Problem von Anonym (m) - 19 Jahre

Ich bin völlig allein

Hallo,

zuerst einmal möchte ich sagen, dass ich die Arbeit von Mein-Kummerkasten.de unglaublich toll finde. Ich selbst habe schon seit einigen Wochen auf dieser Website gesurft und mir die Probleme von anderen Menschen durchgelesen, die wahrscheinlich denselben Schmerz empfinden wie ich. Ich glaube mein Problem lässt sich am besten in dem Wort ?Einsamkeit? zusammenfassen

Am besten ich fange mit meiner mentalen Erscheinung an:

Ich selbst bin stark untergewichtig (haltet euch fest ? ich wiege gerade einmal 50 kg), habe eine Trichterbrust (schon seit meiner Geburt), habe kleine Zähne, sodass ich große Lücken in meinem Gebiss habe, und habe überhaupt gar keine Muskelmasse. Dazu kommt noch ein schmales spitzes Gesicht mit Brille. Ich glaube wenn man im Duden ?Loser? nachschlägt, dann passt mein Bild ziemlich treffend darunter. Allein schon wegen meines Untergewichts und meiner Trichterbrust traue ich mich an keinen Strand und in kein Schwimmbad mehr.
Mein Spiegelbild ist schlicht und einfach deprimierend.

Jetzt zu meiner psychischen Seite:

Schon seit meiner Zeit im Kindergarten habe ich mich stark ausgegrenzt gefühlt. Wenn die anderen Kinder miteinander spielten, war ich meistens alleine und kümmerte mich um mich selbst. Als ich dann auf die Grundschule kam, hat sich das nicht geändert. Im Unterricht hinkte ich oft hinterher und meine Lehrerin dachte damals wahrscheinlich, dass ich ein hoffnungsloser Fall wäre. Wenn sich jemand, der das hier liest, noch an die Grundschule erinnern kann, dann wird er mir bestätigen können, dass es meistens so ablief: Die guten und strebsamen Schüler saßen vorne bei der Lehrerin und die, die nicht so schnell hinterherkamen, wie ich, saßen ganz hinten.

Ich habe noch eine lebhafte Erinnerung, die ich hier gerne einwerfen möchte (ihr könnt sie natürlich auch überlesen):
Wir hatten einen Aufsatz geschrieben und meine wunderbare Lehrerin (ist ironisch gemeint) hatte meinen herausgepickt, um ihn der ganzen Klasse Satz für Satz vorgelesen. Sie hat zwischendurch immer ein paar Pausen eingelegt, damit die anderen Schüler und Schülerinnen mich getrost auslachen konnten. Am Ende des Schultages bin ich einfach weinend ins Bett gefallen. Der Aufsatz war in der Tat miserabel, wie alles, was ich in dieser Zeit gemacht habe.
Im Unterricht wurde ich von den anderen Klassenkameraden und ?kameradinnen und meiner Lehrerin als ?Schlafwagen? bezeichnet, wenn ich nicht mitgekommen bin (und das war nicht selten der Fall). Ich war praktisch das Schlusslicht in meiner Klasse.
Jetzt möchte ich keine Einwände von euch, die da heißen würden ?So was macht doch keine Lehrerin? oder ?Das hast du erfunden?. So etwas gibt es nun mal in unserer wunderbaren Bildungspolitik der BRD.

Mit hängen und würgen habe ich es auf die Realschule geschafft (meine alte Lehrerin hätte mich am liebsten auf die Hauptschule verfrachtet) und dort ging es mir auch nicht besser. In dieser Zeit fingen die anderen Jungs und Mädchen in meiner Klasse an mich wegen meiner äußeren Erscheinung (siehe oben) so hänseln. ?Spargeltarzan? und ?Gerippe? waren da noch die sanften Ausdrücke. Irgendwann, ich glaube in der 8. Klasse, hatte ich keine Lust mehr unbedeutend zu sein. Wie ein Wahnsinniger habe ich bis in die Nacht hinein gebüffelt und gehörte von da an zu den ?Strebern?. Ich bekam am Ende der 10. Klasse die gymnasiale Empfehlung und konnte dann mein Abitur machen.

