Problem von Martin - 17 Jahre

Innerlich tot

Hallo,
Nach langer Überlegungszeit traue ich mich nun endlich hier zu schreiben.
Immerhin sag ich ja nichts jemanden ins Gesicht und so fällt es mir ja viel leichter.

Wenn ich kurz zusammenfassen sollte wie ich mich fühle, würde ich ohne lange zu überlegen sagen: "Ich bin innerlich tot".

Ich versuche meine Situation so genau wie möglich zu erläutern, damit ihr es leichter habt mich zu verstehen (falls das überhaupt möglich ist).

Es begann vor vielen Jahren als ich nach Deutschland kam. Es war in der 3ten Klasse.Ich konnte kein Wort deutsch und hatte versucht einzelne Wörter im Unterricht zu verstehen.
Zu beginn waren die Mitschüler noch richtig nett. Ich war neu und sie sollten "auf mich acht geben" hieß es. Schnell waren die netten Zeiten vorbei. Ich weiss nicht was der Grund war aber ihnen wurde wohl langweilig. Die Mitschüler fingen mit dummen Streichen an. Ich sollte beispielsweise etwas zu anderen Kindern oder gar Lehrern sagen aber ich hatte keine Ahnung was ich da überhaupt sagte (Ihr könnt euch denken das waren keine netten Gesten, die ich da überbrachte). Als ich irgendwann die deutsche Sprache allmählich beherrschte fing es richtig an. Jede Klasse braucht ja bekannterweise einen über den gelästert wird ,einen "gemeinsamen Feind" damit sich die Leute nicht gegenseitig fertig machen.Es traf natürlich mich.Ich habe es nicht verstanden denn ich war nicht hässlich, fett oder sonst was einen Grund für dieses oberflächliche Verhalten einen Grund liefern konnte.
Ich habe mich an Eltern und Lehrer gewandt doch das war ein grooooßer Fehler. Ich sah aber keinen anderen Ausweg us dieser Situation.
Die Grundschule war also ein Horrortrip und hat mich schon innerlich ansatzweise "kaputtgemacht".

Als ich dann auf die weiterführende Schule kam dachte ich es wird ein kompletter Neuanfang.Und wieder falsch Gedacht.Ich hab oft nachgedacht womit ich dieses Schicksal verdient habe aber ausgerechnet der, ich formulier das mal so, Anführer der mobbin Gang in meine Klasse kam fing das ganze von vorne an. Er war einer der coolen Jungs und so konnte er schnell die anderen auf seine Seite ziehen.Ich hab mich durch die 5te und 6te Klasse irgendwie durchgebissen.Es waren harte Jahre begleitet von Psychoterror und manchmal sogar körperlicher Gewalt.
Manchmal habe ich mich ebenso mit Fäusten gewehrt obwohl ich nciht wirklich ein Kämpfertyp bin und Gewalt nicht befürworte.Dies gab meist nur wenige Tage etwas Ruhe.

Als ich erfuhr dass ich dann in eine neue Stadt umziehe und dort in die 7te Klasse gehen werde war ich oberglücklich.Die letzten Wochen auf der alten Schule hab ich mich gewehrt bis es nicht mehr ging.Ohne Rücksicht auf Verluste hab ich immer zurückgeschlagen wenn sie in Gruppen nach der Schule kamen.

