Problem von Allegra - 31 Jahre

Hilfe, seine Mutter zerstört unser Leben!

Hallo liebes Kummerkasten-Team!

Ich wende mich mit einem großen Problem an Euch, das mir eigentlich erst in den letzten Monaten klar geworden ist. Deshalb habt bitte Verständnis, wenn ich etwas länger schreibe: Mein Freund (33) und ich (31) sind seit über einem Jahr zusammen. Eine Herausforderung in unserer Beziehung ist sicher, dass er Italiener ist und (noch) im Ausland lebt, ich dagegen hier in Deutschland. Wir hatten uns Ende 2007 über ein gemeinsames berufliches Netzwerkprojekt kennengelernt, lange Unterhaltungen geführt und verliebt. Seitdem pendeln wir in Abständen zwischen 1 und 3 Monaten regelmäßig hin und her und verbringen unsere Zeit zwischen 2-4 Wochen und jeden Abend am Telefon. Das für sich ist schon nicht einfach.

Ich empfinde diese Beziehung gelegentlich als große Belastung, auch weil er in seiner persönlichen Entwicklung gehemmt scheint. Er weiß nicht, was er in seinem Leben überhaupt will - bzw. er weiß es schon, aber er weiß nicht, wie er es umsetzen soll - kurz: Er hat große Lebensangst und mir ist die Verantwortung für diese Beziehung gelegentlich einfach zuviel und ich fühle mich ausgelaugt. Wir haben zwar Pläne für die Zukunft, aber ich habe immer das Gefühl, er fühlt sich blockiert, weiß nicht, was er tun soll, ist innerlich unselbständig, nicht realistisch. Er ist talentiert und sehr engagiert in seinem Job - seine Persönlichkeit scheint sich auch entwickeln zu wollen, etwas ausprobieren zu wollen. Er ist neugierig auf das Leben - und trotzdem kommt es immer wieder zu Energieabfällen (meistens zu Hause) und depressiven Verstimmungen. Er blockiert sich immer wieder selbst.

Das Beenden der Beziehung ist leichter gesagt als getan: Zwischen uns gibt es tiefe, zarte und ehrliche Gefühle. Wenn diese negativen Dinge nicht wären - die zwar nur ihn, aber indirekt auch unsere Beziehung betreffen, wären wir von gelegentlichen Mentalitätsunterschieden und Kabbeleien mal abgesehen, eigentlich glücklich. Ich lebe ihn wirklich sehr und will ihn nicht verlieren.

Ich habe heraus gefunden, dass mein Freund wohl ein psychisches Problem mit seiner Mutter hat - alle Zeichen sprechen dafür. Nun muss man zwar wissen, dass Italiener irgendwo immer einen mehr oder minder ausgeprägten Mutterkomplex besitzen, doch die Art und Weise wie ihn diese Frau erzogen hat, und dass er mit 33 Jahren immer noch zu Hause wohnt und ganz entgegen seiner privaten und beruflichen Wünsche - geht mir einfach zu weit.

Um das zu verdeutlichen werde ich zunächst seine eigenen Wünsche - das, was er mir immer wieder mit Begeisterung sagt - erzählen und dann seine tatsächliche Lebenssituation: Er möchte ein weltoffenes Leben führen, hat mir sogar versprochen, zu mir ins Ausland zu gehen. Zumindest möchte er weg, nur noch weg von zu Hause, wo er sich allein fühlt, da seine Freunde bereits alle weggezogen sind und es dort unten auch keine beruflichen Chancen für ihn gibt. Er möchte am liebsten immer mit mir zusammen sein und etwas eigenes aufbauen. Er liebt es, in Wohn- und Baumärkte zu gehen, ist jemand, der sein Heim mit viel Liebe austatten will und auch seinen eigenen Freiraum braucht und beruflich unabhängig sein möchte. Eigentlich ein ganz normaler Wunsch in dem Alter.

Tatsache ist: Er wohnt mit 33 Jahren immer noch zu Hause bei den Eltern, in einer mittelgroßen italienischen Stadt. Von diesem Ort oder der näheren Umgebung hat er sich fast nie weg bewegt - obwohl er ständig ins Ausland möchte und Stunden vor dem PC verbringen kann, um sich fremde Länder anzusehen. Er sitzt zu Hause wie ein Strafgefangener, die Mutter kontrolliert ihn mit Essen, das sie ihm aufs Zimmer bringt - obwohl er gelegentlich gar nicht essen möchte. Seinen Beruf übt er nicht richtig aus - nicht weil er faul oder untalentiert wäre, sondern weil er sich in seiner inneren Unselbständigkeit seinen Träumen von einer beruflichen Selbständigkeit hingibt, die aber monatlich oft nicht mal 350 Euro einbringt. Jetzt hat er endlich einen Job angenommen, bei dem er etwas mehr verdient und möchte sich angeblich ein eigenes Zimmer nehmen, doch ich glaube nicht mehr dran.

