Problem von Maria - 19 Jahre

Ich habe mich selbst verloren

Hallo,
ich bin ein kleiner Mensch, der schon ein wenig zu viel Scheiße in seinem Leben erlebt hat. Ich wurde mit 13 (im Ferienlager), 14 (auf der Firmvorbereitung) und 18 vergewaltigt. Ich bin am Ende, dachte ich jedenfalls zu Beginn diesen Jahres. Ich konnte und wollte nicht mehr. Schließlich bin ich im Krankenhaus auf der Intensiv aufgewacht. Meine erste Frage, weshalb haben mich die Menschen dort nicht endlich krepieren lassen? Verstößt es nicht gegen das Recht auf die freie Selbstbestimmung, wenn man dort gegen seinen Willen am Leben gehalten wird?
Eine Woche später habe ich meine Abiklausuren geschrieben. Es war mir egal. Im Krankenhaus bin ich nur kurze Zeit geblieben. Kleiner Nervenzusammenbruch wegen des Abis, ohne die wahren Gründe zu nennen. Die Psychatrie war in meinen Augen einfach nur grausam und Menschen unwürdig! Ich wäre dort geschädigter herausgekommen, als ich reingekommen bin. Man wird dort nur mit Tabletten ruhig gestellt und gefügig gemacht. Dieser Ort war der schrecklichste, den ich je gesehen haben.