So da bin ich jetz. Neu in einer fremden Stadt und und sehr zuversichtlich auf eine friedliche Schullaufbahn.
Es ging schief. Ich habe niemanden mehr Vertraut. Mein Hass auf die Menschen war inzwischen zu groß, dass ich das ganze einfach vergessen konnte.Ich war ein seelisches Wrack. Ich habe mich für niemanden mehr geöffnet und wollte stets alles alleine erledigen. Das kam den anderen recht schnell etwas komisch vor und ich wurde zum Außenseiter. Das ging bis ende der Klasse 10 so. Es gab immerwieder mal Ärger. Falls was passierte wurde mir schnell mal die Schuld in die Schuhe geschoben. Meine Meinung gegen die von 12. Wen wird der Lehrer wohl glauben? Kinder können echt grausam sein.
Diese letzten Jahre voller inneren Schmerz und ständigen Leben in Angst dass das letzte Stück meiner Selbst verstoßen wird hat mich vertig gemacht. Ein weiterer "genialer" Einfall der Mitschüler war: "Wir bringen ihn dazu, dass er denkt er wär der hässlichste Mensch auf der Welt und verdient es nicht zu existieren". Es dauerte nicht lange bis absolut alle mitmachten. Ich wurde von jeden schief angesehen als ob ich was im Gesicht hätte. Hinter meinen Rücken wurde gelästert, sodass ich es aber mithören konnte. Es traf mich schwer.Es fällt mir momentan auch nciht leicht darüber zu schreiben.Es kommt alles wieder hoch was ich jahrelang verdrängt hatte.

Mittlerweile bin ich wieder in einer anderen Stadt und bin auf ein Gymnasium gekommen um mein Abitur dort zu machen. Ich besuche also die 11te Klasse.
Ich muss sagen die ganze Schule ist wirklich nett. Sowas hab ich noch nie erlebt. Ich sehe eine neue Seite an den Menschen - eine nette Seite - aber ich glaub das nicht.

Ich habe Angst vor Menschen und hasse sie alle. Ich verschimmle zuhause wobei ich so gerne Sport machen würde. Ich traue mich nicht nach draußen zu gehen, weil ich denke das alle über mich reden und lachen. Ich finde mich extrem hässlich und vermeide Blickkontakt mit meinen Spiegelbild und sonst jeden Menschen.
Egal wie oft ich mir einrede, dass das Blödsinn ist was ich denke. Es bringt nichts. Diese jahrelange psychische Tortur hat mich fertiggemacht.
Ich hatte niemals einen Menschen mit dem ich reden konnte. Mein Vater ist ein alter Sack und war niemals da. Immer im Ausland. Er is 70 (!) und ich war und bin ein Teenager. Das geht nicht. Und meine Mutter mag ich nicht. Sie benimmt sich oft unfair und hatte noch nie ein solch Vertrauen zu ihr um mit ihr zu sprechen. Geschwister habe ich keine also bleibt da auch nichts. Und wenn ich schon mit meiner Familie nicht reden kann, dann mit fremden erst recht nicht.
Es sind Jahre die ich in mir verdrängt habe, die mich innerlich aufgefressen haben. Ich seh nurnoch das böse in jeden Menschen und empfinde unendlichen Hass gegenüber jeden den ich so sehe. Egal ob auf der Straße oder sonst wo.
Was mich ebenso in meinen Bild vom Menschen ohne Existenzberechtigung stärkt ist die Tatsache, dass ich anscheinen von Jahr zu Jahr immer "blinder" werde d.h. die Sehstärke wird immer schlechter. Momentan im -3.25er Bereich aber müsste wieder mehr sein. Und ne Vorhautverängung auch noch aber ich würde das NIEMALS jemanden sagen und erst recht nicht mich vor ner fremden Person ausziehen, sadass sie sich mein Penis anguckt. Unmöglich.

Ich vegitiere nurnoch dahin und mache mein Abi mit recht guten Zensuren doch wie soll ich nen Job finden, wenn ich sogar 10 mal überlege bevor ich überhaupt Brötchen kaufen gehe.Ich hab angst vor dem rausgehen.Angst vor den Menschen. Jeden Abend wenn ich im Bett liege und versuche einzuschlafen überleg ich nur "warum mach ich das mit?". Für Suizid bin ich aber zu feige das würde ich niemals tun keine sorge.
Aber es ist schrecklich. Es ist das schreckligste Gefühl das is je gespürt habe.

Das Gefühl ... von niemanden auf der Welt gebraucht zu werden.