Er verspricht mir das eigentlich schon so lange wir uns kennen, dass er endlich alleine wohnen möchte, weil es auch in seinem Empfinden liegt, dass man die Freundin nicht immer nach Hause zu den Eltern schleppen kann. Weit gefehlt - trotzdem, dass er sich vor mir zu schämen scheint und genau weiß, was angemessen wäre, tut er nichts. Und erzählt mir ständig, er kann sich dies und das nicht leisten - Fakt ist aber: Dass er sich bisher gar keinen anderen Job gesucht hat - und auch jetzt...hat er mir schon wieder "angedroht"...müsste ich beim nächsten Mal schon wieder bei den Eltern wohnen, "wenn" er bis dato kein eigenes Zimmer hat. Das werde ich aber bestimmt nicht mehr tun, sondern abwarten, was passiert.

Es sieht dann nämlich so aus, dass wir dort absolut keine Privatpshäre haben, die Mutter ständig vor der Tür rumsteht, um den Hund raus- oder reinzulassen, zu fragen ,was wir essen wollen und alles kontrolliert. Der Vater hält sich etwas mehr zurück. Trotzdem ist das für junge Erwachsene ein untragbarer und auch entwürdigender Zustand, mal abgesehen davon, dass wir dann auch nicht für lange zusammen sein können. Wenn er zu mir geflogen ist, war es meistens besser, denn ich habe quasi allein gelebt. Er hat sich dann auch positiv verändert - war nicht mehr so nervös, selbtsicherer und ruhiger. Trotzdem: Auch hier hat er jeden verd... Tag seine Mutter angerufen und wegen jedem Mist nachgefragt...und als er es mal vergessen hatte, war sie tatsächlich bleidigt - so sehr setzt sie ihn unter Druck.

Er will mich und er will diese Beziehung, auf der anderen Seite lässt er alles schleifen oder hat ANGST, etwas für uns zu organisieren. Ich weiß nicht, woran es liegt. Ich habe schon mehrmals versucht Schluss zu machen, weil ich diese Perpsektivenlosigkeit und Beengung (als ich zuletzt unten bei ihm war) nicht mehr ausgehalten habe. Er will die Trennung absolut nicht...ruft mich 100 mal am Tag an, will alles besprechen, zeigt sich teilweise einseitig und würde, wenn es darauf ankäme wohl auch den nächsten Flieger nehmen und herkommen. Für ihn sind wir fest zusammen - nur ich sehe das aufgrund dieser Umstände etwas anders und immer will er mir ständig seine Mutter aufs Auge drücken, indem er von mir verlangt, ich soll da unten zeitweise mit in der Wohnung seiner Eltern wohnen etc....

Das Problem ist nur: Wenn er sich selbst kein eigenes Zimmer nimmt und sich mehr abgrenzt, was er mir schon seit einem Jahr von sich aus ständig "erzählt", kann ich aus Diplomatiegründen gegenüber der Familie nicht auf ein eigenes Zimmer bestehen - auch, wenn wir dann mehr Intimsphäre hätten. Es sieht dann so aus, als ob ich mich isolieren und mich gegen die (kontrollierende) Gastfreundschaft stellen würde. Wobei natürlich die Mutter der treibende Keil ist - wie da unten üblich.

Diese Frau ist zwar keine - wie soll ich es sagen - "aggressive Hexe", ist selbst aber sehr unselbständig und unglücklich und versucht durch schlechtes Gewissen und hintergründe Kommentare, ihr Umfeld zu manipulieren. Es wäre auch möglich, dass sich mein Freund gegenüber seiner Mutter irgendwie verantwortlich fühlt - da sie schon keine glückliche Ehe führt, die Kinder erwachsen sind, etc.....und er sich quasi als "Partnerersatz" benutzen lässt. Aber das war bereits vor mir so und er ist wohl so "grenzübergreifend" aufgewachsen.

Seine Mutter mischt sich zwar nicht direkt in unser Intimleben ein - das fehlte noch - aber sie versucht ihn ständig zu beeinflussen. Sie ist sehr oberflächlich und vergibt "Zuneigung" nur nach "Schönheit". Sie kann keine echte Liebe und Wärme geben, mein Freund fühlt sich daher nicht geliebt und hässlich und denkt, es liegt an ihm selbst. Auch, weil der Vater ihm gegenüber als Kind ziemlich autoritär war - und er hat quasi auch noch die Spannungen der Eltern und die Machtkämpfe - evtl. auch um die Kinder - mitbekommen.

