Problem von nayeli - 17 Jahre

Verbindung zum Leben verloren

Bitte bitte helft mir...alles ist so kalt und leer...


Es ist Sommer 2004

Ich bin 13 und komme gerade in die 8.Klasse. Wir bekommen eine neue Aushilfslehrkraft im Fach Englisch.
Nie hätte ich diese Art von Gefühlen aufbauen dürfen, doch das Verlangen war so Gross, so unglaublich Gross das es vom ersten mal als ich ihn sah, hoffnungslos war gegen sie anzukämpfen. Trotzdem habe ich damals nie gedacht welche Anmasse das alles annehmen wird... wie tief ich fallen werde...


Mein Verstand sagte mir zwar das es leichtsinnig, aussichtslos und lächerlich ist , doch trotzdem konfrontierte ich ihn mit meinen Gefühlen.
Und dies war der entscheidende Moment... da habe ich verloren. Mich, aber vor allem die Verbindung. Die Verbindung zu meinem Leben. Verbindung ist, wenn du willst was du tust, wenn du weisst das du Hunger hast, wenn du die Menschen anschaust und sie dir nicht fremd vorkommen.


??Kim??? Die Tür geht auf, das licht an. Ich halte schützend die Hände vor meine Augen. ??Warum sitzt du hier im dunkeln ??? Meine Mutter steht mitten im Raum.?? Weil ich kein licht angemacht habe!?? Ich zittere. ??Meine Güte, Kind. Du weinst ja, war was in der schule? Komm mal her.?? Sie legt die arme um mich und zieht mich an sich. Ich kann diese nähe kaum ertragen.?? Kim du bist nicht glücklich und ich möchte gerne den Grund dafür wissen. Mir geht es nämlich auch nicht gut, wenn ich dich so sehe. Ich beobachte dich jetzt seit Wochen, was ist denn los??? Verdammt. Ging es meiner Mutter denn noch nie schlecht? ??Bist du früher mit jedem Problem zu deiner Mutter gelaufen, Mama??? nein! Schreit sie.?? Aber das lag daran das meine Mutter kein Verständnis für meine Probleme hatte. Meine Jugend sah ein wenig anders aus als deine, Kim!?? Jaja ,ich nicke matt. Es stand im Raum wie eine Botschaft in Stein gemeisselt ,wie eine Gesetztafel;


SEI GLÜCKLICH, SEI GLÜCKLICH, SEI GLÜCKLICH!


?Weisst du Kim, ich denke du solltest froh darüber sein das sich jemand um dich sorgt. Es gibt jede menge Leute um die sich niemand sorgen macht.?? ihr blick wurde noch intensiver, ihr Gesicht kam näher ,ihre Finger taten mir weh.?? Kim, du warst immer so glücklich, so unbeschwert.?? Ja, ich sollte glücklich und unbeschwert sein. weil das leben so wunderbar ist, weil ihr es so wunderbar für mich gemacht habt. es macht mich krank. Schlimmer noch, es verursacht in mir Schuldgefühle, so als hätte ich kein recht dazu, mich schlecht zu fühlen.


Ich muss einen zu hohen preis für diese elterliche Hingabe zahlen. Niemandem ist entgangen das ich immer glücklich sein muss. Trotzdem habe ich in entscheiden Situationen nicht bekommen, was ich wirklich brauchte. Seltsam das Mutter immer dann nur an sich selbst dachte, wenn ich ein inneres Bedürfnis äusserte, das nichts mit meinen Eltern zu tun hatte, das einen Wunsch zeigte, einen Wunsch nach Erweiterung des Lebens und nach einer anderen liebe.
Ab und zu erinnere ich mich en den Sinn. An sinn und Verbindung zwischen den dinge, den Menschen, zwischen sich und der Welt. Ich kann mich daran erinnern das es mir keine mühe bereitete eine Verbindung herzustellen. Sie war einfach da, ganz natürlich. Die Verbindung war so selbstverständlich gewesen wie essen, lachen, atmen.


In dieser zeit will ich oft einfach schlafen. Dann muss ich nicht über all das nachdenken. Ich würde auch die angst nicht mehr spüren. aber ich kann nicht schlafen denn meine verkrampften Muskeln schmerzen und es gelingt mir nicht die Gedanken anzuhalten. Ich versuche zu begreifen, was anstehle der Verbindung zu allen Dingen, entstanden war. Aber da ist nur etwas kaltes, dunkles, gefährliches. So kalt das ich unter der decke zitterte und mich zusammenrollte wie ein Neugeborenes.


Es ist Donnerstag morgen. Zum ersten mal seit vielen tagen denke ich an Nahrung. Ich wünsche mir plötzlich heisse Schokolade. Der Wunsch ist Abstrakt, reine Idee. Warum sollte ich heisse Schokolade trinken, wenn ich keine Verbindung hatte.
Ich trete heftig in die Pedalen, lache, schreie. Etwas steckt in mir und dass will Schreien. Es tut gut. Ich fahre am Schulhaus vorbei, rasse bis zum ende der Strasse, kehrte um. Wieder vorbei und wieder. Vielleicht sterbe ich, denke ich. Vielleicht stirbt man, wenn man keine Verbindung hat. Wahrscheinlich stirbt man. Ist besser so. Was macht man ohne Verbindung? Nichts.


