Problem von anonym (m) - 19 Jahre

Selbstbewusstsein, Angst vor Fehlern

Hallo liebes Kummerkastenteam,

ich habe lange überlegt ob ich zu euch schreiben soll oder nicht. Ich habe schon sehr viele Beiträge gelesen, aber mein(e) Problem(e) kann ich auch irgendwie nicht richtig zuordnen. Vieles rührt bei mir aus der Vergangenheit her. Ich bin Einzelkind und daher Sozial nicht sehr geschickt würde ich mal sagen. Ich kann nie wirklich ein richtiges Gespräch aufbauen. Die einzigen Freunde die ich habe, sind aus Kindertagen. Zwischen Kindern ist die Kommunikation wohl auch wesentlich einfacher gestrickt: "Wir haben die gleichen Schuhe, wollen wir Freunde sein?", und dann ist es das quasi schon gewesen, wenn ihr versteht was ich meine. Wobei ich sagen muss, die Freunde die ich habe sind gute Freunde und die reichen mir auch eigentlich völlig. Ist halt nur ein Anzeichen was mir aufgefallen ist und mir sagt, dass ich mich Sozial wenig bis gar nicht entwickelt habe, was ich Persönlich nicht mal schlimm finde, aber die Leute.....

Eigentlich wäre es mir lieb wenn mich die Leute auch einfach in ruhe lassen würden. Nur das tun die meisten in der Regel nicht. Ich sage meistens nichts oder rede nur das nötigste. Nur dann denken die Leute entweder mit dem können wir es machen, Stichwort "Mobbing", oder manche denken auch, ich will mich cool fühlen (warum auch immer). Hinzu kommt das meine Stimme nicht sehr Aussagekräftig ist oder so, kann ich nicht erklären, meine Stimme scheint auf jeden Fall zu meinem langweiligen Auftreten zu passen. Zudem bin ich doch, wenn ich Rede sehr Freundlich, versuche zu helfen, klinge nicht genervt oder so, aber trotzdem kommt nichts zurück was das bestätigen würde. Ganz im Gegenteil. Ich könnte denen das Leben retten und am andern Tag würden die so tun als ob die mich nicht kennen, um es mal ganz übertrieben zu sagen.

Ich schlucke fast immer alles runter. Selten schaffen es Leute mich so zu reizen, dass ich ausraste. Das ich beim Computerspielen viel Frust auslasse ist wohl das einzige was mich je daran gehindert hat jemanden umzubringen (von wegen Killerspiele bringen einen zum töten)und jetzt ist es auch zu spät noch damit anzufangen, weil ich bestraft werden würde wie ein Erwachsener. Vor ein paar Jahren hatte ich diese Gedanken sehr stark, weil ich immer dachte, ich bekomme eh nur ein "bisschen" Jugendknast. In der Schule hatte ich bis jetzt immer glück gehabt, das ich einen Kumpel dabei hatte, sodass es für die anderen nicht immer so aussah, als würde ich meinen Mund nicht aufbekommen. Allerdings hatte ich auch mal Pech und habe das sofort zu spüren bekommen. Ich wurde nie richtig in der Klasse aufgenommen, weil ich halt ruhig war und Mobbing war Tagesordnung. Es war einer dabei der auch ruhig war deswegen hatte ich noch die Hoffnung, dass die nicht Permanent auf mich fixiert sein würden, aber leider hatte der Andere einen Vorteil. Ich weiß selbst wie beschissen dieser Grund ist und ich muss auch gerade lachen. Er ist Russe. Man wird es kaum glauben, aber nur weil er Russe war hat man ihn meistens in Ruhe gelassen. Ich habe dann doch dieses eine Jahr durchgezogen und keine Ahnung wie ich das geschafft habe ohne jemanden zu verletzen. Mein Vater hat in dieser Zeit angefangen zu Trinken und noch während der Schule bin ich weg von zuhause und das war wohl das beste was mir passieren konnte. Mein Vater hat mich die ganze Zeit Unterdrückt und ich habe meinen Vater nie richtig als Vater angesehen. Wenn ich meinen Vater gesehen habe, habe ich nicht gedacht: "Hey Vatter", oder was weiß ich. Ich hatte sofort Angst, war nervös und habe nur gedacht: "Was habe ich jetzt wieder falsch gemacht". Vor ein paar Monaten hat mein Vater Selbstmord begangen, was mich ehrlich gesagt, so ziemlich kalt gelassen hat. Ich habe nicht eine Träne um ihn vergossen, so hart das auch klingen mag.

Momentan bin ich in einem Praktikum in einer Werbeagentur und fange bald die Ausbildung an. Das Arbeitsklima ist Momentan noch in Ordnung, aber fast alle geben mir das Gefühl, dass ich nie so gut sein werde wie Sie und ewig ein Praktikant sein werde. Einer, der jetzt leider aufgehört hat, war der Vorurteil freieste und neutralste Mensch den ich je kennen gelernt habe. Er hat mir nie dieses Gefühl gegeben und immer geholfen so gut er konnte.

Komischerweise komme ich mit den Chefs immer gut klar bzw. generell mit Älteren, aber was die Leute in meiner Altersklasse betrifft nehmen die mich halt nie ernst und akzeptieren mich nicht. Was mich aber im Moment am meisten quält ist der Gedanke an die Ausbildung, weil man da halt wieder zur Schule muss, auch wenn nur 2 tage in der Woche, weil ich schon genau weiß wie das ablaufen wird. Ich habe nur die Hoffnung, dass ich da irgendjemanden kenne.

