Problem von Anonym - 18 Jahre

Probleme mit meinen Eltern und Essstörung

Hallo liebes Kummerkasten- Team,

ich weiß gerade einfach nicht mehr weiter. Es kommen mehrere Dinge zusammen...
Zunächst eine Sache, die mir allgemein den Alltag schon sehr kompliziert macht: Seit nun ca. 2,5 Jahren bin ich essgestört. Es wechselte von Magersucht zur Bulimie, nun wieder zurück zur Magersucht. Aber das ist nicht der eigentliche Grund, warum ich schreibe - dieses Thema gibt es ja ohnehin schon im Archiv.
Was mich momentan am meisten beschäftigt, ist folgendes: Es geht um meinen Vater. Ich habe das schon länger geahnt oder vielmehr unterbewusst gespürt (womöglich auch ein Grund für meine Essstörung?!), aber lange Zeit wahrscheinlich verdrängt oder nicht wahrhaben wollen. Mein Vater ist schwul, hat seit einiger Zeit sogar einen Freund. Ich weiß es von meiner Mutter, sie hat sich gedacht, dass ich es ahne und mich deshalb darauf angesprochen. Mit meinem Vater habe ich darüber noch nicht gesprochen. Ich kann es einfach nicht.
Ich muss wohl dazusagen, dass meine Eltern (noch?) zusammenleben. Eine Trennung "gehört sich eben nicht. Was würden denn die Leute denken?" Das ist natürlich eine sehr ungute Situation so, für meine Mutter auch äußerst schwierig. Ich habe große Probleme im alltäglichen Umgang mit meinem Vater. Oft bin ich wütend, mich nervt fast alles an ihm. Manchmal geht es sogar in Richtung Hass. Ich komme mir so schlecht vor deshalb. Mein Vater hat sich das ja auch nicht ausgesucht, er kommt aus einem sehr konservativen Elternhaus, für ihn ist es wohl auch sehr schwierig. Dennoch sind diese Gefühle da, leider schaffe ich es auch nicht immer sie gegenüber ihm ganz zu verbergen. Oft tut er mir dann Leid, weil ich gegenüber ihm fast schon aggressiv werde. Aber dann wieder bin ich auch wieder nur wütend, mit ihm reden möchte ich darüber nicht. (Er weiß übrigens von meiner Mutter, dass ich bescheid weiß). Es ist alles so kompliziert... Wahrscheinlich wäre es besser ich würde mich mal mit ihm aussprechen. Aber momentan habe ich gegen ein solches Gespräch so ein starkes Gefühl der Abneigung, ich weiß nicht genau warum. Ich komme mir so schlecht vor, weil ich Nähe zu meinem Vater teilweise unerträglich finde und mich überwinden muss sie trotzdem zuzulassen.
Neben dieser schwierigen Beziehung zu meinem Vater, mache ich mir große Sorgen um meine Mutter. Ich weiß, dass es ihr ziemlich schlecht geht. Ich würde ihr so gerne helfen, habe aber das Gefühl ich kann es nicht. Dann bekomme ich oft noch ein schlechtes Gewissen wegen meiner Essstörung, dadurch mache ich ihr ja zusätzlich Sorgen, mein Vater lässt sie ohnehin mit meinen Geschwistern (die beide chronisch krank sind) und mir viel alleine.
Ich weiß einfach nicht mehr was ich tun soll.
Es ist zum Verzweifeln. Jetzt schreibe ich auch noch in einem halben Jahr Abitur, oft wird mir aber alles zu viel und ich weiß nicht wie ich so ein gutes Abitur schreiben soll. (und das ist mir sehr wichtig, da ich gerne Psychologie studieren möchte)
Vielleicht könnt ihr mir ja ein paar Tips geben, wie ich im Alltag besser mit der Gesamtsituation umgehen kann?
Liebe Grüße und vielen Dank im Voraus

Anwort von Diana

... Dir scheint es wirklich nicht gut zu gehen.
Du hast Deiner Aussage nach eine Essstörung und hinzu kommt auch noch die Trennung Deiner Eltern (obwohl es ja keine "richtige" Trennung ist).
Deine Essstörung scheint genauso verborgen und unter den Teppich gekehrt zu werden wie die gescheiterte Ehe Deiner Eltern PLUS die Homosexualität Deines Vaters.
Alles wird immer schön unter den Tisch gedrückt, damit man sich bloß nicht rechtfertigen und großartig damit befassen muss.
Zunächst zu Deiner Essstörung.
Klar, Du bist oder kommst gerade in Dein Abistress. Trotzdem scheinst Du ja ernsthaft esskrank zu sein- das ist nicht auf die leichte Schulter zu nehmen! Du musst Dich dringend professionell beraten und behandeln lassen.
Denn seinem Körper Nahrung, lebenswichtige Nährstoffe, zu verweigern, wird sich (gerade in der Wachstumsphase) extrem schädlich auf Dich auswirken. Du musst so bald wie es nur geht aus diesem Teufelskreis ausbrechen! Essen ist das, was Dich am Leben erhält!
Zumindest ist bei Dir die Einsicht da, dafür möchte ich Dich loben, denn das ist der erste Schritt zum Weg der Heilung.
Bitte lasse Dir helfen!
Nun zu Deinen Eltern.
Deine Eltern scheinen schlechte Vorbilder zu sein: anstatt sich der Situation, wie sie nun leider ist, zu stellen, nämlich das Dein Vater homosexuell und somit die Ehe längst am Ende ist, führen sie lieber ein verstecktes Leben. Die Gefühle werden unterdrückt, die Probleme fein säuberlich unter den Teppich gefegt - und wofür?
Bloß damit die Leute denken, alles sei "Friede, Freude, Eierkuchen" in Euerm Haus. Und was bringt das? Nichts- weder Dein Vater, noch Deine Mutter scheint glücklich mit der Situation zu sein. Und sie werden wahrscheinlich auch nie glücklich werden, wenn sie nicht aus diesem Teufelskreis ausbrechen und dazu stehen, dass die Ehe nicht mehr funktioniert. Das passiert in den besten Familien. Und Homosexualität ist ja nun wirklich in der heutigen Zeit nicht mehr etwas außergeöhnliches und schon gar nicht etwas, wofür man bestraft werden würde. Und selbst wenn es einige eingeschränkt denkende Menschen geben sollte, die die Homosexualität Deines Vaters nicht akzeptieren können- diesen Menschen sollte man wenig Beachtung schenken.
Dir rate ich auf jeden Fall, offen mit Deinem Vater und Deiner Mutter darüber zu sprechen. Hört auf, Euch nur giftige oder unsichere Blicke zu zu werfen! Redet miteinander! Tauscht Euch aus, sprecht wie Erwachsende über die Themen, die Euch nerven und stören.
Es ist wie mit Deiner Essstörung- man kann nicht einfach ständig die Augen verschießen und hoffen, dass dadurch das Problem verschwindet!
Nach Lösungen streben sollte Deine und Eure Devise lauten.
Du musst die Beziehung zwischen Deinen Eltern und Dir wieder in den Griff bekommen, sie müssen auch erkennen, dass Du eine Krankheit hast und dringend ihre Unterstüzung benötigst!
Öffne Dich und nehme diese Dinge in Agriff!

Ich wünsche Dir alles Gute und hoffe, dass Du mit ganz viel Mut und Kraft diese schwierige Zeit überstehst!

Deine Diana vom KuKa-Team!