Problem von Anonym - 22 Jahre

keine Beziehung möglich

Hallo,

ich habe durch Zufall diese Seite hier entdeckt.
Ich fang einfach direkt mal an. Als ich 15 war, hat mich jemand mal fast vergewaltigt...danach fing eine schlimme Zeit an, in der ich mich selber verletzt habe etc. Dank meiner Freunde und meiner Familie tue ich dies heute nicht mehr. Ich bin mittlerweile 22 Jahre alt aber ich habe ein ganz anderes Problem.

Jedes Mal, wenn ich einen Mann kennenlerne und es dann "ernst" wird, blocke ich komplett ab! In der Anfangszeit ist alles noch okay. Kuscheln etc ist alles noch gut aber wenn es dann ans Thema Sex geht, dann ist es, als ob sich in meinem Kopf ein Schalter umdreht. Ich blocke ab, ziehe mich zurück und will nur noch allein sein. Das da natürlich eine Beziehung nicht lange hält, ist nicht von der Hand zu weisen.
Dabei sehne ich mich ja auch irgendwie danach, aber jedes Mal, wenn es soweit ist, dann verändere ich mich so sehr, dass es mir selbst schon Angst macht. Ich habe diese "Fast-Vergewaltigung" damals nie therapieren lassen, weil ich mir selbst immer eingeredet habe, dass ja nichts passiert ist. Auerdem habe ich mich auch sehr geschämt.
Wie kann ich endlich eine normale Beziehung führen?? Ich bin mittlerweile 22..gehe auf die 23 zu und hatte noch nie eine feste Beziehung geschweige denn Sex?!?! Das kann doch nicht normal sein oder?? Ich kann doch nie einem Mann sagen, den ich kennenlerne, dass ich noch nie mit jemandem geschlafen habe, weil ich Panik bekommen hab??? Ich halte es wirklich nicht mehr lange aus!!! Bitte helft mir!!!

Anwort von Sabine

Hallo!

Danke für Deine Mail und Dein Vertrauen. Doch, es passiert, dass man keine vernünftige Beziehung führen kann, wenn ein Erlebnis aus der Vergangenheit nicht richtig verarbeitet ist. Du hast - wie Du in Deiner Mail schreibst - damals nach dem Erlebnis nie etwas unternommen oder versucht Dir helfen zu lassen. Dir ist mir 15 Jahren damals jemand so nahe gekommen, dass es in Dir mehr kaputt gemacht hat, als Du vielleicht erst angenommen hast. Ich möchte einerseits auf unseren Soforthilfetext verweisen, der Dir vielleicht ein paar Anhaltspunkte gibt. Dennoch trifft dieser Text auch nicht wirklichi auf Dich zu, denn er ist vielmehr für die Opfer gedacht, den eine Vergewaltigung oder ähnliche Vorfälle erst kürzlich passiert ist.

Ich weiß, dass man so ein Erlebnis nicht oder nie vergessen kann. Es ist drin im Kopf. Man kann aber lernen damit zu leben. Du hast - wenn ich es richtig verstanden haben - einfach versucht es zu verdrängen und nie richtig aufzuarbeiten. Im Grunde gibt es jetzt zwei Möglichkeiten. Du fängst an offen darüber zu sprechen und Deine Partner, die Du kennenlernst, damit vertraut zu machen, damit sie auch damit umgehen können und es keine Missverständnisse gibt oder Du vertraust Dich einem oder einer Therapeuten/-in an und versuchst aufzuarbeiten, was Du bisher verdrängt hast.

Das Erlebnis ist noch eine Blockade, wie Du selber erkannt hast und ich denke, dass man diese Blockade mit fachlicher Hilfe brechen kann, damit auch Du richtig leben und lieben kannst, damit Du keine Angst mehr haben musst.

Ich weiß nicht, ob es damals ein Fremder oder eine vertraute Person gewesen ist, die Dich vergewaltigt oder fast vergewaltigt hat. Ich finde diesen Punkt wichtig, weil es wirklich ein Unterschied ist, ob es eine vertraute Person (z.B. Freund oder jemand aus der Familie)oder eine fremde Person (aus dem Nichts) getan hat. War es eine fremde Person, ist es oftmals so, dass es einem viel schwerer fällt wieder zu vertrauen, als eine bekannte Person war. Wo genau der Unterschied herkommt oder wie er sich zusammensetzt, dass sollte man vielleicht einen Psychologen oder Therapeuten fragen. Da kenne ich mich nicht so sehr aus.

Für Dich ist es wichtig, dass Du jetzt anfängst Hilfe anzunehmen. Den ersten Schritt hast Du getan in dem MOment, als Du Dich z.B. uns schon mal anvertraut hast. Du hast darüber geschrieben und Dich so ein wenig von der Angst in Deinem Kopf gelöst. Leider passiert sowas vielen Mädchen und Frauen. Nur wenige erzählen davon und lassen sich helfen. Sicherlich ist es schwierig darüber zu sprechen, eben weil man sich dafür schämt. Fakt ist jedoch, dass nicht Du der Übeltäter bist, sondern die Person, die es getan hat. Du kannst überhaupt nichts dafür. viele Opfer sagen "ich bin doch auch selber Schuld, weil (z.B.) ich hatte ein knappes Oberteil an oder ich hatte einen Minirock an oder ich habe doch auch mit ihm geflirtet". Das sind so einige Aussagen, die ich oft höre. Es ist aber falsch. Niemand hat das Recht einem anderen Menschen sowas anzutun. Es ist Gewalt und das Opfer ist nicht der Täter. Selbst, wenn sich der Täter provoziert gefühlt hat, daraf er keien Gewalt antun. Ein normaler Mensch geht oder kann mit einer Provokation umgehen und wendet keine Gewalt an. Es darf nicht passieren, was passiert ist. Also bitte, suche nie die Schuld bei Dir. Sich zu schämen ist ok. Es ist aber auch ok zu sagen, dass man sich schämt. Je offener man mit dem Erlebnis umgeht, um so leichter kann man damit umgehen und lernt vor allem auch damit umzugehen. Zu shweigen engt ein und bedrückt und es fühlt sich an, als fehlt einem etwas vom Leben oder als sei einem etwas genommen worden. Darüber zu sprechen und sich anzuvertrauen hilft einem selber besser damit klar zu kommen. Liebt Dich Dein Partner wirklich, dann wird er versuchen Dich zu verstehen und Dir auch helfen. Sex ist etwas schönes, aber es gehört auch Vertrauen dazu und wenn Du noch nicht soweit bist wieder vertrauen zu können - eben durch das vergangene Erlebnis - dann sag es Deinem Partner und erkläre es ihm. Er könnte Dir dabei helfen wieder zu lernen zu vertrauen und alles neu zu erleben. So, wie es eigentlich sein soll.

LG, Sabine