Problem von Anonym - 20 Jahre

Ich fühle mich durch mein Aussehen/Einstellung im Leben eingeschränkt

Liebes Kummerkasten-Team,

Ich denke schon, dass es hier mehrere Fragen in diesem Bereich gibt und ich habe mich auch schon erkundigt, dennoch möchte ich meine Sicht jemanden Neutralen mitteilen.

Das geht jetzt schon seit vielen Jahren so, obwohl es immer Höhen und Tiefen gegeben hat. Ich bin sehr oft mit mir unzufrieden, weil ich mich nicht hübsch fühle. Es geht mir nicht darum, bildschön und umwerfend zu sein, da ich meine eigene Persönlichkeit behalten möchte. Ich bin halt ich! Dennoch bin ich sehr unglücklich mit meinem Aussehen. Jetzt wird bestimmt jeder denken, dass sind die normalen Probleme, die manche haben. Ich war als Kind immer eine der Süßen und hatte nur selten Probleme auf Leute hinzuzugehen. Ich war halt das kleine liebe Nesthäkchen mit zwei älteren Brüdern Doch als ich älter und größer wurde hat sich das total verändert. Meine Nase ist sehr gewachsen, was auch ein bisschen in meiner Familie liegt. Doch während die Nasen meinen Brüdern gut stehen und gut aussehen (sagen wir mal, "männlich") habe ich das Laster des größten Höckers und der knubbeligsten Nasenspitze. Und in diesem Sinne ist "knubbelig" rein gar nicht knuffig. Sie erinnert eher an eine Nase von einem älteren Mann. Desweiteren hab ich als einzige meiner Familie "kein Kinn", was im Seitenprofil meine große Nase noch verstärkt und fließend in meinen Hals übergeht. Ich denke, ich hätte mit meiner Nase nicht so ein Problem, wenn es nicht wenigstens etwas geben würde, was ich an meinem Gesicht besonders mag.
Wenn ich ein bisschen geschminkt bin, mag ich meine Augen, jedoch muss ich die hinter einer Brille verstecken, weil ich als einzige von meinen Geschwistern eine tragen muss und Kontaktlinsen bei mir kompliziert sind. Meine Oberlippe ist fast nicht vorhanden. Meine Zähne sind zwar gerade, jedoch vererbt gelblich. Meine Haut ist generell eigenartig, weil sie im Gesicht sehr dünn scheint (man kann die Adern um meine Augen herum sehen, blauschimmer) und am Körper erstrecken sich bräunliche Flecken, die sich verbreiten und in der Sonne dunkler werden.
An meine Ohren mag ich gar nicht denken. Sie erinnern mich auch an Ohren eines alten Mannes. Irgendwie schief und mit viel zu großem Ohrläppchen. Um den ganzen noch die Krone aufzusetzen, zieren tolle Muttermale mein Gesicht, wovonjedoch bald endlich der Größte verschwinden wird.
Es tut mir leid, wenn ich alles zu sehr beschreibe, aber ich muss es mal loswerden. Hinzu zu meinem Aussehen. Ist es normal das ich andere (meist sogar viel jüngere Mädchen) bis auf die Knochen beneide, weil sie im Anfangsstadium eine größere Brust haben als ich mit 20? Die Körbchengröße macht mir nur manchmal was aus, es kommt immer darauf an, mit welchen Freunden ich gerade was mache.
Dadurch, dass ich mich im Gesicht überhaupt nicht weiblich fühle, sondern eher wie ein unattraktives Mannsweib, bin ich in meinem sozialen und privaten Leben sehr eingeschränkt. Ich schminke mich zwar (sehr dezent, weil ich nicht künstlich wirken möchte) und mache mich gerne zurecht, dennoch bin ich nie wirklich zufrieden. Wenn ich mal zufrieden bin, holen mich Fotos im nachhinein gerne wieder in die Realität zurück. Im Vorderprofil geht es ja wirklich, aber sobald ich das Gesicht ein bisschen drehe, könnte ich wirklich manchmal weinend vorm Spiegel stehen. Ich bin mittlerweile 20 und es hat sich noch nie wirklich jemand für mich ernsthaft interessiert. Ich bin zwar kürzlich mit jemanden Kaffeetrinken gegangen, aber das eher, weil ich nicht nein sagen konnte und seitdem fühle ich mich total eingeschränkt. Er ist zwar nett, aber um jemanden besser kennen zu lernen ist es denke ich nicht gut, wenn man beim Erscheinen im icq oder per mail einen negativen kalten Schauer bekommt und sofort offline geht und das Handy durchlingeln lässt. Ich hab ihm gesagt, dass ich es nur auf einer freundschaftlichen Basis wenn überhaupt für möglich halte, aber das unangenehme gefühl bleibt. Aber das beiseite.
Ich würde auch gerne mal "die Süße" sein, bzw. diejenige, die von anderen eine Jacke bekommt, wenn ihr kalt ist. Ich habe das Gefühl, dass ich durch mein grobmotorisches Aussehen (alles was kleiner sein soll ist größer und umgekehrt) einfach nicht den Beschützerinstinkt anderer Wecke, was mich sehr traurig macht. Ich möchte auch einmal von einem in den Arm genommen werden und behütet werden, die Jacke bekommen, wenn mir kalt ist und einfach mal im Mittelpunkt eines Einzigen stehen, der mir gefällt und der die anderen Mädchen auch mal außer acht lässt. Aber es sind immer die anderen. Und dann werde ich sehr Eifersüchtig, was ja allgemein noch hässlicher macht.