Unter unerträglichen Magenschmerzen kommen nun auch Anzeichen auf eine Essstörung hinzu. Ich lasse oft Mahlzeiten aus. Ich fühle mich in meiner Figur nicht unwohl aber Nahrung zu sich nehmen obwohl keine Verbindung besteht, scheint mir einfach zu widersprüchlich . Auch verletzte ich mich jetzt seit einigen Monaten selber. meistens schneide ich mir meine unterarmen auf, manchmal fügte ich mir aber auch auf andere Art schmerzen zu. Wenn es einem innen schmerzt muss es das auch aussen tun, sonst ist die Welt nicht im Gleichgewicht.


Die einzige Person der ich mich anvertraue ist meine Psychiaterin ,zugleich auch meine beste Freundin. Nach gut 5monaten wöchentlicher Therapie wechselt diese aber aus beruflichen gründen die stelle. ich soll als schwieriger / unstabiler Fall weitergegeben werden. Ich habe nicht die kraft dazu mich wieder jemandem neuem anzuvertrauen. Ich fühle mich alleine. Ich setze mich jetzt sehr stark mit dem Thema Tod auseinander. Habe das Gefühl nicht mehr zu lieben. nichts und niemanden mehr. Es macht Angst nicht mehr zu lieben. Es ist nur noch Leere , Hass und Kälte.


Meine letzten Schuljahren sind jetzt zu Ende. Mir ist bewusst das wenn ich hier bleibe meine Zukunft ein Grabstein ist .Ich entschliesse mich für ein halbes Jahr nach Mexiko zu fliegen. Die vergangenen Erlebnisse jedoch lasse ich hier in der Schweiz zurück. Jetzt bin ich endlich frei ! sechs Monate in denen ich nicht mehr funktioniere, in denen ich lebe!


Zurück in der Schweiz wird mir erstmals bewusst das ich in diesen vergangenen Monaten anstelle des verarbeitens nur verdrängt habe. Auf einen schlag ist alles wieder da. Es hat hier auf mich gewartet.
und nun frage ich mich, woran ich mein Leben nur festmachen soll. Welche Grundlagen habe ich nur, damit ich aufstehen kann? Oder wird der Boden unter mir im nächsten Augenblick zusammenbrechen
und mich mit ihm verschlingen?
Ich falle jeden Tag ein Stückchen tiefer und frage mich nur, wie ich es schaffen soll,
wieder aufzutauchen und mein wahres Ich zu zeigen.

Hinzu kommt noch das dieses unregelmässige Essverhalten in den letzten Jahren mich derart krank gemacht hat ,das mein jetziges Verhältnis zum essen derart gestört ist das ich nach meiner Diagnose unter Binge Eating leide. Es kommt an mindestens 2 oder 3 Tagen pro Woche zu "Essanfällen. Dabei esse ich wesentlich schneller als normal und bis zu einem unangenehmen Völlegefühl. Es werden extrem große Nahrungsmengen verzehrt und es kommt auch gar nicht mehr drauf an ob mir die Sachen schmecken, oder ich hungrig bin. Ich ziehe mich dann oft zurück und essen allein, weil ich mich schäme. Die Folge sind Ekelgefühle gegenüber mir selbst, Deprimiertheit und große Schuldgefühle nach einem Essanfall. Der Leidensdruck ist enorm.

Oft denke ich daran die Welt anzuhalten und einfach auszusteigen...

Seit ca. 5 Monaten leide ich nun an starken Depressionen.
Ich weiss nicht wie weit diese Sache noch mit der Geschichte mit meinem damaligen Lehrers zu tun hat oder ob die Depression mit meiner Essstörung zusammenhängt.
Vielleicht steckt auch die Sehnsucht nach der Ferne dahinter oder es ist ganz alleinig der Eisenmangel daran schuld. Nein ich glaube es ist die Essstörung.
Jeder Tag ist wie der andere. Ich stehe um 5.30 auf, gehe ins Krankenhaus arbeiten.
Dort verschreibe ich den Patienten Antidepressivum und werfe zwischendurch selbst eine ein.
Am Abend gehe ich dann wieder in meine Wohnung oder nach hause zu meinen Eltern.
Denn ganzen Tag habe ich mit sehr starken Stimmungsschwankungen, Müdigkeit und Kälte zu kämpfen. Oft schlafe ich während des Unterrichts einfach ein...
Ich habe einfach keine Kraft mehr, alles fühlt sich so kalt und leer an. Alles ist Tot.

Dana Anwort von Dana

Grüße Dich!

Es ist fast ein Jahr her, als Du uns schon einmal geschrieben hast:

http://mein-kummerkasten.de/104187/Wie-komme-ich-hier-wieder-raus.html

So gerne ich Dir heute mehr oder etwas anderes sagen würde, aber auch nach all diesen Monaten kann ich Dir nur die fachliche Hilfe ans Herz legen. Auch wenn es ein steiniger Weg ist, auch wenn Du die Therapeutin wechseln musst, auch wenn Du das Gefühl hast, ihn nicht gehen zu können - ich denke es ist der richtige, um die Verbindung zu Deinem Leben wieder zu spüren.

Alles Gute!
Dana