Problem von Anonym - 15 Jahre

Wer hört mir zu?

Hallo,
ich bin vor ca. 6 Monaten mit meiner Mutter umgezogen. Irgenwie kann ich mich aber nicht wirklich einleben. Ich komme garnicht mehr in der Schule klar. Ich bin auf in der 9. klasse auf einem gymnasium. Ich hab keine richtigen Freunde, komme nicht mit dem Stoff und mit den Lehrern klar. Ich weiß nicht mehr weiter. Was soll ich nur machen? Dann gibt es immernoch so viel Streit mit meinen Eltern, die getrennt sind. Alles macht mich so fertig, ich bin so kraftlos, bei der kleinsten Sache drehe ich schon durch oder verliere die nerven. Ich war bei einer Schulpsychologin, das hat aber nichts gebracht. Ich war bei einem psychologen, das hat auch nichts gebracht, da wurde es nur noch schlimmer.
Ich kann nicht mehr. Früher hab ich mich geritzt, ich hab angst, dass das wieder anfängt. Ich habe angst, dass ich von der schule fliege, weil ich so oft schwänze. Ich bin total ratlos, ich habe alles versucht, ich hab sorgentelefone angerufen, war beim arzt, hab beim krankenhaus angerufen,... ich finde keine hilfe. wenn es mir manchmal echt schlecht geht hab ich schon deo geschnüffelt, tabletten genommen.
die lehrer in der schule, sie wollen mir nicht zuhöern, ich bin bloß die das dumme mädcehn, was zu faul ist ihre hausaufgaben zu machen. keiner fragt mich wie es mir geht. alle denken, mir geht es gut, sie lachen, mit mir über witze, über die ich eigentlich nich lachen kann. sie denken ich gehöre dazu und merken nicht wie ausgeschlossen ich bin. Ich versuche dazu zu gehören, ich mache alles, aber es klappt nicht.
mitlerweile wiege ich nur noch 47 kg. ich hab keinen hunger mehr. ich merke nicht mehr wie ich verdurste. Und jeden tag den ich länger fehle, bekomme ich mehr aufgaben, und wenn ich die nich erfülle, meckern alle mit mir. ich kann nichts mehr erfüllen. ich kann nicht mehr. ich bin am ende. selbst jetzt, in den ferien, bin ich am ende. alle treffen sich in den ferien, nur ich hab keine freunde.
ich will mir da auch nichts vormachen, vor dem umzug hatte ich auch nicht viele freunde.

Jetzt ist meine mutter mit mir zu einer psychologin gegangen, ich habe einen iq test gemacht. man sagte mir, das ergebnis wäre verfälscht, ich hätte konzentrationstörungen. der gemessene wert ist 123. ich erfahre ich bin doch nicht so dumm wie ich dachte. man sagt mir, ich bin vermutlich hochintelligent.
weiß das jemand? nein, weil alle denken ich bin dumm.
keiner erkennt mich, keiner interessiert sich für mich. Keiner weiß wie schlecht es mir geht. Und was nützt mir so ein blöder wert, so ein blödes wort? Soll ich zu den leuten sagen: mein iq ist über 123, sehen sie ich bin schlau. Und was soll ich damit machen, was nützt mir so ein wert.
Manchmal kotze ich nur, manchmal heule ich nur, manchmal versuche ich nicht mehr zu leben, Manchmal versuche ich nicht mehr zu ERleben, manchmal füge ich meinem körper schmerzen zu, damit meine seele abgelenkt ist.

Ich komme eines tages nach hause, meine mutter ist betrunken, das passiert öfters. Sie sagt mir, ich bin nicht mehr ihre tochter. Sie sagt mir ich soll verschwinden. Mitlerweile kommt mir so was gar nicht mehr so schlimm vor. Aber ich könnte mit keinem darüber sprechen, weil alle denken würden es wäre total schlimm. Wenn ich höre, dass es wirklich schlimm ist, kann ich nicht mehr stark sein, ich würde nich leben können. wenn ich die sachen so sehe wie sie sind. Aber es ist doch schlimm wenn deine mutter öffters betrunken ist und du ohne hilfe mit der situation klarkommen musst, langsam weiß ich selbst nich mehr ob das schlimm ist oder nicht.
Ich habe auch Angst davor das hier abzuschicken... Vielleicht ist es schlimmer als ich denke, mein Leben. Oder es ist garnich schlimm, und niemand wird mich ernst nehmen.
Was soll ich nur machen? Ich bräuchte Hilfe von jedem. Ich will doch nur glücklich sein. Ich will doch nur spaß haben. Ich brauch doch nur freunde und möchte, dass die leute mich verstehen und sehen.
Jeden tag sitze ich da, in dieser schule, kann mich nicht konzentrieren, kann nicht zuhören. Meine hände zittern. Diese Piepen im Ohr hab ich seit 1 ? jahren, es hört nich auf, es geht nie weg. Und ständig kriege ich ärger, weil ich nich aufpasse, weil ich nicht mitmachen. Keiner weiß wie gur ich mal früher war, in der schule und so. um ich erst umkippen, damit jemand fragt was mit mir los ist?
Nachts kann ich nicht schlafen, Albträume machen mir den Schlaf zur Hölle. Ich will nicht mehr schlafen, ich will nicht mehr den Tag verbringen.