Ich habe im Sinne Beziehungen einfach kein Selbstvertrauen, weil ich mit mir selbst nicht zurecht komme. Ich bin 20 und habe wirklich noch nie engeren Kontakt zu einem Mann gehabt, geschweige denn jemanden geküsst. Ich bin total unberührt und das macht mir Angst. Ich träume von einem erfüllten, dennoch normalen Leben , doch bis jetzt hat sich noch nichts erfüllt. Ich habe zwar mein Abitur hinter mir und auch Auslandserfahrungen, habe 2 sehr gute Freundinnen, die mir sehr gut tun, eine liebe Familie, die hinter mir steht, aber trotzdem fühle ich mich einsam. Ich möchte auch eine Beziehung haben.
Doch ich fühle mich einfach eingeschränkt, weil ich die ganze Zeit darüber nachdenke, was andere über mein, sagen wir hässliches, Aussehen denken. Ich sehe Fotos von der Seite von mir und denke immer sofort, wie irgendwann jemand so ein hässliches Weib nur lieben könnte. Ich weiß, es kommt auf die Inneren Werte an, doch man sollte doch auch wenigstens ein bisschen was her machen um sich wohl zu fühlen.
Dadurch, dass ich mich so Unansehlich finde, hab ich das Gefühl, dass ich Oberflächlich geworden bin. Sehr sogar, obwohl ich mir das nicht leisten dürfte. Es gibt viele Aussehen an Männern, die ich sehr attraktiv finde, was nicht dem Schönheitsideal/Durchschnitt entspricht. Aber ist es nicht normal, dass man den hübscheren Männern zuerst hinterher guckt? Leider werden die meistens von einer weiblicher aussehenden Frau begleitet. Ich bin eindeutig eine Frau, fühle mich wie eine, und dennoch hab ich nicht das Gefühl, dass andere sich in mich verlieben könnten. Ich hab es noch nie gehabt, dass jemand auf mich zugekommen ist und mit mir geflirtet hat. Ich hab in der Disco mit jemanden getanz. Ein paar sms und er hat sich danach nie mehr gemeldet. Ich kann aber auch nicht sagen, dass ich in ihn wirklich interessiert war.