Er hat heute ein Gefühl von ständiger Unsicherheit und ein kleines Ego - und das lässt sich natürlich umso leichter von der Mutter beherrschen, die ihn wegen seiner Sensibilität schon sehr früh an sich gebunden hat. Der jüngere Bruder besitzt einen etwas anderen Charakter und hat sich innerlich schon früh vom Elternhaus abgewendet, er hängt auch mehr am Vater. Deshalb ist er bei der Mutter unten durch und sie klebt nur noch mehr an meinem Freund - und versucht ihm natürlich auch einzureden, dass das Verhalten seines Bruders egoistisch ist - und er glaubt das auch noch.

Mein Freund möchte im Prinzip auch ein gutes Verhältnis zum Vater aufbauen, hat aber eine große Abneigung gegen die autoritäre Erziehung seiner Kindheit und kann ihm nicht verzeihen, obwohl der Vater sich heute bemüht, es besser zu machen. Mein Freund mag seinen Vater, das weiß ich, aber ich habe auch das Gefühl, er hat wieder ein schlechtes Gewissen der Mutter gegenüber. Deshalb versucht er sogar den Vater auszustechen, indem er zu Hause Renovierungsarbeiten - die eigentlich der Vater organisieren müsste - planen und bezahlen möchte, nur als Beispiel. Statt seine Energie in ein eigenes zu Hause zu stecken. Er fühlt sich von Verantwortlichkeiten, die der Vater tragen müsste, erdrückt, die der jüngere Bruder scheinbar nicht empfindet und blockiert sich dabei selbst. Er müsste nur noch weg von zu Hause, von den Spannungen und den Kontakt für einige Zeit völlig abbrechen. Sein eigenes Leben leben - aber genau das möchte er einerseits und andererseits wieder nicht.

All seine Freunde sind schon umgezogen, er ist allein an diesem Ort (gefangen) und in dieser baufälligen Wohnung, ist ständig müde, ausgelaugt und ständig die Eltern um ihn. Ich kann mir das so nicht länger ansehen, er müsste drignend in Therapie um dieses Mutter-Trauma, oder was immer es ist, zu verarbeiten.

Kurz: Ich glaube, er hat einen starken Mutterkomplex aufgrund eines inneren Vaterverlustes... Der vermutete Grund ist einerseits, weil er teilweise die Verantwortung des Vaters mitübernehmen möchte, andererseits aber auch, weil er sich selbst blockiert und seine Träume nicht lebt, noch in Angriff nimmt. Ich weiß nciht, ob das alles in Rücksicht auf die Mutter geschieht, oder was dahinter steckt. Jedenfalls hat ihm diese Frau nie Grenzen gesetzt - im Gegenteil, sie "stützt" ihn in keiner Weise, hört sich sein Gemecker (denn Schuld haben ja immer die anderen...) nur stillschweigend an, seine Machoallüren, er schwingt daheim das große Wort und Mutter bewundert das oder sagt nichts. Jedenfalls hat er von ihr nie gelernt, wie man "vernünftig" und "realistisch" mit Problemen umgeht..die sagt einfach nichts, wenn er den Mund aufmacht! Und das alles mit kühler Berechnung, denn Schuld, sind dann automatisch immer die anderen, wenn sie gegenreden...nur die lieber Mutter nicht.

Mein Verdacht ist, dass sie ihn schon früh in eine Art emotionale Abhängigkeit auch wegen der Erziehung des Vaters gedrängt und ihn nie losgelassen hat. Bei mir hat sie zunächst versucht, sich freundschaftlich einzuschmeicheln, aber ich habe sehr schnell gemerkt, dass ich keinerlei Unterstützung von ihr erfahre, wenn es darum geht, dass ihr Sohn endlich selbständig wird. Im Gegenteil. Wir streiten uns immer häufiger - vor allem wegen Zukunftsplanung, weil er mir vorwirft, mir würde alles nicht schnell genug gehen, kann mir aber auch keine zeitlichen Ziele nennen - und sie redet ihm ein, ich sei kompliziert.

Das sagt sie nicht so...eher so hinten rum..."Was hat sie denn schon wieder....jeden Abend streitet ihr Euch..."..."wäre vielleicht besser, das doch zu beenden",..."ich kenne dich gar nicht so...was macht sie nur mit Dir...(dabei ist SIE es, sieht es aber nicht ein und mein Freund hat es mir selbst im nachhinein erzählt, wie sie mit ihm über uns redet, die nur auf eine Gelegenheit wartet...) Mamma hört ja mit in der Wohnung, wenn es in seinem Zimmer mal lauter zugeht! Ein absolut entwürdigender Zustand! Und natürlich bin ich es dann...klar...ich, die mit dem Produkt dieser Erziehung klar kommen soll.