Es is das was mir den letzten Rest auf dieser Welt bleiben zu wollen wegnimmt.

Das wollte ich irgendjemanden Mitteilen. Der Hass auf mich selbst und noch größerer Hass auf die Menschheit. Keine Person zu haben von der man gebraucht wird. Jemand für es sich lohnt zu leben.

Das ist es was mich zu meiner Aussage führt:

"Ich bin innerlich tot"

und tatsächlich fühle ich nichts mehr. Ich habe seit Jahren nicht mehr gelacht (auch nicht bei "lustigen" Videos). Ich empfinde keine Trauer wenn jemanden ein unglück passiert. Ich habe sogar nichts gespürt als ein Verwandter von der den ich lange kannte verstarb.

Ich erhoffe mir eigentlich nichts aus diesen Text oder der Antwort.
Ic wollte der Welt mitteilen was mit mir los ist und das nicht in irgendeinen 0800-Forum.

Ich hoffe niemand erlebt dasselbe wie ich.

Dana Anwort von Dana

Grüße Dich, Martin!

Du erhoffst Dir nichts? Keine Antwort? Heißt das, Du möchtest Dich allem ergeben und es laufen lassen, nichts verändern, möchtest Du, dass es bleibt, wie es ist? Ich kann es mir nicht vorstellen.

Ich kann mir vorstellen, dass die Hoffnung auf Veränderung sehr, sehr klein ist; fast nicht spürbar. Ich kann mir auch vorstellen, dass es Dir Angst macht, die Wege der Veränderung zu gehen. Angst, wieder zurückgewiesen und ausgelacht zu werden. Angst, dass ein Versuch Kraft kosten, aber Dir nicht hilft. Aber die andere Variante ist: annehmen und ertragen, laufen lassen, alles bleibt, wie es heute ist und wächst noch weiter.

Welche Variante möchtest Du wählen? Veränderung oder Stillstand?

Meine Sicht ist ganz klar: beginne, all den Menschen, die Dir das angetan haben, die Macht über Dich zu nehmen. Sie haben sie noch immer und wissen es nicht mal. Aber Du weißt und spürst es. Du kannst sie ihnen nehmen, indem Du beginnst, für Dich ein Leben zu leben, das Du auch leben magst.

Sport möchtest Du? Dann los. Was noch? Beginne Dein Leben mit schönen Erinnerungen zu füllen, das nimmt den schlechten automatisch Gewicht.

Du kannst auch aktiv an Dir arbeiten; dazu schau mal hier:

http://mein-kummerkasten.de/93959/Selbstbewusstsein.html
http://mein-kummerkasten.de/90765/Allein-kein-Selbstbewusstsein-Wie-finde-ich-Freunde.html
http://mein-kummerkasten.de/90626/zu-schuechtern.html
http://mein-kummerkasten.de/89083/Kein-Selbstbewusstsein.html
http://mein-kummerkasten.de/79585/Wie-werde-ich-selbstbewusster.html
http://mein-kummerkasten.de/79277/Ich-hasse-mich-so-wie-ich-bin.html
http://mein-kummerkasten.de/75562/Probleme-mit-anderen-Menschen.html
http://mein-kummerkasten.de/76421/verzweifelt-Selbstzweifel.html
http://mein-kummerkasten.de/73780/Kein-Selbstwertgefuehl.html
http://mein-kummerkasten.de/157686/Feedback-selbstbewusster.html
http://mein-kummerkasten.de/158758/Selbstvertrauen.html

Und noch mehr Lektüre:

http://www.zeitzuleben.de/artikel/persoenlichkeit/selbstbewusstsein.html
http://www.selbstliebe-gegen.selbsthass.com/

Wenn Du für Dich erkennst, dass Du es allein nicht schaffst, dann wende Dich an einen Arzt, um die Möglichkeiten einer Therapie zu besprechen. Hol Dir die Macht über Dich zurück.

Alles Gute!
Dana