Ich habe schon viele Beiträge zu dem Thema Selbstbewusstsein gelesen, aber bei mir ist es so, dass ich das nicht schreibe, weil ich wissen will wie ich mich ändern kann. Ich will wissen wie ich mich nicht ändern muss und trotzdem respektiert werden kann. Ist das Überhaupt möglich?

Nagut, kommen wir zum anderen Problem aus der Vergangenheit, was mir noch nicht so lange klar war. Ich mache viele Fehler, ist klar das niemand Perfekt ist, aber ich kann damit schlecht umgehen, weil mein Vater mir immer das Gefühl gegeben hat ich sei nicht gut genug. Alles was ich gemacht habe war nie gut genug für ihn und meine Mutter meinte ich habe dann irgendwann abgeschaltet und mir unbewusst gesagt: "Ist eh alles falsch was ich mache". Und heute ist es dann halt so, dass ich Tierische angst davor habe einen Fehler zu machen und wenn ich einen Fehler mache, bin ich sofort Nervös und wenn mir jemand sagt, das ich einen Fehler gemacht habe, dann habe ich je nachdem wie gravierend der Fehler war den ganzen Tag schlechte Laune und denke die ganze Zeit über den Fehler und das Gespräch darüber nach. Ich bin schon generell ein sehr nachdenklicher Mensch und wenn das noch hinzukommt bin ich quasi den ganzen Tag nur noch mit diesem Gedanken unterwegs. Ich fühle mich dann auch immer angegriffen bzw. ich fühle mich generell sehr schnell angegriffen, schlucke es runter und denk den ganzen Tag darüber nach. Dagegen würde ich gerne was machen aber das steckt nun mal auch in meiner Persönlichkeit fest mit drin. Viele sagen dann ich soll das nicht so ernst nehmen, aber Fakt ist, dass ich das einfach nicht kann. Ich kann mir sagen, ja komm schwamm drüber, aber ich würde es nicht meinen und trotzdem darüber nachdenken. Meistens passiert mir immer irgendeine Sch.... und dann denke ich nur, dass das natürlich wieder nur mir passieren kann. Ich bin das langsam leid, ich will wenigstens meine Fehleranfälligkeit reduzieren. Da ich ja unterbewusst schon abgeschaltet habe und mir halt denke, dass ich eh alles falsch mache, mache ich halt auch viele Fehler. Aber ich weiß nicht wie ich mir wieder sagen kann, dass ich etwas gut gemacht habe. Ich bin nie stolz auf mich selber, weil ich nach einer Aufgabe die halbwegs reibungslos gelaufen ist, schon wieder an die nächste denke, wieder Angst bekomme und nervös werde. Ja ich weiß, ich habe einen vernünftigen Ausbildungsplatz und sollte darauf stolz sein das ich das geschafft habe, aber irgendetwas blockiert mich. Ich kann es nicht sagen und so meinen.

Wahrscheinlich wundern sich jetzt einige das sie noch nichts davon gelesen haben das ich mirdas Leben nehmen möchte. Das liegt daran, das ich das meiner Familie, besonders meiner Mutter auf keinen Fall antun kann, seitdem ich gesehen habe wie sie auf den Tod meines Vaters reagiert hat.

Dana Anwort von Dana

Grüße Dich!

Wenn Du Dir Deine Mail noch einmal anschaust, kannst du dann auch die Widersprüche finden? Auf der einen Seite schreibst Du, Du möchtest Dich nicht ändern - später nennst Du die Punkte, die Du an und in dir verändern möchtest, an denen Du arbeiten möchtest.

Die Fehleranfälligkeit stammt aus der Kindheit; hängt aber m.E. auch mit dem eigenen Selbstbewusstsein zusammen. "Ich mache sowieso alles falsch" ist ein Satz, der mir das schon zeigt. Du glaubst nicht an Dich und Dein Können. Dein Vater hat es Dir so beigebracht - heute ist es an Dir, Dir das Gegenteil zu zeigen. Eltern haben eben nicht immer recht.

All die Tipps zum Selbstbewusstsein, die Du schon gelesen hast, solltest Du Dir zu Herzen nehmen. Ich sehe nicht, dass es bei Dir anders ist und Du ja nichts verändern möchtest, sondern nur respektiert werden, wie Du bist. Denn das, was Dich selbst wurmt, hängt auch dort fest. Du musst kein extrovertierter Mensch werden, der lauter spricht und jederzeit auf andere zugeht - du kannst auch ein stiller Mensch sein. Aber die Last der Kindheit, der eigene Blick auf Dich selbst, der sollte sich verändern.

Vielleicht beginnst Du, ein Erfolgstagebuch zu schreiben? Jeden Abend schreibst Du hinein, was heute gut war. Was habe ich gemeistert? Welche Situation gut gehändelt? Was erreicht und geschafft? Lenke die Gedanken so bewusst von den Fehlern weg, hin zu dem, was gut war und ist. Und wenn der Gedanke "Ist eh alles falsch was ich mache" da ist, dann nehme dieses Tagebuch und lese darin, stärke Dich so selbst.

Alles Gute!
Dana