Was ich sagen will, ich habe probleme mit der Schule, vorher war ich gut, ich habe keine freunde, stress mit den eltern, mir geht es körperlich immer schlechter, ich habe keine kraft mehr.
Ich hoffe, das wird jemand lesen. Vielen, vielen dank

Bernd Anwort von Bernd

Liebe Unbekannte,

Ja, ich habe Deinen Brief gelesen.

Und es hat mich an einen Jungen aus meiner Verwandschaft einnert. Dem von seinem Vater immer wieder vorgehalten wurde, er könne nichts, er sei nichts wert.
Bis er es selbst geglaubt hat und von der Realschule auf die Hauptschule zurück gewechselt hat.
Meine Frau und ich wollten ihm gerne helfen. Aber er ließ es nicht zu.
Weil er sich geschämt hat:
er konnte es doch nicht zulassen, dass jemand außerhalb der Familie etwas über seinen Vater sagt.
Wollten wir eigentlich auch garnicht. Wir wollten ihm zuhören. Wir wollten ihm keine "Wahrheit" über seinen Vater erzählen, sondern die Wahrheit über ihn selbst: Er ist es Wert! Er ist ein toller Typ!

Vielleicht darf ich Dir ja sagen: Du bist es Wert!

Vielleicht gibt es in Deiner Verwandschaft ja jemanden, der darauf wartet, dass Du ihm Dein Vertrauen schenkst und traurig darüber ist, dass Du es nicht schaffst, Deine Scham zu überwinden und auf ihn zuzugehen?
Du selbst hast ja hier beschrieben, warum auch der Mensch, der wirklich von ganzem Herzen für Dich da sein will, sich Dir nicht anbieten darf. Bei meinem Neffen durfte ich es nicht und es hat mich unendlich traurig gemacht.

Für Freunde gilt doch eigentlich dasselbe: und wenn ich 1000 x merke, dass es meinem Freund nicht gut geht. Solange er über meine schlechten Witze mitlacht werde ich glauben, ich hätte ihn in einem kurzzeitigen "Tief" ein wenig aufgeheitert.
Auf das, was meinen Freund wirklich betrifft kann ich erst eingehen, wenn er sich mir öffnet.
Solange ich Dir zeige: ich will Dein Freund sein und Du mir Deine wirklichen Probleme nicht von Dir aus sagst, fühle ich, dass ich Deiner Freundschaft nicht wert bin. Solange Du mir Dein Vertrauen nicht schenkst.
Als Freund werde ich das schmerzlich empfinden, mich aber niemals aufdrängen.
Ich werde Dich mit schlechten Witzen versuchen aufzuheitern und darauf warten, dass Deine Offenheit mir zeigt: Du vertraust mir!

Wenn Du von denen, die Du in Deiner neuen Schule kennen gelernt hast jemanden aus meiner Beschreibung wiedererkennst. Versuche einmal Deine Gedanken auf die Frage zu konzentrieren: "ist der/die es Wert"?

Vielleicht schaffst Du es ja, ihm oder ihr zuerst einmal zu sagen: "schön, dass wenigstens du darüber lachen kannst".

Ganz toll wäre es schon wenn Du so offen sein könntest zu sagen:
"mir ist grad nicht nach Deinen Scherzen, so schlecht sie auch sein mögen"!

Weißt Du warum?

Das gibt dem Witzbold die Möglichkeit, entweder (wegen der "schlechten Scherze") beleidigt zu sein oder, wenn es ihm eigentlich um Dich geht nachzufragen, wonach Dir denn grad ist.

Dass auch Albert Einstein einmal eine Klasse wiederholt hat ist Dir bekannt?! Lass es mich versuchen: ein schlechter Witz von mir!:
Sogar ich hatte schon einmal ein "Mangelhaft" (nicht nur) in Latein.

Weißt Du, was Einstein zu einem Genie macht?

Er hat auf Schulweißheit "geschissen" und ist seiner Intelligenz gefolgt!

Halt mich für verrückt, aber tue mir den Gefallen:

Kennst Du die folgende Aufgabe: male Dir 9 Punkte auf ein Blatt Papier.
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und nun versuche diese Punkte mit 4 Strichen zu verbinden, ohne Deinen Stift abzusetzen.

Du wirst sehen, dass es nur geht, wenn Du "über den Rand hinausdenkst".
Über das, was Dich zuerst einzuengen scheint.

Aber Du weißt es selber eigentlich schon: Deine Intelligenz könnte mehr als eine bloße Zahl für Dich sein. Sie könnte Dir Flügel verleihen.
Dich befreien! Ob Du jetzt das Abi hast oder nicht! Jenseits aller Schulweißheit!

Wenn Du es nur schaffst, über die Dich einengenden Gefühle hinauszudenken.

Den ersten Schritt, Dich zu öffnen hast Du trotz Deiner Angst davor getan: Du hast mich gefragt!

Ich nehme Dich ernst!

Und werde wohl niemals erfahren, ob meine Antwort an Dich es Dir auch nur wert genug war, sie bis zuende durchzulesen.

Von ganzem Herzen,

Bernd