Problem von Anonym - 23 Jahre

Ist aus unserer Beziehung 'nur' eine Freundschaft geworden?

Ich weiss nicht so recht, wie ich anfangen soll. Ich bin seit vier Jahren mit meinem Freund zusammen und wir sind im allgemeinen auch glücklich gewesen. Seit ungefähr einem halben Jahr jedoch weicht er körperlichem Kontakt zu mir aus und ich verstehe nicht wieso. Ich habe das Gefühl, ihn zu belästigen, wenn ich mich an ihn kuschele und er hatte mich schon länger nicht mehr wie eine Geliebte geküsst. Ich habe das schon häufiger angesprochen, und er sagt, er fühle sich von mir unter Druck gesetzt und als würde ich von ihm Zuneigungen verlangen.

Daraufhin habe ich mich ihm nicht mehr genähert, aber mir ging es schlecht dabei und ich musste manchmal einfach ohne ersichtlichen Grund anfangen zu weinen. Dazu muss ich sagen, dass ich eher emotional bin. Ich habe schon eine Weile das Gefühl, dass unsere Beziehung so wie sie ist nicht mehr lange halten wird, möchte ihn aber nicht verlieren. Ich merke immer noch, dass ich ihn einfach lieben muss, wenn er nur den Raum betritt und Blödsinn erzähllt.

Am Wochenende hat sich alles hochgeschaukelt. Wir haben uns über seine Haare (Dreadlocks, die er jetzt für mein Empfinden komisch grün-braun färben möchte) gestritten und auf einmal brach es wieder aus mir heraus. Er hat mich gefragt, was denn los sei und dass es doch nicht nur um seine Rastas gehen würde, und ich habe geantwortet, er solle mir sagen, was los sei.

Daraufhin sind wir spazieren gegangen und er hat mir erklärt, dass er mich sehr lieb hat, aber er das Gefühl hat, wir hätten eher eine Freundschaft als eine Beziehung und dass es besser sei, wenn wir uns trennten. Ich habe ihm versucht zu erklären, wie ich den Unterschied zwischen Freundschaft und Liebe sehe und dass Liebe vielleicht eine erweiterte Form der Freundschaft ist. Einfach indem ich meinen besten Freund und ihn verglich und überlegt habe, was ich in den selben Situationen jeweils empfinde, denke usw. Mir selbst tat es sehr gut, weil mir dabei klar geworden ist, dass ich definitiv mehr als Freundschaft für ihn empfinde.

Er ist immer ruhiger geworden und hat immer wieder gesagt, dass er mich nicht verlieren möchte, und dass ich aber auch viele Fehler hätte (zu emotional, die Fähigkeit manchmal einen unkontrollierbaren Weinkrampf zu bekommen), bei denen er sich nicht vorstellen könne, es Zeit seines Lebens damit auszuhalten. Ich sei einfach sehr anstrengend. Da musste ich wieder anfangen zu weinen und er sagte, dass es ihm sehr schwer falle und sich fragt, was er da tut.

Abends hatten wir nahezu das gleiche Gespräch und ich konnte nicht gut schlafen; mein Freund (Ex-Freund?!) fühlte sich wahrscheinlich schuldig und umarmte mich immer wieder und küsste mich und sagte mir wie wunderbar ich doch sei, und wie 'süß' usw., und dass wir unbedingt Freunde seien müssen, denn er brauche mich. Ich habe ihm versucht zu erklären, dass ich ihn nicht sehen kann, wenn wir uns wirklich trennen; ich würde mir nur Hoffnungen machen, besonders wenn er so lieb zu mir ist: Ist er das nur, weil er sich verantwortlich dafür fühlt, dass es mir schlecht geht? Woher sollte ich das wissen? Ich würde alles möglich hineininterpretieren und mir einbilden, wir wären noch zusammen. (Ich habe eine gute Phantasie, das würde ich bestimmt hinbekommen! [Naja...])

Er verglich es dann mit einer Weisheitszahn-OP(!): Am Anfang ziept der Zahn etwas, und dann läßt man sich ihn ziehen, und während man auf dem Stuhl sitzt und alles weh tut, fragt man sich, ob es das wert war und ob man nicht mit dem Zahn und dem ziepen glücklich ist. Doch hinterher wäre es besser ohne Zahn und hoffentlich ginge es uns beiden nach der Trennung auch besser: Und auch wenn es ihm schwer fällt und er mich nicht verlieren will, ist es trotzdem besser. Oder so ähnlich.

Nun ja. Er war den gesamten Tag extrem lieb zu mir, küsste mich ab und zu einfach so und es war mehr, als wären wir zusammen als vor der 'Trennung'. Nur: Für ihn ist sie real und für mich unwirklich: Ich bin extrem glücklich in den Momenten, wenn er um mich ist, da ich die ganzen widrigen Aspekte in den Hintergrund dränge und er so aufmerksam ist. Kaum ist er weg, wird mir klar, dass er glaubt, wir seien nun getrennt. Aber er behandelt mich nicht so!

Und ich möchte ihn als meinen Freund! Und ich weiss nicht, was ich noch sagen kann, ob ich irgend etwas machen kann.

Ich habe das Gefühl, als sei er sich nicht sicher, ob er sich wirklich trennen möchte, weiss aber nicht, ob das so stimmt und ob ich irgend etwas machen kann.

Ich würde gern einen unbeteiligten Rat hören.

Anwort von Sabine

Hallo!

Eine normale Freundschaft zu führen, wenn einer der beiden liebt, ist sehr schwierig, ich mag fast behaupten unmöglich, denn der, der liebt, der wird stets verletzt werden.
Ich konnte Deiner Mail nicht so richtig entnehmen, ob ihr jetzt getrennt seid oder nicht. Er hat es zwar ausgesprochen, aber Du hast nicht erwähnt, dass es jetzt auch so ist.
Eine Beziehung zu führen heißt auch Vertrauen zu haben und den anderen so zu akzeptieren, wie er ist.
Er stellt die Behauptung auf, dass eure Beziehung mehr einer Freundschaft ähnelt. Ich persönlich kann das nicht so recht nachvollziehen. Zumal er es auch hätte begründen müssen. In Deiner Mail fehlt die Begründung seiner Behauptung.
Natürlich hast du Recht, wenn Du sagst, dass eine Beziehung auch eine Freundschaft ist, aber dennoch gibt es einen Unterschied zur normalen Freundschaft. Die Liebe. Die Liebe kommt in einer normalen Freundschaft nicht so vor, wie in einer Beziehung. Natürlich ist der Partner auch der beste Freund und sollte die Person sein, der man vertrauen kann.
Der Spaziergang und das Gespräch haben euch gut getan und so solltest ihr es vielleicht auch weiterhin handhaben. Jeder sollte dem anderen sagen, was in ihm vorgeht. Nicht nur Du, auch er sollte es so tun. Männer tun sich damit immer etwas schwerer. Frauen liegt es mehr im Schoß über Probleme zu reden. Männer brauchen oft kurze knappe Ansagen um es am besten zu verstehen (habe ich mal irgendwo gelesen und erfahren, dass echt was dran ist).
Wenn Du unsicher bist, dann sprich mit ihm und lass ihn mit einem sicheren Gefühl gehen. Wenn Du auch nicht weißt, was jetzt eigentlich angesagt ist, dann frage ihn danach. Auch er sollte eine klare Ansage machen.

Lieben Gruß.