Wäre sie wirklich so sehr um unsere "Zukunft" besorgt, würde sie ihm aufzeigen, dass und wie er selbständig werden soll. Dass genau das nicht passiert, spricht Bände. Sie hat kein großes Interesse (mehr), dass ihr Sohn mit mir, einer Deutschen, zusammen ist, weil sie Angst hat "Söhnchen" zu verlieren. Wie gesagt, diese Frau gehört in Therapie: Einmal hat sie uns - meinem Freund und mir - Fotos von sich gezeigt als sie jünger und im Bikini war...Dutzende....und wir mussten sie darauf ständig bewundern. Was für eine schöne Mutter er doch hat....bella mamma...

Bitte helft mir, ich weiß nicht mehr weiter...ich kann mir diese Verhältnisse unter denen mein Freund lebt, nicht mehr länger mit ansehen. Er muss dringend da raus - auch in seinem Interesse oder unsere Beziehung wird es nicht mehr lange geben. Auch unser Intimleben leidet schon unter diesen Annormalitäten. Ich will und kann nicht mehr da runter in diese Wohnung zu den Eltern. Ich bin derzeit leider auf Jobsuche und kann mir keien eigene Wohnung nehmen. Daher können wir uns derzeit überhaupt nicht mehr sehen. Auch, weil er jetzt für einige Monate einen festen Job und seine Selbständigkeit aufgegen hat. Es ist wirklich eine tiefe Liebe sonst hätte ich das schon längst aufgegeben. Aber alles spricht dagegen, denn bewegen muss ER sich. Meiner Meinung nach muss ER erkennen in welchen psychischen Abhängigkeiten zu seiner Mutter er sich da bewegt und das durchtrennen. Was, wenn diese Person in vielleicht 15 Jahren nicht mehr ist? Dann wacht er auch auf, aber dann ist es vielleicht zu spät für einen beruflichen und privaten Neuanfang.

Bitte helft mir - was soll ich tun? Ich kann ihm die Abhängigkeit zu seiner Mutter auch nicht so deutlich unter die Nase reiben, denn dann würde er sofort zu ihr rennen und ihr das erzählen. Dann würde sie nur noch mehr gegen mich hetzen. Ich kann mich nur diplomatisch, aber bestimmt verhalten.

Liebe Grüße,

Allegra

Dana Anwort von Dana

Grüße Dich, Allegra!

Du bist ein sehr reflektierter Mensch, hast Zusammenhänge erkannt und im Grunde auch die Lösung entdeckt. Und auch den großen Stolperstein: Bewegen muss er sich. Das kann niemand für ihn übernehmen. Es ist seine Entscheidung, sein Leben zu verändern. Bis jetzt spricht er nur davon und schafft es nicht, seine Wünsche in die Tat umzusetzen. Ich frage mich, was er noch braucht, damit er es kann?

Du scheinst sehr viel Wut auf seine Mutter zu richten. Das kann ich schon verstehen - aber verändern kannst Du sie auch nicht. Er ist es, der sich verändern kann; der sein Leben verändern kann. Ich würde nicht so sehr die Mutter analysieren und gegen sie reden - sondern bei ihm bleiben. Egal, wie die Erziehung war, egal, wie die Hintergründe sind: er ist ein erwachsener Mann und trägt die Verantwortung für sich und sein Leben. Das tut noch immer die Mutter, weil er es zulässt. Nicht, weil sie es will, sondern weil er dieses Leben so lässt, wie es ist. Er ist eigenverantwortlich, selbstbestimmt; er trägt die Verantwortung dafür, was er aus sich macht.

Natürlich geben Eltern ihren Kindern dafür eine Menge mit auf den Weg und es kann eine Last sein - aber inzwischen ist er für diese Last verantwortlich. Er sagt, wann er Hilfe braucht, wo er leben möchte, was er beruflich erreichen möchte. Seine Verantwortung; die tragen Eltern nicht mehr. Seine Mutter übernimmt sie offenbar weiterhin; aber es liegt nicht an ihr, das zu ändern.

Versteh mich nicht falsch, ich möchte sie nicht in Schutz nehmen oder ihr Verhalten rechtfertigen oder gutreden. Aber nur er kann ändern; das versuche ich ganz deutlich zu machen. Wenn er es möchte, kann er es. Wenn er es so belassen möchte, kann er es auch.

Ich fürchte, Du kannst wenig tun, außer für Dich festzulegen und deutlich zu sagen, wie Du mit der Situation umgehen möchtest. Das kann ihm den Antrieb geben, endlich sein Leben selbstbestimmt zu führen.

Alles Gute!
Dana