Während meiner Abiturzeit habe ich kein einziges Mal mehr die Worte ?Spargeltarzan? oder ähnliches gehört. Schon allein dadurch, dass ich zu den Besten in der Schule gehörte, habe ich mir irgendwie Respekt verschafft. Mein Abiturzeugnis habe ich vor über einer Woche bekommen und ich werde im Oktober mein Studium beginnen.

Das hört sich ja eigentlich gar nicht so furchtbar an, werden jetzt wohl die meisten Leser denken. Aber trotzdem: Im Leben sind hervorragende Leistungen in der Schule nicht alles. Ich bin immer noch derselbe Versager, wie zu meiner Zeit als Kind. Ich bin der gleiche Außenseiter, der immer noch abstoßend hässlich ist. Oft habe ich das Gefühl, dass ich einfach nur peinlich bin.

In letzter Zeit treibe ich unglaublich viel Sport. Ich mache privat Krafttraining mit Hanteln und ich gehe jeden zweiten bis dritten Tag raus und betreibe Jogging. Aber trotzdem fühle ich mich immer noch leer und depressiv.

Ich habe einen großen Traum: Eines Tages will ich mit einer wunderschönen Frau in einem eigenen Haus leben und mindestens drei Kinder haben (Herrgott, ich liebe Kinder). Ich will eine Familie gründen und ein schönes Leben führen. Ich werde Himmel und Hölle in Bewegung setzen, um mir diesen einen Traum zu erfüllen!!!

Ich habe bald meinen 20. Geburtstag und ich hatte noch nie im Leben eine Freundin (geschweige denn sexuellen Kontakt). Die meisten die ich kenne, hatten schon mindestens eine oder zwei Freundinnen. Wenn ich mich mit denen unterhalte, dann lassen sie oft durchsickern, dass sie ihre Freundinnen eigentlich nur als ein Stück Fleisch ansehen, mit dem sie sich sexuell befriedigen können. Meistens bin ich dann ganz ruhig und denke: ?Hallo? Geht?s noch? Eine Frau ist doch kein Objekt!?

Mir ist es völlig egal was ich machen muss. Diesen einen Traum will ich mir erfüllen. Ich will eine Frau finden und dann nie wieder so einsam und allein sein wie jetzt.

Wenn irgendjemand das hier lesen sollte und mich versteht, Bitte antwortet mir! Helft mir!

Vielen Dank im Voraus.

Anwort von Alida

Hallo,

ich habe deinen Text aufmerksam gelesen und habe das Grübeln angefangen. Du hast recht schulische Leistungen sind nicht alles und das stellt niemanden zufreiden, wenn er sonst im Leben so unglücklich ist.
Das was ich dir eigentlich raten wollte, hast Du mir schon vorweg genommen: Sport treiben (Krafttraining).
Ich denke, dass es dir mit der Zeit besser gehen wird, wenn Du regelmäßig Krattraining betreiben wirst. Wenn Du Fortschritte siehst, wird es bergauf gehen.
Im Moment bist Du noch zu unsicher und viele Dinge aus deiner Kindheit hängen dir noch nach, so dass Du keinen freien Kopf hast im Hier und Jetzt zu leben. Wenn ein Mensch nicht vergessen kann, muss man alles noch einmal aufarbeiten. Entweder alleine oder im Zuge einer Therapie.
Das würde dir am besten helfen, dein Selbstwertgefühl wieder herzustellen, um so einen klaren Kopf zu haben um weiter an dir zu arbeiten.
Schreibe dir selbst doch einmal eine Liste, was Du alles an dir nicht magst. Überlege dann, wie und ob Du es verändern kannst. Ich bin mir sicher, dass Du gar nicht so viele Dinge findest, die Du schrecklich findest, wenn Du nur lange genug in dich gehst.
Eigentlich bist Du stark. Du hast es geschafft dich in der Schule hoch zu arbeiten und Du hast es geschafft etwas gegen deine Unzufriedenheit mit deinem Körper zu tun.
Du brauchst einfach wieder mehr Selbstbewusstsein. Wer selbstbewusst ist, kommt besser und stärker rüber. Das hast selbst Du schon erfahren. Während deines Abis, als Du der Klassenbeste warst und selbstbewusst hinter deinen Noten standest, haben dich die anderen auch respektiert.
Glaube ersteinmal wieder an dich selbst, dann erfüllt sich dein Traum garantiert.

Alles Gute

Alida