich!

Ich frage mich ein wenig, was ich für Dich tun kann? Ob Deine Eltern Dich unterstützen würde, wirst Du erst dann wissen, wenn Du es mit ihnen besprochen hast.

Ansonsten bleibt Dir der Weg, Deiner Mutter zu erzählen, wie Du Dich fühlst; dass Du besser ohne den Druck arbeiten kannst. Mache deutlich, dass es nicht um Faulheit und nicht-erledigen-wollen geht, sondern darum, dass ihre Vorwürfe in Dir eine Art Trozt auslösen, der dann widerum zum Stillstand führt. Und wenn sie Dir das nicht glauben kann, handelt einen Deal aus: Für eine gewisse Zeit hält sie sich zurück und lässt Dich einfach machen - und Du machst dann. Kurzfristig heißt das zwar für Dich, diese Bewerbung in dem Zeitraum fertig zu machen - langfristig aber, dass Deine Mutter einiges erkennen und einsehen kann.

Alles Gute!
Dana