Mein Abi war trotzdem noch besser, als der Durchschnitt von meinen drei älteren Geschwistern. Eigentlich müsste ich studieren gehen, aber ich habe leider keine Ahnung was. Die Welt interessiert mich nicht wirklich. Ich höre mir den ganzen Quatsch an und kann am Ende nicht sagen, was mir davon wirklich Freude bereitet hat. Es bedeutet in meinen Augen nichts. Die finanzielle Unterstützung von meinem Vater ist auch sehr fragwürdig geregelt. Mein Bruder (der einzige Junge) bekommt eine Wohnung, ein Auto und einen Handyvertrag+Taschengeld... Meine Schwestern und ich bekommen nichts der Gleichen. Alle Anziehsachen, die ich am Körper trage habe ich selbst finanziere müssen, durch Zeitung verteilen und beim Bäcker als Aushilfe.
Dabei sind wir keineswegs arm. Wir haben fünf Häuser, von denen vier leer stehen und verfallen. Außerdem leisten wir uns einen großen landwirtschaftlichen Betrieb (reines Hobby), der unmengen von Geld kostet und kaum einen Cent abwirft. Nur einen haufen Arbeit... Für mich und meine Geschwister. Mein Vater kümmert sich nicht um seine Tiere (er ist gesundheitlich leicht angeschlagen und schon pansioniert), dabei hat als Frührentner den ganzen Tag Zeit.
Ich weiss nicht, was ich tun soll. Ich selbst habe ein recht passables Abitur und versuche schon die ganze Zeit mich zu bewerben. Ich will weg. Es ist für mich kein Problem die Einstellungstest zu bewältigen. Ich scheitere immer beim persönlichen Gespräch und bei der Gruppendiskussion. Dabei wäre es für mich so wichtig einen Ausbildungsplatz zu finden und eigenes Geld zu verdienen und nicht auf die finanzielle Hilfe meines Vaters angewiesen zu sein.
Meine Mutter hat leider nicht viel zu sagen. Sie ist ebenfalls diesem kranmachendem Geiz meines Vaters ausgesetzt. Zum Beispiel kaufen wir keine Lebensmittel, die nicht irgendwie wegen des Mindesthaltbarkeitsdatums reduziert wurden... Mich macht das fertig. Wir sind nicht arm und dennoch muss ich wie ein Penner leben. Auch spricht mein Vater immer solche Horror-Prophezeiungen aus, wie das wir später keine gescheiten Jobs kriegen werden, und dass wir es uns nicht mehr leisten können werden mit dem Auto irgendwo hinzufahren... Was kann ich gegen so etwas? Er zerstört jeden Keim von Optimismus in mir.
Ich selbst bin leider ein wenig zu intelligent, um mir das Leben mit irgendwelchen Drogen angenehmer zu machen, oder mich selbst zu verletzen... Dabei frisst mich die Sache mit den Vergewaltigungen auf. Von der ersten wissen meine Eltern nichts. Es war ein Übergriff im Wald beim Räuber und Chandarm-Spiel. Ich habe es runter geschluckt und nicht für wahr haben wollen. Gott sei Dank hatte ich zu dieser Zeit meine Periode noch nicht. Auch wenn kurze Zeit später mein erster Selbstmordversuch folgte, so konnte ich dies doch auf unüberbrückbare Familiendifferenzen zurück führen (mein Vater wollte mich mit Gewalt zum Orgelspielen zwingen...). Hiervon habe ich keinem erzählt.
Bei der zweiten sah es dann schon schwieriger aus. Es war in einer Gruppe. Die Mädels von meinem Zimmer haben es mit gekriegt. Ich habe mich gewährt und wollte es nicht. Leider mussten diese (in meinen Augen) Schlampen es weiter erzählen. Auf diese Weise entstanden Gerüchte. Er war ein Held und ich wurde von meinem Dorf zur S******* degradiert. Auch hiervon habe ich meiner Familie nicht erzählt. Doch sie mussten es zwangsläufig mitkriegen... schließlich leben wir in einem Dorf. Sie haben es als großen Vertrauensbruch angesehen. Anzeigen sollte ich ihn nicht. Schließlich sollte man dem Jungen ja nciht die Zukunft versauen!
Die letzte Vergewaltigung war die Schlimmste. Es war einen Tag vor Sylvester. Ich lag da und konnte einfach nichts tun. Ich war starr vor Angst und wusste, dass es mehr weh tut, wenn man sich dagegen wehrt. Eigentlich hatte ich nach den letzten zweimalen auch nicht gedacht, dass mein Schicksal es noch mal so schlecht mit mir meinen könnte. Ich suche nicht die Gefahr. Bin nie geschminkt, oder in knappen Outfits unterwegs. Und auf Partys findet man mich schon mal dreimal nicht. Ich bin eher ein Einzelgänger (leider auch ohne wirkliche Freunde) und meide Gesellschaft. Diese Vergewaltigung war die erste, die ich angezeigt habe. Bei der Protokollaufnahme musste ich jedes Detail noch einmal durchleben. Ich kam mir vor wie auf der Folterbank. Meine Eltern eher konserativ haben mich bei diesem Gang nicht unterstützt, sondern mir viel eher die Schuld gegeben. Ich hasse sie dafür. Leider ist es aufgrund von mangelnden Beweisen nicht zur Gerichtsverhandlung gekommen. Auch fehlte die Gewaltkomponente, die nötig ist, um von einer Vergewaltigung zu sprechen. Ich wollte es nicht, doch leider konnte ich mich nicht wehren. Es ging einfach nicht!
Bislang hatte ich erst einen Freund. Nicht wirklich feiwillig, aber meine Schwestern hatten in meinem Alter schon einen... Außerdem wurde ich immer mit dem Vorwurf konfrontiert lesbisch zu werden... Geschwister sind manchmal grausam. Auch haben sie mich damit aufgezogen, dass ich bislang noch keinen Orgasmus hatte. Ich habe den Geschlechtsverkehr gehasst. Mein Freund (13 Jahre älter) war nicht wirklich sensibel und wollte gegen meinen Willen Oralverkehr mit mir (hatte ich leider bei der ersten V. )dabei habe ich ihm gesagt, dass ich panische Angst habe, dabei zu ersticken... Auch wollte er von mir, dass ich 10Kilo abnehmen sollte. Dabei bin ich weder dick, noch dünn, sondern eher von sportlicher Statur. Ich würde mich nur schwach fühlen, wenn ich fasten würde... Gut, dass es vorbei ist.
Warum ist Sex eigentlich von so elementarer Bedeutung für Männer?
Kann eine Gesellschaft ohne Sexualität funktionieren???
Es sind die Fragen, die ich mir stelle. Vielleicht könnt ihr mir ja eine Antwort darauf geben.
Eine Terapie habe ich bislang nicht gemacht. Immer konnte ich eine Ausrede finden, um mich davor zu drücken. Doch ich habe Angst, dass es wieder passiert und ich es aus Blödheit noch einmal über mich ergehen lasse, ohne etwas dagegen zu tun.
Sterben will ich immer noch. Früher oder später muss es jeder Mensch. Ich bin nicht davon überzeugt, dass mein Leben besser wird. In den letzten sechs Jahren wurde es kontinuierlich schlechter. Ich will nicht mehr leiden müssen. Jetzt suche ich nur noch nach einem Weg, der mir garantiert, dass ich nicht doch irgendwann auf der Intensiv wieder aufwache.
LG

Anwort von Andrea

Liebe Maria

ich kann verstehen, dass du am Ende bist, das Gefühl hast, du kannst nicht mehr! Kein Wunder, du hast eine Menge schreckliches schon erfahren, nicht die Hilfe bekommen, die du dir vielleicht gewünscht hättest usw.