Ich versuche, wenn ich Ausgehe, Augenkontakt mit Männern zu halten, die mir gefallen. Zwar klappt das nicht lange, aber immerhin schaffe ich das. Doch dann habe ich diese ganz blöde Angewohnheit, ihm mein Seitenprofil zu zeigen, weil ich Angst habe, dass wenn er auf mich zukommt, enttäuscht sein könnte. Aber das "auf mich zukommen" ist ja noch nie passiert und auf jemanden zugehen, der mir wirklich gefällt, hab ich kein Selbstvertrauen und keine Gesprächsthemen. Ich denke dann immer sofort wie hässlich er mich findet und dass er lieber sich lieber mit einer Schöneren unterhalten würde. Wenn ich mal jemanden sehe, der mir gefällt, kommt vor meine Augen auch immer ein Bild, wie wir zusammen aussehen würden. Allein das schreckt mich meist ab. Ich warte immer darauf, dass mich mal der "Auserwählte" anspricht. Vergebens. Wenn ich in einer Gruppe mit mehreren Mädchen bin, macht mein Kopf immer ein Ranking und setzt mich ans Ende.
Ich kann einfach nichts dagegen tun. Es liegt vielleicht auch an meiner Vergangenheit in der Pupertät. Miese Erfahrung mit "Freunden", Ausnutzung von diesen, und nie das Gefühl gehabt zu haben, über einen größeren Zeitraum interessant gewesen zu sein. Immer nur am Anfang und dann wars.

Ich bin einfach nicht schön und das weiß ich auch, weil ich noch nie wirklich ein richtiges Kompliment bekommen habe. Nur bestätigung (bzw. niemand widerspricht), wenn ich mal fallen gelassen habe, dass ich kein Kinn habe oder meine Nase sehr groß ist.

Ich möchte endlich Erfahrungen sammeln, weil ich Angst habe, dass mir die zeit wegläuft, obwohl ich erst 20 bin.

Was kann ich tun, um aus dieser Misere herauszukommen? Ich möchte endlich aufblühen. Ich erlebe zwar viel und tolle Sachen, aber ich hab immer wieder diese Einbrüche, wo ich nur ein mein Aussehen denke und weinen kann.
Ich möchte Selbstbewusstsein! Manche sagen zwar, dass ich über die Jahre selbstbewusstsein bekommen habe, aber für mich fühlt es sich nicht so an. Es ist nur die Oberfläche, die so wirkt. Im inneren bin ich teilweise wirklich verbittert, wenn sich ein "Schwarm" jemanden anderes widmet. Es tut weh.

Es sind mir immer mehr Dinge eingefallen, die ich noch schreiben wollte, bzw. noch schreiben könnte, aber ich will es erstmal so lassen und bedanke mich von Herzen, dass ich es hier wenigstens ersteinmal loswerden konnte und das es bestimmt jemand lesen wird. Danke!

Tim Anwort von Tim

Hallo liebe Unbekannte.

Mir fällt auf, dass du dich mega-kritisch betrachtest. Von der Nase, übers Kinn, deiner Haut - du lässt kein Detail aus dich selbst schlecht zu machen.

Dabei kann ich dich beruhigen: Niemand betrachtet einen so kritisch wie man sich selbst 3cm vorm Spiegel.
Die Disco ist zwar ein Ort fürs Sehen und Gesehen werden (aber auch da kommt es immer auf die Location an...), aber kein Junge wird sagen: "Boah, die hat ja gar kein Kinn!" Wenn du aber an der Bar stehst und dir die ganzen Horrorszenarien ausdenkst, wird er denken "Hmm, die ist scheinbar mit sich selbst genug beschäftigt".

Ich bin kein Freund von "Die inneren Werte zählen" denn ich finde das ist ein bisschen verlogen. Was aber 100% stimmt ist "Schönheit kommt von innen".
Wenn du also deine inneren Ressourcen aktivierst (durch Sport, anregende Gespräche, Hobbys die dir Bestätigung geben) wirst du merken: du bist schön. Du musst es nur noch selbst erkennen. Aber nicht vorm Spiegel mit kritischem Blick, sondern in deinem Herzen.

Fange am besten schon heute damit an, in dem du aufhörst dich selbst so schlecht zu machen. Ich finde du darfst ruhig ein bisschen netter zu dir sein.

Wenn du das schaffst wird es nicht mehr lange dauern bis du "aufblühst".