Aber trotzdem ist ja hier noch ein wenig Lebensmut da- sonst würdest du uns nicht schreiben und doch ein wenig HOffnung hier rein setzen!

Zu deiner ersten Frage, die du vermutlich aber auch selbst beantwortet könntest: warum? Ich denke, weil man keinen Menschen einfach sterben lässt, wenn man ihm noch helfen kann! Und dir kann man noch helfen. Außerdem liegt noch so viel vor dir, all die Dinge, die du aufgrund deines Alters noch gar nicht erleben konntest - möchte man das einem Menschen vorenthalten, wenn es noch eine Chance für ihn gibt?

Bemerkenswert, wie du trotz der Umstände das Abitur geschrieben hast - das zeigt ja, was in dir steckt, was du für Möglichkeiten hast, wenn es dir wieder gut geht!

Ich kann verstehen, was du für schreckliche Erlebnisse aus der Psychiatrie mit genommen hast. Teilweise sind die Pfleger so sehr überfordert, dass sie keine andere Wahl mehr haben, außer ihre Patienten ruhig zu stellen - ich halte nichts davon.

Was bei dir daheim abläuft klingt ein wenig merkwürdig und ich kann mir vorstellen, dass du da mit Reden nicht weiter kommst - dein Vater wird dir da nicht wirklcih eine Hilfe sein, wenn er bis jetzt nicht mal dir das NÖtigste hat zukommen lassen. Deswegen finde ich es dann wichtig, dass du lernst auf eignen Füßen zu stehen, für dich selbst zu sorgen!

Ich finde es für dich ganz ganz wichtig, dass du dich von deiner Familie selbständig machst, dass du nicht mehr abhängig von ihnen bist. Anfänge hast du ja schon gemacht, indem du nach einem Ausbildungsplatz suchst. Wo könntest du Hilfe bekommen, Informationen bezüglich deiner Berufswahl? Gibt es bei euch Möglichkeiten bei einem Berufsinformationszentrum oder beim ARbeitsamt?

Ich finde es ganz toll, dass du noch einen Funken Energie in dir hast - dass du dich doch noch nicht vollständig aufgegeben hast, obwohl so eine Menge schief gegangen ist.
Ja du bist wirklich zu intelligent, dass du einfach dein Leben so wegschmeißt, Drogen nimmst oder dich selbst verletzen musst, damit du dich spürst! Das ist kein Leben, du verschenkst zu viel! Aber ich kann deine REaktion durchaus nachvollziehen, wer weiß, wie wir alle reagieren würden, wenn uns ähnliches widerfahren wäre! Deswegen, z.b. auch wegen der VErgewaltigung - bitte suche dir professionelle Hilfe!

WArum weigerst du dich so sehr, eine Therapie zu machen? Was berfürchtest du? Wovor hast du Angst?
Kann etwas denn überhaupt nur annähernd dir nochmal so viel Angst bereiten, wie das, was du bis jetzt erlebt hast?
Ich kann es dir nur ans Herz legen. Du brauchst keien Angst davor zu haben, Therapeuten kennen sich mit solchen oder ähnlichen Schicksalen aus, wissen, wie sie mit dir umgehen und wollen dich sicherlich nicht verletzen.
Hilfe kannst du vorerst bei einer Beratunsstelle bekommen. Du kannst dich aber auch gleich aufmachen und über die gelben Seiten oder das Internet einen niedergelassenen Psychologen oder Psychotherapeuten suchen.
Gib dir udn deinem Leben eine Chance, dass es doch noch besser werden kann. Hast du es versucht? Ohne eine Chance finde ich, darf man nicht einfach sich selbst ein Ende setzen! Denn es gibt doch noch Wege - auch wenn du sie nicht alleine findest, deswegen wäre es wichtig, dass du dir professionelle Hilfe suchst! Und der Weg, dass du nicht mehr auf der Intensivstation aufwachst ist der:
such dir Hilfe, lass dir helfen, nimm diese Hilfe and!

Alles Gute